| Titel: | Ueber Faserseiltriebe. | 
| Autor: | H. Gollner | 
| Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 416 | 
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                        Ueber Faserseiltriebe.
                        Mit Abbildungen.
                        Kàs, Hornsteiner bez. Gollner, über Faserseiltriebe.
                        
                     
                        
                           In der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und Hüttenwesen, 1886 * S. 831 bringt A. Kás eine umfangreiche Theorie über den Faserseiltrieb und in den Technischen Blättern, 1886 * S. 137 berichtet R. Hornsteiner über beachtenswerthe fortschrittliche Ausführungen und Anwendungen von Faserseiltrieben. Beide Arbeiten sollen hiermit einem weiteren Leserkreise bekannt gemacht werden.
                           Der Verfasser der Theorie des
                                 										Faserseiltriebes, A. Kás, findet in der Wahrnehmung, „daſs selbst in den
                                 										neuesten Hand- und Lehrbüchern, welche sich mit dem Seiltriebe befassen, die
                                 										Faserseile meist nur oberflächlich und für den praktischen Gebrauch unzureichend
                                 										behandelt werden“, den Anstoſs zur Entwickelung einer zweckentsprechend und
                              									zugleich sehr einfachen Berechnungsmethode dieses wichtigen Triebwerksmittels. Dazu
                              									muſs bemerkt werden, daſs verschiedene zu den neuesten Lehr- und Handbüchern zählende Werke vorliegen,
                              									welche die von A. Kás berührten Mängel und
                              									Unvollkommenheiten in Behandlung des Faserseiltriebes in theoretischer, wie
                              									praktisch constructiver Hinsicht entschieden nicht aufweisen, im Gegentheile die
                              									bezügliche umfangreiche Aufgabe in vollkommen sachgemäſser Weise erfassen und
                              									behandeln, zugleich die Ergebnisse und einschlägigen Erfahrungen nach Thunlichkeit
                              									benutzen, desgleichen auch die besonders im Versuchswege gewonnenen, vielfach
                              									entscheidenden Verhältnisse berücksichtigen und derart dem Grundsatze voll genügen,
                              									daſs „der Versuch die Grundlage für den Ansatz und Ausführung einer rationellen
                                 										Theorie“ sein soll. Es braucht diesbezüglich nur auf die Arbeiten von ReuleauxVgl. Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
                                       												Gewerbfleißes, Sitzungsberichte 1885 * S. 251 ff., K. Keller (vgl. 1887 263 1),
                              										C. BachVgl. Die Maschinenelemente (Stuttgart 1881) S.
                                    											161 ff.u.a. hingewiesen zu werden, welche zahlreiche
                              									Sonderarbeiten auf demselben Gebiete hervorriefen und zur Beschaffung reichhaltiger
                              									Unterlagen beitragen.
                           Was nun die wissenschaftlichen Grundlagen betrifft, von denen der
                              									Verfasser ausgeht, so kennzeichnen dieselben die vorliegende Theorie auch als
                              									Näherungstheorie, die in mehreren Richtungen gar nicht umgangen werden kann und in
                              									welcher die gerade für die praktisch constructive Verwerthung der theoretischen
                              									Ergebnisse wichtigen Berechnungen der „Effectverluste“ des Faserseiltriebes
                              									gar nicht aufgenommen erscheinen und durch die einfache Einführung eines
                              										„Sicherheitscoefficienten“ nicht genügend ersetzt werden können. Gerade
                              									die Kenntniſs der Art und Gröſse der Effectverluste dieser Triebwerke (im
                              									Allgemeinen und für die gangbarsten Einzelfälle) führt zur richtigen Kennzeichnung
                              									dieser wichtigen Kraft und Bewegung übertragenden mechanischen Einrichtungen und
                              									soll insbesondere durch Ausführung von einschlägigen Festigkeits- wie
                              									Reibungsversuchen zur Gewinnung einer theoretischen Grundlage für die
                              									rechnungsmäſsige Behandlung die Frage über Gröſse und Einfluſs der Effectverluste
                              									gefördert werden. Es ist sehr wohl bekannt, daſs die bisher auf diesem Gebiete
                              									geleisteten wissenschaftlichen Versuche die zweckentsprechende Lösung der berührten
                              									Frage nicht erlauben, nachdem insbesondere die Elasticitätsverhältnisse der
                              									Faserseile noch nicht sicher festgestellt sind, ebenso wie die effective
                              									Biegungsspannung in einem solchen Seile, ferner die Steifigkeit, der
                              										„Schlupf“ desselben für einen bestimmten Betrieb, die Einsenkungen der
                              									Seiltrume u.s.f. noch nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit hat ermittelt werden
                              									können.
                           Käs zieht nur die „absolute
                                 										Festigkeit als Qualitätsmerkmal“ der Faserseile in Betracht und übersieht
                              									die Streckungsfähigkeit derselben an der Bruchgrenze, ein Vorgang, welcher von den
                              									Faserseilfabriken bestimmt nicht eingehalten wird, nachdem von dieser Seite die
                              									bedeutende Streckungsfähigkeit eines Faserseiles über dessen Elasticitätsgrenze als
                              									unvortheilhafte Eigenschaft des verwendeten Rohmaterials angesehen wird. „Gröſse
                                 										Biegsamkeit bei geringer Längung“ sind Haupterfordernisse eines guten
                              									Materials für Faserseile.
                           Die Faserseile werden im Sinne des Verfassers mit drei Gütestufen
                              									in die Rechnung eingeführt und durch den Coefficienten der Zugfestigkeit Kb im Werthe von 900at, 650at und
                              										450at für die 3 Gütestufen gekennzeichnet.
                              									Soweit die Ergebnisse der Untersuchungen auf Zugfestigkeit von Hanf- und
                              									Baumwollseilen bekannt sind, erreichen Hanfseile den Festigkeitswerth Kb
                              									= 900at bestimmt
                              									nicht, um so weniger aber die Baumwoll-Treibseile. Es kann daher die sogen. „I.
                                 										Qualität“ für Faserseile im obigen Sinne als nicht in die gröſse Praxis
                              									eingeführt angesehen und braucht daher weiter nicht in Betracht gezogen werden.
                           Die sogen. „II. Qualität“ stimmt befriedigend mit jenen
                              									vorzüglich erzeugten Hanffaserseilen überein, welche von hervorragenden Seilfabriken
                              									für die groſsen bisher bekannt gewordenen Triebwerke geliefert werden. Hanfseile von
                              										„III. Qualität“ mit Kb = 450at
                              									empfehlen sich schon aus Sparsamkeitsrücksichten durchaus nicht; denn sie
                              									unterliegen aus mehrfachen Gründen einem vorzeitigen Verschleiſse. Baumwollseile
                              									weisen hingegen bei sorgfältiger Wahl des Materials und bewährter Erzeugungsmethode
                              									eine Festigkeitsgrenze für Zug auf, welche, zwischen 330 und 350at
                              									liegend, der angegebenen „III. Qualität der Faserseile“ verhältniſsmäſsig
                              									nahe kommt und bis auf Gewinnung verläſslicherer Angaben mit Kb = 350at in Rechnung gezogen werden kann.
                           Der Verfasser zieht für die Faserseile eine zulässige
                              									Zuginanspruchnahme innerhalb der Grenzen von Kz =7at und 20at in Rechnung für (Hanf-) Seilstärken von d = 4,0 bis 5cm
                              									Durchmesser, welche über Scheiben gelegt werden, deren kleinster Durchmesser mit
                              									durchschnittlich D = 30 d
                              									angenommen ist. Behufs Feststellung eines passenden Verhältnisses D : d wählt der Verfasser
                              									die empirische Regel: D : d ⋝ d2
                              									+ 10, d.h. D ⋝ d3
                              									+ 10 d (D und d in Centimeter). Es
                              									ergibt sich sonach für:
                           
                              
                                 
                                    d =
                                    
                                   2,
                                   3,
                                   4,
                                   5,
                                    6cm
                                 
                              
                                 D ⋝
                                 14,
                                 19,
                                 26,
                                 35,
                                  46cm.
                                 
                              
                           Es wird schlieſslich die zulässige Zugspannung Kz bei Faserseilen als
                              									Treibseile für (I. Qualität Kz = 18at) II. Qualität (normale
                              									Hanfseile) mit Kz =
                              										13at, III. Qualität (annähernd für gute
                              									Baumwollseile) mit Kz
                              									= 9at festgesetzt;
                              									hierbei soll für Seile mit d <  4cm,5 D : d ≧ 30, für Seile mit d > 4cm,5 D : d ⋝ d2 + 10 genommen werden.
                           Die Wahl der zulässigen Inanspruchnahme auf Zug der guten
                              									Hanfseile mit durchschnittlich Kz
                              									= 13at und für gute
                              									Baumwollseile mit durchschnittlich Kz = 9at ist, wie
                              									im Folgenden näher begründet wird, richtig getroffen; sie wird gerade für
                              									mittelstarke Seile von d = 4cm,5 (Hanf) und von d
                              									= 1,5 bis 2cm,0 (Baumwolle) sehr befriedigend
                              									übereinstimmen mit den thatsächlichen Inanspruchnahmen von Faserseilen guter
                              									Erzeugung in bewährten Triebanlagen; sie wird für Hanfseile von d > 4cm,5 kleiner, für solche Seile mit d < 4cm,5 verhältniſsmäſsig gröſser genommen, für
                              									Baumwollseile mit rund Kz  = 100at bei d = 1,5 bis 2cm,0 festgesetzt werden
                              									können.
                           Kás entwickelt nun auf Grundlage der
                              									mechanischen Eigenschaften der Seilcurve, für welche die gemeine Kettenlinie
                              									vorausgesetzt wird, die Längs-, Seiten- und Lothspannungen im Allgemeinen, wie die
                              									wesentliche Gesammtspannung in den Aufhängepunkten, ferner die Parameter, die
                              									Seilsenkungen unter Berücksichtigung des wagerechten und schiefen Triebes und
                              									gelangt zu Schlußfolgerungen, welche von den bisher gefundenen nicht in ihrem Wesen,
                              									sondern in einzelnen Fällen in der Form abweichen.
                           Bei der Ermittelung der Nutzspannung im führenden und geführten
                              									Seiltrume wird in bekannter Weise der Einfluſs der Fliehkraft auf die wirkliche
                              									Seilspannung in Rechnung gezogen und endlich zur Wahl einer wichtigen Gröſse, d.h.
                              									des Reibungscoefficienten der Bewegung für das Seil gegen das Material der
                              									Seilrille, geschritten und für geklemmte Seile der Klemm- oder Keilwinkel
                              									festgesetzt. Als Werth für den absoluten Reibungscoefficienten unter Voraussetzung
                              									der Bewegung von mit Talg geschmierten Seilen auf bearbeitetes Guſseisen wird f = 0,19 genommen. Da der Werth f und der davon und dem Keilwinkel β
                              									abhängige Werth des relativen Reibungscoefficienten φ
                              									für die weitere Entwickelung der theoretischen Grundlage und ihrer Ergebnisse von
                              									gröſster Wichtigkeit ist, so sollen an dieser Stelle folgende Betrachtungen
                              									angeschlossen werden.
                           Es sei zunächst erinnert, daſs Leloutre auf Grund gewissenhafter Versuche den absoluten
                              									Reibungscoefficienten f fand für:
                           
                              
                                 neue Hanfseile auf cylindrische Rollen
                                    											(Keilwinkel β = 180°)  gelegt
                                 f = 0,075
                                 
                              
                                 Hanfseile, gelegt in cylindrische Rillen
                                    											(Spuren) der Seilrollen
                                 f = 0,088
                                 
                              
                                 Hanfseile, gelegt in Rillen mit dem
                                    											Keilwinkel β = 60°
                                 f = 0,150.
                                 
                              
                           Verfasser wählt für seine Faserseile, aus Hanf und Baumwolle, den
                              									Mittelwerth von f = 0,130 und einen Keilwinkel β = 30 bis 40°, wobei die Beziehung des relativen
                              									Reibungscoefficienten φ zu f und β sich ausdrücken läſst durch die
                              									Formel \varphi=f:\left(sin\frac{\beta}{2}+f\
                                 										cos\frac{\beta}{2}\right).
                           Hierzu ist zu bemerken, daſs für Hanfseile ein Keilwinkel von 30°
                              									nicht vortheilhaft anzuwenden sein wird und zwar trotz seiner groſsen Keilwirkung,
                              										nachdem mit
                              									Verkleinerung des Keilwinkels die Güte des Faserseiles entschieden zunehmen muſs.
                              									Die heute am häufigsten angewendeten Keilwinkelgröſsen liegen je nach Seilgüte
                              									zwischen β = 40 und 48°, wie aus Angaben über mehrfache
                              									groſse Faserseiltriebe für Ne = 100 bis 1000 Pferd hervorgeht; für Baumwollseile wurde β = 30 bis 45° gefunden.
                           Zum Nachweise, daſs die Werthe des absoluten wie relativen
                              									Reibungscoefficienten für Hanfseile bei festem Keilwinkel β und unter Anwendung derselben Scheibe (D)
                              									nicht nur davon abhängig sind, ob dasselbe im frischen oder gebrauchten Zustande,
                              									trocken oder geschmiert zur Verwendung kommt, sondern auch von dem Durchmesser d des Seiles und im vorliegenden Falle von dem
                              									Verhältnisse D : d
                              									beeinfluſst werden, sei auf die Rechnungsergebnisse hingewiesen, welche folgende auf
                              									Grund vorliegender Versuchswerthe ermittelte Tabelle in übersichtlicher
                              									Zusammenstellung bringt:
                           
                              
                                 Art desHantselles
                                 BesondereeZustanddesselben
                                 Durch-messer
                                 VollerQuerschnitt
                                 Verhältniſs-werth
                                 RelativerReibungs-coefficient
                                 Keilwenkel
                                 AbsoluterReibungs-coefficient
                                 Verhältniſs-werth
                                 Zuginan-spruch-nahme
                                 Verhältniſsder
                                    											Rei-bungscoef-ficienten f
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                    
                                    d
                                    cm
                                    
                                 
                                    
                                    f
                                    qc
                                    
                                 
                                    
                                    e
                                    φa
                                    
                                 
                                    
                                    φ
                                    
                                 β°
                                 
                                    
                                    f
                                    
                                 D : d
                                 
                                    
                                    K
                                    z
                                    at
                                    
                                 
                                    \frac{\mbox{trocken}}{\mbox{geschmiert}}
                                    
                                 
                              
                                 alt
                                    trockengeschmiert
                                 5,705,70
                                 25,51725,517
                                   5,961  3,304
                                 0,3770,252
                                 40°40°
                                 0,2000,114
                                 25,425,4
                                   5,96  5,96
                                 1,75
                                 
                              
                                 neu
                                    trockengeschmiert
                                 4,804,80
                                 18,09518,095
                                 12,200  3,707
                                 0,4530,238
                                 40°40°
                                 0,2700,105
                                 30,230,2
                                   8,41  8,41
                                 2,57
                                 
                              
                                 neu
                                    trockengeschmiert
                                 4,204,20
                                 13,58413,584
                                 23,750  4,228
                                 0,5140,233
                                 40°40°
                                 0,3400,102
                                 34,534,5
                                 11,1811,18
                                 3,33
                                 
                              
                           Auf Grund dieser Ergebnisse würde für Hanfseile (Keilwinkel β = 40°) zu wählen sein:
                           
                              
                                 Absoluter
                                    											Reibungs-coefficient (f)
                                 Hanſseil„„„
                                 alt,„neu,„
                                 trockengeschmierttrockengeschmiert
                                 0,2000,1140,3050,103
                                 Mittelwerthe
                                 
                              
                           Hiernach liefern neue, trockene Hanfseile den gröſsten
                              									Reibungscoefficienten mit rund f =0,3, alte trockene
                              									Hanfseile einen um 33 Proc. geringeren Coefficienten, während – wie vorauszusehen –
                              									der Werth desselben Coefficienten für geschmierte (neue und alte) Hanfseile zwischen
                              									0,10 und 0,11, also nahezu unverändert geblieben ist.
                           Unter Einführung eines Sicherheitscoefficienten σ = 1,25 gelangt
                              										Käs zur Darstellung der einer gegebenen
                              									Umfangskraft P entsprechenden Nutzspannungen im
                              									treibenden und getriebenen Trume, mit Berücksichtigung der zur Ausgleichung der
                              									Wirkung der Fliehkraft nöthigen Spannungsvermehrung, welche zusammen die gröſste
                              									Seillängsspannung (an den Anlauf- und Ablaufstellen des Seiles) liefern. Diese
                              									Ausdrücke bieten nichts Neues, ebenso wenig jene für die effective Leistung Ne, welche ein
                              									Faserseil unter gegebenen Verhältnissen zu übertragen vermag.
                           Für die Werthe von Ne für wagerechte und schiefe Seiltriebe sind unter
                              									Voraussetzung einer Reihe von Werthen (betreffend d, D,
                              									Umfangsgeschwindigkeit V, Kz
                              									) drei Tabellen gerechnet, deren erste, eine
                              									Zugfestigkeit der Hanfseile Kz = 900at und eine zulässige
                              									Inanspruchnahme Kz
                              									= 18at,
                              									voraussetzend, nicht weiter in Betracht gezogen wird. Der Verfasser gelangt
                              									schlieſslich zu folgenden Werthen betreffend die zulässige Inanspruchnahme Kz der Seile und die
                              									vortheilhafteste Seilgeschwindigkeit V:
                           
                              
                                 Hanfseile
                                 
                                    K
                                    z
                                    
                                 = 13,0at und
                                 
                                    V
                                    
                                 = 22m
                                 
                              
                                    „
                                 
                                 =   9,0
                                 
                                 = 18
                                 
                              
                                 Baumwollseile
                                 
                                 = 13,0
                                 
                                 = 25
                                 
                              
                           Aus Aufnahmen, Vergleichungen wie Rechnungen über 9 bewährte
                              									Hanfseiltriebe für Ne =
                              									100 bis 1000e, ergeben sich die in nachstehender
                              									Tabelle zusammengestellten abgerundeten Hauptwerthe der maſsgebenden Gröſsen:
                           
                           
                              
                                 
                                 Geschmierte Hanſseile
                                 GeschmierteBaumwoll-seile
                                 
                              
                                 Seildurchmesser
                                 
                                    d
                                    cm
                                    
                                     4
                                     4,5
                                     5
                                     1,5
                                     2
                                 
                              
                                 Verhältniſswerth
                                 D : d
                                   60
                                   45
                                   33
                                   60
                                   55
                                 
                              
                                 Keilwinkel
                                 
                                    β°
                                    
                                   40
                                   45
                                   48
                                   30
                                   30
                                 
                              
                                 Zugfestigkeit des Seiles
                                 
                                    Kb
                                    at
                                    
                                 650
                                 600
                                 550
                                 350
                                 330
                                 
                              
                                 Inanspruchnahme des Seiles
                                 
                                    Kz
                                    at
                                    
                                   15
                                   12
                                   10
                                   10
                                   10
                                 
                              
                                 Leistung für 1 Seil
                                 
                                    Ne
                                    
                                   22
                                   25
                                   27
                                     4
                                     8
                                 
                              
                                 Seilgeschwindigkeit
                                 
                                    V
                                    m
                                    
                                   15
                                   18
                                    22
                                   22
                                   25
                                 
                              
                                 Sicherheitsgrad für das Seil
                                 Kb : Kz
                                   45
                                   50
                                    55
                                   35
                                   33
                                 
                              
                           Die Grenzwerthe für die angegebenen Seildurchmesser waren d = 3cm,8 und 5cm,3. Der Verhältniſswerth D : d war für die kleinere Seilscheibe maſsgebend. Die Keilwinkel β = 45° und 48° fanden sich sehr nahe gleich oft
                              									angewendet. Es waren vorzügliche Hanfseile zur Verfügung, die Anlagen selbst in
                              									England, Schweden, Deutschland, Italien und Indien ausgeführt.
                           Die rechnungsmäſsig bestimmten Werthe wurden entsprechend abgerundet; die zulässigen Inanspruchnahmen Kz sind mit Rücksicht
                              									auf die Mehrspannung in Folge Einflusses der Fliehkraft festgestellt. Angaben über
                              									Baumwollseile für d > 2cm,0, etwa nach James Taylor in Oldham von
                              										d = 3,5 bis 5cm,7
                              									Durchmesser, standen nicht zur Verfügung.
                           Ueber neuere Anlagen und Betriebsverhältnisse für Baumwollseiltriebe berichtet Ingenieur R. Hornsteiner in den Technischen Blättern, 1886 * S. 137 ff. in anregender Weise, indem er sich
                              									auf die in der Zündhütchen- und Patronenfabrik vormals Sellier et Bellot bei Prag in zahlreichen und eigenthümlichen Anordnungen
                              									ausgeführten Seiltriebe unmittelbar bezieht, welche unter seiner Leitung in so
                              									vollkommener Weise ausgebildet wurden. Der Verfasser führt als Kennzeichen der
                              									heutigen Seiltriebe die Ausnutzung der „künstlichen Spannung“ des Seiles an,
                              									um während des Betriebes desselben die Folgen seiner Dehnung unschädlich zu machen
                              									und bemerkt, daſs man bisher die erforderliche Zugkraft der Seile entweder durch
                              									entsprechend viele und starke Seile bei Einhaltung einer gewissen erforderlichen
                              									kleinsten Entfernung der Scheiben, oder durch ein „Handspannen“, etwa wie
                              									beim Riemen durch „Verkürzung“ derselben, zu erreichen suchte. Nach Hornsteiner soll nun bei leichten (schwachen) und
                              									kurzen Seilen wegen ihres geringen Eigengewichtes die entstehende Dehnung durch
                              									Belastung des „geführten“ Seiltrumes ausgeglichen werden. Statt das
                              									Belastungsgewicht in Form von Seilgewichten in Anwendung zu bringen, werden die
                              									Gewichte von passenden Constructionstheilen zur Erreichung des bezeichneten Zweckes
                              									benutzt. Der Verfasser unterscheidet daher die „künstliche“ Spannung der Faserseile von der vollkommen
                              									ausgebildeten „mechanischen“ Spannung derselben,
                              									um die erforderliche Umfangskraft zum Ausdrucke bringen zu können. Daſs nur die
                              									letztere zu einem kleinsten Werthe der Effectverluste für eine anzuordnende oder
                              									gegebene Triebanlage führen kann, ergibt sich sofort aus dem Grundsatze der
                              										„mechanischen“ Spannungsmethode: daſs bei dieser lediglich nur die Gröſse
                              									der zu übertragenden Kraft, das Gewicht der Seile und der zur Spannvorrichtung gehörigen Theile
                              									maſsgebend sind, während bei der „künstlichen“ Spannung meist
                              									auſserordentliche, oftmals gar nicht genau nachweisbare Kräfte zur Wirkung kommen,
                              									welche unvermeidlich eine Verminderung des Nutzeffectes der Triebanlage zur Folge
                              									haben müssen. In dieser Beziehung wird der Hinweis auf den gewöhnlichen insbesondere
                              									senkrechten Riementrieb genügen. Es ist noch hervorzuheben, daſs die die kleinsten
                              									passiven Widerstände hervorrufende „mechanische“ Spannung jeder Zeit in der
                              									einfachsten Weise zu regeln sein wird, während die bisher ziemlich allgemein
                              									angewendete „künstliche“ Spannungsmethode nur eine in der Zeitdauer
                              									beschränkte Wirkungsfähigkeit haben kann und unter Herbeiführung von
                              									Betriebsstörungen wiederholt angewendet werden muſs.
                           Hornsteiner gliedert die Anordnungen der
                              										„mechanischen“ Spannvorrichtungen oder „Spannungen“
                              									folgendermaſsen:
                           1) Die „Perpendikel“-Spannung, welche nur für eine beschränkte Entfernung der
                              									Seilscheiben (E = 6 D)
                              									vortheilhaft anwendbar ist; 2) die „Gleittaschen“-Spannung, welche
                              									hauptsächlich in Betracht zu kommen hat; 3) die „Angel“-Spannung, welche
                              									durch besondere örtliche Verhältnisse bedingt wird.
                           Bei der sogen. „Perpendikel“-Spannung werden nach Fig.
                                 										1 bis 4 und 7 die geführten Seiltrume durch
                              									Auflage von Druckrollen gebogen und dadurch verkürzt; nur ist es hierbei nothwendig,
                              									die Drehachse des die Druckrolle tragenden Hebels in die geometrische Mittellinie
                              									der Triebwelle bezieh. der Seilscheibe zu legen, oder doch diese Entfernung
                              									möglichst klein zu wählen, um eine möglichst ausgiebige Kürzung des Seiles zu
                              									erreichen. Die in Fig. 7 angedeutete, bisher
                              									allgemein gewählte Anordnung der Spannvorrichtung ist wegen der kleinsten möglichen
                              									Kürzung des Seiles verfehlt. Fig. 4 zeigt diejenige
                              									Anordnung, für welche die Bethätigung der Druckrolle nach auſsen erfolgen muſs, wenn eben die Entfernung der Triebwellen eine
                              									geringe ist. Bei manchen Ausführungen unter Anwendung der
                              									„Perpendikel“-Spannung ist die Gegenbiegung der Seile nicht zu umgehen,
                              									indessen hat sich nach den Erfahrungen des Verfassers dieselbe selbst nach
                              									mehrjährigem Vorhandensein nicht gerade schädlich gezeigt.
                           Bei der „Gleittaschen“-Spannung läuft die Spannrolle zwischen zwei
                              									Gleitschienen und wird durch Gewichte gezogen. Bei senkrechten Trieben Hegt die
                              									Spannrolle zwischen beiden Seiltrumen; die Spannung kann nur auf das
                              										„geführte“ Trum einwirken. Fig. 5 und 6 zeigen zwei Anordnungen der Spannung für senkrechte
                              									Triebe. In Fig. 5 liegen die Seile in einer Ebene; es kommt aber eine Gegenbiegung des Seiles
                              									vor, da a die Leit- und b
                              									die Spannrolle bezeichnet. Nach Fig. 6 ist die
                              									Gegenbiegung des Seiles zu vermeiden, wenn die Leitrolle a
                                 										neben der Seilscheibe R angeordnet wird,
                              									wodurch allerdings eine Ablenkung der Seilachsen entsteht, die aber bei einer
                              									Scheibenentfernung von E = 4 D
                              									als Dicht schädlich
                              									befunden wurde und häufiger als die Anordnung nach Fig.
                                 										6 gewählt wird. Die Länge des Seilstückes, um welches die Spann
                              									Vorrichtung das Seil zu kürzen im Stande ist, wird Spannfreiheit genannt; dieselbe muſs zweckmäſsig gewählt werden, da nach
                              									ihrer völligen Ausnutzung zur Kürzung des Seiles geschritten werden muſs und diese
                              									Arbeit ziemlich sicher das Ende der Seiltüchtigkeit bezeichnet.
                           Fig. 1–11., Bd. 264, S. 422Fig. 1 bis 11.Für wagerechten Seiltrieb macht die Anordnung der Gleittaschen-Spannung im
                              									Allgemeinen gröſsere Schwierigkeiten. Nach Fig. 10
                              									ist die früher beschriebene Spannvorrichtung in unmittelbarer Anwendung. Fig. 9 zeigt für wagerechte Triebe die Einschaltung
                              									von 3 Losrollen, unter welchen sich die Spannrolle b
                              									befindet. Das treibende Trum wird von I über Rolle M nach H, über L1 nach b und L2 zurück nach I
                              									geleitet, wenn sich das führende Seiltrum unten
                              									befindet und die Spannung des geführten Trumes nach abwärts gerichtet sein soll. Die
                              									Anordnung Fig. 11 gilt für den Fall kleiner
                              									Scheibenentfernungen und für die obere Lage des
                              									führenden Trumes; es entfällt in diesem Falle die Mittelrolle M. Bemerkenswerth ist, daſs die in Fig. 9 und 11
                              									dargestellten Anordnungen der Spannung mit Spann- und Los- (Ueberlauf-) Rollen einer
                              									groſsen Anwendbarkeit selbst für besondere Lagen der Treib- und getriebenen
                              									Seilscheibe, für besondere Bedingungen hinsichtlich der Lage der Spannrolle, für-
                              									Eck- und Winkeltriebe fähig sind und auch von Hornsteiner zur vollkommenen Ausbildung gebracht wurden.
                           Das Wesen der sogen. Angelspannung besteht darin, daſs
                              									die bei derselben angewendete Spannrolle b an einem Hebelarme läuft und bei ihrer Bewegung einen Kreisbogen
                              									beschreibt. Fig. 8 stellt die grundsätzliche
                              									Anordnung dieser Spannung dar. Die Spannfreiheit ist im Allgemeinen gering und die
                              									Bedingung zu erfüllen, die Drehhebel so lang zu machen, daſs die Nabe der Spannrolle
                              										b nicht aus den Seillinien heraustritt, während der
                              									Rollenkranz noch vor dem Seile vorbeigeht. Die Angelspannung ist auch für Ecktriebe
                              									bei kurzer Entfernung der Seilscheiben vortheilhaft anwendbar, wenn dieselbe in die
                              									Ecke gelegt wird.
                           Der Verfasser erwähnt noch der bereits einige Jahre im Betriebe stehenden Spiraltriebe, bei welchen ein
                                 										endloses Seil zur Anwendung kommt, wenn die Zugkraft eines einzigen Seiles
                              									nicht ausreichen sollte, wobei auſser der „Perpendikel“-Spannvorrichtung die
                              									übrigen hervorgehobenen Spannungen Anwendung finden können.
                           Die Gröſse (D) der Scheiben der Baumwollseiltriebe als
                              									Hauptscheiben wird für V < 3m genommen D ⋜ 15 d, wobei d den Durchmesser des Seiles
                              									bedeutet, für V > 5m,
                              									D ⋝ 20 d; die Losrollen und Ueberlaufrollen mit
                              									halbkreisförmigen Rillen erhalten einen Durchmesser D =
                              									25 d. Die Rillen der Hauptscheiben sind keilförmig, der
                              									Keilwinkel liegt zwischen 30 und 50°.
                           Hornsteiner spricht sich endlich über die mechanischen
                              									Vortheile der Baumwollseiltriebe sowie über die Wirtschaftlichkeit solcher
                              									Triebanlagen in begründeter Weise aus und hebt noch die Leichtigkeit der Ausrückung
                              									der laufenden Seiltrume unter Anwendung einfacher Hilfsscheiben und Gabeln hervor.
                              									Betreffend die Beschaffenheit der angewendeten Seile
                              									wird angegeben, daſs diese aus 3, höchstens 4 Litzen bestehen, wobei doppelt
                              									gedrehte Seile (bei welchen jede Litze wieder aus 3 oder mehreren Litzen besteht)
                              									für Triebzwecke entschieden zu verwerfen sind. Es wird weiterhin bemerkt, daſs
                              									einzelne Fäden nicht zu sehen sein sollen, da sich derartige Seile nicht verlaufen,
                              									d.h. keine stetige, geschlossene Oberfläche erhalten. Gute Seile zeigen nach einiger
                              									Verwendungsdauer keine einzelnen Litzen mehr, erscheinen auſsen cylindrisch und nach dem
                              									Durchschnitte als eine geschlossene Masse einzelner Fäden.
                           Als Schmiermittel für Baumwollseile wird eine Mischung von ungesalzenem Unschlitt,
                              									Wachs und etwas Colophonium empfohlen.
                           Prof. H. Gollner.