| Titel: | Die dreifache Expansionsmaschine und die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete des Schiffsmaschinenbaues. | 
| Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 523 | 
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                        Die dreifache Expansionsmaschine und die neuesten
                           								Fortschritte auf dem Gebiete des Schiffsmaschinenbaues.Ueber den gleichen Gegenstand veröffentlicht Otto H.
                                    											Müller jun. zu Charlottenburg in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1887 * S. 445 bis 451
                                 										eine sehr lehrreiche Studie; sie behandelt in einer durch zahlreiche
                                 										Indicatordiagramme erläuterten Darstellung in klarer übersichtlicher Weise die
                                 										bis jetzt für Dreicylindermaschinen ausgeführten Typen unter Feststellung der
                                 										für den Gütegrad grundlegenden Bedingungen.
                           							
                        Ziese, über dreifache Expansionsmaschinen.
                        
                     
                        
                           In der Decembersitzung 1886 des St. Petersburger Polytechnischen Vereins hielt R. A. Ziese, leitender Ingenieur der rühmlichst
                              									bekannten Schiffsbauwerkstätte F. Schichau in Elbing,
                              									einen interessanten und lehrreichen Vortrag über Expansionsmaschinen (vgl.
                              									Verweisungen S. 145 d. Bd., ferner Marshalt 1882 243 89), welchem nach dem Protocolle 1886 Nr. 69
                              									folgender Auszug entnommen ist.
                           Das Verdienst, die erste dreifache Expansionsmaschine in einer für
                              									die Praxis brauchbaren Weise gebaut zu haben, gebührt dem englischen Ingenieur Kirk in Glasgow (vgl. Seaton 1885 257 121); die von ihm im J. 1882
                              									für den Dampfer „Aberdeen“ gebaute derartige Maschine arbeitet mit 8at Kesseldruck und jeder Cylinder treibt seine
                              									eigene Kurbel. Die zweite derartige Maschine und die erste
                                 										ihrer Art in Deutschland wurde im J. 1882/83 von F.
                                 										Schichau in Elbing für den Dampfer „Nierstein“ gebaut. Diese Maschine arbeitet bereits
                              									mit 10at Kesselspannung und gilt noch heute als
                              									Muster ihres Systemes, sowohl was Wirtschaftlichkeit ihres Betriebes,
                              									Gleichmäſsigkeit und Ruhe des Ganges, selbst bei schlechtem Wetter, wie auch Güte
                              									und Haltbarkeit aller Theile bei dem hohen Dampfdrucke anbelangt. Gleichzeitig mit
                              									dem „Nierstein“ wurde in Elbing ein kleines Torpedoboot mit dreifachen
                              									Expansionsmaschinen entworfen. Die im Sommer 1883 hiermit abgehaltenen Proben
                              									lieferten so zufriedenstellende Erfolge, daſs von da ab alle dortigen
                              									Torpedoboot-Maschinen, bereits über 100 Stück, nach diesem Systeme ausgeführt worden
                              									sind. In England sind bis zum heutigen Tage nur noch sehr wenige Torpedoboote mit
                              									diesen Maschinen versehen.
                           Bezüglich der Berechnung und Construction der dreifachen
                              									Expansionsmaschine betont der Vortragende die vollständig prinzipielle
                              									Uebereinstimmung zwischen den Compound- und den Dreicylindermaschinen und stellt,
                              									als für beide Systeme gemeinsam geltend, als Hauptgrundsätze auf:
                           1) Die gesammte entwickelte Leistung der Maschine ist unabhängig
                              									von dem relativen Volumen der drei Cylinder und von der Füllung im Mittel- und
                              									Niederdruckcylinder.
                           2) Vermehrte Füllung im Hochdruckcylinder erhöht ebenfalls die
                              									Leistung des Mittel- und Niederdruckcylinders und umgekehrt.
                           3) Verringerte Füllung im Mittel- bezieh. Niederdruckcylinder
                              									vergröſsert den Gegendruck gegen den Kolben des vorhergehenden Cylinders, vermehrt
                              									also den Anfangsdruck für den Mittel- bezieh. Niederdruckcylinder.
                           4) Der Enddruck im Hochdruckcylinder muſs gröſser und darf
                              									höchstens gleich dem gleichzeitigen Drucke in dem zugehörigen Behälter (Receiver)
                              									sein; dasselbe gilt von dem Mitteldruckcylinder in seinem Verhältnisse zum Behälter
                              									des Niederdruckcylinders.
                           Die weitere Berechnung erfolgt genau derjenigen der
                              									Compoundmaschine, indem man zunächst die Gröſse des Niederdruckcylinders und dann
                              									die des Mittel- und Hochdruckcylinders bestimmt.
                           Das gesammte Expansionsverhältniſs der Maschine richtet sich nach
                              									der Höhe des Anfangsdruckes und beträgt bei 10at
                              									beispielsweise etwa 15.
                           Das Volumenverhältniſs der einzelnen Cylinder zu einander muſs
                              									ebenfalls nach dem Anfangsdrucke bestimmt werden; für gewöhnliche Verhältnisse ist
                              									dasselbe gleich: r2 :
                              										v1 = 2,5 bis 3, r3 : v1= 6 bis 7, wobei v1, v2 und v3 die Volumen des
                              									Hochdruck-, Mitteldruck- bezieh. Niederdruckcylinders bedeuten.
                           Zu bemerken ist hierbei jedoch, daſs vor allen Dingen danach
                              									getrachtet werden muſs, die Leistung der einzelnen Cylinder, falls dieselben je an
                              									eine besondere Kurbel angreifen, so gleichmäſsig wie nur möglich zu bekommen, und
                              									mit Rücksicht hierauf sind die Durchmesser dann zu bestimmen. Um sich hierüber bei
                              									dem Entwürfe ein richtiges Bild zu verschaffen, ist es am besten, die Dampfdiagramme
                              									der Maschine voraus zu construiren, aus diesen die Tangentialdiagramme auf die
                              									Kurbelwelle zu entwickeln, hierbei die Gestängewirkung, zumal bei schnell laufenden
                              									Maschinen, gebührend zu berücksichtigen und sich so von vornherein einen klaren
                              									Einblick in die Arbeitsleistung während jedes Augenblickes der Umdrehung zu
                              									verschaffen.
                           Nur auf diese Weise ist es möglich, Maschinen zu bauen, welche,
                              									wie z.B. bei den Torpedobooten mit 350 bis 400 Umgängen und einer
                              									Kolbenge-schwindigkeit von über 300m in der
                              									Minute, ruhig und gleichmäſsig arbeiten.
                           Von der Construction der dreifachen Expansionsmaschinen,
                              									besonders der für Torpedoboote bestimmten, kann mit Recht behauptet werden, daſs
                              									sich hier alle Verbesserungen und Errungenschaften der Neuzeit im höchsten Maſse
                              									verkörpert finden.
                           In der That bilden dieselben das beste Feld für Studien, welches
                              									in Bezug auf Fortschritte des Schiffsmaschinenbaues überhaupt ausgewählt werden
                              									kann. Die beiden
                              									hauptsächlichsten Errungenschaften des neueren Maschinenbaues sind: I) große Verminderung des Brennstoffverbrauches und II)
                              										die gleichzeitige beträchtliche Verminderung des
                                 										Eigengewichtes der Maschine und des Kessels.
                           Der Brennstoffverbrauch beträgt bei normalem Arbeiten 0,5 bis 0k,6 guter Kohle für Stunde und Indicatorpferd und
                              									steigert sich bei angestrengtem Arbeiten bis auf 0k,8.
                           Das gesammte Gewicht der Maschine mit Kessel, Wasser nebst allen
                              									Hilſsmaschinen und Zubehör beträgt bei Torpedobooten 28 bis 30k für Indicatorpferd, während es bei gewöhnlichen
                              									Handelsdampfern noch etwa 200k ist.
                           Die Ursachen, durch welche diese Fortschritte herbeigeführt
                              									wurden, sind:
                           1) Steigerung der Kesselspannung, 2) richtige Ausnutzung der
                              									Expansion, 3) Steigerung der Kolbengeschwindigkeit und Umlaufszahl, 4) sorgfältigere
                              									und vollkommenere Construction und Herstellung der einzelnen Theile, 5) Einführung
                              									neuer Constructionsstoffe, besonders des Stahles.
                           Hierzu ist Folgendes zu bemerken:
                           Zu 1) Der Kesseldruck beträgt 12at und wird voraussichtlich in nächster Zeit bis auf 14at gesteigert werden. Die Grenzen für die höheren
                              									Dampfdrucke liegen jetzt nicht so sehr in der Schwierigkeit der Kesselherstellung
                              									als in der hohen Temperatur des Dampfes, welche sich bereits bedenklich dem
                              									Schmelzpunkte des Zinnes nähert und weiter gesteigert auch alle bis jetzt bekannten
                              									Schmiermittel zerstören würde.
                           Zu 2) Die Expansion beim normalen Arbeiten ist etwa 15 fach, die
                              									Füllung der einzelnen Cylinder dabei etwa ½ bis ⅔. Die Wärmeverluste sind so aufs
                              									Mindeste herabgerückt. Die geringste zu erreichende Füllung kann bei ermäſsigtem
                              									Arbeiten der Maschine bis zu 1/60 der Gesammtfüllung betragen.
                           Zu 3) In Bezug auf Kolbengeschwindigkeit übertreffen die neueren
                              									Torpedoboot-Maschinen alle anderen Systeme. Es beträgt die übliche secundliche
                              									Kolbengeschwindigkeit:
                           
                              
                                 bei
                                 festliegenden Maschinen
                                 2 bis 3m
                                 
                              
                                 „
                                 älteren Schiffsmaschinen
                                 3 bis 3,5
                                 
                              
                                 „
                                 neueren         „
                                 bis 4
                                 
                              
                                 „
                                 Schnellzugslocomotiven
                                   „  5
                                 
                              
                                 „
                                 Torpedoboot-Maschinen
                                   „  5,5
                                 
                              
                           Zu 4) Bei der Ausführungsconstruction von Maschinen, welche mit so
                              									hoher Kolbengeschwindigkeit arbeiten, muſs selbstverständlich ungemein sorgfältig zu
                              									Werke gegangen werden, sowohl was den Entwurf, wie die Wahl der zur Herstellung
                              									nöthigen Materialien betrifft. Ebenso erfordert die Erzeugung und Zusammenfügung der
                              									einzelnen Theile groſse Sorgfalt und Ueberlegung aller beim späteren Betriebe etwa
                              									auftretenden Zufälligkeiten. Nur so kann die Regelmäſsigkeit des Betriebes und die
                              									dauernde gute Erhaltung des gesammten Mechanismus mit Sicherheit verbürgt
                              									werden.
                           Zu 5) Was die Einführung neuer Constructionsstoffe anbelangt, so
                              									ist klar, daſs die groſse Gewichtsermäſsigung nur durch vorsichtige Wahl der besten
                              									Baustoffe ermöglicht werden kann; Rücksichten auf Ersparnisse nach dieser Richtung
                              									hin sind durchaus unzulässig. In jedem einzelnen Falle wird das für den bestimmten
                              									Zweck bestgeeignetste Material gewählt und die gewünschte Form auf die mathematisch
                              									genaueste Weise hergestellt, ganz abgesehen von dem Kostenpunkte.
                           An Stelle des Guſs- und Schmiedeisens ist in den meisten Fällen
                              									der Guſs- und Fluſsstahl getreten. Während die absolute Festigkeit des Guſseisens zu
                              									12, des Schmiedeisens zu 35, des Kupfers und der Bronze zu 20k/qmm gerechnet
                              									wird, beträgt dieselbe bei Guſsstahl 45 bis 55, bei Fluſsstahl 43 bis 50k/qmm. Bei
                              									richtiger Construction läſst sich daher bei Anwendung des Stahles fast eine der
                              									gröſseren absoluten Festigkeit desselben proportionale Gewichtsverminderung
                              									gegenüber dem Guſs- und Schmiedeisen erreichen.
                           Bei den Kesselfeuerungen wird die
                              									Luftzuführung durch Gebläsebetrieb geregelt. Bei den Schichau'schen Anlagen geschieht dies in der Weise, daſs die erwärmte Luft
                              									des Heizraumes für den Verbrennungsprozeſs ausgenutzt werden kann. Gegenüber den
                              									sonst gebräuchlichen Anordnungen mit geschlossenen Heizräumen und Zuführung kalter
                              									äuſserer Luft bietet das Schichau'sche Verfahren sowohl
                              									bedeutende wirthschaftliche, wie auch Betriebsvortheile.
                           Wenn auch die Anwendung dieses Luftzufuhrsystemes für
                              									Handelsdampfer bis jetzt nur noch vereinzelt stattgefunden hat, so kann doch mit
                              									Sicherheit behauptet werden, daß der Ventilatorbetrieb mit
                                 										wenn möglich erwärmter Gebläseluft das System der nächsten Zukunft für alle
                                 										neueren Schiffsmaschinenanlagen sein wird. Auch hier muſs man aber wohl
                              									wissen, was man thut; denn eine unrichtig bemessene derartige Anlage wird keine
                              									Vortheile, sondern nur Nachtheile bringen; Beweise dafür finden sich in gröſserer
                              									Anzahl bei den Ausführungen einiger Fabriken. Bei richtiger Anordnung wird man auf eine Reduction von 30 bis 50 Procent im
                              									Kesselgewichte und Raume im Schiffe rechnen können, auſserdem eine bedeutend
                              									bequemere Kesselbedienung erhalten.
                           Als Beispiel hierfür mag ein in Elbing für die chinesische
                              									Regierung erbautes Fahrzeug vorgeführt werden, bei welchem in nur einem Kessel der Dampf für eine Maschine von 1500 Pferd
                              									erzeugt wird und wo während 11 stündiger scharfer Fahrt nur 2 Heizer ohne weitere
                              									Hilfe und ohne Ueberanstrengung den Kessel bedienten. Man vergleiche damit, daſs
                              									selbst neuere Kreuzer und sonstige Dampfer für dieselbe Kraft noch mindestens 3 bis
                              									4 Kessel zu führen pflegen.
                           Dieser bei richtiger Feuerungsanlage zu erreichende Fortschritt
                              									ist daher wohl der ernstesten Beachtung werth und er wird, zusammen mit der
                              									allgemeinen Einführung der dreifachen Expansionsmaschine, die Dampfschiffahrt in
                              									einen neuen Abschnitt der Entwickelung führen.
                           Für Flußschiffe, wo es sich in den
                              									meisten Fällen um Einhaltung eines möglichst geringen Tiefganges und gleichzeitige
                              									Erzielung möglichst groſser Geschwindigkeit handelt, knüpfen sich an die allgemeine
                              									Einführung des dreifachen Expansionssystemes noch einige weitere Betrachtungen.
                           Durch die verhältniſsmäſsige Nähe der Anlegestellen und die
                              									Möglichkeit überall weiteren Brennstoff zu erhalten, brauchen die Fluſsschiffe kein
                              									sehr bedeutendes Gewicht an Holz oder Kohle mit sich zu führen. Das nützliche
                              										„Deplacement“ wird daher nicht in dem Maſse durch die mitzuführende
                              									Brennstoffmenge beeinfluſst, wie dies bei den langen Reisen der Seeschiffe der Fall
                              									zu sein pflegt. Der Vortheil einer wirthschaftlich arbeitenden Maschine macht sich
                              									hier mehr in der unmittelbaren Ersparniſs von Brennstoff als in dem Ueberschusse des
                              									nützlichen „Deplacement“, d.h. in vermehrter Ladefähigkeit bemerkbar. Ferner
                              									hängt bei flachem Fahrwasser die Möglichkeit der Befahrung überhaupt unmittelbar von
                              									dem Tiefgange des Schiffes ab. Die Wirthschaftlichkeit der Maschine wird dann erst
                              									in zweiter Linie in Betracht kommen; ja man wird selbstredend die weniger
                              									leistungsfähige Maschine wählen müssen, falls diese es gestatten sollte, dem
                              									Fahrzeuge einen geringeren Tiefgang zu verleihen.
                           In der That wurden früher fast alle Fluſsschiffe mit einfachen
                              									Hochdruckmaschinen ausgerüstet, welche freilich eine auſserordentliche Menge
                              									Brennstoff verzehrten (was aber bei den damals verhältniſsmäſsig billigen Preisen
                              									keinen bedeutenden Verlust bildete), dafür aber die Möglichkeit der Befahrung
                              									flacher Gewässer gestattete. Die Technik befand sich eben bis vor Kurzem noch nicht
                              									in der Lage, ein wirthschaftliches und zugleich leichtes Maschinensystem zu liefern,
                              									welches allen Anforderungen genügt hätte. Erst neuerdings ist es gelungen, darin
                              									Aenderung zu schaffen, und wiegen die jetzigen, für Fluſsschiffe gebauten Systeme
                              									von Compoundmaschinen nicht mehr, sondern weniger als die früheren
                              									Hochdruckmaschinen.
                           Das Gewicht einer guten Compoundmaschine für flachgehende
                              									Fluſsdampfer beträgt heute mit Kessel, Wasser und vollständiger Ausrüstung etwa 120
                              									bis 140k für das Indicatorpferd, d.h. ½ bis ⅔ des
                              									Gewichtes einer gleich starken Seedampfer-Maschine, jedoch noch immer 4 mal mehr als
                              									das Gewicht einer gleich starken Torpedoboot-Maschine. Erreicht ist daher in dieser
                              									Beziehung bereits viel, jedoch auf der anderen Seite auch noch Raum für weiteren
                              									Fortschritt gelassen. Die Schwierigkeit liegt bei Fluſsschiffen meistens in der
                              									Unmöglichkeit, der Raddampfer-Maschine eine sehr hohe Kolbengeschwindigkeit und
                              									besonders hohe Umdrehungszahl zu ertheilen. Der „Propeller“, hier das Rad, eignet sich nicht
                              									dafür und die Grenzen von 120 bis 150m
                              									Kolbengeschwindigkeit und 50 bis 60 Umdrehungen in der Minute, bis zu welchen man
                              									manchmal geschritten ist, müssen als Grenze der praktischen Möglichkeit bezeichnet
                              									werden.
                           Das dreifache Expansionssystem hat bis jetzt für Raddampfer noch
                              									wenig Anwendung gefunden; es liegt dies, neben der relativ überhaupt geringen Anzahl
                              									von Radschiffen, zunächst in dem Umstände, daſs bei kleinen Maschinen die mit diesem
                              									Systeme verbundenen Mehrkosten den wirthschaftlichen Vorzügen die Wage halten, und
                              									ferner, daſs bei gröſseren Raddampfern die Anordnung dieses Systemes auf manche
                              									constructive Schwierigkeiten stöſst. Es unterliegt jedoch keinem Zweifel, daſs für
                              									alle gröſseren Ausführungen, von etwa 300 Indicatorpferd aufwärts, die dreifache
                              									Expansionsmaschine, verbunden mit Gebläsebetrieb für die Feuerung, ebenfalls das
                              									System der Zukunft sein wird. Es wird hier möglich, das Mehrgewicht der Maschine
                              									durch Verminderung der Kesselabmessungen auszugleichen und so die dreifache
                              									Expansionsmaschine ebenso leicht wie eine gleichstarke Zweicylinder-Compoundmaschine
                              									auszuführen.
                           In einer ausführlichen Erörterung über die in letzterer Zeit sehr viel besprochene
                              										Naphta-Heizung für Seedampfer (vgl. 1885 258 * 421) beweist Ziese,
                              									daſs derselben einige wichtige technische Bedenken entgegenstehen, auſserdem aber
                              									eine Ersparung durch Anwendung dieses Heizstoffes nur in der Nähe der
                              									Gewinnungsstätten zu erzielen ist. Zudem liegt die Möglichkeit nahe, daſs durch eine
                              									einzige neue chemische Entdeckung diese Naphtarückstände vertheuert und vollständig
                              									der Verwendung als Heizmittel entzogen werden könnten.
                           Zum Schlusse der Ausführungen wird die Schiffsschraube
                              									besprochen und daraufhingewiesen, daſs die zahlreichen angeblichen Verbesserungen,
                              									welche gerade gegenwärtig wieder auftauchen, sehr miſstrauisch zu betrachten seien,
                              									da ohnedies die Schiffsschraube schon einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht
                              									habe.
                           Um zu erfahren, ob ein mechanischer Apparat vollkommen oder
                              									unvollkommen arbeitet, muſs man sich zunächst die besten Erfolge der bisherigen
                              									Praxis vergegenwärtigen, dieselben mit der theoretisch erreichbaren Nutzleistung
                              									vergleichen und dann feststellen, ob die Abweichung einen wirklichen Verlust
                              									darstellt, oder durch die Natur der Sache geboten ist. Dann erst kann man bestimmen,
                              									wie groſs die noch zu erreichenden Verbesserungen sein können und nach welcher
                              									Richtung dieselben liegen müssen.
                           Die neuere Schiffsmaschinentechnik gibt uns nun für die
                              									bestconstruirtesten Maschinen einen Wirkungsgrad von 0,8 bis 0,9 und für die besten,
                              									der Schiffstorm und Geschwindigkeit richtig angepaſsten Schraubenpropeller einen
                              									Wirkungsgrad von 0,75 bis 0,85, also für Maschine und Propeller zusammen eine
                              									Nutzleistung von 0,60 bis 0,77, d.h. eine Annäherung an die theoretische
                              									Vollkommenheit, wie sie fast bei keiner anderen Combination von Motor und
                              									Arbeitsübertrager gefunden wird.
                           Viel Raum zu Verbesserungen ist daher hier nicht vorhanden und
                              									wenn gewisse Erfinder von 30 Proc. Ersparniſs reden, so ist dies an und für sich
                              									schon Unsinn, man müſste denn als Norm der Vergleichung die schlechtesten Typen von
                              									Maschine und Schraube wählen, wie man diese heute noch bei einigen veralteten
                              									Dampfern vorfindet. Dies wird daher auch meist bei solchen Versuchen gethan: man
                              									vergleicht anstatt mit dem bereits bestehenden Besten mit dem möglichst
                              									Schlechtesten und erzielt dann scheinbare Erfolge, welche jedoch meistens noch
                              									hinter den ganz gewöhnlichen Leistungen der alltäglichen guten Praxis zurückstehen,
                              									im besten Falle denselben ungefähr gleich kommen.
                           Der beste Propeller ist derjenige, welcher den gröſsten Schub zur
                              									Fortbewegung des
                              									Fahrzeuges mit dem geringsten Kraftverbrauche der Maschine ermöglicht und dies wird
                              									mit demjenigen Propeller am besten erreicht, welcher die verhältniſsmäſsig gröſste
                              									Wassermenge mit der relativ geringsten Geschwindigkeit zurücktreibt. Das
                              									Zurücktreiben des Wassers nennt man den Rücklauf oder „Slip“ des Propellers
                              									und dieser Rücklauf ist die nothwendige Bedingung zur Fortbewegung des Fahrzeuges.
                              									Ohne denselben würde kein Widerstand des Wassers erzeugt, gegen den sich der
                              									Propeller anlehnen könnte. Im Anfange der Bewegung ist der „Slip“ sehr groſs;
                              									die Schraube wirkt dann als Turbine, welche Wasser nach hinten wirft; befindet sich
                              									aber das Fahrzeug einmal in vollem Gange, so schneidet die Schraube glatt durch das
                              									Wasser, fast wie in einem feststehenden Gewinde, und der „Slip“ braucht dann
                              									nur klein zu sein, gerade hinreichend, um den Beharrungszustand zu erhalten; jede
                              									plötzliche Geschwindigkeitsänderung wird in den ersten Minuten stets von einer
                              										„Slip“-Vermehrung begleitet sein, so lange bis wieder ein
                              									Beharrungszustand der Fortbewegung eingetreten ist. Bei den bestconstruirten
                              									Schrauben, z.B. bei manchen Torpedobooten, beträgt der „Slip“ bei normalem
                              									Arbeiten nur etwa 5 Proc., d.h. 95 Procent des Propellerweges sind gleich der vom
                              									Fahrzeuge wirklich zurückgelegten Strecke. Bei gewöhnlichen Schiffen rechnet man den
                              									Slip zu etwa 10 bis 15 Proc.
                           Nach solchen Ergebnissen muſs man sich unwillkürlich fragen, wo
                              									denn eigentlich noch die groſsen Verbesserungen an Propellern eintreten sollen. Die
                              									archimedische Schraube, wenn nur richtig construirt und angeordnet, ist ein so
                              									vorzüglicher Propeller, wie man sich diesen eigentlich nicht besser wünschen kann.
                              									Wir sind heute im Stande, eine Schiffsschraube zu bauen, welche bei nur 2m Durchmesser eine Kraft von 1500 Indicatorpferd
                              									vollständig ausnutzt und damit einem Fahrzeuge von 115 Tons Deplacement bei nur 10
                              									Proc. Slip eine Geschwindigkeit von 24 Knoten in der Stunde (12m,3 in der Secunde) ertheilt. Bei den neuesten
                              									groſsen und schnellen Ocean-Dampfern, wo die Kolbengeschwindigkeit auf 256m in der Minute gesteigert wird, ist das
                              									Verhältniſs der Flügelfläche zum gesammten Schraubenkreise bereits auf etwa ½
                              									angewachsen. Nur auf diese Weise ist es dort möglich geworden, die ungewöhnliche
                              									Kraft von 14000 Pferd in einer Schraube von nur 7m,32 (21 Fuſs engl.) Durchmesser auszunutzen und damit eine
                              									Schiffsgeschwindigkeit von 20 bis 22 Knoten (entsprechend 10m,28 bis 11m,31
                              									in der Secunde) zu erzielen. Es ist jedoch keine Frage, daſs durch die
                              									unverhältniſsmäſsig groſse Fläche ein. hoher Reibungswiderstand der Schraube und
                              									eine ungünstige Wirkung auf das Wasser hervorgerufen wird. Bei den Torpedobooten
                              									beträgt die Kolbengeschwindigkeit bereits über 305m (1000 Fuſs engl.) in der Minute (etwa 5m,8 in der Secunde). Hierdurch ist das Verhältniſs der Fläche zum
                              									Durchmesser der Schraube noch bedeutend günstiger gehalten wie bei den groſsen
                              									Dampfern, so daſs also für derartige Fahrzeuge die Möglichkeit gegeben ist, mit
                              									gesteigerter Kraft bei einer Schraube noch höhere Geschwindigkeit, wie bis jetzt
                              									erreicht, zu erzielen. Nur muſs natürlich die Construction der Maschine derart
                              									geschehen, daſs dieselbe im Stande ist, unbeschadet mit so hoher
                              									Kolbengeschwindigkeit bezieh. Umdrehungszahl, zu arbeiten. Es ist wohl anzunehmen,
                              									daſs die groſsen Dampfer auch bis dahin nachfolgen werden, wenn das Drängen nach
                              									gesteigerter Geschwindigkeit nach wie vor weiter geht.
                           Die gewonnene Erfahrung scheint übrigens dahin zu deuten, daſs
                              									innerhalb der jetzt üblichen Grenzen der Kolbengeschwindigkeit bei Schiffen, welche
                              									für sehr groſse Geschwindigkeit gebaut sind, also sehr scharfe hintere Wasserlinien
                              									besitzen, die Einzelschraube der vorzüglichste Propeller ist und durch Einführung
                              									der Doppelschraube keinerlei Vortheile in Bezug auf Geschwindigkeit oder
                              									Wirtschaftlichkeit des Betriebes erlangt werden können, daſs jedoch für Schiffe mit
                              									vollen Linien, welche für mittlere Geschwindigkeit construirt sind, also besonders
                              									Frachtdampfer, schwere Panzerschiffe u. dgl., die Doppelschrauben entschieden
                              									günstigere Erfolge liefern und sich hier das Verhältniſs Indicatorpferd- zu
                              									Effectivpferdleistung für dieselbe Geschwindigkeit günstiger gestaltet wie bei der
                              									Einzelschraube. Die Lage und die Verhältnisse der Doppelschrauben müssen freilich
                              									dabei mit sehr groſser Sorgfalt bestimmt werden, um nicht gerade entgegengesetzte
                              									Wirkungen zu erzielen. Hauptsache ist, daſs
                           
                           Liste verschiedener dreifacher
                                 										Expansionsmaschinen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 264, S. 529
                              Name des Schiffes; Deplacement in
                                 										Tons; Stundliche Geschwindigkeit Knoten; Indicirte Pferd; Abmessungen der
                                 										Maschine: Durchmesser Hub in mm; Kesseldruck; Jahr der Erbauung; Besitzer;
                                 										Erbauer; „Versuch“ F. Schichau, Elbing; „Nierstein and Ottokar“;
                                 											„Hansa“, Bremen; „Falkenburg“; Torpedoboote; Verschiedene
                                 										Regierungen; Chinesische Regierung; Kreuzer; Deutsche Regierung; Postdampfer;
                                 										Norddeut. Lloyd, Bremen; J. Eider, Glasgow;
                                 											„Nulli Secunda“; Doxford, Stmderland;
                                 											„Aberdeen“; R. Napier und Co.,
                                 										Glasgow
                              
                           
                           der Schraubenpropeller so leicht und aus so wenig
                              									Material wie möglich hergestellt wird, damit er bei seinem schnellen Durchgange
                              									durch das Wasser nur auf reine Propulsion wirkt und möglichst geringe
                              									Reibungswiderstände und Wirbelbewegungen im Wasser hervorruft.
                           Bezüglich der genauen Theorie der
                                 										Schiffsschraube wird auf das bekannte ausgezeichnete Werk von C. Busley (Die Schiffsmaschine) hingewiesen und
                              									schlieſslich die auf S. 529 abgedruckte Tabelle gegeben.