| Titel: | Ueber Entfärbungsmittel und ihre Anwendung zur Entfärbung des Ozokerits; von Roman Zaloziecki, Assistent an der k. k. technischen Hochschule in Lemberg. | 
| Autor: | Roman Zaloziecki | 
| Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 20 | 
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                        Ueber Entfärbungsmittel und ihre Anwendung zur
                           								Entfärbung des Ozokerits; von Roman
                              									Zaloziecki, Assistent an der k. k. technischen Hochschule in
                              								Lemberg.
                        Zaloziecki's Entfärbungsmittel.
                        
                     
                        
                           Man versteht unter Entfärbungsmitteln gemeiniglich eine Gruppe von festen Körpern
                              									verschiedener Zusammensetzung und verschiedenen Herkommens, welche in entsprechender
                              									Form angewendet die Eigenschaft haben, auf Farbstoffe einzuwirken, jedoch ohne
                              									tieferes Eingreifen in die Muttersubstanz, in welcher dieselben vertheilt sind. In
                              									der Technik haben die Entfärbungsmittel überall, wo es sich im Fabriksbetriebe um
                              									die Entfärbung des rohen Productes handelt, eine hohe Bedeutung. Zu diesem Zwecke
                              									war von jeher die Thierkohle in Anwendung, deren entfärbende Eigenschaften schon
                              									längst erkannt und angewendet, einen neuen Industriezweig, die Fabrikation des
                              									Spodiums ins Leben gerufen haben. Der verhältniſsmäſsig hohe Preis der Thierkohle,
                              									welcher in Folge des bedeutenden Verbrauches zu einem empfindlichen Faktor wurde,
                              									hat Versuche zur Ersetzung dieses werthvollen Materials durch billigere Surrogate
                              									veranlaſst. Die verschiedenartig angestellten Versuche haben jedoch fast immer
                              									negative Resultate ergeben. Erst durch die Entwickelung der Paraffin- und
                              									Ceresinfabrikation aus dem Ozokerit ist es gelungen, ein neues Material zur
                              									Anwendung zu bringen, welches sich nicht nur als werthvoller für den in Rede
                              									stehenden Fabrikationszweig erwiesen, sondern auch der Fabrikation, der er seine
                              									Entstehung verdankt, festere Grundlagen gegeben hat; auſserdem ist aus einem
                              									minderwerthigen Fabriksabfall ein gesuchter Handelsartikel geworden. Im Jahre 1867
                              									hat die Firma Hochstetter und Comp. in ihrer Paraffin-
                              									und Ceresinfabrik in Florisdorf bei Wien Blutlaugensalzrückstände eingeführt, welche
                              									gegenwärtig sich einer allgemeinen Anwendung erfreuen (vgl. auch 1884 253 412. H. Ujhely 1880 236 502. V. v. Ofenheim 1880
                              										237 81).
                           Im Folgenden führe ich nach den Untersuchungen des Herrn PawewskiBr. Pawlewski, das Erdwachs und seine
                                       												Producte, Separatabdruck aus der „Technischen Rundschau“,
                                       												Warschau (polnisch) 1887 S. 42. die Zusammensetzung der
                              									Blutlaugensalzrückstände aus der Paraffin- und Ceresinfabrik des Herrn Landesberg in Lemberg an, welche ich im gröſseren
                              									Vorrathe in derselben Sorte zur Verfügung hatte. Der Vollständigkeit halber
                              									reproducire ich auch die analytischen Ergebnisse dreier anderer Gattungen, welche
                              										KarmrothPerutz,„Industrie der Mineralöle“. 2. Theil S. 135.
                              									veröffentlicht hat, sowie die durchschnittliche Zusammensetzung der
                              									Knochenkohle.
                           
                           
                              Analyse der Blutlaugensalzrückstände aus der Fabrik von
                                 										Herrn Landesberg:
                              
                           
                              
                                 Wasser, bei 110° bestimmt
                                 11,87
                                 
                              
                                 Eisenoxyd (Thonerde)
                                 13,83
                                 
                              
                                 Kalk
                                 14,82
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 0,94
                                 
                              
                                 Wasserlösliche Körper
                                 13,65
                                 
                              
                                 Kohle
                                 19,20
                                 
                              
                                 Kieselerde
                                 12,84
                                 
                              
                                 Schwefelsäureanhydrid
                                 9,90
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                 3,27
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,32
                                 
                              
                           Das specifische Gewicht habe ich bei 20° bestimmt und zu 1,936 gefunden.
                           
                              Durchschnittszahlen von 10 Schmelzen nach Karmroth:
                              
                           
                              
                                 Kali
                                 12,2
                                 16,7
                                 10,2
                                 
                              
                                 Kalk
                                 16,2
                                 18,4
                                 19,6
                                 
                              
                                 Magnesia
                                   2,1
                                   1,3
                                   1,0
                                 
                              
                                 Thonerde
                                   4,8
                                 10,2
                                 14,2
                                 
                              
                                 Eisen und Eisenoxyd
                                 16,1
                                   2,1
                                   3,1
                                 
                              
                                 Mangan
                                   0,4
                                   0,06
                                   0,7
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 Spuren
                                   0,4
                                   0,02
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 21,1
                                 29,7
                                 26,40
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                   1,2
                                   0,2
                                   1,8
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                 10,4
                                   6,4
                                   4,9
                                 
                              
                                 Kohle
                                   6,1
                                   4,2
                                   9,2
                                 
                              
                                 Schwefel, Chlor, Cyan, Kohlen-   säure und
                                    											Verlust
                                   9,1
                                 10,2
                                   8,7
                                 
                              
                           
                              Durchschnittliche Zusammensetzung der Knochenkohle:
                              
                           
                              
                                 Kohle
                                   7,5 – 10,5
                                 Chloralkalien
                                 0,2 – 0,5
                                 
                              
                                 Calciumcarbonat
                                   6,0 –   8,0
                                 Silicate
                                 0,5 – 0,8
                                 
                              
                                 Calciumsulfat
                                   0,15 – 0,25
                                 Eisenoxyd
                                 0,2 – 0,3
                                 
                              
                                 Calciumphosphat
                                 75,0 – 80,0
                                 Stickstoff- und Schwefel-
                                  
                                 
                              
                                 Magnesiumphosphat
                                   0,8 –   1,4
                                    Verbindungen
                                 0,5 – 1,4
                                 
                              
                           Auf den eigentlichen Gegenstand eingehend, muſs ich hervorheben, daſs es sich bei mir
                              									wesentlich gehandelt hat um die Feststellung der Bedingungen und um die Erforschung
                              									der Ursachen der Entfärbung; denn ich war der Meinung, daſs ich dadurch die
                              									Erkenntniſs der Erscheinung, welche wir durch die Wirkung der Entfärbungsmittel
                              									hervorrufen und welche sich durch Lichterwerden der Farbe sichtbar uns darstellt,
                              									nicht nur einen interessanten theoretischen Beitrag liefern, sondern auch wichtige
                              									Fingerzeige in praktischer Beziehung erhalten werde. In meinem Vorhaben wurde ich um
                              									so mehr bestärkt, als ich in den in dieser Richtung veröffentlichten Arbeiten keine
                              									genügende Beantwortung dieser Fragen, dafür desto mehr sich widersprechender und
                              									unbestimmter Behauptungen und nicht erklärter Thatsachen gefunden habe. Ueberdies
                              									waren gröſsere Abhandlungen, diesen Gegenstand betreffend, fast ausschlieſslich im
                              									Dienste der Zuckertechnik geführt worden, und es hatte die Folgerung, daſs die aus
                              									diesen Untersuchungen abgeleiteten Resultate auch für die im Grunde verschiedenen
                              									Bedingungen und Verhältnisse der Paraffin- und Ceresinfabrikation nicht rückhaltlos
                              									volle Geltung haben konnten, vieles für sich und dürfte eine weitläufigere
                              									Behandlung dieses Gegenstandes und das Wiederholen mancher Versuche, welche in ihren
                              									Folgen bereits bekannt waren, entschuldigen.
                           
                           Man kann allgemein drei Theorien, welche die Entfärbungserscheinungen zu deuten
                              									versuchen, unterscheiden, wovon zwei „chemisch“ genannt werden könnten, weil
                              									sie während des Vorganges gewisse Veränderungen in der Natur der Farbstoffe
                              									voraussetzen. Die chemischen Theorien gehen von verschiedenen Voraussetzungen aus:
                              									die eine erblickt die Ursache in der Absorptions- und Verdichtungsfähigkeit der
                              									Oberfläche der Entfärbungskörper für Gase, die andere macht dieselbe abhängig von
                              									der Gegenwart der Basen und basischen Salze in der chemischen Zusammensetzung der
                              									Entfärbungsmittel. Nach der ersten absorbirt und verdichtet Kohle Gase auf ihrer
                              									Oberfläche (etwa ihr 50faches Volumen) und nimmt der Luft ausgesetzt die
                              									Bestandtheile derselben auf, jedoch verhältniſsmäſsig mehr Sauerstoff als
                              									Stickstoff, welcher innerhalb der Poren im verdichteten Zustande (Ozon) gesammelt,
                              									den wirksamen Faktor bildet, indem er vermöge seiner kräftig oxydirenden
                              									Eigenschaften die Farbstoffe in farblose Körper umwandelt. Auf einen anderen
                              									Standpunkt stellt sich die zweite Theorie, nach welcher die Farbstoffe, welche einen
                              									sauren Charakter besitzen, sich mit basischen Körpern, welche in den gebräuchlichen
                              									Entfärbungsmitteln niemals fehlen, vereinigen und neue Verbindungen bilden, welche
                              									in weiterer Consequenz in der Muttermasse unlöslich sind und am Boden mit den
                              									Verunreinigungen abgeschieden werden. Alle chemischen Veränderungen schlieſst die
                              									dritte Theorie aus, welche sich verhältniſsmäſsig der gröſsten Verbreitung erfreut,
                              									sie faſst den Entfärbungsprozeſs als einen rein mechanischen Vorgang auf, indem sie
                              									die Ursache in der Attraction zwischen Farbstoff und der durch die Porosität
                              									vervielfältigten Oberfläche des Entfärbungskörpers (welche Eigenschaft der
                              									Thierkohle in hohem Maſse zuerkannt wird) erklärt. – Weil jedoch keine von diesen
                              									Deutungen eine genügende Erklärung aller Entfärbungserscheinungen gibt, deshalb
                              									combiniren Einige die beiden letztangeführten Theorien und erblicken die Ursache
                              									ebenso in der chemischen Affinität wie auch in der porösen Structur des
                              									Entfärbungskörpers.
                           Meine Untersuchungen habe ich an Blutlaugensalzrückständen, welche bei uns unter dem
                              									Namen „gewöhnliches deutsches oder mährisches Pulver“ bekannt sind und deren
                              									Zusammensetzung eingangsher gegeben wurde, deshalb angestellt, weil die
                              									Verschiedenheit der Zusammensetzung die Aufstellung von Combinationen zuläſst. Bei
                              									näherer Betrachtung der analytischen Resultate kann man in den Bestandtheilen der
                              									Blutlaugensalzrückstände ungezwungen 4 Gruppen unterscheiden, und zwar 1. Gruppe:
                              									wasserlösliche Körper, 2. Gruppe: der in Salzsäure lösliche Antheil, 3. Gruppe:
                              									Kohle und 4. Gruppe: Kieselsäure. Es drängt sich von vornherein die Frage auf,
                              									welche von diesen Gruppen zur Entfärbung eigentlich beitragen und welche von ihnen
                              									überflüssig oder gar schädlich sind? Zu diesem Zwecke habe ich eine gröſsere Partie
                              									Blutlaugensalzrückstände mit heiſsem Wasser ausgelaugt und nach dem Auslaugen und
                              										Trocknen
                              									vergleichende Probe mit gewöhnlichem und mit ausgelaugtem Pulver gemacht. Es hat
                              									sich herausgestellt, daſs das mit Wasser extrahirte Pulver verhältniſsmäſsig mehr an
                              									Entfärbungskraft gewonnen hat, als dem in Wasser
                              									löslichen Antheil, bezogen auf die ursprüngliche Menge, entspricht. Zum Abscheiden
                              									der 2. Gruppe habe ich mit 10 Proc. Salzsäure ausgekocht, mit Wasser ausgewaschen
                              									und getrocknet. Derart vorgerichtetes Pulver, 32 Proc. der ursprünglichen Menge, war
                              									schwarz, von feinem Aussehen und zeigte eine 3 mal gröſsere Entfärbungskraft als das
                              									gewöhnliche, insofern mit 10 Proc. des ausgelaugten Pulvers derselbe Farbton
                              									hervorgerufen werden konnte wie mit 30 Proc. des gewöhnlichen. Geht man jedoch von
                              									demselben Quantum des normalen Pulvers aus, d.h. nimmt man einmal 100 Th. normalen
                              									Pulvers und ein zweites Mal 32 Th. des mit HCl behandelten, so bekommt man dieselben
                              									Resultate, die angegebenen Verhältnisse sind also für die Entfärbung gleichwerthig.
                              									Durch die Auslaugung mit Salzsäure verliert man demnach qualitativ nichts an
                              									Entfärbungskraft, man führt jedoch kaum ⅓ an Gewicht des Pulvers ein, wodurch auch
                              									die Menge der Rückstände, welche, durch den Entfärbungskörper zurückgehalten, im
                              									weiteren Verlaufe der Verarbeitung zur Extraction mittels Benzin bestimmt sind,
                              									entsprechend vermindert wird. Das ausgelaugte Pulver hat indessen auch seine
                              									Nachtheile, bedingt durch das auſserordentlich niedere specifische Gewicht, wodurch
                              									das Abklären der geschmolzenen Masse nach beendigter Entfärbung ungemein erschwert
                              									wird. Das Auslaugen der Blutlaugensalzrückstände mit Salz- oder Schwefelsäure
                              									empfiehlt schon Gawalowski (Chemiker Zeitung, 1878 Bd.
                              									2 S. 293) und räth die sauren Lösungen, welche verhältniſsmäſsig viel Eisen
                              									enthalten, zur Fabrikation des Berlinerblau zu verwenden.
                           Durch das Auslaugen des Entfärbungspulvers mit Säuren entfernt man basische Körper,
                              									Thonerde und Eisenoxyd, ferner den kohlensauren Kalk und es hinterbleibt nur
                              									Kieselerde und Kohle, und trotzdem ist die Entfärbungskraft nicht gemindert, sondern
                              									sehr bedeutend vergröſsert worden. Von einer Einwirkung basischer Körper auf
                              									Farbstoffe kann in diesem Falle also nicht die Rede sein und es ist auch ganz und
                              									gar nicht anzunehmen, daſs Kohle oder Kieselsäure in der Natur der Farbstoffe
                              									irgendwelche Umwandlung hervorzurufen im Stande wären.
                           Das ausgelaugte Pulver verbrannte ich, so daſs der Rückstand frei von Kohle und aus
                              									fast reiner Kieselsäure (4. Gruppe) zusammengesetzt war. In diesem Zustande zur
                              									Entfärbung angewendet hat er vorzügliche Resultate ergeben, denn dieselben Mengen
                              									entfärbten um 100 Proc. besser als das normale Pulver. Dadurch war der
                              									augenscheinlichste Beweis geführt, daſs die Ursache der Entfärbung nicht
                              									ausschlieſslich in dem Vorhandensein von Kohle zu suchen sei.Fr. Meyer, Zeitschrift für die Zuckerindustrie,
                                    											1873 S. 502. Wagner's Jahresbericht, 1873 S.
                                    											587. Vgl. auch A. Gawalovski 1874 214 258.
                           
                           Einer analogen Behandlung habe ich auch Knochenkohle unterworfen und zwar habe ich
                              									einen Theil mit Salzsäure ausgezogen und einen anderen von Kohle befreit. Mit diesen
                              									3 Gattungen, d.h. mit normalem Spodium, mit ausgelaugtem und mit der Knochenasche,
                              									habe ich vergleichende Proben unter sich und mit dem oben besprochenen
                              									Entfärbungspulver angestellt. Es hat sich ergeben, daſs die Entfärbungskraft des
                              									Spodiums bedeutend kleiner ist, als die der Blutlaugensalzrückstände und 20 bis 50
                              									Proc. derselben beträgt, daſs ferner an der Luft geglühte Knochenkohle durchaus
                              									nichts an ihrer Wirkung verliert, denn in einigen Fällen habe ich dieselbe etwas
                              									gröſser, in anderen dagegen etwas kleiner gefunden, sowie durch die Behandlung mit
                              									Salzsäure die entfärbenden Eigenschaften gar nicht vergröſsert, sondern im
                              									Gegentheile bedeutend herabgesetzt werden. Es besteht somit in dem Verhalten der
                              									Knochenkohle und des Entfärbungspulvers in diesem Falle ein grundsätzlicher
                              									Unterschied, auf dessen Erklärung ich jedoch erst später eingehen werde. Die
                              									nämlichen Beobachtungen machten auch Payen und BussyAnnalen der Chemie, 1845 Bd. 55 S. 241. D. p. J. 1822 9
                                       												206., nach welchen Spodium, des gröſsten Theiles des
                              									phosphorsauren Kalkes beraubt, nur 30 Proc. des Farbstoffes im Vergleiche zur
                              									normalen Kohle zurückhält, woraus sie den Schluſs zogen, daſs zwischen den erdigen
                              									Bestandtheilen der Knochenkohle und den Farbstoffen eine Wechselwirkung, bedingt
                              									durch eine gröſsere oder kleinere chemische Wahlverwandtschaft, existirt.
                           Im Verlaufe meiner weiteren Untersuchungen habe ich eine Erklärung des Zusammenhanges
                              									der Entfärbungserscheinungen mit der Absorptions- und Verdichtungfähigkeit der Kohle
                              									oder poröser Körper im Allgemeinen für Gase angestrebt, welche zum Zwecke der
                              									Aufstellung einer neuen Entfärbungstheorie, hauptsächlich durch E. Wernekink1872 203 60. Chemisches Centralblatt, 1872 Bd. 41 S. 120. Wagner's Jahresbericht, 1872 S. 517. ausgenutzt und von
                              										Scheibler1872 204 236. Chemisches Centralblatt, 1872 Bd. 41 S. 407.
                              									kritisirt wurde. Ich habe deshalb eine gröſsere Partie des getrockneten gewöhnlichen
                              									Entfärbungspulvers in ein Verbrennungsrohr eingeführt und indem ich von einem Ende
                              									getrocknete Kohlensäure einleitete und das andere mit einem Aspirator verband,
                              									erhitzte ich zum Rothglühen durch längere Zeit. Nach vollständigem Auskühlenlassen
                              									im Kohlensäurestrome habe ich beide Rohrenden fest verschlossen und den Inhalt, aus
                              									welchem dergestalt die Luft ausgetrieben wurde, portionenweise zu den Versuchen
                              									verwendet. Eine Probe habe ich ausgeführt, indem ich durch das geschmolzene, in
                              									einem Kolben erwärmte Erdwachs Kohlensäure durchleitete, und derart jede Berührung
                              									mit der Luft verhinderte. Nach dem Abfiltriren hat das Erdwachs thatsächlich keine Farbveränderung gezeigt und das Gleiche war der
                              									Fall, als ich die Entfärbung nicht in einer Kohlensäure-Atmosphäre, sondern in offenem Gefäſse bei
                              									freiem Luftzutritte vornahm. Andere Versuche habe ich derart modificirt, daſs statt
                              									des Durchleitens der Kohlensäure durch die erhitzte Röhre ein Ende der letzteren
                              									zugeschmolzen und an das andere ein calibrirter und mit Wasser vollständig gefüllter
                              									Aspirator angebracht wurde, um die Menge der ausgeschiedenen Gase zu messen. Das mit
                              									Entfärbungspulver vollständig ausgefüllte Rohr habe ich vorsichtig bis zur Rothglut
                              									erhitzt und indem ich den Aspirator in Gang setzte durch 3 Stunden im Glühen
                              									erhalten. Nach Verlauf dieser Zeit haben sich aus 20g zum Versuche verwandten Pulvers im Aspirator kaum 300cc Gas gesammelt, dessen weitere Untersuchung ich
                              									jedoch unterlassen habe. Das derart ohne Luftzutritt ausgeglühte Entfärbungspulver
                              									hat ebenso wie im vorigen Falle gar nicht entfärbt. Scheinbar hätte dieses Verhalten
                              									einen Beweis für die Richtigkeit der Wernekink'schen
                              									Theorie abgegeben, wenn dem die geringe Menge Gase, welche beim Glühen ausgeschieden
                              									wurde, nicht widersprochen und analoge mit Knochenkohle angestellte Proben nicht
                              									entgegengesetzte Resultate geliefert hätten.
                           Um den Verlust der Entfärbungskraft beim Glühen zu erklären, habe ich eine andere
                              									Voraussetzung machen müssen. In dem Entfärbungspulver sind unter anderen auch leicht
                              									schmelzbare Bestandtheile vertreten (Kalisalze), welche bei Rothglut mit
                              									Leichtigkeit sich verflüssigend in die Poren der sie umgebenden fremden Theilchen
                              									eindringen und solche selbst überziehen können. Die Veränderung des
                              									Entfärbungskörpers nach dem Glühen ist eine doppelte: erstens geht die Porosität
                              									durch das Ausfüllen der Poren mit leicht schmelzbaren Verbindungen verloren und
                              									zweitens wird die unmittelbare Berührung des Farbstoffes mit den einzelnen
                              									Bestandtheilen durch Bildung eines dünnen Ueberzuges aus der geschmolzenen Materie
                              									auf ihrer Oberfläche verhindert. Zur Beweisführung habe ich auch analoge Versuche
                              									mit ausgelaugtem Pulver gemacht, welches keine leicht schmelzbaren Verbindungen
                              									enthielt. Die mit Salzsäure extrahirten Blutlaugensalzrückstände haben selbst nach
                              									starkem Glühen, sei es in der Kohlensäureatmosphäre, sei es in geschlossenem Gefäſse
                              									durchaus keine Veränderungen in ihren Eigenschaften erfahren. Wurden jedoch dem
                              									ausgelaugten Pulver 10 Proc. Chlorkalium zugemischt und die Mischung dem Glühen ohne
                              									Luftzutritt ausgesetzt, so hat man solche Bedingungen geschaffen, wie sie bei dem
                              									geglühten Entfärbungspulver bestanden haben und das so behandelte Pulver hat
                              									thatsächlich seine entfärbenden Eigenschaften vollständig verloren. Erwähnt sei
                              									noch, daſs die Mischung ohne vorhergehendes Glühen auf ihre Entfärbungskraft
                              									untersucht und trotz Anwesenheit von Chlorkalium nur wenig verändert gefunden
                              									wurde.
                           Nach dem Feststellen der Ursache des Verlustes der Entfärbungskraft konnte ich
                              									allgemeine Vermuthungen über die grundsätzlichen Eigenschaften der Entfärbungskörper
                              									aufstellen und auf Grund derselben habe ich eine Reihe von Proben mit Körpern
                              									verschiedenartigster Natur angestellt, welchen allen im kleineren oder gröſseren
                              									Maſse die gemeinsame Eigenschaft der Porosität zukam, in der Hoffnung, die
                              									verhältniſsmäſsig schwierig zu beschaffenden Blutlaugensalzrückstände durch billige
                              									Körper, welche theils in der Natur fertig gebildet sich vorfinden, theils als
                              									minderwerthige Producte der Groſs- und Klein-Industrie abfallen, zu vertreten. Ich
                              									habe der Reihe nach folgende Körper untersucht: Holzkohle, Steinkohlenkokes,
                              									Steinkohlenasche, Bimsstein, gebrannten Kalk, gebrannte Magnesia, Thon, Kaolin,
                              									Ziegelmehl, Pyritabbrände und andere. Zu sämmtlichen Proben habe ich die Körper in
                              									fein gepulverter Form, getrocknet bei 120°, in abgewogenen Mengen und eine Gattung Ozokerit verwendet. Es hat sich ergeben,
                              									daſs alle aufgezählten und wahrscheinlich noch viele anderen Körper zum
                              									Lichterwerden der Farbe des Ozokerits bis zu einem gewissen Grade beitragen, indem
                              									sie zweifellos einen, wenn auch nur sehr geringen Theil der Farbstoffe aufnehmen und
                              									beim Absetzen einen Theil der Verunreinigungen mitreiſsen und auf diese Weise zum
                              									Klären mitwirken. Der erzielte Erfolg ist jedoch, trotz Anwendung sehr bedeutender
                              									Mengen, so gering, daſs sie ungeachtet ihres niedrigen Preises zu Entfärbungszwecken
                              									keine Verwendung finden können. Eine Ausnahme machen einige Gattungen Thon,
                              									besonders Kaolin, dessen Entfärbungsvermögen gröſser
                              									ist als das der Knochenkohle und 50 Proc. von demjenigen des Entfärbungspulvers
                              									beträgt. Drei Portionen Kaolin, jedesmal 100 Proc. der zu entfärbenden Masse, somit
                              									zusammen 300 Proc., haben rohes Erdwachs vollständig gebleicht. Zu Gunsten des
                              									Kaolins spricht noch der Umstand, daſs derselbe ein hohes specifisches Gewicht
                              									besitzt, in Folge dessen bei demselben Gewichte ein kleineres Volumen als das
                              									gewöhnliche Entfärbungspulver einnimmt und sich schneller und vollständiger absetzt.
                              									Das Absetzen in einem kurzen Zeiträume ist so vollständig, daſs der geschmolzene und
                              									entfärbte Ozokerit gar nicht filtrirt zu werden braucht, sondern direkt abdekantirt
                              									werden kann. Ich bedaure, nicht mehr Gattungen Thon, Lehm oder Letten unter der Hand
                              									gehabt zu haben, denn ich bin überzeugt, daſs man eine Gattung wird auffinden
                              									können, welche vollkommen die Blutlaugensalzrückstände in ihrer Anwendung zur
                              									Entfärbung des Ozokerits zu ersetzen geeignet ist. Bemerkt muſs noch werden, daſs
                              									der Thon nur in trockenem Zustande
                              									Entfärbungseigenschaften besitzt und daſs feuchter oder gar nasser Thon durchaus
                              									nicht auf Farbstoffe einwirkt. In diesem Verhalten findet auch die Thatsache
                              									Erklärung, daſs das Grubenwachs, welches, wie das gewöhnlich der Fall, an den
                              									Fundstätten mit Wasser ausgekocht wird, eine dunklere
                              									Farbe hat, als dieselbe Gattung, welche aus dem Lup (Gangart) mit Benzin extrahirt
                              									wurde.
                           Die letztangeführte Thatsache paſst nicht nur für den Thon, sondern hat auf alle
                              									Entfärbungsmittel Anwendung. Feuchtes Spodium und feuchte Blutlaugensalzrückstände
                              									gewinnen viel an Entfärbungsvermögen durch Austrocknen. Es ist dies ganz natürlich, wenn man
                              									erwägt, daſs beim Entfärben eine unmittelbare Berührung zwischen Entfärbungskörper
                              									und Farbstoff eintreten muſs. Das Wasser wird nur in den Fällen unschädlich sein, wo
                              									der Farbstoff sich entweder in einer wässerigen Lösung befindet oder in Wasser
                              									löslich ist. Beim Entfärben des Ozokerits werden daher die Wassertheilchen der
                              									unmittelbaren Berührung des Farbstoffes mit dem Entfärbungsmittel hinderlich sein.
                              									Das Wasser vermag sogar den bereits ausgeschiedenen und zurückgehaltenen Farbstoff
                              									wieder zu lösen, wovon man sich leicht überzeugen kann durch Auskochen des Satzes,
                              									welcher sich beim Entfärben ausscheidet und die Entfärbungskörper, die Farbstoffe
                              									und eine bedeutende Menge Erdwachs enthält. Die an der Oberfläche sich sammelnde
                              									Masse hat eine vollständig dunkle Farbe, was beweist, daſs der bereits
                              									niedergeschlagene Farbstoff durch die Wirkung des kochenden Wassers verdrängt und in
                              									dem bereits entfärbten Producte wieder aufgelöst wird. Diese Thatsache hat für die
                              									Praxis eine hohe Bedeutung, denn sie verbietet das Auskochen der Rückstände mit
                              									Wasser. Dieselben halten ungemein hartnäckig Antheile des gebleichten Productes
                              									zurück, denn selbst nach 10maligem Auskochen derselben mit siedendem Wasser kann man
                              									in ihnen immer noch 2 bis 3 Proc. Erdwachs nachweisen.
                           Das Verhalten gegen Wasser beweist, daſs die Farbstoffe durchaus keine
                              									grundsätzlichen Veränderungen ihres chemischen Charakters erfahren, ja man kann bei
                              									entsprechender Modifikation des Prozesses dieselben in verhältniſsmäſsig reiner Form
                              									ausscheiden. Durch Behandeln der Rückstände mit Benzin, oder besser durch Extraction
                              									derselben mit Benzindämpfen kann man einen groſsen Theil des in ihnen enthaltenen
                              									Erdwachses in Lösung bekommen. Dieselbe ist hell und nach Abtreiben des Benzins
                              									besitzt der Rückstand dieselbe Farbe, wie die Hauptmasse, aus welcher der Satz
                              									entnommen war. Nimmt man jedoch zur Extraction statt des Benzins Aether oder
                              									Schwefelkohlenstoff, so hinterbleibt eine dunkle Lösung und nach dem Abscheiden der
                              									Lösungsmittel erhält man eine dunkle Masse. Die letztgenannten Körper lösen also
                              									sowohl das Erdwachs wie auch die Farbstoffe, in Benzin dagegen sind die letzteren
                              									unlöslich und darauf beruht die Anwendung desselben in der Technik zur Extraction
                              									der Rückstände in den Paraffin- und Ceresinfabriken. Das rohe Erdwachs löst sich jedoch, besonders in der Wärme, in Benzin
                              									vollständig auf und die betreffende Lösung ist dunkel, ein Beweis, daſs sich auch
                              									der Farbstoff aufgelöst hat. Wurde derselbe jedoch durch irgend ein
                              									Entfärbungsmittel absorbirt, so ist er weder in Benzin noch in einer Lösung von
                              									Erdwachs in Benzin löslich. Die Adhäsion der Ozokeritfarbstoffe zum
                              									Entfärbungskörper ist demnach gröſser, als ihre Auflösungsfähigkeit in Benzin, auf
                              									welcher Grundlage Ujhely (1880 236 502) eine neue Methode der Ceresinfabrikation geschaffen hat.
                           
                           Ein eigenthümliches Verhalten zeigen Aether und Schwefelkohlenstoff. Wie bereits oben
                              									erwähnt, lösen dieselben bei der Extraction der Rückstände den Farbstoff auf, aber
                              									trotzdem läſst sich Erdwachs in ihrer Lösung ebenso gut entfärben, wie in einer
                              									Benzinauflösung. Zur Erklärung dieses Widerspruches muſs man erwägen, daſs in beiden
                              									Fällen doch gewisse Unterschiede vorhanden sind und zwar bereitet man sich zum
                              									Entfärben eine gesättigte Lösung, bei der Extraction hat man dagegen mit stark
                              									verdünnten Lösungen bezieh. mit reinen Lösungsmitteln zu thun.
                           Diese Eigenschaften des Schwefelkohlenstoffes und Aethers lassen sich zum Zwecke der
                              										Regeneration des Entfärbungspulvers benutzen, weil
                              									die Fabriksrückstände mit diesen Körpern nach der Extraction des Ceresins mit Benzin
                              									behandelt ihren ganzen Gehalt an Farbstoffen abgeben und zum weiteren Gebrauche ohne
                              									Verminderung ihrer ursprünglichen Eigenschaften vorbereitet werden. Bis nun haben
                              									sich die Paraffin- und Ceresinfabriken, so viel mir bekannt, mit der Regeneration
                              									des Entfärbungsmateriales nicht befaſst, wahrscheinlich in Folge Mangels einer
                              									rationellen und billigen Methode. Geleitet von diesen Rücksichten habe ich diesem
                              									Gegenstande meine Aufmerksamkeit gewidmet und in dem Schwefelkohlenstoffe ein Mittel
                              									zur Erreichung des Zieles gefunden, welches ich mit aller Entschiedenheit zur
                              									Regeneration der Blutlaugensalzrückstände empfehlen kann. Die Durchführung des von
                              									mir vorgeschlagenen Prozesses lieſse sich um so leichter anpassen, als der gröſste
                              									Theil der Fabriken Einrichtungen zur Extraction der Rückstände eingeführt hat. Die
                              									nämlichen Extractionsapparate, welche gegenwärtig zur Extraction des Ceresins aus
                              									den Rückständen dienen, lassen sich ohne jede Veränderung zur Regeneration derselben
                              									mittels des Schwefelkohlenstoffes gebrauchen. Die Regeneration selbst ist sehr
                              									einfach und besteht darin, daſs man die mit Benzin extrahirten Rückstände auf ihrem
                              									Platze beläſst und in denselben Apparaten und auf analoge Weise mit
                              									Schwefelkohlenstoff so lange behandelt, als derselbe noch namhafte Mengen Farbstoffe
                              									aufnimmt. Die Löslichkeit der Ozokeritfarbstoffe in Schwefelkohlenstoff ist sehr
                              									bedeutend, die Behandlung wird daher nicht viel Zeit in Anspruch nehmen und die
                              									Schwierigkeiten, welche die Extraction im Allgemeinen nach sich zieht, sind schon
                              									längst überwunden, so daſs das beschriebene Verfahren angesichts des bedeutenden
                              									Preises und des groſsen Verbrauches der Blutlaugensalzrückstände von den Fabrikanten
                              									im eigenen Interesse eingeführt werden sollte, besonders da es keine Neuerungen
                              									erfordert.
                           Möglich, wenn auch weniger vortheilhaft, ist noch eine zweite Methode der
                              									Wiederbelebung des Entfärbungspulvers. Wie die zuerst besprochene, so erfordert auch
                              									diese eine vorhergehende Extraction der Rückstände mit Benzin, sei es auch nur, um
                              									den zurückgehaltenen Antheil des gebleichten Productes nicht verloren gehen zu
                              									lassen. Selbst nach
                              									sorgfältig durchgeführter Extraction mit Benzin enthalten die Rückstände 1 bis 2
                              									Proc. Ceresin, welches im Groſsbetriebe ungemein schwierig wieder zu gewinnen ist
                              									und auſserdem die ganze Menge Farbstoffe. Durch das Glühen derselben, sei es in
                              									geschlossenen Gefäſsen, sei es bei Luftzutritt (wie oben nachgewiesen, ist die Kohle
                              									nicht unumgänglich nothwendig), kann man die organischen Verbindungen zerstören, die
                              									zurückbleibende Masse wird die gewünschten Eigenschaften aber trotzdem nicht
                              									wiedererlangen, weil hier der bereits erwähnte und erklärte Fall, nämlich das
                              									Ueberziehen der Oberfläche mit leicht schmelzbaren Körpern, eintritt. Will man daher
                              									in dem ausgeglühten Rückstande das Entfärbungsvermögen wieder ins Leben rufen, so
                              									muſs man denselben noch wiederholt mit Wasser auskochen. Die zweite Methode der
                              									Wiederbelebung durch Glühen und Auslaugen mit Wasser ist demnach um vieles mühsamer,
                              									nimmt mehr Zeit in Anspruch und erfordert neue Einrichtungen, in Folge dessen
                              									dieselbe mit der Schwefelkohlenstoff-Extraction gar nicht in Concurrenz treten kann.
                              									Dazu muſs noch das Trocknen der ausgelaugten Masse hinzugezählt werden, welche
                              									Arbeit bei der Extraction mit Schwefelkohlenstoff ebenfalls wegfällt, weil man als
                              									Endproduct ein trockenes Pulver erhält. Anders verhält sich Spodium; dasselbe
                              									enthält keine leicht schmelzbaren Bestandtheile und kann durch Glühen allein
                              									regenerirt werden.L. Ramdohr 1875 216 *
                                    											244. Polytechnisches Centralblatt 1875 S. 1021.
                                    												Wagner's Jahresbericht 1875 S.
                                    										1061.
                           Obwohl ich von vornherein überzeugt war, daſs die Abscheidung des Farbstoffes in
                              									reiner Form von keiner hohen praktischen Bedeutung sein werde, habe ich dieselbe
                              									doch in der Art durchgeführt, daſs ich die mit Salzsäure ausgelaugten
                              									Blutlaugensalzrückstände (von denen nachgewiesen wurde, daſs sie im höchsten Maſse
                              									den Farbstoff absorbiren), welche in der Menge von 40 Proc. zum Entfärben der
                              									Prima-Handelswaare verwendet wurden, in einem besonders zu diesem Zwecke
                              									construirten Extractionsapparate so lange mit Benzin extrahirte, bis die Proben
                              									vollständig erschöpft waren. Nach dem Trocknen habe ich die Rückstände mit
                              									rectificirtem Schwefelkohlenstoff ausgezogen und nach dem Abtreiben desselben und
                              									Trocknen der rückständigen Masse bis zum constanten Gewichte erhielt ich den
                              									Farbstoff in Form einer schwarzen, glasigen Masse in der Menge von 0,6 auf 20g Erdwachs oder 3 Proc. Der Farbstoff war leicht
                              									löslich in Schwefelkohlenstoff, schwieriger in Aether und Benzin, hatte das
                              									specifische Gewicht 1,0156 bei 20° und einen Schmelzpunkt von 58°. Ich habe zwar
                              									keine Analyse ausgeführt, doch unterliegt es keinem Zweifel, daſs derselbe
                              									Sauerstoff enthält, worauf das hohe specifische Gewicht und die Thatsache, daſs sich
                              									Paraffin beim Erwärmen schwärzt und Sauerstoff aufnimmtN. Jazukowitsch, Berichte der deutschen chemischen
                                       												Gesellschaft 1875 Bd. 8 S. 768. Tuchschmid,
                                       												Journal für praktische Chemie Bd. 103 S. 479. Chemisches Centralblatt 1868 S. 574. Wagner's Jahresbericht 1868 S. 740 und P. Bolley 1868 190
                                    											121., hinweisen. Durch das hohe specifische Gewicht des Farbstoffes läſst sich
                              									auch die Erniedrigung der specifischen Gewichte der entfärbten Proben erklären, welche ich für verschiedene Producte, erhalten
                              									aus einer Ozokeritgattung, bestimmt habe und
                              									nachstehend mittheile:
                           
                              
                                 Rohes Erdwachs
                                 sp.
                                 Gew.
                                 bei
                                 20°
                                 0,8828
                                 
                              
                                 Braunes Product
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8618
                                 
                              
                                 Lichtbraunes „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8584
                                 
                              
                                 Gelbes          „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8539
                                 
                              
                                 Lichtgelbes   „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8501
                                 
                              
                                 Weiſses         „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,8471
                                 
                              
                           Die leichte Ausscheidung der absorbirten Farbstoffe in unverändertem Zustande liefert
                              									den unumstöſslichen Beweis, daſs die Ursache der Entfärbungserscheinung nicht in
                              									chemischen Reactionen zu suchen sei, im Gegentheile Alles deutet darauf hin, daſs
                              									wir es mit einem rein mechanischen Prozesse zu thun haben.
                           Allgemein bekannt ist es, daſs zwischen den Molekülen der verschiedenartigsten Körper
                              									in gewissen Raumgrenzen eine gegenseitige Anziehung als allgemeine Eigenschaft der
                              									Materie existirt, welche wir Adhäsion nennen. Die Adhäsion, welche ebenso unter
                              									Körpern verschiedener Aggregatzustände wirkt, ist in erster Linie abhängig von der
                              									Natur der Körper, bei welchen sie hervorgerufen wird, woraus man die Definition der
                              									specifischen Adhäsion oder des Adhäsionscoëfficienten eines Körpers in Bezug auf
                              									einen anderen ableiten kann. Aus der ganzen Reihe der Erscheinungen dieser Kraft
                              									nehmen wir ein specielles Beispiel heraus und zwar die gegenseitige Einwirkung eines
                              									festen Körpers A einerseits und eines Körpers B andererseits, dessen Adhäsionscoëfficient in Bezug
                              									auf den Körper A sehr bedeutend ist und der in einem
                              									neutralen Medium C aufgelöst ist (d.h. von geringer
                              									Adhäsion zu A). Eliminirt man jede chemische Action und
                              									läſst man untergeordnete Einflüsse auſser Acht, so kann man bei der Einwirkung
                              									dieser drei Materien hauptsächlich zwei sich entgegenwirkende Kräfte unterscheiden,
                              									nämlich die Adhäsionskraft zwischen A und B und das Auflösungsvermögen des Körpers B im Körper C (welches
                              									auch durch eine Kraft vergegenwärtigt werden kann). Ueberwindet die Energie der
                              									Adhäsionskraft zwischen A und B das Auflösungsvermögen von B in C, so wird in solchem Falle der Körper B unter der Wirkung der gröſseren Kraft aus der Lösung
                              									ausgeschieden und an den Körper A herantreten, um hier
                              									festgehalten zu werden.
                           Aendert man dagegen die Bedingungen und führt ein Auflösungsmedium, dessen
                              									Auflösungsvermögen für den adhärirten Körper B gröſser
                              									ist als früher, und gröſser wie die Adhäsionskraft zwischen A und B oder welcher selbst eine bedeutendere
                              									specifische Adhäsion in Bezug auf A zu eigen hat, so
                              									wird in solchem Falle der bereits ausgeschiedene Körper B sich wieder auflösen. Die nämliche Supposition muſs man machen bei der
                              									Erklärung der Entfärbungsursachen des Erdwachses mit Hilfe von
                              									Entfärbungskörpern, d.h. man muſs annehmen, daſs der Adhäsionscoëfficient derselben
                              									gröſser ist für die Farbstoffe wie für die Hauptmasse, in welcher dieselben
                              									vertheilt sind und daſs die Energie der Adhäsionskraft das Auflösungsvermögen in dem
                              									vermittelnden Medium überwindet. Die Adhäsion rufen wir auf der Oberfläche erst beim
                              									unmittelbaren Berühren der Körper hervor, woraus folgt, daſs durch die Vermehrung
                              									der Berührungspunkte, oder durch die Vergröſserung der Oberfläche, dieselbe bei
                              									gleichen Bedingungen, d.h. bei derselben specifischen Adhäsion vergröſsert wird.
                           Das vortheilhafteste Verhältniſs zwischen Oberfläche und Inhalt zeichnet die porösen
                              									Körper aus. Die Bedeutung der porösen Structur ist bereits hervorgehoben worden und
                              									verdankt ihr die Thierkohle bis zu einem gewissen Grade ihre Eigenschaften. Die
                              									Eigenschaft der Porosität theilt jedoch die Thierkohle mit einer ganzen Reihe der
                              									verschiedenartigsten Körper, welche trotzdem Entfärbungsvermögen entweder gar nicht
                              									oder nur in sehr geringem Maſse besitzen und besonders auffallend war es, daſs Kohle
                              									vegetabilischer Herkunft vollständig negative Resultate aufgewiesen hat, trotzdem
                              									ich zu den Versuchen eine frisch ausgeglühte Holzkohle, die entweder mit Wasser oder
                              									Salzsäure ausgelaugt war, verwendete; nicht zu erwähnen der Steinkohlenkokes, deren
                              									Bildung bei sehr hohen Temperaturen die Unfähigkeit derselben zu Entfärbungszwecken
                              									durch die Zuschmelzung der Poren erklären lieſs. Meine weiteren Untersuchungen
                              									umfaſsten die Blutkohle, welche ich mir auf verschiedene Arten aus Ochsenblut
                              									dargestellt habe und zwar glühte ich einmal das getrocknete Blut bei
                              									verhältniſsmäſsig niederer Temperatur durch längere Zeit, ein anderes Mal bei
                              									höherer Temperatur durch kürzere Zeit und endlich eine dritte Portion lange und
                              									stark. Die jedesmal erhaltenen Kokes hatten ausgesprochen poröse, stark glänzende
                              									Masse, die jedoch in keinem Falle zur Entfärbung tauglich war, selbst nicht nach dem
                              									Auslaugen mit Wasser oder Salzsäure. Dieselben negativen Resultate erhielt ich auch
                              									beim Glühen des Blutes mit Potasche unter verschiedenen Bedingungen und Auslaugen
                              									des Rückstandes entweder mit Wasser oder mit Salzsäure. Der Vollständigkeit halber
                              									habe ich mich von dem Verhalten einer völlig reinen Kohle überzeugen wollen. Zu
                              									diesem Zwecke habe ich mir Gas- und Petroleum-Rufs, ferner Petroleum- und
                              									Zucker-Kokes bereitet. Vor dem Gebrauche habe ich den Rufs anhaltend ohne
                              									Luftzutritt geglüht, um Zersetzung der condensirten kohlen stoffreichen Verbindungen
                              									zu bewirken und ebenso habe ich Petroleumrückstände bezieh. Zucker bei der
                              									Verkohlung stark und gleichmäſsig geglüht, um die Bildung des schweren Theeres,
                              									welcher Neigung sich in den oberen Schichten abzulagern hat, zu verhüten. Mit so
                              									vorbereiteten reinen Kohlengattungen habe ich Entfärbungsversuche angestellt, welche
                              									ausnahmslos mit sehr geringem Erfolge gekrönt wurden. Ich war jedoch der Meinung,
                              									daſs durch das Sättigen
                              									poröser Körper mit organischen Substanzen und durch Glühen derselben, indem man die
                              									Bedingungen der Spodiumbildung nachahmte, sich Surrogate ergeben würden, welche
                              									unter Umständen berufen sein könnten, die Thierkohle in ihrer Anwendung zu
                              									vertreten. Ich habe daher fein gestoſsenen Bimsstein mit Erdölrückständen gesättigt
                              									und nach dem Ausglühen ohne Luftzutritt zum Entfärben gebraucht, jedoch ohne
                              									günstige Resultate. Aus diesen Untersuchungen habe ich mir die Ueberzeugung bilden
                              									müssen, daſs die Rolle, welche bei der Entfärbung des Ozokerits die Kohle als solche
                              									zu spielen berufen ist, keine wesentliche sein kann, oder daſs die specifische
                              									Adhäsion der reinen Kohle für die Ozokeritfarbstoffe sehr gering ist. Mit dieser
                              									Voraussetzung übereinstimmend und erklärt ist die am Anfange bei der Untersuchung
                              									des Spodiums angegebene Thatsache, daſs der nach dem Behandeln mit Salzsäure
                              									zurückbleibende Rückstand, welcher fast ausschlieſslich aus äuſserst feiner Kohle
                              									besteht, durch eine bedeutende Abnahme des Entfärbungsvermögens gegenüber dem
                              									normalen Producte ausgezeichnet ist. Diese Versuche habe ich mit vier Gattungen
                              									Spodium wiederholt, welche vollständige Uebereinstimmung erwiesen haben und bediente
                              									ich mich jedesmal des Spodiums in Stücken, so daſs eine Verunreinigung desselben,
                              									wie sie bei Spodiummehl öfter vorkommt, ausgeschlossen war.
                           An dieser Stelle darf ich auch die Entfärbungsproben, welche ich unter geänderten
                              									Bedingungen des Luftdruckes, dem Zusammenhange der Entfärbungserscheinungen mit der
                              									Porosität nachforschend, angestellt habe, nicht unerwähnt lassen. Dieselbe Menge einer Wachssorte und des nämlichen Entfärbungskörpers
                              									(Blutlaugensalzrückstände) habe ich behandelt einmal im geschlossenen Gefäſse im
                              									Oelbade bei 130°, ein anderes Mal unter dem Drucke von 0at,5 während einer Stunde und die daraus erzielten Tafelproben mit der
                              									unter denselben Bedingungen, jedoch bei gewöhnlichem Drucke entfärbten Masse,
                              									verglichen. Ich habe keinen Unterschied in den Farbtönen, somit auch im
                              									Entfärbungsgrade herausfinden können, trotzdem ich vorausgesetzt hatte, daſs in
                              									einem und dem anderen Falle die Resultate vortheilhafter sich gestalten dürften und
                              									zwar deshalb, weil bei vergröſsertem Drucke der Widerstand, der dem Eindringen der
                              									Farbstoffe innerhalb der Poren entgegenwirkt, leichter überwunden werden kann,
                              									während im zweiten Falle derselbe Zweck dadurch erreicht wird, daſs der verminderte
                              									Druck auf die leichtere Ausscheidung der Gase, welche normal unter gröſserem Drucke
                              									innerhalb der Poren absorbirt und verdichtet wurden, von Einfluſs sein konnte.
                           Beim Zusammenstellen der Resultate meiner bisherigen Untersuchungen muſs man zur
                              									Ueberzeugung gelangen, daſs die Meinung, welche die Ursache der Entfärbung des
                              									Ozokerits ausschlieſslich auf die Porosität der Thierkohle stützt, gegenüber der
                              									Kritik nicht Stich halten kann. Dieselben dienten mir jedoch zur Erklärung des
                              									Verhaltens der Kohle und
                              									obwohl im negativen Sinne haben sie Anstoſs gegeben zur Aufklärung der Ursachen in
                              									anderer Richtung und zur Durchführung von Untersuchungen, welche ich nachstehend
                              									beschreiben werde.
                           
                              
                                 (Schluſs folgt.)