| Titel: | Ueber Neuerungen an Stickmaschinen; von Ernst Müller in Hannover. | 
| Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 193 | 
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                        Ueber Neuerungen an Stickmaschinen; von Ernst
                           								Müller in Hannover.
                        (Patentklasse 52. Fortsetzung des Berichtes S. 160
                           								d. Bd.)
                        Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 12 und 13.
                        E. Müller, über Neuerungen an Stickmaschinen.
                        
                     
                        
                           Sämmtliche Bewegungen der Plattstichstickmaschine von der Maschine selbstthätig
                              									ausführen zu lassen, ist der Zweck der nachfolgenden Construction von Julius Jonson in New-York (* D. R. P. Nr. 26708 vom 9.
                                 									Mai 1883). Nur die Verschiebung des Stoffes mit Hilfe des Storchschnabels
                              										(„Pantographen“) ist noch der Hand des Stickers überlassen, was wegen der
                              									meist zu verschiedenartigen und rasch wechselnden Muster vollkommen gerechtfertigt
                              									erscheint. Die Einrichtung bezieht sich also auf das selbstthätige Umsteuern der
                              									Wagen und der Nadelzangen, und ist die Umsteuerung des Wagens in richtiger Weise von
                              									der regelbaren Spannung der einzelnen Fäden abhängig
                              									gemacht.
                           Die ebenfalls völlig selbstthätig arbeitende Maschine von James Pritchard und John Collins in
                              										GlasgowVgl. Hugo Fischer: Die Stickmaschine (Civilingenieur 1877 S. 439).
                              									leitete die Umsteuerung des Wagenantriebes in unvollkommener Weise von der Durchbiegung des Stoffes ab. Dies setzt einestheils
                              									einen schlaff aufgespannten Stoff voraus, anderentheils ist jede Möglichkeit
                              									benommen, die Anspannung der Stickfäden, also den Anzug der Stiche zu regeln, was
                              									beides namentlich für das Besticken dünner Stoffe von groſsem Nachtheil ist.
                           Die verbesserte Ausführung von Julius Jonson ist in den
                              										Fig. 1 bis
                              										10 Taf.
                              									12 und 1 bis
                              										10 Taf.
                              									13 wiedergegeben, von welchen Fig. 1 und 2 Taf. 12 die
                              									Gesammtanordnung erkennen lassen. Die Wagen werden von der beständig nach einer
                              									Richtung umlaufenden Welle D getrieben, und es sind die
                              									Wagenendstücke C durch das Rohr C1 mit einander verbunden, durch welches
                              									die Welle C2
                              									hindurchläuft, an deren einem Ende das Kegelrad C4 sitzt (vgl. Fig. 3 bis 5). Dieses Kegelrad greift
                              									in die im Wagen gelagerten, lose auf der Welle D
                              									sitzenden, innen mit Reibungskegeln ausgerüsteten Kegelräder C5 und C6 ein, welche für den Ein- und Ausgang abwechselnd
                              									durch die Kuppelungsmuffe c3 angetrieben werden. Die Verschiebung der Kuppelungsmuffe c3 wird durch den Hebel
                              										D2 hervorgerufen.
                              									Die Umdrehung der Welle C2 theilt sich den Zahnrädern C3 (Fig. 4) mit, deren letztes
                              									in die längs des Gestelles A hinlaufende Zahnstange
                              									eingreift und auf diese Weise den Wagen vor- und rückwärts bewegt. An seinem unteren
                              									Ende ist der Hebel D2
                              									durch einen Riemen oder eine Kette d1 (Fig. 3) mit dem Federhause
                              									einer Spiralfeder d derart verbunden, daſs, wenn keine
                              									weiteren Kräfte auf den Hebel D2 einwirken, dieser immer durch die Muffe c3 das Einfuhrkegelrad
                              										C6 mit der
                              									Antriebwelle kuppelt, so daſs also, wenn der Hebel D2 sich frei überlassen wird, der Wagen einfährt.
                           
                           Um den Wagen von dem Stoffrahmen B weg zu bewegen, wird
                              									der Hebel D2 durch die
                              									Stange H nach der entgegengesetzten Seite ausgelenkt
                              									und hinter den federnden Sperrriegel c4 (Fig. 1 und 3) geschoben, so daſs dann
                              									das Ausfuhrkegelrad C5
                              									von der Welle D aus getrieben wird und der Wagen so
                              									lange ausfährt, bis durch die Fadenspannung veranlaſst der Sperrriegel c4 zurückgezogen wird.
                              									Wird c4 zurückgezogen,
                              									so beginnt die Spiralfeder d zu wirken, legt den Hebel
                              										D2 auf die andere
                              									Seite, so daſs damit der Wagen umgesteuert ist und einfährt. Nachdem die Nadeln den
                              									Stoff durchstoſsen haben, muſs der Wagen so lange stehen bleiben, bis die Nadeln von
                              									den gegenüber liegenden Zangen erfaſst werden und ein Stich durch Aus- und Einfahrt
                              									des anderen Wagens vollführt ist, worauf nach Uebergabe der Nadeln der Wagen wieder
                              									dieselben Bewegungen auszuführen hat.
                           Zum Anhalten des Wagens ist die Kuppelung c3 vollständig auszulösen. Zu diesem Zwecke sitzt an
                              									dem Federhause, also mit D2 verbunden der Arm d2, welcher beim Einwärtsgange gegen den am Gestelle
                              									fest sitzenden Anschlag d3 stöſst und damit so zurückgedreht wird, daſs D2 die Kuppelung auslöst. Der Wagen C bleibt in Folge dessen so lange stehen, bis die
                              									Stange H den Hebel D2 wieder hinter den Riegel c4 schiebt. In der Zwischenzeit sind die
                              									Klüppel der einen Seite zu öffnen, so daſs diese die Nadeln frei lassen, während die
                              									Klüppel auf der anderen Seite sich schlieſsen und dabei die von der anderen Seite in
                              									den Stoff gestoſsenen Nadeln fassen.
                           Das Oeffnen und Schlieſsen der Zangen geschieht in derselben Weise (vgl. Fig. 6 und 7) wie bei den
                              									bisherigen Maschinen durch Drehen der Excenterwellen b1, deren Hebel durch je eine Stange b2 verbunden sind. Die
                              									Stangen b2 tragen unten
                              									Rollen f1, welche sich
                              									beim Einwärtsfahren in die Schlitze f der parallel mit
                              									sich auf und ab geführten Arme F3 einlegen. Die Arme F3 werden durch absatzweises Drehen der
                              									Welle F2 gehoben
                              									bezieh. gesenkt. Die Ableitung der Drehbewegung von F2 geschieht von der Hilfswelle E aus, welche durch die Räder E1
                              									E2 von der Welle D aus getrieben wird, in folgender Weise. Die beiden
                              									Kuppelscheiben e (Klauen- oder Reibungskuppelung)
                              									sitzen fest auf der Welle, während die Kuppelmuffe e2 sich lose auf der Welle verschieben läſst. An
                              									beiden Armen des Hebels e3, welcher die Kuppelmuffe e2 umfaſst, befinden sich gleich starke Federn,
                              									welche den Hebel und mit ihm die Muffe e2 in der Mittellage, also in der Ruhelage halten und
                              									bei Auslenkungen denselben immer in die Mittellage zurückziehen. Auf der Muffe e2 sitzt die unrunde
                              									Scheibe e4, welche für
                              									jede halbe Umdrehung der Muffe e2 den senkrecht auf und ab geführten Rahmen F abwechselnd hebt und senkt. Die Bewegung von F wird dann durch eine Schubstange und ein Lenkerstück
                              									auf den Arm F1 der
                              									Welle F2 und somit auf
                              									die Hämmerchen der Nadelzangen übertragen. Die Muffe e2 wird durch die Mitnehmerscheiben e in Umdrehung gesetzt, indem sie von dem Hebel e3 entweder mit der
                              									rechten oder linken Kuppelung verbunden wird, und zwar erfolgt die Umdrehung immer
                              									in demselben Sinne. Der Hebel e3 erhält zu diesem Zwecke seine Bewegung
                              									nach links oder rechts von den Schubstangen h bezieh.
                              										h1 (vgl. Fig. 8). Die
                              									Schubstange h1 ist in
                              									wagerechten Führungen des Gestelles verschiebbar, wird aber durch eine Feder stets
                              									von dem Hebel e3
                              									entfernt gehalten. Letzterer wird bewegt, indem der Wagen C der rechten Seite gegen die Stange h1 anstöſst und diese gegen den Hebel e3 andrückt, wodurch
                              									die Drehbewegung der Muffe e2 und deren Excenter zu Stande kommt. Die Stange h1 liegt vorn in einer gabelförmigen
                              									Führung und umfaſst hinten mit einem Schlitze einen Zapfen, um welchen sie sich
                              									heben läſst.
                           Die Stange h1 kann in
                              									einfacherer Weise auch durch eine Falle h ersetzt
                              									werden, welche dann an dem Wagen sitzt und mit diesem sich vor- und rückwärts
                              									bewegt.
                           Um den Hebel e3 wieder
                              									von dem Drucke des Hebels h1 bezieh. h zu befreien und dadurch die
                              									Muffe, nachdem sie eine halbe Umdrehung vollführt hat, wieder auszulösen, ist die
                              									folgende Einrichtung getroffen (vgl. Fig. 9 und 10). Auf der Muffe e2 sitzt noch eine
                              									Scheibe, auf deren Umfange die beiden Nasen f2 angebracht sind. Diese Nasen heben die in
                              									Führungen f4 senkrecht
                              									geführte Stange G3,
                              									welche mit ihrem gegabelten oberen Ende f3 den Hebel e3 umgreift, in die Höhe und schieben damit die sich
                              									gegen den Hebel e3
                              									stützenden Stangen h1
                              									bezieh. h von diesem Hebel weg, so daſs der Hebel unter
                              									Wirkung der Federn wieder seine Mittellage einnehmen und damit die Muffe ausschalten
                              									kann. Die Muffe e2 ist
                              									aber nun noch so zu sichern, daſs gerade immer nur eine halbe Umdrehung ausgeführt wird und sie sich in Folge des
                              									Beharrungsvermögens nicht weiter drehe. Hierzu ist folgende Fangvorrichtung
                              									angeordnet. Mit der Muffe e2 ist eine Scheibe verbunden, welche die beiden Vorsprünge k (Fig. 9) trägt. Beim Heben
                              									der Stange G3 nimmt die
                              									Schleife l2 durch die
                              									Stange l1 den Sperrzahn
                              										l mit hoch, gegen welchen sich dann beim Drehen von
                              										e2 der Vorsprung
                              										k anlegt. l muſs aber
                              									an dem vorzeitigen Niederfallen verhindert werden, der Sperrkegel muſs auch noch
                              									gehoben bleiben, wenn G3 wieder nach unten geht. Zu diesem Zwecke ist die federnde Schulter m1 angeordnet, welche
                              									die an l1 befindliche
                              									Nase l3 stützt und
                              									somit in der gehobenen Lage sichert. Die Auslösung ist von den Wagenwegen abhängig
                              									zu machen. An dem Gestelle ist die durch zwei Schraubenfedern m3 in der Mittellage
                              									gehaltene Gleitstange J2 verschiebbar. Fährt der linke Wagen ein (Pfeil 2 Fig. 10), so wird durch
                              									die Nase n4 die Feder
                              										m zur Seite gedrückt und damit der Sperrzahn l so ausgelöst, daſs er nach unten fallen kann; fährt
                              									der rechte Wagen ein (Pfeil 1), so führt die Nase n2 mittels des Hebels J1 dasselbe aus.
                           Von der Drehbewegung der Muffe e2 aus ist ferner auch die Verschiebung der Stange
                              										H abzuleiten, welche den Hebel D2 hinter den entsprechenden
                              									Sperrriegel c4 stöſst.
                              									Dies geschieht durch die gleichfalls mit e2 fest verbundene Daumenscheibe g (Fig. 1 und 2 Taf. 13), welche durch
                              									die Arme g1, g2 die Stange G hebt bezieh. senkt. G
                              									steht mit Winkelhebel G1 in Verbindung, dessen gabelförmiges oberes Ende die Stange H umfaſst und schiebt. Hebt sich G, so wird die Stange H
                              									nach rechts geschoben, somit fährt der rechte Wagen aus, senkt sich G, so stöſst H den linken
                              									Hebel D2 hinter seinen
                              									Sperrriegel c4 und es
                              									fährt der linke Wagen aus.
                           Als letzter Mechanismus wäre derjenige zu betrachten, welcher das Zurückziehen der
                              									Sperrriegel c4 und
                              									damit nach dem oben Erläuterten die Wagenumkehr veranlaſst, eine Bewegung, welche
                              									von der Fadenspannung, also von der Höhenlage der Fadenspannungsschiene I abhängig zu machen ist (vgl. Fig. 3 bis 6 Taf. 13). Der
                              									Mechanismus ist natürlich an beiden Wagen symmetrisch ausgebildet.
                           An der Welle i einer Fadenspannleiste I sitzt ein Hebel i5, auf welchem das Gewicht i6 behufs Regelung der Fadenspannung
                              									verschiebbar ist. Die obere Welle i ist mit der unteren
                              										i1 durch die Stange
                              										i4 gekuppelt; auf
                              									der unteren Welle i1
                              									sitzt nun eine Nase c9,
                              									welche bei der durch die Fadenspannung hervorgerufenen Drehung der Welle i1 den Riegel c4 auslöst. Der Riegel
                              										c4 ist an den
                              									doppelarmigen Hebel c6
                              									in der aus Fig.
                                 										5 ersichtlichen Weise angeschlossen; wirkt nur die Feder c5 auf den Riegel, ist
                              									also die Feder c7
                              									auſser Thätigkeit gesetzt, so ist der Riegel nach auſsen geschoben. Wird dagegen die
                              									stärkere Feder c7
                              									ausgelöst durch Zurückziehen der Nase c9 in der Pfeilrichtung (vgl. Fig. 4), so zieht dieselbe
                              									den Riegel in das Wagengestell zurück und gibt damit D2 frei.
                           Die gesammte Auslösevorrichtung muſs dann bei jedem Einwärtsgange des Wagens wieder
                              									gespannt werden und in dem gespannten Zustande gehalten bleiben, auch wenn bei der
                              									Nadelübergabe in der Mitte der Maschine die Fadenspannleiste hoch gehoben wird.
                              									Dieses Emporheben geschieht durch die übliche Gabelvorrichtung und ist hier weiter
                              									nicht berücksichtigt. Das Wiederspannen der Feder c7 findet nun dadurch statt, daſs beim Einfahren des
                              									Wagens das gegabelte Ende des Hebels c6 (Fig. 5) gegen die am
                              									Gestelle A angebrachte schiefe Ebene k1 stöſst und von
                              									dieser nach innen geschoben wird, so daſs auch die Feder c5 den Riegel c4 nach auſsen drückt. Der am Wagen C befindliche Haken c8 legt sich über den Hebel c6 und hält ihn fest, auch wenn
                              									unterdessen die Spannleiste I wegen Freigebung der
                              									Nadeln gehoben wird und sich damit c9 senkt. Beim Wiedersenken der Spannleiste I steigt die Nase c9, schiebt sich vor den Hebel c6 und löst
                              									gleichzeitig den Haken c8 aus, so daſs nun c6 nur noch durch c9 gehalten wird. Die Nase c9 und der Haken c8 sind nämlich derart geformt und
                              									angeordnet, daſs, sobald der Haken c8 durch c9 gehoben wird, der Hebel c6 ein wenig vor und auſserhalb des Bereiches des Hakens c8 springt, so daſs, wenn sich die
                              									Welle i1 und mit ihr
                              									die Nase c9 rückwärts
                              									dreht, der Hebel c6
                              									nicht mehr von dem Haken gefaſst werden kann und alsdann, nur dem Zuge der Feder c7 folgend, vorspringt
                              									und den Riegel c4
                              									zurückzieht, also umsteuert. c10 ist ein Anschlag für den Hebel c6.
                           Eine Abänderung der zuletzt beschriebenen Einrichtung zum Bewegen des Sperrriegels
                              										c4 ist in den Fig. 7 bis 9 dargestellt.
                              									Der Riegel wird durch die Feder o nach auſsen gepreſst,
                              									zurückgezogen wird er durch Drehung der abgeschrägten Hülse o1. Die Drehung des Hebels o2 wird auch hier durch
                              									die Welle i1 bewirkt.
                              									Am Ende dieser Welle sitzt der Arm p5, welcher gegen einen seitlichen Stift des lose auf
                              									der kleinen Welle J sitzenden Armes p4 ruht. Dieser Arm
                              									ruht seinerseits wieder lose gegen einen seitlichen Stift p2 des fest mit der Welle J verbundenen Armes p. Der
                              									an J fest sitzende Arm p1 ist durch eine Schubstange p3 mit dem Hebel o2 verbunden. Das
                              									Anliegen der lose an einander liegenden Theile bewirkt die Rückwirkung der Feder o. Die abgeschrägte Hülse o1 und damit o2 wird natürlich gleichzeitig mit c4 zur Seite weichen,
                              									es muſs also p3 gegen
                              										o2 das seitliche
                              										Spiel ermöglichen.
                           Der Uebersichtlichkeit halber seien die eben einzeln beschriebenen Bewegungsvorgänge
                              									nochmals kurz für einmaliges Spiel des linken Wagens
                              									zusammengefaſst: Der Wagen C links fährt aus, C5 ist in Eingriff mit
                              										C4, die Fäden
                              									spannen sich links, die Spannungsleiste I hebt sich,
                              										c4 wird dadurch
                              									zurückgezogen, der Hebel D2 steuert um und der Wagen fährt ein. Beim Einfahren wird durch den Keil
                              										k1 die
                              									Auslösevorrichtung für c4 wieder gespannt; d2 stöſst gegen d3 und der Wagen steht still. Unmittelbar vorher ist
                              									noch h1 gegen e3 gestoſsen und hat
                              										e2 mit e gekuppelt, wodurch die Kuppelmuffe e2 und die mit ihr
                              									verbundenen Scheiben e4, g, f2 eine
                              									halbe Umdrehung vollführen. Es folgen der Reihe nach durch Drehung von e4 Oeffnen der
                              									Nadelzangen links, Schlieſsen der Zangen rechts (Nadelübergabe), durch Drehung von
                              										g Verschiebung der Stange H nach rechts, folglich Ausfahren des Wagens rechts, ferner wird durch die
                              									Nase f2 mittels G3
                              									f3 gehoben, welches die
                              									Falle h1 auslöst, so
                              									daſs e2 von e wieder ausgelöst wird und still steht.
                           Bei der vorstehend beschriebenen Maschine, welche wie die Heilmann'sche Maschine mit kurzen abgepaſsten Fäden stickt, ist die
                              									Ausführung der Stickarbeit unmittelbar der bei der Handarbeit üblichen Methode
                              									entlehnt. Diesen Maschinen gegenüber stehen diejenigen Stickmaschinen., welche die
                              									Fäden während der Arbeit unmittelbar einer Anzahl Spulen entnehmen oder sogen.
                              									endlose Fäden verarbeiten und Doppelsteppstich bilden.
                           Wie der Stich, so sind auch die zur Erzeugung desselben nothwendigen Werkzeuge der
                              									gewöhnlichen Nähmaschine entlehnt. Hierbei kommen die beiden Systeme Greifer und
                              									Schiffchen in Betracht. In Aufnahme sind bis jetzt jedoch hauptsächlich die Schiffchen gekommen.
                           
                        
                           
                           
                              Schiffchenmaschinen.Vgl. auch Hugo Fischer, Civilingenieur 1880
                                       												* S. 463. D. p. J. 1884 254 * 60.
                              
                           Neueren ErmittelungenLeipziger Monatsschrift für Textilindustrie 1886
                                    											S. 112. zu Folge waren Ende 1885 im Ganzen folgende
                              									Schiffchenmaschinen in Betrieb: Schweiz 836, Vorarlberg 74, Sachsen 431, England 80,
                              									Frankreich 69, Amerika 21, Ruſsland 3, Belgien 3, Böhmen 2, Italien 2; zusammen 1521
                              									Schiffchenmaschinen.
                           Bei den Schiffchenstickmaschinen befindet sich die Nadel auf der Vorderseite, der
                              									Unterfadenführer auf der Rückseite des Stoffes, welcher, wie bei Heilmann, in einem senkrecht stehenden, durch einen
                              									Storchschnabel bewegbaren bezieh. einstellbaren Rahmen ausgespannt ist. Die
                              									gleichartigen Werkzeuge sind stets in einer gröſseren Anzahl reihenweise an
                              									gemeinschaftlichen Trägern angeordnet; die Nadeln auf beweglichen Wagen, die
                              									Unterfadenführer theils auf solchen, theils auf fest mit dem Gestelle verbundenen
                              									Schienen. Die Wagen tragen die Fadenspulen und Spann- bezieh. Abzugsvorrichtungen
                              									für die Fäden bei der Stichbildung. Die Bewegung der Nadelwagen und Unterfadenführer
                              									erfolgt selbstthätig durch die meist mit Elementarkraft betriebene Maschine, die
                              									Einstellung des Stoffrahmens durch den Sticker mit dem Storchschnabel. Nach jedem
                              									Wagenausschube wird die Bewegungseinleitung unterbrochen und erst nach erfolgter
                              									Rahmeneinstellung durch den Arbeiter wieder hergestellt. In Folge der unmittelbaren
                              									Entnahme des Fadens von der Spule und der Verwendung besonderer
                              									Fadenspannvorrichtungen kann der Wagenweg bedeutend kleiner sein, als bei der
                              									Stickmaschine von Heilmann, wo stets der ganze, im
                              									Anfange etwa 1m lange Faden durch den Stoff
                              									gezogen werden muſs; die Zeit für die Rahmeneinstellung bleibt dieselbe, so daſs bei
                              									gleicher Wagengeschwindigkeit sich eine gröſsere Stichzahl, also eine gröſsere
                              									Leistungsfähigkeit der mit endlosen Fäden arbeitenden Maschine ergeben muſs.
                           Um beim Umsteuern thunlichst an Zeit zu gewinnen und es zu ermöglichen, daſs der
                              									Sticker seine Augen unausgesetzt der Zeichnung zuwenden kann, sind von der Sächsischen Stickmaschinenfabrik (* D. R. P. Nr. 11250
                              									vom 24. Februar 1880) folgende Vorrichtungen benutzt worden: ein Zeichengeber für das Umsteuern und eine
                                 										Lärmvorrichtung bei Fadenriſs u.s.w.
                           Bei jedem Spiel der Schiffchenstickmaschine, sobald die Nadeln aus dem Stoffe
                              									herausgetreten sind, erklingt ein Glöckchen und deutet dem Sticker an, daſs es Zeit
                              									ist, den Storchschnabel zu verstellen, also den Stoffrahmen weiterzuführen.
                           Der Fadenwächter zeigt mittels fortgesetzten Anschlagens
                              									eines Lärmglöckchens an, wenn ein Faden zu Ende, gerissen, eine Nadel gebrochen ist
                              									oder sonst den Dienst versagt. Jeder Faden ist durch einen leicht beweglichen, im
                              									Wagen gelagerten Fühlhebel w (Textfig. 1) belastet und bewacht; wird ein Faden locker oder verschwindet er ganz, so fällt
                              									dessen Fühlhebel zurück und legt sich an die Schiene s
                              									an, welche mit Einkerbungen versehen ist und bei jedem Spiele der Maschine einmal in
                              									ihrer Längsrichtung so weit nach links verschoben wird, daſs jede Einkerbung hinter
                              									einen Wächterarm gelangt. Fällt nun einer der Wächterarme in eine Einkerbung, so
                              									wird die Schiene am Rückgehen verhindert und dadurch bleibt eine an der Hilfsschiene
                              										h befindliche Nase n
                              									in solcher Stellung, daſs sie bei jedem Ein- und Ausgange des Wagens den federnden
                              									Klöppelhebel der Glocke zum Ausschlagen bringt und dieselbe somit ertönt. Die Hin-
                              									und Herschiebung der Kerbschiene wird durch eine Vorrichtung bewerkstelligt, welche
                              									nebenstehende Figur schematich wiedergibt. Ein Stift v
                              									der Schiene wird durch einen Hebel erfaſst, welcher bei q am Wagen W seinen Drehpunkt hat und dessen
                              									anderes Ende x auf einer am Gestelle G festen Leitbahn gleitet; das Anliegen wird durch eine
                              									Feder f hervorgerufen, welche somit das Zurückziehen
                              									der Schiene s besorgt, wenn dieselbe nicht durch einen
                              									zurückfallenden Wächterarm festgehalten wird.
                           Fig. 1., Bd. 265, S. 199Fig. 2., Bd. 265, S. 199Zur Erzielung einer veränderlichen, dem
                              									jeweiligen Bedürfniſs während der Stichbildung entsprechenden Fadenspannung hat die Sächsische Stickmaschinenfabrik (a. a. O.) nachfolgende Spannvorrichtung
                              									construirt (vgl. Textfig. 2). Sämmtliche Stickfäden
                              									sind einmal um eine rauhe Trommel a herumgelegt, an
                              									deren Ende eine Bremsrolle b angebracht ist, welche von
                              									dem bei c befestigten Riemen d theilweise umspannt wird. Die Spannung im Riemen wird durch eine
                              									Schraubenfeder e hervorgebracht, welche an dem einen
                              									Ende eines doppelarmigen Hebels angehängt ist. Der Hebel selbst erhält nun wieder
                              									verschiedene Lagen und spannt die Schraubenfeder e
                              									dadurch verschieden, daſs sein anderes Ende f unter
                              									Zuhilfenahme einer zweiten Schraubenfeder g auf einer
                              									am Gestelle festen Leitbahn h gleitet. Die Trommel a mit dem Hebel u.s.w. sind natürlich auf dem ein und
                              									aus fahrenden Wagen W gelagert. Die Drehung der Trommel
                              										a, welche durch den Fadenverbrauch hervorgerufen
                              									wird, wird daher bald mehr, bald weniger erschwert. Um auch, je nach der Dicke der
                              									zu bearbeitenden Stoffe und dem zu verstickenden Faden stärkere oder schwächere
                              									Spannung geben zu können, ist der Stift bei f in dem
                              									doppelarmigen Hebel senkrecht verstellbar.
                           Die Fadenspannung selbst ist dadurch noch wesentlich gleichmäſsiger gemacht worden,
                              									daſs für den Fadenabzug von den Spulen eine besondere Einrichtung eingeschaltet ist,
                              									Fadenspannung und Fadenabzug also getrennt worden sind (* D. R. P. Nr. 31589 vom 21.
                              									Mai 1884). Am Nadelwagen der Schiffchenstickmaschine ist zwischen Spannrolle und den
                              									Fadenspulen eine Vorrichtung angebracht, welche sämmtliche Fäden bei jedem Stiche
                              									ein Stück im Voraus von den Spulen in dem Zeitraume abzieht, wo die Spannrolle fest
                              									gehalten bezieh. wo die Fäden zwischen Nadel und Spannrolle durch den Fadenleiter
                              									angespannt werden. Dieser Fadenabzug muſs natürlich immer mindestens ebenso groſs
                              									sein, als Faden für den gröſsten Stich gebraucht wird, damit keine Rückwirkung
                              									eintritt.
                           Fig. 10 und
                              										11 Taf.
                              									13 zeigt eine hierfür dienende Einrichtung, bei welcher die Fadenablenkung zwischen
                              									Spannrolle q und Spulen s
                              									in der vertikalen Ebene erfolgt. Der über sämmtliche Fäden einer Reihe liegende Stab
                              										c wird mittels Winkelhebel m und Zugstange d von der an der Hauptwelle
                              										e sitzenden Daumenscheibe fund dem Hebelarme g bewegt.
                           Textfig. 3 gibt eine andere Lösung wieder, bei welcher
                              									die Auslenkung der Fäden seitlich erfolgt. Zwischen
                              									Spule s und Spannrolle q
                              									einer jeden Nadelreihe liegen zwei, wenn viel Faden abgezogen werden soll, auch drei
                              									mit Stiften, Oesen oder Einschnitten versehene Fadenführungsschienen b und c. Die eine, der
                              									Spannrolle q zunächst liegende, bei dreien auch die den
                              									Spulen zunächst gelegene Führungsschiene liegt fest, die andere c ist ihrer Länge nach verschiebbar. Nach der einen
                              									Seite hin wird die Verschiebung der Schiene c beim
                              									Ausgange des Nadelwagens hervorgebracht durch das Zusammenspiel eines mit
                              									schrägstehender federnder Klappe o versehenen, an der
                              									Welle w sitzenden Armes k
                              									und eines fest stehenden Bolzens w. Der Rückgang der
                              									Schiene wird durch Zugfedern p veranlaſst. Beim
                              									Wageneingang weicht die Klappe o dem Bolzen n federnd aus.
                           Fig. 3., Bd. 265, S. 200F. Martini und Comp. in Frauenfeld, Schweiz (*
                              									D. R. P. Nr. 33694 vom 25. November 1884, Zusatz zu * Nr. 27347) haben ebenfalls für
                              									ihre Schiffchenstickmaschine (1884 254 * 60) die
                              									Fadenspannungsregelung verbessert. Zur Erzielung eines gleichmäſsigen Fadenanzuges
                              									ist an Stelle der einzelnen Bremsscheibchen für jeden Faden eine durchgehende runde Fadenleiterschiene
                              										i angebracht (vgl. Fig. 12 Taf. 13), um
                              									welche sämmtliche von den Spulen kommende Fäden einer Reihe herumlaufen und von dort
                              									durch die Auszugsschiene k gezogen werden. Diese
                              									Fadenleiter i für die verschiedenen Reihen liegen in
                              									Winkelhebeln k1, welche
                              									durch die Zugstange l mit einander gekuppelt sind. Die
                              									Zugstange l kann nun durch aufgelegte Gewichte P mehr oder weniger belastet werden und hierdurch wird
                              									die Stärke des Fadenanzuges für die ganze Maschine geregelt. Statt der Gewichte
                              									können natürlich auch Federn angewendet werden. Da während des Fadenanzuges oder der
                              									Stichbildung die Fadenspulen m festgehalten werden, so
                              									wird mittels der Fadenleiter das Gewicht P je nach der
                              									Länge des Stiches mehr oder weniger gehoben werden müssen und der Stich selbst nach
                              									Maſsgabe der Gröſse des Gewichtes P fester oder
                              									lockerer angezogen. Zum Festhalten oder Bremsen der Spule m dienen die an durchgehenden Wellen n
                              									befestigten Federn o, welche von der Schubstange für
                              									den Wagen W aus zwangläufig so bewegt werden, daſs sie
                              									während des Fadenanzuges auf die Spulenränder drücken, während der Bewegung des
                              									Stickrahmens aber die Spulen vollständig freilassen.
                           Der eigentliche Fadenauszug wird gleichfalls von der Wagenschubstange aus abgeleitet.
                              									Ein auf dem Zapfen p sitzender Gleitwürfel gleitet in
                              									einer Schleife des doppelarmigen Hebels q, welch
                              									letzterer um den im Gestelle gelagerten Zapfen r
                              									drehbar ist. Durch die Stange s wird die Bewegung auf
                              									den Winkelhebel t übertragen, welcher die
                              									Fadenauszugsschiene k trägt. Ober- und Unterschiene
                              									sind wieder durch eine Zugstange u gekuppelt.
                           Um die für die Herstellung einer tadellosen Stickerei erforderliche gleichmäſsige Spannung des Schiffchenfadens zu
                              									erhalten, benutzen F. Saurer und Söhne in Arbon, Schweiz (* D. R. P. Nr. 38515 vom 3. Oktober 1885) die in Fig. 13 und 14
                              									wiedergegebene Spann Vorrichtung, welche auf dem um Zapfen nach auſsen drehbaren
                              									Schiffchenboden b angebracht ist. Der Faden kommt von
                              									der Spule a, geht durch den Fadenführer c, gelangt in die Spannvorrichtung, welche aus einer
                              									Rinne d und dem keilförmigen Gegenstücke e gebildet ist, und tritt dann unter dem Boden hinweg
                              									an der gegenüber liegenden Längsseite des Schiffchens aus. Die Rinne ist fest am
                              									Schiffchen, während das Keilstück e an dem einen Arme
                              									des um den Bolzen f drehbaren Winkelhebels ausgebildet
                              									ist, dessen anderer Arm durch die in einer Hülse befindliche Schraubenfeder g gezogen wird, also den Schluſs zwischen Keil und
                              									Rinne besorgt. Sobald die bei dem Nachziehen des Fadens entstehenden Fadenspannungen
                              									gröſser sind als der durch die Feder ausgeübte Druck, wird ein Freigeben der
                              									Klemmvorrichtung erfolgen und der Faden wird über die Kante des Keiles hinweg
                              									gezogen, bis dahin wird der Faden festgeklemmt. Durch Versetzen des Stückes h kann die Federspannung beliebig geregelt werden.
                           
                           Auch bezüglich der Gesammtanordnung der Stickmaschine sind mehrere Vorschläge und
                              									Ausführungen zu erwähnen.
                           C. F. E. R. Nagel in Leipzig (* D. R. P. Nr. 37126 vom
                                 									11. Oktober 1885) nimmt bei seiner Schiffchenstickmaschine vertikale Schiffchenbahnen, in welchen die aufrecht stehenden Schiffchen
                              									durch einfache ungegabelte Treiberhebel von unten derart gehoben werden, daſs die
                              									Schiffchenspulen so viel Faden lassen, als nöthig ist, um bei den längsten Stichen
                              									ohne Hemmung durch ihr eigenes Gewicht zurückfallen zu können. An jedem Schiffchen
                              									ist eine Sperrfeder vorhanden, welche bei einem Fadenbruche zur Wirkung kommt und
                              									dann ein sichtbares Hängenbleiben des Schiffchens in der gehobenen Stellung
                              									veranlaſst.
                           Joh. Jakob Rieter und Comp. in Winterthur bauen einreihige SchiffchenstickmaschinenLeipziger Monatsschrift für Textilindustrie 1886
                                    											S. 26. mit einer Sticklänge von 8m,48 und einer nutzbaren Stickhöhe von 800mm, welche 212 Nadeln mit 40mm (1½
                              									Pariser Zoll) Theilung enthält. Der Stoffrahmen (Gatter) ist so eingerichtet, daſs
                              									ein Nachschieben des Stoffes in der Längsrichtung
                              									erfolgen kann; es ermöglicht daher diese Maschine Stoffe bis zu 800mm Breite in beliebigen Längen, also sogen. Stückwaare zu erzeugen. Die seitliche Bewegung des
                              									Rahmens durch den Storchschnabel ist zulässig bis auf 280mm. Eine Neuerung besteht ferner darin, daſs die
                              									Einrichtung getroffen ist, jede einzelne Nadel auszurücken; dadurch wird nicht nur
                              									ein bequemes Wechseln vom einfachen zum mehrfachen Rapport ermöglicht, ohne die
                              									Nadeln aus der Maschine nehmen zu müssen, sondern es gestattet diese Anordnung bei
                              									Mustern mit doppeltem Rapport Stickerei mit 2 Farben, bei solchen mit dreifachem
                              									Rapport mit dreierlei Farben u.s.w. herzustellen ohne Spulenwechsel und ohne
                              									Einfädeln. Der Storchschnabel ist so umgebaut, daſs die Stickerei in der gleichen Lage erscheint, wie das Muster auf dem Carton
                              									am Stickbrett, so daſs die Zeichnung nicht mehr wie bislang umgekehrt aufgeheftet zu
                              									werden braucht zur Stellung der Stickerei.
                           
                        
                     
                  
               
