| Titel: | Plan, Ausführung und Veranschlagung der Blitzableiter; von Dr. O. v. Ritgen, Landbauinspector. | 
| Autor: | O. v. Ritgen | 
| Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 210 | 
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                        Plan, Ausführung und Veranschlagung der
                           								Blitzableiter; von Dr. O. v. Ritgen, Landbauinspector.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 145 d. Bd.)
                        Mit Abbildungen.
                        v. Ritgen's Plan, Ausführung und Veranschlagung der
                           								Blitzableiter.
                        
                     
                        
                           Bezüglich der Fangstangen sei noch Folgendes erwähnt. Vielfach wird von Fachmännern
                              									die Ansicht vertreten, eine gute Blitzableiteranlage müsse so eingerichtet sein,
                              									daſs sie der Entstehung von Blitzen bis zu einem gewissen Grade zuvorkomme. Die Spitzen
                              									müſsten nämlich elektrisches Fluidum in genügendem Maſse ausströmen lassen, um die
                              									Spannung der in der Gewitterwolke angehäuften entgegengesetzten Elektricität an der
                              									betreffenden Stelle soweit herabzumindern, daſs eine plötzliche und gewaltsame
                              									Entladung überhaupt nicht stattfinde. – In wie weit aber thatsächlich eine derartige
                              									Wirkung auch von den besten ausgeführten Blitzableitern erwartet werden darf,
                              									darüber herrscht zur Zeit noch keine Uebereinstimmung der Sachkundigen.
                           Die Königlich Preussische Akademie der Wissenschaften
                              									sagt in einem Gutachten vom 5. August 1880Monatsberichte der Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften, 1880 S. 744
                                    											bis 756. ausdrücklich:
                           
                              „Dass durch Spitzen, wie die der Blitzableiter im Laufe einer oder mehrerer
                                 										Viertelstunden Mengen von Elektricität aus der Luft entladen werden können, die
                                 										im Verhältniſs zur Leistung unserer Elektrisirmaschinen sehr groſs erscheinen,
                                 										ist genügend constatirt; ob diese Mengen aber gegen die kolossalen in den Wolken
                                 										aufgespeicherten Quantitäten in Betracht kommen, ob überhaupt die von der Spitze
                                 										aus entgegengesetzt geladene Luft schnell zur Wolke hinaufgezogen wird, oder die
                                 										empfangene Elektricität schnell zur Wolke ableiten kann, erscheint höchst
                                 										zweifelhaft.
                              
                           
                              „Die Gefahr der explosiven Entladung wird durch eine oder wenige Metallspitzen
                                 										bei schnell ziehenden und kurz dauernden Gewittern schwerlich erheblich
                                 										gemindert. Den Blitzschlägen folgt meist unmittelbar eine starke Steigerung des
                                 										Regens, d.h. jene entstehen wahrscheinlich durch den Umstand, daſs in der Höhe
                                 										durch Mischung verschieden warmer und feuchter durch einander gewirbelter
                                 										Luftmassen eine starke Condensation von Dämpfen eingetreten ist, und in dem
                                 										herabfallenden Regenschauer die Elektricität der Dämpfe condensirt ist. Ehe das
                                 										herabfallende Wasser noch die Erde erreicht, entladet es seine Elektricität in
                                 										den Erdboden und trifft deſshalb selbst erst einige Momente später unten ein.
                                 										Während dieses schnellen Absteigens die ungeheure Elektricitätsmenge der
                                 										Wassermasse durch eine Spitze zu entladen, ist wohl wenig Aussicht.“
                              
                           Soweit die preuſsische Akademie der Wissenschaften. Dagegen legen in Frankreich auch
                              									competente Physiker gröſseren Werth auf die schützende Wirkung der Blitzableiter
                              									vermöge der aus den Spitzen ausströmenden Elektricität. Sie unterscheiden zwischen
                              										paratonnerre préservatif und préventif und stellen an einen guten Blitzableiter die
                              									Anforderung, daſs er auch die letztere Bezeichnung in vollem Maſse verdiene.
                           Obschon nach dem Obigen dies Verlangen zu weit geht, namentlich in dieser
                              									verallgemeinerten Form, so mag es doch in gewissen Fällen empfohlen werden, z.B.
                              									da, wo ein einzelnes Gebäude oder eine gröſsere Gebäudegruppe auf einer Bergspitze
                              									errichtet ist und erfahrungsgemäſs in häufige nahe Berührung mit Gewitterwolken
                              									kommt, daſs man auch auf eine ausgiebige Spitzenwirkung durch Ausströmen der
                              									Elektricität Rücksicht nimmt, indem man die äuſsersten Endigungen der Fangstangen
                              									jenem Zweck entsprechend construirt. Es wird daher im Folgenden auch eine derartige
                              									Spitzenbildung in den Kreis der Betrachtung gezogen werden.
                           Abweichend von der bisher besprochenen bei uns gebräuchlichen Anordnung der
                              									Blitzableiter, welche sich im Wesentlichen nach den zuerst von Gay-Lussac gegebenen Vorschriften herausgebildet hat,
                              									empfiehlt Melsens in Brüssel ein System, welches unter
                              									Anwendung vielfacher und zahlreicher Spitzen, Ab- und Bodenleitungen das Gebäude
                              									gewissermaſsen mit einem Metallnetze umhüllt.
                           Nach der mehrfach angeführten Schrift „Die Blitzgefahr“
                              									„fehlt es aber noch an genügenden Erfahrungen um einen entscheidenden Vorzug des
                                 										Systems von Melsens vor dem älteren von Gay-Lussac, das bei guter Ausführung wohl bewährt
                                 										ist, behaupten zu können.“ Hinsichtlich der unter den beiden Systemen zu
                              									treffenden Wahl heiſst es an der betreffenden Stelle (Seite 24 – 25) weiter:
                           
                              „Wo eine unzweifelhaft gute Erdleitung gewonnen werden kann, bietet sowohl das
                                 											Melsens'sche wie das Gay-Lussac'sche System ausreichenden Schutz. Die Entscheidung zwischen
                                 										beiden wird demnach in diesem Falle eine Frage der Kosten, bezieh. der architectonischen
                                    											Rücksichten sein... Es ist zu empfehlen, die hergebrachte Form der
                                 										alten Blitzableiter in solchen Fällen in dem Melsens'schen Sinne zu modificiren, wo der Natur der Oertlichkeit nach
                                 										nicht ein sehr geringer Erdausbreitungswiderstand verwirklicht werden kann,
                                 										wobei aber immer die möglichste Verminderung der Summe aller
                                 										Ausbreitungswiderstände, sowie die Nothwendigkeit, daſs jeder das Gebäude an
                                 										exponirten Stellen treffende Blitzschlag eine Leitung von hinlänglichem
                                 										Querschnitte vorfinde, in erster Linie zu berücksichtigen bleiben.“
                              
                           Es verdient noch Folgendes über die Ausbildung von Spitzen hier erwähnt zu
                              									werden.
                           Legt man besonderen Werth auf die schützende Wirkung der Spitzen durch Ausstrahlung
                              									der Elektricität und darauf, daſs, auch nachdem eine oder mehrere der
                              									Blitzentladungen den Blitzableiter getroffen haben, die Schärfe dieser Spitzen
                              									möglichst erhalten bleibt, so ist es zweckmäſsig, nicht sowohl durch Anwendung
                              									kostspieliger Metalle, die ja auch geschmolzen werden können, für die Erhaltung der
                              									zugespitzten Theile zu sorgen, sondern vielmehr durch Vermehrung und
                              									Vervielfältigung der ausstrahlenden Spitzen. Von diesem richtigen Grundsatze
                              									ausgehend, hat Buchin im J. 1877 eine Spitze construirt
                              									und sich in Frankreich patentiren lassen, welche in Fig.
                                 										9a dargestellt ist. Der Ingenieur Tricoche theilt
                              									darüber im Genie civilGénie civil, 1887 S. 128 u.
                                       										ff., dem wir auch die Fig. 9a und
                              										9b entnommen, u.a. Folgendes mit:
                           Diese Spitze, aus Rothkupfer gefertigt mit rautenartigem Querschnitt, ist von einer
                              									Pyramide bekrönt. Zum Ausströmen der Elektricität bieten sich also nicht nur die
                              									äuſserste Spitze, sondern auch die am Schnitte der Basis der Pyramide mit dem
                              									aufsteigenden Schaft entstehenden scharfen Ecken dar, ebenso wie alle Kanten, welche
                              									letztere wie eine beträchtliche Zahl von Ausstrahlungspunkten in Wirkung treten.
                              									Diese Anordnung hat daher den Vortheil, dem Abflieſsen der Electricität einen
                              									gröſseren Querschnitt zu bieten und sucht die Spitze gegen die Schmelzung zu
                              									sichern, welche bei einer oder einer geringen Anzahl einzelner Spitzen eintritt.
                              									Gleichzeitig gewährt sie den Vortheil der leichteren Aufnahme solcher Blitzschläge,
                              									die etwa von der Seite her erfolgen. – Im Jahre 1880 wurden auf dem Pic du Midi (in Höhe von 2877m) 9 Blitzableiter mit derartigen Spitzen
                              									hergestellt. Die Ergebnisse waren sehr günstig, „derart, daſs das Observatorium,
                                 										auf dem dieselben angebracht waren, ganz sicher vor den Blitzschlägen blieb,
                                 										welche früher den Pic du Midi so oft
                                 										aufsuchten“L'Année scientifique 1884.).
                           Fig. 9a., Bd. 265, S. 212Fig. 9b., Bd. 265, S. 212Im J. 1880, nachdem sich die Erfindung Buchin's derart praktisch bewährt hatte, lieſs sich derselbe weiter eine Form
                              									patentiren, bei welcher die Kanten vermehrt und die Zahl der Spitzen erheblich
                              									vergröſsert erscheint, wie dies aus Fig. 9b zu
                              									ersehen ist.
                           Wir möchten mit Tricoche darin übereinstimmen, daſs
                              									diese oder eine ähnliche Form von Spitzen bald weitere Verbreitung finden wird.
                              									Namentlich dürfte dieselbe die weit weniger sinnreich construirten
                              										„Spitzenbündel“, die man auch bei uns hier und da verwendet findet, mit
                              									Recht verdrängen.
                           Selbstredend können Spitzen der oben beschriebenen Art ohne besondere Schwierigkeit
                              									auf die gewöhnlichen massiven Fangstangen aufgeschraubt werden, ohne daſs
                              									hinsichtlich der Construction und Befestigung der letzteren Aenderungen erforderlich
                              									werden.
                           
                        
                           II. Die Leitungen.
                           
                              a) Allgemeines.
                              Die Zwischenleitungen sollen möglichst kurze, geradlinige und ununterbrochen
                                 										metallische Verbindungen der Fangstangen mit den Versenkungen (Bodenleitungen)
                                 										herstellen. Eine solche Leitung bilde eine möglichst gleichmäſsige Rinne zum
                                 										Abflieſsen des elektrischen Stromes. Wie ein Wildbach da Zerstörungen anrichtet,
                                 										wo sich sein Bett verengt, oder wo sich dem gleichmäſsigen Weiterströmen
                                 										sonstige Hindernisse entgegenstellen, wie derselbe geneigt ist, das Bett ganz zu verlassen, wenn
                                 										die Richtung plötzlich wechselt, verhält es sich mit dem abzuleitenden
                                 										Blitzstrahl, wenn sich in der metallischen Straſse, auf welcher er herabfährt,
                                 										Verengerungen, Unterbrechungen oder allzu scharfe Biegungen vorfinden.
                              Wie die Schwerkraft die Wassertheile unablässig nach unten zieht, so wird der
                                 										electrische Strom nach seinem Endziel, dem feuchten Erdinneren zugetrieben.
                                 										Allerdings kann hierbei die Richtung der Anziehung erheblich von der Lothrechten
                                 										abweichen, je nachdem über oder unter der Erdoberfläche befindliche
                                 										Metallmassen, Wassermassen oder feuchte Erdschichten, durch ihre Anziehung den
                                 										Weg beeinflussend, in Thätigkeit treten. Man möge die elektrische Wirksamkeit
                                 										solcher Massen mit abschätzen und danach die Resultante bestimmen, welche in
                                 										jedem einzelnen Falle an die Stelle der Senkrechten zu treten hat; es gilt dann
                                 										für diese Richtung das über die Senkrechte Anzuführende.
                              Die Senkrechte ist der kürzeste Weg zu dem zu erreichenden Endziele und je
                                 										weniger eine Ableitung von der Senkrechten abweicht, desto besser wird sie
                                 										geführt sein. Hieraus geht schon hervor, daſs es wünschenswerth ist, für jede
                                 										Fangstange eine Ableitung zu haben (damit der Weg in jedem einzelnen Falle ein
                                 										möglichst kurzer sei), allein in Rücksicht auf die Kostenersparniſs begnügt man
                                 										sich in vielen Fällen mit einer Ableitung für je 2
                                 										Fangstangen. Die Zahl der Ableitungen noch mehr zu beschränken, ist nicht
                                 										räthlich, weil sonst das Zutrauen zur Wirkung der ganzen Vorrichtung sich mit
                                 										Recht sehr vermindert.
                              Eine einzelne Stange erhält selbstverständlich eine
                                 										Ableitung, doch kann der Fall eintreten, daſs es zweckmäſsig ist, mehrere Ableitungen bei einer Fangstange anzuwenden. Hierbei wird aber alsdann immer der
                                 										Gedanke zu Grunde liegen, daſs die Ableitungen noch den weiteren Zweck haben,
                                 										durch unmittelbare Aufnahme eines Blitzstrahles denjenigen Seiten des Gebäudes,
                                 										an welchen sie heruntergeführt werden, Schutz zu gewähren; es wird dann in
                                 										vielen Fällen dienlich sein, auch seitliche Spitzen (vgl. Fig. 9 unter „Fangstangen“)
                                 										anzubringen.
                              Wo mehrere Fangstangen und mehrere Ableitungen (Bodenplatten) angebracht werden,
                                 										ist es nicht zweckmäſsig, dieselben getrennt, als
                                 										einzelne für sich bestehende Blitzableiteranlagen anzuordnen. Es sollen vielmehr
                                 										alle Theile zu einem Ganzen verbunden werden. Diese Verbindung wird in den
                                 										meisten Fällen durch die Firstleitung bewirkt, welche die Fangstangen verbindet,
                                 										und auſserdem, wie im vorigen Abschnitte erwähnt, auch den Zweck hat, die First
                                 										besonders zu sichern. Schlieſst man nun die abwärts führenden Leitungen an
                                 										irgend welche Stellen der Firstleitung oder unmittelbar an Fangstangen an, so
                                 										wird dadurch bewirkt, daſs, wenn ein Blitz eine der Stangen trifft, je nach
                                 										Umständen sämmtliche Ableitungen, bezieh. Bodenplatten bei Entladung des
                                 										electrischen Stromes in den Boden mitwirken können. Es ist einleuchtend, daſs auch die
                                 										entfernter liegenden Ableitungen nebst Bodenplatten in Folge der
                                 										Inductionswirkungen in demselben Maſse zu Verstärkung der Anziehung der
                                 										getroffenen Spitze (auf den Blitz) beigetragen haben werden, als sie zur
                                 										Ableitung in den Boden mitwirken, weil die elektrische Ausgleichung den
                                 										vorhergegangenen Inductionswirkungen entsprechend vor sich geht.
                              Man wird nach dem Vorbemerkten und wenn man noch ins Auge faſst, daſs es vor
                                 										allem dienlich ist, an der Wetterseite, bezieh. Wetterecke des Gebäudes eine
                                 										Leitung herabzuführen und mit Bodenplatte u.s.w. zu versehen, unschwer für ein
                                 										bestimmtes Gebäude einen Plan der Ableitungen entwerfen; allerdings muſs hierbei
                                 										auch auf geeignete Stellen für die Versenkungen Rücksicht genommen werden (vgl.
                                 										folgenden Abschnitt). Die Eigenschaft des abzuführenden elektrischen Stromes,
                                 										daſs er an scharfen Ecken leicht abspringt, kann namentlich da verhängniſsvoll
                                 										werden, wo die ursprüngliche Richtung die senkrechte ist und der Strom zu einer
                                 										mehr oder weniger flachgeneigten oder gar zur horizontalen Richtung abgelenkt
                                 										werden soll (z.B. an der First). Hier wende man zur Verbindung sanft gebogene
                                 										Stücke an. Als kleinster zulässiger Halbmesser für Biegungen überhaupt werde,
                                 										wie in vielen Schriften empfohlen wird, 40cm
                                 										angenommen.
                              
                           
                              b) Querschnitt der Leitungen. Wahl
                                    											des Metalles.Vgl. Mittelstraß 1873 208 * 266. Nippoldt 1875 216 364. Meidinger 1877 226 205.
                              Für die Bestimmung der Gröſse der Querschnittsfläche der Leitungen ist lediglich
                                 										die Anforderung maſsgebend, daſs die Leitung im Stande sein soll, einen der
                                 										stärksten vorkommenden Blitze zu leiten, ohne dabei in gefahrbringendem Grade
                                 										erhitzt zu werden. Eine über dieses Erforderniſs hinausgehende Vermehrung der
                                 										Querschnittsfläche der Leitung behufs Verminderung des Leitungswiderstandes
                                 										würde in der Regel nur einen im Verhältniſs zu den aufzuwendenden Kosten
                                 										geringen Nutzen haben, weil bei den meisten Blitzableitern der gröſste Theil des
                                 										Leitungswiderstandes in die Erde fällt; es ist daher für die Bestimmung der
                                 										Querschnittsgröſse gleichgültig, ob die Leitung eine kürzere oder längere ist
                                 										(vgl. auch den folgenden Abschnitt).Gutachten der Königlich Preußischen Akademie der
                                          													Wissenschaften vom 5. August 1880 unter 3) bezieh.
                                       											2).
                              Für eine eiserne Leitung genügt eine Querschnittsfläche von 1qc; Kupferleitungen sollen nicht unter 0qc,4 erhalten. Die Königl. Preuſsische Akademie der Wissenschaften spricht sich hierüber
                                 										bei Vergleichung kupferner und eiserner Leitungen wie folgt aus: „Es kommt
                                    											nicht bloſs darauf an..., daſs in den Leitungen durch eine Blitzentladung
                                    											die gleiche Wärmemenge entwickelt werde, sondern es kommt auf die Temperatur
                                    											an, die dadurch in dem Metalle entsteht, und darauf, wie nahe diese dem
                                    											Schmelzpunkte des Metalles kommt. Damit die Wärmemengen gleich sind, die
                                    											derselbe elektrische Strom in einer Kupferleitung und Eisenleitung von
                                    											gleicher Länge erzeugt, muſs der Querschnitt des Kupfers etwa ein Siebentel
                                    											von dem des Eisens sein. Sollen die Temperaturerhöhungen in beiden gleich
                                    											sein, so muſs aber das Kupfer einen Querschnitt haben, der etwa der 2½.
                                    											Theil von dem des Eisens ist; und bei diesem Verhältniſs der Querschnitte
                                    											ist die Gefahr, daſs eine Schmelzung eintritt, beim Kupfer immer noch
                                    											gröſser, als beim Eisen, weil der Schmelzpunkt des Kupfers niedriger als der
                                    											des Eisens ist.“
                              Auch die Königl. Sächsische Technische Deputation
                                 										empfiehlt auf S. 14 denen, die sich zu den ohnedies höheren Kosten einer
                                 										Kupferleitung entschlieſsen, sich nicht zu scheuen, zu noch gröſseren
                                 										Querschnitten, als denen eines Kupferdrahtes von 6mm Durchmesser (= 0qc,28) zu
                                 										greifen.
                              Die Frage, ob man eiserne oder kupferne Leitungen wählt, ist eine solche, bei
                                 										deren Entscheidung nur bautechnische Gesichtspunkte
                                 										und der Kostenpunkt bestimmend sein sollen, denn
                                 										weder aus der Theorie, noch aus der wissenschaftlichen Erfahrung über
                                 										Gewitterelektricität und Btitze lassen sich durchschlagende Gründe herleiten,
                                 										das eine oder das andere Metall vorzuziehen.
                              Spillner in Aachen empfiehlt die Anwendung der
                                 										beliebten 12fach geflochtenen Kupferdrahtseile von 2 bis 2mm,5 Stärke jedes Drahtes (0,38 bis 0qc,60 Gesammtdurchschnitt) in Rücksicht
                                 										darauf, daſs ein Schaden, welcher bei einem einzigen starken Drahte an brüchigen
                                 										Stellen leicht entsteht, hierdurch vermieden werde, ferner, weil ein solches
                                 										Kabel leicht zu versenden und anzubringen sei, während sich der Preis nur wenig
                                 										höher stelle, als der eines einzelnen Drahtes. Zugefügt wird, daſs die
                                 										Befürchtung, ein, Kabel würde wegen seiner rauhen Oberfläche von der Witterung
                                 										zu leiden haben, sich bis jetzt noch nicht bewahrheitet habe.
                              Da solche Drahtseile in sehr groſsen Längen zu haben sind, ist es oft möglich,
                                 										Stöſse der Leitung ganz zu vermeiden, indem das obere Ende des Kabels
                                 										unmittelbar mit der Spitze, das untere mit der Erdplatte verbunden wird. Der
                                 										Vortheil einer geringen Anzahl von Stöſsen, den auch die aus einem einzigen
                                 										Drahte bestehenden Kupferleitungen gewähren, ist nicht hoch genug anzuschlagen,
                                 										in allen den Fällen, in denen eine sorgfältige Ueberwachung durch den Bauherrn
                                 										oder einen von ihm Beauftragten fehlt.
                              Bei öffentlichen Bauten, welche unter der sorgfaltigen Ueberwachung von
                                 										Baubeamten ausgeführt werden, wird dieser Umstand nicht ausschlaggebend sein,
                                 										vielmehr empfiehlt sich bei diesen Bauten in Rücksicht auf die möglichste
                                 										Kostenersparniſs in erster Linie die Anwendung eiserner
                                    											Ableitungen. Man verwendet hierbei runde, verzinkte Eisenstangen von
                                 										der erforderlichen Querschnittsfläche, welche jedoch ihrer Steifigkeit halber
                                 										schwer anzubringen sind, oder besser 2 verzinkte Eisendrähte von 8mm Durchmesser (also von zusammen 1qc Querschnittsfläche).Königl. Sächsische Technische Deputation.
                                       												Gemeinfaſsliche Belehrung über die zweckmäſsige Anlegung von
                                       												Blitzableitern. Dresden 1884 S. 13.
                              Nachträglich mögen hier noch die auf Seite 33 der Schrift „Die
                                    											Blitzgefahr“ gegebenen Vorschriften über die Stärke der gewöhnlichen
                                 										Leitungen wörtlich angeführt werden:
                              Als Minimalmaſse für die Dicke der Leitungen gelten:
                              
                                 „Verzweigte kupferne Leitungen von kreisförmigem
                                    											Querschnitt sollen mindestens 0cm,6
                                    											Durchmesser, unverzweigte mindestens 0cm,8 Durchmesser haben, was einem
                                    											Querschnitte von 0,283 bezieh. 0,505 entspricht.
                                 
                              
                                 Bei Anwendung von Kupferdrahtseilen soll die
                                    											Summe der Querschnitte der einzelnen Drähte bezieh. 0qc,3 und 0qc,6 sein, so daſs ein aus Drähten von 2mm Durchmesser bestehendes Seil bezieh. 10
                                    											und 19 Einzeldrähte enthalten soll.
                                 
                              
                                 Bei Anwendung von Kupferblech, dessen Dicke
                                    											nicht unter 1mm genommen werde, sollen die
                                    											Breiten mindestens bezieh. 3,0 und 5cm,0
                                    											sein.
                                 
                              
                                 Verzweigte eiserne Leitungen sollen mindestens
                                    												0cm,8 Durchmesser, unverzweigte mindestens 1cm Durchmesser haben, was einem
                                    											Querschnitte von 0,503 und 0qc,95
                                    											entspricht.“
                                 
                              
                                 „Bei Anwendung von Eisendrahtseilen soll die
                                    											Summe der Querschnitte der Einzeldrähte bezieh. 0,6 und 1qc,2 sein.
                                 
                              
                                 Bei der am wenigsten vortheilhaften Anwendung von Bandeisen, dessen Dicke nicht unter 4mm sein soll, ist eine Breite von nicht unter 1,3 bezieh. 2cm,5 erforderlich.“
                                 
                              
                           
                              c) Befestigung der
                                    										Leitungen.
                              Die Befestigung der Leitung auf dem Dache wird durch besondere winkelförmige
                                 										Stützen bewirkt, deren einer Schenkel mittels 2 Holzschrauben fest mit der
                                 										Dachschalung verbunden ist, deren oberes Ende aber mit je einer Oese zur
                                 										Aufnahme der Leitung versehen ist. Diese Oese kann entweder dadurch gebildet
                                 										werden, daſs die Enden des oben gabelförmig auslaufenden Eisens wie in Fig. 1, nachdem die Leitung angebracht ist, so
                                 										gebogen werden, daſs dieselbe fest umfaſst wird, oder man kann auch das
                                 										gabelförmige Ende (Fig. 2) durch einen Splint
                                 										schlieſsen. Besonders zu empfehlen ist die in Fig.
                                    											3 dargestellte Befestigungsart, bei welcher wie in Fig. 4 die Leitung, die auf der Stütze aufruht,
                                 										noch durch ein besonderes Deckstück, welches durch zwei Schraubenbolzen mit
                                 										jenem verbunden ist, festgehalten wird. Fig. 1., Bd. 265, S. 216
                                 										Fig. 2., Bd. 265, S. 216
                                 										Fig. 3., Bd. 265, S. 216
                                 										Fig. 4., Bd. 265, S. 216
                              
                              Bei Schieferdächern geht zweckmäſsigerweise die Anbringung und Befestigung der
                                 											Dachstützen des Blitzableiters dem Eindecken
                                 										des Daches an jeder Stelle unmittelbar voran; man ist daher genöthigt, diese Anbringung und Befestigung der Stützen durch den
                                 											Dachdecker ausführen zu lassen, weil der Schlosser oder Mechaniker, dem die Ausführung des
                                 										Blitzableiters übertragen ist, nicht während der ganzen Zeit, welche die
                                 										Eindeckung des Dachwerkes in Anspruch nimmt, zugegen sein kann. Letzterem fällt
                                 										es zu, nach Eindeckung der gesammten Dachfläche die Leitung auf die Stützen zu
                                 										legen und zu befestigen. Eine Form der Stützen, bei welcher dieselben
                                 										Beschädigungen durch die Schieferdecker weniger ausgesetzt sind und bei welcher
                                 										das nachträgliche Anbringen der Leitung erleichtert wird, gewährt daher
                                 										besonderen Vortheil.
                              Die Stützen werden zweckmäſsig mit untergelegten Zinktafeln oder Bleiplatten
                                 										versehen, die an der Befestigungsstelle das Dach vor Undichtigkeit sichern (Fig. 5).
                              Fig. 5., Bd. 265, S. 217Die Firststützen sind stumpfwinkelig, die für die Dachfläche zu
                                 										verwendenden Stützen rechtwinkelig gebogen Die Stützweite beträgt in der Regel
                                 										etwa 1,5 bis 2m.
                              Bei Anbringung der Leitungen diene als Regel, daſs dieselben weder straff
                                 										angezogen, noch an den Befestigungsstellen so stark gepreſst werden, daſs ihr
                                 										Querschnitt verändert wird.
                              Fig. 6., Bd. 265, S. 217Fig. 7., Bd. 265, S. 217Besondere Sorgfalt ist bei den Leitungen auf die Verbindung der Stöſse
                                 										zu richten. Bei starken Drähten erfolgt dieselbe zweckmäſsig durch Muffen mit
                                 										Schraubengewinden, in welche die beiden Enden eingeschraubt werden. Ueberdies
                                 										wird noch durch Löthmetall, welches man nach dem Einschrauben in die besonders
                                 										eingefeilte Nuth ab (Fig.
                                    											6 und 7) einflieſsen läſst, eine
                                 										unmittelbar leitende Verbindung der beiden Stücke hergestellt.
                              Bei Abzweigungen verwendet man Doppelmuffen (Fig.
                                    											8 und 9). ⊥förmige Muffen sind weniger empfehlenswerth, weil dabei der Anschluſs der
                                 										Nebenleitung nicht mittels sanft geschwungener Biegung erfolgen kann.
                              Fig. 8., Bd. 265, S. 217Fig. 9., Bd. 265, S. 217Am Mauerwerke wird die Befestigung der Ableitungen durch gerade stützen
                                 										bewirkt, welche zwischen die Fugen der Steine eingesetzt und vergypst oder in
                                 										besonders eingemauerte Holzdübel eingetrieben werden. Den unteren Theil einer
                                 										Ableitung schützt man zweckmäſsigerweise vor Beschädigung durch Muthwillige
                                 										mittels eines übergeschobenen etwa 3m langen
                                 										Eisenrohres (Gasrohres). Dasselbe reicht etwa 50cm tief in den Boden hinein und schützt zugleich die unmittelbar am
                                 										Boden liegende Stelle der Leitung gegen den wechselnden Angriff der Luft und der
                                 										Bodenfeuchtigkeit.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)