| Titel: | Flüssige Brennmaterialien. | 
| Autor: | P. Naef | 
| Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 29 | 
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                        Flüssige Brennmaterialien.
                        Mit Abbildung auf Tafel
                              									3.
                        Flüssige Brennmaterialien.
                        
                     
                        
                           Erdöl wird bekanntlich in den letzten Jahren in Ruſsland
                              									in groſsen Mengen gewonnen, und es ist höchst wahrscheinlich, daſs, wenn dieses Oel
                              									so billig nach Europa ausgeführt werden könnte, daſs es im Preise nicht höher zu
                              									stehen käme als Kohle, es auch bald bei uns als Brennmaterial Eingang finden
                              									würde.
                           Da die beim Verbrennen von Erdöl entstehende Wärme noch nicht durch Versuche
                              									festgestellt ist, muſs man sich begnügen, dieselbe nach der Dulong'schen Formel zu berechnen, obschon die so erhaltenen Endzahlen
                              									anerkanntermaſsen etwa um 8 Proc. zu nieder sind (vgl. auch Scheurer-Kestner und Meunier 1870 196 * 22. Ferd. Fischer 1879
                              										234 * 390).
                           
                           H. Sainte-Claire Deville (1869 193 61) fand die durchschnittliche Zusammensetzung von 15 verschiedenen
                              									Erdölsorten
                           
                              
                                 Kohlenstoff
                                   84,7
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                   13,1
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                     2,2
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0.
                                 
                              
                           Aus dieser Zusammensetzung berechnet sich ein
                              									Verdampfungswerth von 8k,90 Wasser bei 1at Druck für 0k,45 Erdöl, wobei das durch Verbrennung des Wasserstoffes gebildete Wasser im
                              									gasförmigen Zustande angenommen wird. In einem guten Dampfkessel werden aber nur
                              									etwa 80 Proc. der entwickelten Wärme nutzbar gemacht, so daſs 0k,45 Erdöl in Wirklichkeit nur 7k,12 Wasser in Dampf verwandelt. Von diesem
                              									letzteren werden aber etwa 5 Proc. verbraucht, um das Erdöl in die Feuerung
                              									einzuführen, so daſs 0k,45 Erdöl dann im Ganzen
                              										6k,71 Wasser oder etwa 32 Proc. mehr als die
                              									gleiche Menge Kohle in Dampfform zn verwandeln vermögen. Wenn der Preis des Erdöles
                              									von 0,87 spec. Gew. 1,8 Pf. für 1l, beträgt, so
                              									würde dies einem Kohlenpreise von 16,3 M. für 1t (englisch) entsprechen. Dabei ist angenommen, daſs das Erdöl mit Dampf
                              									in die Feuerung eingeführt wird, und es ist für Arbeitsersparniſs und Mehrarbeit des
                              									Kessels nichts in Rechnung gebracht. Wenn sich die Einführung des Oeles in die Oefen
                              									ohne Dampf nach Art des Nobel'schen Schalenbrenners
                              									bewährte, so würde sich das Erdöl gegenüber der Kohle allerdings etwas besser
                              									stellen. Da aber der Preis des Erdöles in England immer
                              									noch bedeutend höher als oben angenommen steht, so ist das Erdöl vor der Hand als
                              									Brennmaterial völlig ausgeschlossen. Dagegen sind in England andere Oele, wie Theeröle und Theer gegenwärtig zu sehr billigen
                              									Preisen zu erhalten, welche beim Verbrennen sehr regelmäſsige und intensive Hitze
                              									geben. Um den Brennwerth dieser flüssigen Brennstoffe mit demjenigen von Kohle und
                              									Koke zu vergleichen, hat L. T. Wright nach dem Journal of the Society of Chemical Industry, 1887 Bd. 6
                              									S. 35 Dampfkesselversuche in einem gut arbeitenden Galloway-Kessel von 8m,5 Länge und 2m,1 Durchmesser, welcher mit zwei Siederöhren
                              									versehen war, angestellt. Das Speisewasser hatte eine Temperatur von 12° und der
                              									Dampfdruck im Kessel betrug 2k,8 auf 1qcm.
                           In nachstehender Tabelle sind sowohl die aus der Zusammensetzung der Brennstoffe
                              									berechneten als die wirklich gefundenen Verdampfungswerthe von 0k,454 zusammengestellt.
                           Wie aus folgenden Kesselversuchen zu ersehen ist, verdampfen Theer und Koke bedeutend
                              									mehr Wasser als Kohle. Creosot eignet sich ausgezeichnet zur Dampfkesselfeuerung, da
                              									es aber häufig eine groſse Menge Naphtalin enthält, so muſs es warm in den Ofen
                              									eingeführt werden. Theer ist mit gewöhnlichen Dampfstrahlapparaten schwierig
                              									einzuführen, da sich dieselben leicht verstopfen und alsdann bei unregelmäſsigem
                              									Zuflüsse leicht Rauch entsteht. Die Einführung des
                           
                           
                              
                                 Art desBrennstoffes
                                 
                                    Zusammensetzung
                                    
                                 BerechneteVerdampfungvon 0k,454Brenstoff
                                 Dauer derKesselversuche
                                 Durch den Ver-such
                                    											gefundeneVerdampfung
                                 ProcentausgenutzteWärme
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 Wasserstoff
                                 Stickstoff
                                 Schwesel
                                 Wasser
                                 Asche
                                 Sauerstoff
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 Tage
                                 engl.Pfund
                                 
                                 
                              
                                 Nottingham Cannel-    Kohle
                                 67,0
                                 5,6
                                 1,2
                                 1,0
                                 7,6
                                   6,6
                                 11,0
                                 12,27
                                 11
                                   8,78
                                 71,56
                                 
                              
                                 Gaskohle
                                 79,0
                                 5,2
                                 1,5
                                 1,5
                                 4,0
                                   2,8
                                   6,0
                                 14,24
                                   7
                                 10,01
                                 70,30
                                 
                              
                                 Cannel-Koke
                                 80,1
                                 0,6
                                 1,3
                                 0,4
                                 4,1
                                 11,9
                                   1,6
                                 12,23
                                   6
                                   9,91
                                 81,03
                                 
                              
                                 Gaskohle-Koke
                                 89,0
                                 1,0
                                 1,0
                                 1,2
                                 1,2
                                   5,2
                                   1,4
                                 13,83
                                   6
                                 11,15
                                 80,62
                                 
                              
                                 Theer
                                 80,2
                                 7,0
                                 0,8
                                 0,5
                                 –
                                 –
                                 11,5
                                 15,06
                                   7
                                 12,71
                                 84,40
                                 
                              
                                 Creosot
                                 87,4
                                 7,3
                                 0,3
                                 0,5
                                 –
                                 –
                                   4,5
                                 16,78
                                   9
                                 13,35
                                 79,56
                                 
                              
                           Theeres durch Dampf hat auch den Nachtheil, daſs der
                              									Strahlapparat etwa 5 Proc. des erzeugten Dampfes verbraucht, und daſs bei der
                              									Inbetriebsetzung der Dampf einem Hilfskessel entnommen werden muſs. Von gröſstem
                              									Vortheile wäre es daher, wenn das Oel ohne Dampf in die Feuerung eingeführt werden
                              									könnte. Zur Verbrennung von Theer in Retortenöfen benutzt L.
                                 										F. Wright den in Fig. 9 Taf. 3
                              									abgebildeten Apparat, welcher an jedem Kokeofen angebracht und leicht wieder
                              									entfernt werden kann.
                           Ein eisernes Gestell D, welches vor
                              									der Feuerthüre aufgestellt ist, trägt auf eisernen Stäben drei feuerfeste Platten
                              										A, B und C. Die Platte
                              										A ist unbeweglich und dient hauptsächlich dazu, die
                              									Platte B vor der vom Feuer ausgestrahlten Hitze zu
                              									schützen. Der Theer flieſst auf letztere gleichmäſsig; vertheilt auf und wird durch
                              									den zwischen A und B
                              									eintretenden Luftstrom so stark abgekühlt, daſs er sich erst am unteren Theile der
                              									Platte B im Ofen entzündet und hier lebhaft verbrennt.
                              									Theer hinterläſst aber beim Verbrennen immer etwa 20 bis 25 Proc. Koke; diese fällt
                              									auf eine etwa ⅓ der Rostfläche bedeckende Thonplatte E.
                              									Von Zeit zu Zeit entfernt man die schief gestellte Platte C und stöſst die Koke gegen die Rückwand des Ofens auf den freien Rost, wo
                              									sie vollständig verbrennt. Die Verbrennungsluft tritt durch Oeffnungen zwischen den
                              									schief gestellten Platten A, B und C und auch unter dem Roste ein.
                           Diese Einrichtung leistet zum Verbrennen von Theer ausgezeichnete Dienste. Jedes
                              									Feuer nimmt nur etwa 3 Minuten in der Stunde zur Bedienung in Anspruch; auſserdem
                              									ist die Arbeit eine sehr leichte, da sie lediglich darin besteht, die Luftöffnungen
                              									zwischen den schiefen Platten zu reinigen und die Koke von Zeit zu Zeit
                              									zurückzustoſsen. Während 1 Arbeiter nur 8 Kokefeuer bedienen kann, ist 1 Knabe im
                              									Stande 16 Theeröfen zu besorgen. Die Feuerung mit Theer erfordert bedeutend weniger
                              									Zug als diejenige mit Koke, so daſs 2mm Vacuum für
                              									Theeröfen genügend ist, während Kokefeuer 6mm
                              									brauchen. Eine ziemlich groſse Schwierigkeit bot zu Anfang die Regelung des
                              									Theerzuflusses, erst als Wright besonders gefertigte
                              									Hähne anwandte, war es ihm möglich dieselbe völlig zu überwinden. Mangelhafter
                              									Luftzug im Ofen gibt sich sofort durch Rauchbildung zu erkennen. Bei starkem Zug
                              									fand Wright bei der Analyse der Verbrennungsgase
                              									durchschnittlich 12,9 Proc. Kohlensäure und 3,9 Proc. Sauerstoff.
                           
                           Wurde jedoch der Luftzug so geregelt, daſs schwacher Rauch entstand, so enthielten
                              									die Verbrennungsgase 16 bis 17 Proc. Kohlensäure und 0,1 bis 1,8 Proc.
                              									Sauerstoff.
                           Wright hat die beschriebene Theerfeuerung namentlich bei
                              									Retortenöfen in Anwendung gebracht. Eine ähnliche Vorrichtung hat er aber auch
                              									versuchsweise zur Dampfkesselfeuerung benutzt und dabei eine sehr vollkommene
                              									Verbrennung erzielt. Da aber die Hitze sehr groſs ist, hält es Wright für angezeigt, die Siederöhren in der Nähe der
                              									Feuerung mit Steinen zu verkleiden; soll jedoch Theer für längere Zeit als
                              									Brennstoff verwendet werden, so wird man am besten thun wenn man die Feuerung
                              									auſserhalb des Kessels und zwar aus feuerfestem Material anlegt.
                           
                              P.
                                    											Naef.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
