| Titel: | Die Fortschritte der chemischen Technologie der Textilfasern im ersten Halbjahr 1887; von Dr. Otto N. Witt. | 
| Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 135 | 
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                        Die Fortschritte der chemischen Technologie der
                           								Textilfasern im ersten Halbjahr 1887; von Dr. Otto N. Witt.
                        (Vgl. den Bericht B. 264 S. 290 und
                           								339.)
                        Witt, über Fortschritte der chemischen Technologie der
                           								Textilfasern.
                        
                     
                        
                           Wie im verflossenen Jahre die indische und Colonialausstellung zu London ein
                              									bedeutungsvolles Ereigniſs auf dem Gebiete der Rohfasern bildete, so haben wir heute
                              									auf dem Gebiete der verarbeiteten Fasern der noch fortdauernden Industrieausstellung
                              									zu Manchester in erster Linie zu gedenken. Hier nimmt, der Oertlichkeit
                              									entsprechend, die Baumwolle in allen Stadien der Verarbeitung, mit den zu ihrer
                              									Veredelung erforderlichen Hilfsmitteln die erste Stellung ein. Zahllos sind die
                              									verschiedenen Neuerungen an Spinn- und Webemaschinen, auf welche in diesem
                              									chemischen Berichte einzugehen, nicht die Stelle ist. Dagegen kann ich nicht umhin,
                              									der neuen zehnfarbigen Walzendruckmaschine zu gedenken, welche von der bekannten
                              									Firma Mather and Platt in Salford bei Manchester für
                              									die Rossendale Printing Company gebaut worden ist und
                              									durch einen Elektromotor betrieben wird. Die wichtigste Neuerung an dieser Maschine
                              									aber ist die Construction der Trockenvorrichtung für den gedruckten Stoff, durch
                              									welche einerseits der zur Heizung dienende Dampf weit besser ausgenutzt wird als
                              									dies durch die bisher üblichen Systeme vertikaler Trockenplatten geschah,
                              									andererseits aber auch das bisher nothwendige zweite Stockwerk über dem Druckraum in
                              									Wegfall kommt. Auf der neuen Maschine geht der Stoff von der Druckwalze auf ein
                              									System von Trockenplatten, welche im Halbkreis direkt über der Maschine angeordnet
                              									sind und daher kräftiger wirken, als Vertikalplatten. Von den Platten geht der Stoff
                              									auf ein dicht hinter der Maschine angebrachtes System von rotirenden
                              									Trockencylindern, um alsdann vollkommen getrocknet aufgerollt zu werden. Es ist
                              									anzunehmen, daſs die neue Maschine in Folge ihrer Platz- und Dampfersparniſs alsbald
                              									die älteren Systeme verdrängen wird.
                           Die Ausstellung in Manchester bietet auch unseres Wissens zum ersten Male die
                              									Gelegenheit die Zeugdruckerei des Lancashire als Ganzes zu überblicken und mit den
                              									entsprechenden Fabrikdistricten des Continentes zu vergleichen. Im Groſsen und
                              									Ganzen ergibt sich dabei, daſs das Lancashire einfachere und weniger künstlerische
                              									Erzeugnisse liefert als das Elsaſs, dabei aber auch billiger und rascher arbeitet.
                              									In fast allen Fabriken finden wir die Vorrichtungen zum continuirlichen Betrieb des
                              									Dämpfens der Gewebe; es wird durch dieselben auſserordentlich an Zeit, Dampf und
                              									Handarbeit gespart und eine groſse Gleichmäſsigkeit in der Fabrikation erzielt. Der
                              									im Elsaſs kaum mehr, in der Schweiz nur noch schwach betriebene Aetzdruck auf
                              									türkischroth gefärbten Geweben wird in England noch immer in groſsartigem Maſsstabe
                              									ausgeübt, weil England in Indien einen groſsen Markt für derartige Waaren besitzt.
                              									Das zu diesem Verfahren nothwendige Türkischroth wird Dach Methoden erzeugt,
                              									welche rationelle Vereinfachungen des alten, umständlichen Türkischrothprozesses
                              									sind und von denen namentlich das Steiner'sche
                              									Verfahren vorzügliche Resultate liefert. Dieses Verfahren ersetzt die früher
                              									übliche, oft wiederholte Behandlung des Stoffes mit einer Emulsion von Oel in
                              									Sodalösung (die sogen. „Weiſsbeizen“) durch ein einmaliges Klotzen des vorher
                              									sorgsam gebleichten Stoffes in auf 110° erhitztem, reinem Oel. Der so behandelte
                              									Stoff wird in passend construirten Hängen während zwei Stunden auf 70° erhitzt, dann
                              									mehrmals in schwacher Sodalösung geklotzt und nach jedem Klotzen zwei Stunden lang
                              									bei 75 bis 77° getrocknet. Nach siebenmaliger Wiederholung dieses Verfahrens wird
                              									der Stoff in lauwarmer Sodalösung und schlieſslich in Wasser gewaschen, und dann in
                              									gewöhnlicher Weise gebeizt und in Alizarin ausgefärbt. Durch dieses Verfahren wird
                              									die sonst 7 bis 8 Wochen erfordernde Weiſsbeize des Gewebes auf wenige Tage
                              									abgekürzt, der Stoff geschont und ein Roth erzielt, welches an Tiefe und Feuer
                              									selbst das allerbeste alte Türkischroth bei weitem übertrifft.
                           Die altbekannte Erfahrung, daſs nur gewisse Sorten von künstlichem Alizarin sich zur
                              									Erzeugung eines ätzbaren Türkischroth eignen, ist von Steiner wissenschaftlich erklärt worden und wird auf der Ausstellung durch
                              									sehr schöne Probefärbungen veranschaulicht. Es hat sich gezeigt, daſs reines
                              									Alizarin von einer alkalisch reagirenden Chlorkalkküpe gar nicht angegriffen wird,
                              									während Flavopurpurin und Anthrapurpurin durch dieselbe sehr erheblich leiden. Für
                              									den Aetzdruck ist daher ausschlieſslich nur solches Türkischroth verwendbar, welches
                              									mit absolut reinem Alizarin gefärbt wurde.
                           Von groſsem Interesse sind ferner die ebenfalls auf der Ausstellung veranschaulichten
                              									Untersuchungen des Herrn Joseph Barnes, Chemiker der
                              									Herren Kearns, Allan und Comp. in Baxenden bei
                              									Accrington, über welche bisher nur unvollständige Nachrichten veröffentlicht worden
                              									sind (Journal of the Society of Chemical Industry, 1885
                              									Bd. 4 S. 310). Diese Untersuchungen beziehen sich auf die Rolle, welche die
                              									Titansäure als Beize spielen kann. Die Versuche wurden so angestellt, daſs mit
                              									Türkischrothöl imprägnirtes Garn mit einer wässerigen Lösung von Titanchlorid von
                              									1,050 spec. Gew. imprägnirt und dann in Wasser gespült, getrocknet und mit den
                              									verschiedensten Farbstoffen ausgefärbt wurde. Die erzielten Färbungen sind den mit
                              									Thonerde erhaltenen ziemlich ähnlich und vertragen kochendes Seifen. Derselbe
                              									Chemiker hat auch die Uransalze auf ihre Wirksamkeit als Beizen untersucht und
                              									gefunden, daſs dieselben Töne liefern, welche zwischen Eisen- und Chrombeizen etwa
                              									die Mitte halten.
                           Sehr groſs ist die Zahl der auf der Ausstellung in Manchester gezeigten Farbstoffe
                              									und Beizen. Unter den letzteren sind namentlich auſserordentlich schönes Chromacetat
                              									in fester Form und vorzügliche Chrombeizen der Firma Hohenhausen
                                 										und Comp. in Manchester sehr bemerkenswerth. Eine wirklich bequeme
                              									Chrombeize ist bekanntlich noch immer ein Desideratum.
                           Zu sehr groſser Vollkommenheit ist die Fabrikation einiger dem Färber und Drucker
                              									sehr wichtiger Salze gediehen, welche noch vor Kurzem in reinem Zustande nur schwer
                              									zu beschaffen waren. Es sind dies das Natriumbichromat, das Bariumchlorat und das
                              									Natriumchlorat. Alle diese Salze werden jetzt von mehreren Firmen in England in
                              									reinem Zustande erzeugt, und befanden sich in groſsen Mengen und in überraschend
                              									schöner Form auf der Ausstellung in Manchester.
                           Die auf der indischen und Colonialausstellung in London angeregte Frage nach
                              									verbesserten Methoden zur Gewinnung der echten und neuen Quellen für wilde Seiden
                              									hat in Manchester aufs Neue die regste Theilnahme gefunden und bemerkenswerthe
                              									Fortschritte zu Wege gebracht. Eine der wichtigsten Neuerungen auf diesem Gebiete
                              									ist die automatische Seidenhaspelmaschine von Serrel,
                              									welche ein vollkommen neues Prinzip in die Grègefabrikation einführt. Während alle
                              									älteren Haspelmaschinen stets eine bestimmte Anzahl von Cocons abspinnen und die
                              									Einschaltung neuer Cocons an Stelle der abgesponnenen durch Handarbeit erfordern,
                              									besorgt die neue Maschine nicht nur diese Einschaltung selbstthätig, sondern sie
                              									legt von vornherein die Dicke des zu erzeugenden Grègefadens als Maſs zu Grunde und
                              									verarbeitet stets die dieser Dicke entsprechende Menge von Cocons. Es wird auf diese
                              									Weise eine vollkommene Gleichmäſsigkeit des Grègefadens erzielt, was früher bei der
                              									variablen Dicke der einzelnen Coconfäden nicht möglich war. Der Mechanismus der
                              									neuen Maschine ist ein verhältniſsmäſsig einfacher und beruht auf einer sinnreichen
                              									Verwendung elektromagnetischer Vorrichtungen sowie auf einer continuirlichen Messung
                              									der Elasticität des erzeugten Grègefadens, welche, wie der Erfinder gefunden hat,
                              									der Dicke des Fadens genau proportional ist. Die bei der Elasticitätsmessung
                              									entwickelte Kraft wird dann sofort zur Auslösung elektrischer Contacte und durch
                              									diese zur automatischen Zuführung der erforderlichen Cocons verwerthet.
                           Im Capitel der wilden Seiden ist ein Fortschritt zu verzeichnen, indem es gelungen
                              									ist, aus den Cocons von Gricula trifenestrata eine
                              									vorzügliche Faser durch Karden und Kämmen zu gewinnen. Der genannte Seidenspinner
                              									lebt in ungeheuren Mengen in gewissen, namentlich den heiſsesten Theilen Indiens.
                              									Seine gesellig lebende Raupe ist eine Plage der Mangoplantagen, während die
                              									ebenfalls gesellig gesponnenen Cocons in Gebilden von der Form und Gröſse einer
                              									Gurke an den Bäumen hängen und leicht eingesammelt werden können. Da das Thier im
                              									Stande ist, in einem Jahre 8 bis 12 Generationen zu erleben, so ist es äuſserst
                              									productiv und die jetzt gelungene Gewinnung seiner Faser bedeutet daher die
                              									Erschlieſsung einer neuen und überziehen Seidenquelle.
                           
                           Wie auf der Colonialausstellung, so waren auch in Manchester die wichtigsten wilden
                              									Seidenspinner lebend in sehr instructiver Weise ausgestellt. Es befanden sich unter
                              									denselben einige, welche nicht nur als Seidenproducenten, sondern sogar in
                              									wissenschaftlicher Beziehung neu sind. Von diesen sei hier nur derjenige erwähnt,
                              									welcher in Assam auf der Theepflanze vorkommt und langgestreckte, zu je 3 bis 5
                              									vereinigte Cocons erzeugt.
                           Die in Manchester ausgestellte Sammlung von Erzeugnissen der indischen Färberei und
                              									Druckerei bot eine reiche Fülle des Interessanten. Die Färberei geknüpfter und
                              									gebundener Gewebe, welche zu höchst eigenartig gemusterten Producten, den sogen.
                              									echten Bandhanas führt, war hier auf das Vollkommenste erläutert. Als ein in Europa
                              									unerreichbares Product indischer Druckerei muſs ein Schleier aus europäischem Tüll
                              									bezeichnet werden, welcher in grüner und rother Farbe beiderseitig gedruckt ist, so zwar, daſs die eine Seite das complementäre
                              									Spiegelbild der anderen bildet, ohne daſs die Farben irgendwie durchdringen oder
                              									sich stören. Am auffallendsten sind die immer noch unerreichten echten Golddrucke
                              									und Goldgespinnste, welche sowohl in technischer Vollkommenheit als auch in
                              									geschmackvoller Ornamentirung Unglaubliches leisten.
                           Die Literatur des verflossenen Halbjahres hat reiche und schätzenswerthe
                              									Mittheilungen gebracht, deren wichtigste im Nachfolgenden hervorgehoben seien.
                           Das oft bearbeitete Problem der Herstellung einer künstlichen Seide ist von Hilaire de Chardonnet aufs Neue bearbeitet worden. Sein
                              									Verfahren (* D. R. P. Kl. 29 Nr. 38368 vom 20. December 1885) besteht in der
                              									Herstellung eines zähen Pyroxylins, welches durch eine metallene Düse in Wasser
                              									hineingepreſst wird. Der erhaltene dicke Faden wird dann an der Luft weiter
                              									ausgezogen und bildet nach dem Austrocknen und völligen Erstarren die künstliche
                              									Seide. Die nöthige Zähigkeit soll dem Pyroxylin durch Zusatz von alkohollöslichen
                              									Metallchloriden und organischen Basen gegeben werden. Die weitere Entwickelung
                              									dieser im Prinzip correcten Methode bleibt abzuwarten. (Vgl. Chardonnet 1887 264 * 172.)
                           Die schon früher versuchte Methode des Flachsröstens durch Behandlung des
                              									Flachsstrohs mit heiſsem Wasser und überhitztem Wasserdampf ist in Frankreich von
                              										Parsy wieder aufgenommen worden und wird von den
                              									Fachjournalen besprochen (Textile Manufacturer 1887 S.
                              									223). Es bleibt abzuwarten, ob die Methode sich jetzt besser bewährt, als
                              									früher.
                           Der groſse Erfolg der Holzcellulose in der Papierfabrikation hat zu dem Versuche
                              									geführt, aus Fichtenholz auch spinnbare Fasern zu bereiten. Das S. Wolf in Wangen im Allgäu ertheilte D. R. P. Kl. 29
                              									Nr. 39620 vom 6. August 1886 beschreibt die Bereitung einer solchen Faser. Dieselbe
                              									läuft darauf hinaus, daſs die verschiedenen zur Cellulosegewinnung anwendbaren Verfahren auch für
                              									die Gewinnung von Cellulosefaser brauchbar sind, wenn man sie bloſs so lange wirken
                              									läſst, daſs der Zusammenhang des Holzes gelockert, ein vollständiger Zerfall aber
                              									noch nicht eingetreten ist. Die so behandelten Holzblöcke werden gut ausgesüſst und
                              									vorsichtig getrocknet. Nach dem Trocknen lassen sie sich durch Handarbeit oder durch
                              									Reiſswölfe in feine Fasern zertheilen, welche nach den Angaben des Erfinders
                              									spinnbar sind. Die Methode zeigt groſse Analogie mit der Flachsröste, bei welcher ja
                              									die Zersetzung auch nur bis zu dem Punkte getrieben wird, bei dem die Fasern von
                              									einander getrennt, aber noch nicht in ihre letzten Elemente aufgelöst sind. Ein
                              									erfolgreiches Arbeiten des patentirten Verfahrens ist daher keineswegs
                              									ausgeschlossen, obgleich sich zunächst wohl ziemlich bedeutende Schwierigkeiten
                              									ergeben werden.
                           Vollständig zu einzelnen Zellen zerfasertes Holz – Cellulosepapierstoff – findet
                              									jetzt schon in den Textilgewerben Verwendung als Zusatz zu Appreturen, denen dadurch
                              									ein seidenartiger Glanz verliehen wird.
                           Das Deutsche Wollengewerbe (1887 S. 652. 669) behandelt
                              									in einem Engeren Aufsatze die Infectionskrankheiten, denen die Wollsortirer und
                              									andere Arbeiter in Folge ihrer Beschäftigung mit ausländischen Wollen ausgesetzt
                              									sind. Als besonders schädlich erweisen sich die asiatischen Mohairarten, bei deren
                              									Bearbeitung oft sehr bösartige Erkrankungen eintreten. Die Erkrankungen sind nicht
                              									immer auf organisirte Ansteckungsstoffe (Bacillen) zurückzuführen, sondern oft auch
                              									auf im Wollschweiſs selbst enthaltene Gifte, welche durch Wunden und Hautporen in
                              									den Blutkreislauf des Arbeiters gelangen. Als geeignetes Mittel zur Vermeidung
                              									derartiger Ansteckungen wird das Eintauchen der Wollballen in heiſses Wasser, oder
                              									noch sicherer das von Koch, Gaffky und Löffler vorgeschlagene Dämpfen der rohen Wolle
                              									empfohlen. Für letztere Methode werden ähnliche Vorrichtungen empfohlen und
                              									beschrieben, wie dieselben in der Berliner städtischen Desinfectionsanstalt auf den
                              									Vorschlag der genannten Gelehrten eingerichtet worden sind und sich bewährt
                              									haben.
                           Das Bestreben, nicht nur schöne, sondern auch echte Färbungen zu erzielen, hat zur
                              									Anwendung des Alizarins und seiner Verwandten in der Wollfärberei geführt, ein
                              									Fortschritt, über den ich in meinem ätzten Ueberblicke berichtete. Die gleiche
                              									Neuerung vollzieht sich jetzt in der Seidenfärberei. Nach einer Mittheilung von Martinon in der Industrie
                                 										Textile Februar 1887 werden schön violette Töne auf Seide erhalten, wenn
                              									man dieselbe mit Eisennitrat (15 bis 20° B.) beizt, wäscht und seift und dann in
                              									Alizarin kochend ausfärbt. 5 bis 10 Proc. Alizarin vom Gewicht der Seide sind für
                              									helle Töne erforderlich, während für tiefe Töne 25 bis 35 Proc. Alizarin angewandt
                              									werden müssen. Als Färbebad verwendet man zweckmäſsig gebrochene Seife. Für Roth
                              									wird die Seide mit Thonerde durch 15 bis 20stündiges Verweilen in einer Alaunlösung
                              									von 4 bis 6° B. gebeizt und gut in reinem Wasser oder einer Wasserglaslösung von
                              									½° B. gespült. Verwendet man statt des Alizarins Alizarin-Orange, so erhält man auf
                              									Thonerdebeize schöne Orangetöne, auf Eisen ein Rothviolett. Mit Chrom kann Seide
                              									gebeizt werden, wenn man sie in einer kalten Lösung von Chromchlorid von 15 bis 20°
                              									B. längere Zeit verweilen läſst und dann gut spült. So gebeizte Seide färbt sich
                              									echt und schön mit Alizarinblau, Alizarinbraun (Anthragallol), Coerulëin und
                              									Galloflavin, welche alle bereits ausgedehnte Verwendung in der Seidenfärberei
                              									finden.
                           In der Cichorienwurzel will M. Moyret einen neuen
                              									werthvollen braunen Farbstoff entdeckt haben (Textil
                                 										Manufacturer 1887 S. 132). Die Verwendung dieser Wurzel als Färbematerial
                              									wäre ihrer jetzigen Verwendung jedenfalls vorzuziehen.
                           Auf dem auſserordentlich schwierigen Gebiete der Souplefärberei wird jede Publication
                              									mit Freude begrüſst. Eine solche verdanken wir Giuseppe
                                 										Gianoli, welcher die Schwarzfärberei der Soupleseide in der italienischen
                              									Zeitung „L'Industria“ beschrieb.
                           Bekanntlich werden Souples tadellos schwarz nur in St. Chamond bei Lyon gefärbt und
                              									trotz aller Anstrengungen, welche namentlich die Züricher Fabrikation zur Auffindung
                              									eines zuverlässigen Verfahrens in dieser Richtung gemacht hat, ist die Frage noch
                              									nicht endgültig gelöst, obgleich das Verfahren, welches auch in St. Chamond benutzt
                              									wird, ziemlich genau bekannt ist. Dasselbe besteht darin, daſs man die passend
                              									vorbehandelte Seide in schwach alkalischem Wasser wäscht, dann in salpetersaurem
                              									Eisen bei gewöhnlicher Temperatur mit Eisenoxyd belädt, wäscht und in
                              									Ferrocyankalium blau färbt. Die Seide wird alsdann mit Gerbstoff beladen, indem man
                              									sie in einer passenden Lösung bei 90 bis 95° hantirt (meist wird zu diesem Zweck
                              									Kastanienholzextract verwendet). Es folgt eine Behandlung mit Zinnsalz zum Zweck der
                              									Fixirung des Gerbstoffes, und schlieſslich ein Blauholzbad. Eine Behandlung mit
                              									Seifenlösung und Oelemulsion und endliches Absäuern vollenden den Prozeſs. Verfasser
                              									hat nun Seide untersucht, welche nach diesem Verfahren einerseits in Italien (a), andererseits in St. Chamond (b) gefärbt war. Bei der Analyse zeigten diese Muster folgenden Gehalt an
                              									Metalloxyden.
                           
                              
                                 
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    b
                                    
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 7,30
                                 8,48
                                 
                              
                                 Zinnoxyd
                                 1,97
                                 2,25
                                 
                              
                                 Kalk
                                 0,73
                                 0,13
                                 
                              
                           Ein wesentlicher Unterschied zeigt sich nur im Kalkgehalt. Dem entspricht denn auch
                              									die Analyse der zum Färben der beiden Muster angewandten Wasser:
                           
                              
                                 
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    b
                                    
                                 
                              
                                 Fester Rückstand
                                 0,2590
                                 0,0379
                                 
                              
                                 Kalk
                                 0,0935
                                 0,0058
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 0,0222
                                 0,0009
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 0,0264
                                 0,0104
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 0,0115
                                 0,0077
                                 
                              
                           
                           Die in St. Chamond gefärbte Seide zeigte sich schon im äuſseren Ansehen weit
                              									glänzender und weicher als die italienische. Bei der mikroskopischen Untersuchung
                              									zeigte sich die französische Seide in sehr gleichmäſsiger Weise gefärbt, während die
                              									italienische mit kleinen Krystallen und anhängenden Fettpartikelchen beladen war.
                              									Die einzige Erklärung, welche Verfasser für diesen Unterschied zu geben vermag, ist
                              									die auffallende Verschiedenheit in der Zusammensetzung des Wassers beider
                              									Färbereien. Verfasser glaubt, daſs der Kalkgehalt des italienischen Wassers ein
                              									egales Auffärben des Schwarz verhindere. – Das weitere Studium dieser hochwichtigen
                              									Frage wird hoffentlich eine Klärung derselben bewirken. (Textile Manufacturer 1887 S.
                                 										78.) (Schluſs folgt.)