| Titel: | Neuerungen und Fortschritte in der Gasindustrie. | 
| Autor: | W. Leybold | 
| Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 327 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Neuerungen und Fortschritte in der
                           								Gasindustrie.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 33 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildung.
                        Neuerungen und Fortschritte in der Glasindustrie.
                        
                     
                        
                           Glashähne mit schräger Bohrung für die Bunte'sche Gasbürette. Es ist in D. p.
                                 										J. 1887 263 * 481 schon mitgetheilt worden, daſs
                              									die Glashähne mit schräger Bohrung von Greiner und
                                 										Friedrichs auch an Gasbüretten Verwendung finden. Ein Vortheil des neuen
                              									Hahnes mit schräger Bohrung bei seiner Benutzung für die Bunte'sche Bürette besteht darin, daſs 3 Bohrungsstellen nicht in eine
                              									Querschnittsebene des Hahnes fallen. Gerade über der Bürette münden zwei Bohrungen,
                              									welche schräg laufen, aber nicht unter dem Trichter stehen. Ein Einsaugen von Wasser
                              									oder Luft durch den Trichter ist also nicht möglich. Der Verschluſs der Bürette,
                              									welcher durch eine Drehung des Hahnes um 90° erfolgt, ist sicherer als an der Bunte'schen Bürette mit gewöhnlichem Hahne, welche
                              									entweder eine Zwischenstellung des Hahnes zwischen den 3 Bohrungen erfordert oder
                              									eine Drehung um 90°, nachdem vorher die seitliche Bohrung in geeigneter Weise
                              									verschlossen wurde. Häufig ist diese erstere Zwischenstellung gar nicht möglich,
                              									wenn nämlich die Hahnbohrungen zu weit oder an den Rändern ausgesplittert sind.
                           Ein Nachtheil der neuen Hähne ist der, daſs die Verbindung zwischen Trichter und dem
                              									auf die Hahnhülse aufgesetzten Endstück fehlt (vgl. Fig. 4 S. 481 Bd. 263); dieselbe
                              									ist unumgänglich nöthig und macht bei dem gewöhnlichen Dreiwegehahn das luftfreie
                              									Ansetzen einer Hempel'schen Gaspipette leicht. Ferner
                              									ist es bei dem Dreiwegehahn mit schräger Bohrung nicht möglich, das Endstück des
                              									Hahnes aus dem Trichter mit Wasser zu füllen, und ebenso wenig läſst sich eine etwa
                              									im Schlauchstück der Hempel'schen Pipette sitzende
                              									Luftblase entfernen.
                           Diese Mängel lassen die Anbringung des Greiner und
                                 										Friedrichs'schen Hahnes an der Bunte'schen
                              									Bürette nicht vortheilhaft erscheinen.
                           Zusammensetzung zweier deutschen Koksofentheere. G.
                                 										Lunge und Jac. Schmid untersuchten Theer aus
                              									den Coppée-Koksöfen der Zeche Germania bei Dortmund, welche nach dem System von Hoffmann und Otto in Dahlhausen betrieben wird, ferner
                              									von der Zeche Hibernia und Shamrock, wo die alten sogen. Bienenkorböfen für das neue
                              									System benutzt werden. Diese Oefen sind muffelartig geschlossen, besitzen Züge unter
                              									ihrer Sohle und werden nur durch diese geheizt; auſserdem sind Regeneratoren in
                              									Verwendung.
                           Es wurden folgende Fractionen abdestillirt:
                           1) Leichtöl bis 170°; 2) Mittelöl bis 230°; 3) Schweröl bis 270°; 4) Anthracenöl bis
                              									zum Schlüsse der Destillation, welche so lange fortgesetzt wurde als noch etwas
                              									abdestillirte. Die Untersuchung der Fractionen ergab folgende Resultate:
                           
                           
                              
                                 
                                 Germania-Theer
                                 Hibernia-Theer
                                 
                              
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 Proc.
                                 
                              
                                 AnilinbenzolSchwere Naphta       Rohnaphtalin aus
                                    											Mittelöl       Rohnaphtalin aus SchwerölInsgesammt
                                    											Naphtalin       Rohphenole aus Leichtöl       Rohphenole aus
                                    											Mittelöl       Rohphenole aus SchwerölInsgesammt
                                    											RohphenoleAnthracen, berechnet als 33procentige WaareKreosotöl =
                                    											Mittelöl + Schweröl – Phenole und    NaphtalinAnthracenöl,
                                    											filtrirt von AnthracenPech, sehr hartesWasser
                                 4,543,150,251,560,42
                                   1,68  3,64  7,69  2,23  1,59  8,2442,7630,55
                                 1,090,440,284,901,75
                                   1,12  2,06  1,53  6,93  0,7215,6721,9343,41  3,84
                                 
                              
                                 
                                 
                                 98,38
                                 
                                 97,21
                                 
                              
                           Der Theer dieser Coppée-Oefen, nach den Patenten von Hoffmann
                                 										und Otto zur Gewinnung von Nebenproducten umgeändert, erweist sich hiernach
                              									dem besten Gastheer an Werth mindestens gleichstehend. Das „Anilinbenzol“
                              									enthält reichlich Benzol und ist fast frei von nicht nitrirbaren Oelen. Eine
                              									erhebliche, aber zu Gunsten des Kokstheeres gegenüber den, Gastheer sprechende
                              									Abweichung liegt nur darin, daſs weit weniger Kreosotöl und hartes Pech als
                              									Anthracenöl vorhanden ist, welches etztere ausgedehnte Verwendung zu Imprägnir- und
                              									Schmierzwecken findet und auch mit dem harten Pech zusammen zu weichem Pech, Firniſs
                              									u. dgl. verarbeitet werden kann.
                           Weniger werthvoll ist der Hibernia-Theer aus der Hibernia- und Shamrock-Gewerkschaft,
                              									welcher aus von auſsen geheizten Bienenkorböten des Systems Otto stammt; er enthält auffällig geringe Mengen Naphtalin, aber eine
                              									groſse Menge Phenole. Ein Nachtheil ist die schwierige Entwässerung; doch ist der
                              									Theer immerhin so werthvoll wie Gastheer (nach Chemische
                                 										Industrie, 1887 Bd. 10 S. 337).
                           Das Journal für Gasbeleuchtung, 1887 Bd. 30 S. 950
                              									bespricht kurz einen Vortrag von Krämer auf der
                              									Hamburger Versammlung des deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern über Theerverwerthung. Der Vortragende gibt zunächst eine
                              									klare Darlegung der Eigenschaften dieses Nebenproductes, um dann auf die
                              									Beurtheilung des Werthes und der Zukunft des Theeres überzugehen. Für die Gestaltung
                              									dieser Zukunft halt Krämer die Mitwirkung der
                              									Gasanstalten für besonders wichtig und gibt verschiedene werthvolle Anregungen. In
                              									der gegenwärtigen Zeit, wo man den Theer entweder verbrennen oder kaum zum Heizwerth
                              									verkaufen muſs, ist der Vorschlag wohl der Beachtung werth, den dicken, für die
                              									Destillation wertlosen Hydrauliktheer von den später condensirten, werthvollen Oelen
                              									getrennt aufzufangen, den ersteren zu verheizen, eventuell mitzuverkoken, die
                              									letzteren zu verkaufen. Dieser Weg, einen werthvolleren Theer zu erlangen, bietet gerade
                              									praktisch keine besonderen Hindernisse, wenn er sich nur finanziell lohnend erweist.
                              									Der Verbrennung dicken Theeres stellten sich bisher allerdings Doch bedeutende
                              									Schwierigkeiten entgegen, doch sollen nach Mittheilungen von L. Körting Retortenöfen jeder Construction ohne besondere Umstände für
                              									Theerfeuerung eingerichtet werden können, so daſs ein Zwang, den Theer um jeden
                              									Preis abzugeben, nicht besteht.
                           Auch die Theervergasung ist in neuerer Zeit schon vielfach wieder erörtert worden.
                              										Bäcker in Budweis will aus 100k Theer 50 bis 60cbm Gas von etwa 30 Kerzen Leuchtkraft erhalten haben, bei Zusatz von Kalk
                              									sogar 100cbm. Es mag sein, daſs dieses Ergebniſs
                              									in Budweis erreicht wurde, doch kann man daraus nicht den Schluſs ziehen, daſs in
                              									anderen Gasanstalten ähnliche Erfolge erzielt werden. Krämer tritt mit Recht dem Satz entgegen: „Theer ist Theer.“ Die
                              									Qualität der verwendeten Kohle sowohl, wie die Art der Destillation, namentlich die
                              									Temperatur der Oefen, sind von durchgreifendem Einfluſs auf die Beschaffenheit des
                              									Theeres, und gerade die in neuerer Zeit mit Einführung der Gasfeuerung allgemein
                              									angewendeten höheren Destillationstemperaturen haben auf die Beschaffenheit des
                              									Theeres nachtheilig eingewirkt. Es ist auſser Zweifel, daſs eine Gasanstalt, die aus
                              									ihrem Theer noch mit Vortheil Gas von hoher Leuchtkraft producirt, die erste
                              									Destillation der Kohlen nicht in richtiger Weise geleitet hat, denn sie läſst bei zu
                              									niedriger Temperatur der Oefen oder aus anderen Gründen einen groſsen Theil der
                              									werthvollen Bestandtheile im Theer, welche erst hinterher durch eine zweite
                              									Destillation des Theeres gewonnen werden Müssen.
                           Würde es sich um Theere handeln, welche bei niederer Temperatur entstanden sind, wie
                              									etwa die Schweelöle aus den Braunkohlen der Thüringer Paraffinfabriken, so ist
                              									bekannt, daſs die daraus abgeschiedenen Gasöle bei höherer Vergasungstemperatur ein
                              									auſserordentlich leuchtkräftiges Gas, etwa in der Menge und Qualität wie oben
                              									angeführt, liefern, ohne weitere Beimischung von Kalk oder Koksstaub, die auf den
                              									eigentlichen Leuchtgasbildungsprozeſs ohne Einfluſs sind. Krämer spricht entgegen den Angaben von Bäcker dem Theer der Gasanstalten die Aussicht auf zweckmäſsige Verwendung
                              									zur Leuchtgasgewinnung ab; für manche Fälle mag es jedoch von Werth sein, die
                              									Verwendung des Theeres oder Theerpeches zur Verkokung magerer Kohlen oder Koks- und
                              									Kohlenstaub weiter zu verfolgen.
                           Regenerativ-Lampen, System „Wenham“ und System
                                 											„Grégoire und Godde“. M. Goindet bespricht (Bulletin de la Société industrielle de Rouen, 1887 S.
                              									209) die Ursachen, welche zur Construction kräftiger Gasbrenner (becs intensifs)
                              									führten, schlieſst daran eine historische Skizze ihrer Entwickelung, worin er die
                              									erste Regenerativlampe (M. Causenot, 1845) erwähnt, und
                              									den Grund, warum selbe sich nicht einbürgern konnte, in dem damaligen Mangel des
                              									Bedürfnisses nach „mehr Licht“: zu finden
                              									glaubt. Im Weiteren führt er den Siemens'schen Brenner
                              									an und bespricht dessen Construction, sowie die damit erreichten Resultate recht
                              									ausführlich, fügt daran die Namen von Brennern neuerer Einrichtung, welche den
                              									Vortheil gegenüber dem Siemens'schen Brenner besitzen.,
                              									daſs durch Anbringung des Regenerators oberhalb der Flamme der groſse intensive
                              									Schatten unterhalb der Lampe beseitigt wurde, und geht schlieſslich zur Besprechung
                              									der Einrichtung der beiden erwähnten Lampensysteme und der mit diesen Lampen
                              									durchgeführten photometrischen Versuche über. – Diesem ausgedehnten Berichte seien
                              									nur folgende wenige Zahlen entnommen, welche Aufschluſs über den relativen Werth
                              									einiger bekannteren Brenner geben.
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 Aufwand von Leuchtgas in der Stunde
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 für 1 Carcellampe1 Carcel = 9,82 Vereinskerzen bei 50mm Flammenhöhe nach Schilling.
                                 für 1 Vereinskerze
                                 
                              
                                 Brenner
                                 
                                    Bengel
                                    
                                 
                                 1051
                                 10l,7
                                 
                              
                                 „
                                 
                                    Gautier, Mallet
                                    
                                 
                                  85l
                                   8l,6
                                 
                              
                                 „
                                 
                                    Siemens
                                    
                                 
                                    42l,5
                                   4l,3
                                 
                              
                                 „„
                                 
                                    Wenham
                                    
                                    Grégoire und Godde
                                    
                                 ohneReflector
                                 40l40l
                                   4l,1  4l,1
                                 
                              
                                 „„
                                 
                                    Wenham
                                    
                                    Grégoire und Godde
                                    
                                 mitReflector
                                    27l,7  
                                    												27l,7
                                   2l,8  2l,8
                                 
                              
                           Im Niederrheinischen Bezirks-Ingenieurverein hielt Neuhaus einen interessanten Vortrag über das Beladen von Schiffen bezieh.
                              									Entladen von Waggons mit Kohle in England. Es sind die dort gemachten Erfahrungen
                              									von Wichtigkeit z.B. für Gasfabriken, welche oft kolossale Kohlenlager anhäufen
                              									müssen, ohne hierzu geeignete Ausladevorrichtungen zu besitzen, sondern sich mit
                              									Austragen der Kohle in Körben behelfen müssen; ferner für die groſsen Kesselhäuser,
                              									welche ebenfalls riesige Quantitäten von Kohle verbrauchen.
                           Optisches Flammenmaſs für die Amylacetatlampe. H. Krüss
                              									bringt das von ihm construirte optische Flammenmaſs in verkleinertem Maſsstabe an
                              									der Amylacetatlampe an, um das Einstellen auf die richtige Flammenhöhe von 40mm zu erleichtern.
                           Bedeutend verbessert war die Einstellung schon durch den von Buhe angegebenen Schirm, welcher den gröſsten Theil der Flamme abblendet
                              									und nur einige Millimeter der Spitze sichtbar läſst. Die Krüss'sche Einrichtung läſst sich auch nachträglich leicht an jeder
                              									Amylacetatlampe anbringen.
                           Ein an der Seite aufgeschnittenes und dadurch etwas federndes Rohr a wird über den unteren Theil der Lampe geschoben. An
                              									der anderen Seite trägt es eine Verlängerung b von der
                              									Breite des Buhe'schen Schirmes, welcher auch hier zur
                              									Abblendung der Flamme dient. In das obere Ende dieses Schirmes ist ein kurzes Rohr
                              										c befestigt, in welchem sich ein zweites Rohr d schiebt. An dem vorderen Ende ist eine achromatische
                              									Linse l angebracht, an dem hinteren eine matte
                              									Glasplatte 
                              									p mit einer Millimetertheilung. Der mittlere Strich
                              									dieser Theilung liegt in der optischen Achse ef dieser
                              									Linse, und auſserdem hat diese Achse einen Abstand von 40mm über dem obersten Rand des Dochtröhrchens der
                              									Lampe.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 266, S. 331
                              
                           Das Rohr d wird in dem äuſseren Rohr c so verschoben, daſs das Bild e der Flammenspitze f scharf auf der matten
                              									Glasplatte p eingestellt ist; in dieser Stellung können
                              									diese beiden Röhren durch eine Schraube gegen einander befestigt werden. Die
                              									Flammenhöhe wird dann so regulirt, daſs die Spitze des Flammenbildes gerade den
                              									40-Strich der Theilung berührt. Diese Einstellung ist eine sehr sichere und
                              									angenehme;
                           Parallaxe ist ausgeschlossen, da das zu messende Bild und der Maſsstab in einer und
                              									derselben Ebene liegen. (Nach dem Journal für
                                 										Gasbeleuchtung, 1887 Bd. 30 S. 817; vgl. auch 1884 252 474.)
                           Neuhaus besprach die an der Tyne vielfach benutzten
                              									Ausladevorrichtungen, mit welchen es möglich ist, Dampfer von 800 bis 1000t Tragfähigkeit in der kurzen Zeit von etwa 4
                              									Stunden vollständig zu beiden. Man benutzt hierzu fast allgemein Eisenbahnwagen mit
                              									unteren Fallthüren, bei deren Oeffnung der ganze Inhalt fast auf einmal zur
                              									Entleerung gelangt. Eine Fallthüre haben die Waggons
                              									von etwa 4t Inhalt, gröſsere von 6 bis 8t haben deren 2; am häufigsten jedoch sind
                              									Doppelwaggons von 10 bis 10t,5 Inhalt mit 4
                              									unteren Fallthüren, welche in der Mitte unten am Wagen ihre Drehachsen haben. Jede
                              									Thür ist vorn mit 2 Charnierverschlüssen versehen, welche durch Stifte gesichert
                              									werden; letztere sind an Kettchen befestigt, damit sie nicht verloren gehen.
                           Die zum Verladen bestimmten Kohlen werden in diesen Wagen durch eine Locomotive bis
                              									an die Verladestation herangebracht, wobei die Bahn für die vollen Wagen so angelegt
                              									ist, daſs sie Fall nach der Verladestation hat, die Wagen also von selbst dahin laufen
                              									können, während die leeren Wagen auf einem zweiten Geleise, welches auf der ganzen
                              									Strecke nach der entgegengesetzten Richtung Fall hat, sich sammeln und von einer
                              									Locomotive weggezogen werden. Da die Zu- und Abführgeleise für Locomotivbetrieb bis
                              									dicht an die Verladestation heranreichen, so sind zum Bewegen des Wagens keine
                              									Pferde u. dgl. nöthig.
                           Die Verladestation besteht aus einem schmalen, langen, gewöhnlich aus Holz gebauten,
                              									ziemlich hohen Gerüste, welches in das Dock, in dem die Schiffe anlegen,
                              									hineinreicht, und zwar ist die Länge des Gerüstes im Bassin so bemessen, daſs die zu
                              									befrachtenden gröſsten Schiffe der Länge nach anlegen können. Auf dem Gerüste sind
                              									die Geleise angebracht; das Geleise für die ankommenden Wagen liegt etwas höher als
                              									das für die abgehenden, und es führen von ersterem nach letzterem Weichen. Auf
                              									beiden Seiten des Gerüstes befinden sich, den Ladeluken der Schiffe entsprechend, 2
                              									oder 3 Schurren oder Tröge für die Kohlenverladung, welche mit dem in der Mitte
                              									unter dem Geleise für leere Wagen angebrachten groſsen Trichter in Verbindung
                              									stehen; dieser ist so groſs bemessen, daſs ein gleichzeitiges Entleeren zweier Wagen
                              									möglich ist. Der Boden des Trichters wird von einer drehbaren Klappe gebildet,
                              									welche es ermöglicht, die Kohlen nach rechts oder links gleiten zu lassen. Da wegen
                              									des groſsen Tiefganges der Schiffe deren Höhenlage zum Gerüste eine sehr
                              									veränderliche ist, so bringt man rechts und links von dem Kohlentrichter noch einen
                              									tieferen Trichter an, welcher ebenfalls mit einer drehbaren Bodenklappe und
                              									seitlichen Ladeschurren versehen ist. Die Verbindung der Gerüstschurre mit dem
                              									Laderaum des Schiffes erfolgt durch einen langen viereckigen Trog aus Eisenblech,
                              									welcher an Ketten aufgehängt ist und durch Windevorrichtungen in eine bestimmte
                              									Neigung gebracht werden kann. Je nach der Höhenlage des Schiffes wird der Trog mit
                              									der oberen oder unteren Schurre verbunden, und seine Länge ist so bemessen, daſs das
                              									äuſsere Ende sich gerade über der Ladeluke des Schiffes befindet. Am Ende des Troges
                              									ist eine Klappe angebracht, welche oben ihren Drehpunkt hat und mittels Kette und
                              									Windewerkes mit Handrad vom Gerüst aus gezogen werden kann.
                           Das Verladen der Kohlen geht folgendermaſsen von statten: Die von der Locomotive
                              									herbeigebrachten vollen Wagen werden von einem Arbeiter in Gruppen von 4 oder 5
                              									Wagen, welche zusammengekuppelt bleiben und mit einem Bremswagen versehen sind, auf
                              									dem fallenden Geleise nach dem Geleise für leere Wagen gefahren; da die hierbei zu
                              									passirende Weiche viel Fall hat, so laufen die Wagen auf dem steigenden Geleise bis
                              									ans Ende und werden dort gebremst. Die Arbeiter, welche das Entleeren der Wagen
                              									vornehmen, stehen auf beiden Seiten der Ladetrichter und schlagen schon beim
                              									Vorbeirollen der Wagen die Sicherheitszapfen der Verschlüsse heraus, so daſs sie jetzt, wenn nach dem
                              									Losen der Bremse die Wagen über die Trichter von selbst zurückfahren, den Charnieren
                              									nur einen Ruck zu geben haben, um das Oeffnen der Fallthüren zu bewirken, worauf
                              									alsdann der ganze Inhalt des Wagens sich nach unten entleert. Damit keine
                              									Kohlenstücke sitzen bleiben, schlagen die Arbeiter mit groſsen Holzhämmern einigemal
                              									gegen die Wagenwandungen, worauf auch die letzten Kohlenreste aus den Wagen
                              									herausfallen. Die Fallthüren werden wieder zugemacht, die Wagen fahren weiter, es
                              									wird der folgende entleert u.s.w.
                           Beim Anhalten der vollen Wagen über dem Ladetrichter gebraucht man nicht die
                              									Wagenbremse, sondern einer der Arbeiter bedient sich eines Holzkeiles mit Griff, den
                              									er auf die Schienen legt, damit die Wagen an der richtigen Stelle anhalten. Nach dem
                              									Wegnehmen des Holzkeiles rollen alsdann die Wagen weiter, und wenn sich der nächste
                              									über dem Trichter befindet, so erfolgt das Anhalten wie vorhin. Die in den Trichter
                              									fallenden Kohlen gelangen in den langen eisernen Trog, welcher nach dem Schiffe
                              									führt; damit sie nicht mit zu groſser Wucht ins Schiff hineinfallen, hält man
                              									vermittels der oberen Stellvorrichtung mit Handrad die Klappe am Troge so lange zu,
                              									bis dieser ganz gefüllt ist. Die Neigung des Troges ist nämlich so zu bemessen, daſs
                              									die Kohlen darin sich nur bis zu einer gewissen Schichthöhe anhäufen, während die
                              									Seitenwände des Troges höher sind als diese Schicht, so daſs keine Kohlen seitlich
                              									ins Wasser fallen können. Wenn nun der Trog ganz mit Kohlen gefüllt ist und oben
                              									noch mehr Wagen entleert werden, so öffnet man die Trogklappe ein wenig; dadurch
                              									kommt der ganze Inhalt des Troges langsam ins Rutschen, und man läſst nun durch
                              									Stellung der Klappe unten so viel ins Schiff fallen, wie oben neu hinzukommt. Auf
                              									diese Weise vermeidet man das rasche Stürzen und Zerkleinern der Kohlen.
                           Die zwischen den beiden Geleisen des Gerüstes eingeschaltete Weiche ist gewöhnlich so
                              									eingerichtet, daſs die leeren Wagen frei ablaufen können, während die ankommenden
                              									vollen Wagen die Weichenzungen zur Seite drücken, worauf die Weiche durch ein
                              									Gewicht wieder in ihre ursprüngliche Lage zurückgebracht wird, so daſs keine weitere
                              									Bedienung erforderlich ist. Damit die vollen Wagen nicht nach dem Gerüst rollen
                              									können, ist eine Geleissperrvorrichtung angebracht, aus einem starken Querbalken
                              									bestehend, der durch ein Gewicht quer über eine der Schienen gezogen wird; oben am
                              									Balken befindet sich eine Oese, in die ein Haken eingreift, wodurch der Balken
                              									zurückgehalten wird. Der Haken ist mit einer Zugvorrichtung versehen, welche bis zum
                              									Gerüst hingeht, so daſs man ihn von dort aus auslösen kann, worauf alsdann das
                              									Gewicht den Querbalken über die Schiene zieht. Auf diese Weise können die etwa ins
                              									Rollen kommenden Wagen aus einiger Entfernung aufgehalten werden.
                           
                           Mit diesen Einrichtungen ist man im Stande, alle fünf Minuten einen Doppelwaggon an
                              									einer der Verladestellen zu entleeren; da gewöhnlich ein Schiff an zwei Stellen
                              									gleichzeitig beladen wird, so ist es, wie schon erwähnt, möglich, einen Dampfer von
                              									800 bis 1000t Ladung in der kurzen Zeit von 4
                              									Stunden mit Kohlen zu befrachten. Die ganze Anlage ist einfach in Bau und Bedienung
                              									und erfordert auſser einem hohen Gerüst keine umständlichen Einrichtungen; dabei
                              									übertrifft sie an Leistung alle anderen Anlagen mit irgend welchen Vorrichtungen zum
                              									Kippen, Heben oder Senken der Wagen.
                           Diese Einfachheit in der Verladung ist aber nur dadurch möglich geworden, daſs man in
                              									England groſse Wagen mit Fallthüren eingeführt hat, während bei uns solche gar nicht
                              									vorhanden sind.
                           Es wäre für unsere Gasfabriken, Kohlenlager, Kesselhäuser sicher eine groſse
                              									Vereinfachung, Ersparniſs an Zeit und Arbeit, wenn solche Wagen zur Verfügung
                              									stünden, zumal die neueren Lagerplätze zwecks einfacheren Ausladens schon vertieft
                              									gebaut sind (nach Zeitschrift des Vereins deutscher
                                       												Ingenieure, 1887 Bd. 31 S. 372).
                           W.
                                 										Leybold.