| Titel: | Neue Lüster und Farben auf Glas; von Richard Zsigmondy. | 
| Autor: | Richard Zsigmondy | 
| Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 364 | 
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                        Neue Lüster und Farben auf Glas; von Richard Zsigmondy.
                        Zsigmondy, über neue Lüster und Farben auf Glas.
                        
                     
                        
                           Seit einiger Zeit kommen aus Frankreich Glasgegenstände in den Handel mit einem
                              									Lüster, der die Lichtstrahlen mit prachtvoll goldigem und silberartigem Metallglanz
                              									zurückwirft, im durchgehenden Lichte betrachtet aber seinen metallischen Charakter
                              									verliert, und dem Glase nur eine gelbe Farbe ertheilt, Andere Gegenstände,
                              									namentlich Lampenschirme, sind mit goldglänzenden Flecken besprengt, die, aus
                              									demselben Lüster bestehend, fast den Eindruck machen, als wären sie mit Glanzgold
                              									hergestellt; während mit Glanzgold vergoldete Gläser aber im durchfallenden Lichte
                              									dunkelgrün, fast schwarz erscheinen, zeigen jene nur intensive Gelbfärbung, lassen
                              									aber sonst das Licht ganz ungeschwächt hindurch.
                           Ein mir zur Untersuchung gesandtes Bruchstück einer derartig gelüsterten Kugel, wurde
                              									der Reihe nach mit kochender Salzsäure, Salpetersäure und schlieſslich mit
                              									Königswasser behandelt, wodurch der Lüster kaum angegriffen wurde, ein Beweis, daſs
                              									man es nicht mit einem dünnen Metallüberzuge zu thun hatte. Da die ursprünglich zur
                              									Verfügung stehende Probe zur Analyse zu klein war, versuchte ich zunächst die von
                              										H. Schwarz1870 197 243. Ueber Glanzgold, Glanzplatin und
                                       												die Lüsterfarben. zur Decoration von Porzellan vorgeschlagenen Lüster; es lag die
                              									Vermuthung nahe, daſs der Eisenlüster, der auf Porzellan goldige Reflexe gibt, auch
                              									auf Glas ähnliche – wenn auch m Anbetracht der Durchsichtigkeit und chemischen
                              									Zusammensetzung des Glases entsprechend modificirte – Erscheinungen hervorrufen
                              									würde.
                           In dieser Richtung auch mit anderen Lüstern angestellte Versuche ergaben nicht den
                              									erwarteten Erfolg. Die Combination von Wismuth-Lüster mit Glanzgold zeigt einen
                              									ebenso schönen kupferartigen Reflex, wie auf Porzellan, hält viel besser als
                              									Glanzgold allein, und zeigt im durchfallenden Lichte schöne rothe und blaue Farben.
                              									Ich bin überzeugt, daſs dieser Lüster, auf Glas passend angebracht, eine ganz schöne
                              									Decoration abgeben könnte.
                           
                           Da mir unterdessen eine gröſsere Probe des französischen Lüsters zur Untersuchung
                              									zugestellt worden war, konnte mit der Analyse begonnen werden.
                           Zu diesem Ende wurde eine auſsen mattirte, innen prachtvoll goldig und bei anderer
                              									Beleuchtung wieder quecksilberartig spiegelnde Glasschale mit verdünnter Fluſssäure
                              									übergössen. Augenblicklich nahm der düster ein anderes Aussehen an, und glich sehr
                              									einem mit Bleiacetat getränkten Papierstreifen, den man noch naſs einer Atmosphäre
                              									von Schwefelwasserstoff ausgesetzt hat. Mit Leichtigkeit läſst sich alles in eine
                              									Platinschale spülen und das Glas erscheint in seiner natürlichen Färbung (schwach
                              									rosa, vom Gold herrührend).
                           Der Inhalt der Platinschale wurde nach dem Verjagen der Fluſssäure qualitativ
                              									analysirt. Es wurden nachgewiesen: Blei, Silber, Arsen, Kalium, Natrium, Spuren von
                              									Calcium. Von diesen Metallen stammten Wahrscheinlich aus dem ungelüsterten Glase:
                              									Blei (das Glas wurde in der nicht leuchtenden Gasflamme sofort schwarz), Arsen,
                              									Kalium, Natrium und Calcium. Dagegen konnte das Silber als wesentlicher Bestandtheil
                              									des Lüsters betrachtet werden, in Anbetracht seiner Eigenschaft, selbst in äuſserst
                              									dünnen Glasschichten gelöst, denselben eine intensive Gelbfärbung zu ertheilen.
                           Wahrscheinlich war ein Silbersalz gemeinsam mit einem Blei- und Eisenlüster auf das
                              									Glas gestrichen, und in der Muffel eingebrannt worden.
                           I. Silberlüster. Für meine Versuche wählte ich, wie es
                              									schon früher Schwarz für Porzellanlüster gethan hatte,
                              									die Resinate der Metalle.
                           1) Bleiresinat, dargestellt durch Zusammenschmelzen von 1 Th. Bleizucker mit 3 Th.
                              									lichtem Colophonium.
                           2) Eisenlüster, durch Fällen von mit Ammoniumcarbonat bis zur Rothfärbung versetztem
                              									Eisenchlorid mit einer Lösung von Harzseife, erhalten durch Verseifen von
                              									Fichtenharz mit Natron oder Kali.
                           3) Wismuthlüster, erhalten durch Zusammenschmelzen von 1 Th. Wismuthsubnitrat mit 6
                              									Th. Harz und Umrühren, bis alles gelöst ist. Zur geschmolzenen Masse werden noch 12
                              									Th. Lavendelöl gesetzt. Das Product ist sofort zur Verwendung geeignet.
                           4) Zur Darstellung von harzsaurem Silber wurde eine Lösung von Silbernitrat mit
                              									Harzseife gefällt. Der Niederschlag wird sehr leicht schleimig, verstopft dann alle
                              									Filterporen, und läſst sich schlecht waschen. Er muſs möglichst vor Einwirkung des
                              									Lichtes geschützt werden, da er sonst in Lavendelöl schwer löslich wird. Auch muſs
                              									er sehr vorsichtig getrocknet werden; etwas über 100° schmilzt er zu einer braunen
                              									Harzmasse zusammen, die ganz unbrauchbar ist. Sämmtliche Resinate erden in
                              									Lavendelöl oder in Terpentinöl gelöst, und sind dann zum Gebrauche fertig.
                           Gleich die ersten Versuche bewiesen die Richtigkeit meiner Voraussetzung; ein Gemenge
                              									von ungefähr gleichen Theilen Blei- und Silberlüster auf ein Glasrohr gestrichen,
                              									oberhalb einer Flamme getrocknet und erhitzt, bis alle organische Substanz verbrannt
                              									war, ertheilte der Glasröhre einen erhöhten Glasglanz, lieſs dieselbe aber farblos.
                              									Einen Augenblick in die Reductionsflamme gesenkt, und sie erschien gelb mit
                              									prächtigem Goldglanz.
                           Weitere Versuche zeigten, daſs der Effect fast auf jeder Glasgattung ein anderer war;
                              									obiges Gemenge erzeugte auf anderen schwer schmelzbaren Röhren einen schönen
                              									Silberglanz, der aber auch das Licht gelb durchlieſs; zur Erzeugung der goldigen
                              									Farbe war ein Zusatz von Eisenlüster oder Kupferlüster (s. weiter unten) nöthig.
                              									Kryolithglas wurde bloſs gelb gefärbt, ohne Metallglanz zu erhalten.
                           Um die praktische Durchführbarkeit des Verfahrens zu prüfen, wurden weitere Versuche
                              									in der kleinen Muffel angestellt. Schirme, Kugeln und andere Glasgegenstände wurden
                              									mit Gemengen der Lüster in verschiedenen Verhältnissen bestrichen, in die Muffel
                              									eingesetzt, und so lange bei Luftzutritt erhitzt, bis alles Harz verbrannt war. Da
                              									reducirende Gase zum Entstehen des Lüsters unbedingt nothwendig sind, wurde nach dem
                              									Verschlieſsen der Muffel durch ein passend angebrachtes Thürchen Stroh in dieselbe
                              									gebracht; dieses verkohlte sofort und die gebildeten Gase brannten beim Schauloch
                              									heraus. Nun wurde das Feuer sistirt, und möglichst rasch abkühlen gelassen. Je nach
                              									der Beschaffenheit des Glases, der Mischung der Lüster und der Behandlung in der
                              									Muffel waren die Resultate ganz verschieden. Einige Versuche gaben nicht den
                              									erwarteten Lüster, andere wieder einen schönen Goldglanz.
                           Im Allgemeinen läſst sich sagen, daſs die günstigsten Bedingungen für das Entstehen
                              									eines schönen Lüsters bei jedem Glase erst besonders ermittelt werden müssen, und
                              									daſs sich keine für alle gültigen Vorschriften geben lassen.
                           Gläser, die vor dem Löthrohr Silberglanz erhielten, bekamen in der Muffel Goldglanz
                              									in Folge der länger dauernden Einwirkung der Hitze. Oft genügt der Silberlüster
                              									allein, oft ist ein Zusatz von Bleilüster nöthig, da das Silber von manchen Gläsern
                              									ohne Zusatz nicht aufgenommen wird. Eine Beimengung von Wismuthlüster erleichtert
                              									sehr das Entstehen eines gleichmäſsigen, stark glänzenden Lüsters, dessen Farbe aber
                              									etwas ins Braune spielt.
                           Da es zur Erzielung schöner Lüster sehr auf die Zeitdauer der Erwärmung und
                              									Abkühlung, ferner auf die Art und Weise der Reduction ankommt (am besten dürfte sich
                              									hierfür eine nicht leuchtende Reductionsflamme eignen, die die Gläser gleichmäſsig
                              									bespült), so wäre wohl ein Ofen, derartig construirt, daſs eine genau regulirbare,
                              									nicht leuchtend Flamme im gegebenen Moment durch den ganzen Ofen streichend, die
                              									Reduction bewirken könnte, mehr zu empfehlen, als die Muffel mit Strohfeuer.
                           Es ist möglich, daſs die Behandlungsweise in Frankreich eine andere ist, daſs die Silbersalze dort
                              									vielleicht schon während der Herstellung der Gläser in der Hütte auf die glühende
                              									Oberfläche derselben gebracht wurden, jedenfalls erhält man nach dem von mir
                              									beschriebenen Verfahren auch ganz schöne Effecte, wenn man sich die Mühe nimmt, die
                              									technischen Schwierigkeiten, die dasselbe bietet, zu überwinden.
                           Vielleicht würde die Schönheit des Lüsters durch ein nachheriges Irisiren nach
                              									gewöhnlichem Verfahren noch erhöht werden.
                           II. Kupferlüster. Fällt man eine Lösung von
                              									Kupfervitriol mit Harzseife, so erhält man einen grünen Niederschlag, der sich
                              									leicht abfiltriren und waschen läſst, und in Lavendelöl mit smaragdgrüner Farbe
                              									löslich ist. Diese Lösung absorbirt bei entsprechender Concentration die ganze blaue
                              									und rothe Seite des Spectrums, so daſs nur die grünen Strahlen rechts und links von
                              									der Linie E mit groſser Helligkeit durchgelassen
                              									werden.
                           Streicht man nun einen Theil dieser Lösung auf eine Glasröhre und hält dieselbe
                              									oberhalb einer Flamme so lange bis alle organische Substanz zersetzt ist, so
                              									erscheint die bestrichene Stelle farblos, aber stärker glänzend als das übrige Glas.
                              									Hält man sie in die Oxydationsflamme, so wird sie gelb glänzend, und erhält gleich
                              									darauf einen schönen kupferartigen Metallglanz; noch schneller erscheint derselbe in
                              									der Reductionsflamme, verschwindet jedoch augenblicklich nach dem Entfernen der
                              									Röhre aus der Flamme. Offenbar wird das Kupfer zuerst als Cuprisilicat in das Glas
                              									aufgenommen, durch die Flamme reducirt, und in der Luft sofort wieder oxydirt und in
                              									Silicat verwandelt.
                           Um den Lüster zu fixiren, muſste die nachträgliche Oxydation hintangehalten werden.
                              									Beim Eintauchen der heiſsen Röhre in Weingeist zersprang diese zwar, war aber
                              									oberflächlich schön verkupfert. Im durchfallenden Lichte erschienen die verkupferten
                              									Stellen schön roth, theilweise auch blau und zwar dort, wo der Lüster am zartesten
                              									aufgetragen war. Dieser Ueberzug war aber in Salpetersäure löslich. Ein zweiter
                              									Versuch wurde durch Erhitzen einer mit Kupferlüster bestrichenen Röhre in
                              									Wasserstoffgas ausgeführt, nachdem die organische Substanz weggeglüht war. Nach dem
                              									Erkalten war das Glas an der Oberfläche kupferglänzend, zeigte auf der Kehrseite
                              									einen prachtvoll Purpurnen Metallglanz, und im durchfallenden Lichte die bekannte
                              									rothe Farbe des Kupferrubins. Salpetersäure griff den Lüster nicht an, derselbe ist
                              									also eine Lösung von metallischem Kupfer im Glase.
                           Ob dieser Lüster in der Glasindustrie Verwendung finden kann, will ich nicht
                              									entscheiden; jedenfalls würde seine Herstellung mit gröſseren technischen
                              									Schwierigkeiten verbunden sein, als die Herstellung eines ähnlichen, fast ebenso
                              									schönen Effectes unter Anwendung von Glanzgold und Wismuthlüster.
                           III. Eigenschaft des Glases, Metalle und Sulfide von Metallen
                                 										unverändert zu lösen. Während der vorangegangene Theil dieser Abhandlung
                              									hauptsächlich für den Praktiker im Glasfache bestimmt war, kann ich nicht umhin auch die
                              									Beobachtungen von wissenschaftlichem Interesse, die ich während meiner Arbeiten über
                              									Glaslüster und Färbungen gemacht habe, hier zu besprechen.
                           Vor Allem interessirte es mich, zu erfahren, worin eigentlich der französische Lüster
                              									dem Wesen nach bestehe; die Vermuthung lag nahe, daſs trotz des Goldglanzes
                              									metallisches Silber als solches im Glase gelöst sei.
                              									Ein prächtig goldglänzender Glasschirm wurde mit Fluſssäure, die absichtlich so weit
                              									verdünnt wurde, daſs sie molekulares Silber kaum mehr angriff, überschüttet. Sofort
                              									zeigte sich die schon oben beschriebene Veränderung, und der Ueberzug lieſs sich in
                              									Form von kleinen, metallisch wie Eisen glänzenden Flitterchen in die Platinschale
                              									spülen. Es wurde noch weiter mit Wasser verdünnt, und rasch filtrirt; nach dem
                              									Waschen und Trocknen war auf dem Filter eine geringe Menge eines schwarzen Pulvers
                              									zurückgeblieben, das vor dem Löthrohre sofort zu einer silberhaltigen Bleikugel
                              									zusammenschmolz.
                           Es war also thatsächlich metallisches Silber und Blei,
                              									das auf der Oberfläche des Glases in dünner Lage, aber concentrirter Lösung diese
                              									prächtigen Reflexe hervorrief. Der goldige Reflex erklärt sich daraus, daſs die
                              									Lichtstrahlen, bevor sie reflectirt werden, bis zu einer gewissen Tiefe in das
                              									silberhaltige Glas eindringen, wobei sie die gelbe Farbe annehmen. Daſs die Metalle
                              									aber wirklich im Glase gelöst seien, und nicht bloſs als Ueberzug die Oberfläche
                              									desselben bedecken, geht aus der vollkommenen Unveränderlichkeit des Lüsters
                              									gegenüber Schwefelammonium und Salpetersäure hervor.
                           Schon Paul Ebell hat in seiner interessanten Abhandlung
                              									über „Kupferrubin und die verwandten Gattungen von Glas“1874 213 53, 131, 212, 321, 401 und 497. den Nachweis geliefert, daſs sich Metalle unverändert im Glase lösen können.
                              									Unabhängig davon kam ich – wie oben dargethan – durch Analyse zu gleichen Resultaten
                              									– eine unzweideutige Bestätigung der Schlüsse, die Ebell aus seinen schönen Arbeiten auf diesem Gebiete gezogen hat.
                           Während meiner Versuche über Darstellung des Lüsters zeigten sich jedoch
                              									Erscheinungen, die auch die Existenz eines farblosen Silbersilicates im höchsten
                              									Grade wahrscheinlich machen.
                           Streicht man nämlich eine Lösung von harzsaurem Silberoxyd auf eine Glasröhre und
                              									erhitzt allmählich über einer Spiritusflamme, jedoch so, daſs diese die Röhre nicht
                              									bespült, so bemerkt man nach vorübergehender Roth- und Violettfärbung das plötzliche
                              									Auftreten eines Silberspiegels, der das Licht lichtviolett durchgehen läſst; dieser
                              									Spiegel ist ein feiner Ueberzug, keine Lösung im Glase, wie aus seiner Löslichkeit
                              									in Salpetersäure hervorgeht. Wendet man nun das Löthrohr an, und hält die Röhre in
                              									die äuſserste Spitze der Oxydationsflamme oder noch etwas weiter, so verschwindet
                              									das Silber, und die Stelle wird farblos; erst bei Anwendung einer reducirenden Flamme – der innere
                              									Theil der Oxydationsflamme wirkt hier wie bei Bleigläsern und Kupferlüstern
                              									reducirend – entsteht sofort ein in Salpetersäure unlöslicher Metallspiegel, unter
                              									Gelbfärbung des Glases, der aber in der äuſsersten Oxydationsflamme oder davor
                              									wieder sammt der Gelbfärbung zum Verschwinden gebracht werden kann. Von einem nicht
                              									färbenden Zustande des Metalles kann hier nicht die Rede sein, da die Temperaturen
                              									viel zu niedrig sind, um eine Dissociation der Silbermoleküle hervorzurufen. Es
                              									bleibt keine andere Erklärung dieses Verhaltens, als die Annahme, daſs das Silber
                              									oxydirt als Silicat in das Glas eingeht, und erst durch die reducirende Flamme in
                              									metallisches Silber verwandelt wird, eine Abnahme, für die auch das Verhalten des
                              									Silberoxydes zu Borax und Phosphorsalz spricht.
                           Das Glas hat aber auch die Eigenschaft, Sulfide unverändert zu lösen. Die Färbung des
                              									Glases durch Schwefel ist nichts Neues; sie kann wohl nicht gut anders erklärt
                              									werden, als durch die Annahme der Bildung und des Gelöstwerdens von
                              									Schwefelalkalien.
                           Weniger bekannt dürfte aber die Thatsache sein, daſs auch Sulfide der Schwermetalle
                              									sich im Glase unverändert lösen. Es existiren jetzt im Handel schön gelb gefärbte,
                              									durchsichtige Gläser, die meist als Ueberfang auf Kryolithgläsern, mit
                              									Schwefelcadmium gefärbt sind. Die Analyse ergibt 0,36 bis 0,45 Proc. CdS. Daſs die
                              									Färbung wirklich durch Schwefelcadmium und nicht durch das Silicat erfolgt, ergibt
                              									sich schon daraus, daſs das Oxyd für sich dem Glase keine Farbe ertheilt,
                              									andererseits aus der Thatsache, daſs oxydirende Substanzen im Glassatze den
                              									Farbstoff zerstören. Das Glas macht während des Abkühlens dieselben Farbenwandlungen
                              									durch, wie das Cadmiumsulfid. Vorübergehend färbt es sich dabei prachtvoll
                              									carmoisinroth, wird aber bei der Temperatur der Handwärme, oder etwas darüber, schön
                              									gelb. Fast gleichzeitig zeigt sich aber eine Erscheinung, die das Verarbeiten des
                              									Cadmiumglases äuſserst schwierig macht. Es wird nämlich matt, trübe, bekommt
                              									pausende von kleinen Rissen, mit einem Worte es entglast vollständig, behält dabei
                              									aber seine gelbe Farbe. Namentlich kryolithhaltiges Glas zeigt diese Erscheinung in
                              									besonders hohem Maſse. Von anderen Entglasungen unterscheidet sich die besprochene
                              									hauptsächlich durch das Zerfallen des Glases in kleine Blättchen, eine Erscheinung,
                              									die mit der Adrigen Temperatur, bei der sie eintritt, in Zusammenhang zu stehen
                              									scheint. Fast macht es den Eindruck, als wollte das Cadmiumsulfid noch während des
                              									Kaltwerdens aus dem ihm unbequemen Lösungsmittel ausfallen, eine molekulare
                              									Veränderung, die im hartgewordenen Glase natürlich nicht ohne Aufhebung des
                              									Zusammenhanges vor sich gehen könnte. Es ist der Geschicklichkeit nur weniger
                              									Fabrikanten gelungen, durch passende Veränderung des Glassatzes die Sprödigkeit
                              									dieses Glases so weit zu mildern, daſs es eine Verarbeitung zuläſst.
                           
                           Bei meinen Versuchen über diesen Gegenstand erhielt ich durch Zufall ein Glas, in dem
                              									Schwefelblei gelöst war. Es war fast schwarz, durchscheinend, und dem Zerspringen
                              									noch mehr unterworfen, als das Cadmiumglas.
                           Wenn meine Arbeit über Lüster und Farben auf Glas auch durchaus keinen Anspruch auf
                              									Vollständigkeit erheben kann, so dürfte dieselbe doch nicht ganz ohne Werth für die
                              									Industrie sein, da sie ein Gebiet erschlieſst, das noch mancher Bearbeitung fähig
                              									ist. Es ist nicht ausgeschlossen, daſs andere Metalle, und Combinationen von
                              									Metallen, namentlich solchen, die sich leicht legiren, als Lüster auf Glas gebracht,
                              									noch viel schönere Effecte hervorrufen, als Silber und Blei; es ist höchst
                              									wahrscheinlich, daſs andere Sulfide als die des Cadmiums und Bleies neue, vielleicht
                              									sehr schöne Färbungen im Glase erzeugen.
                           Ueber die besten Mittel, die Sprödigkeit des sulfidhaltigen Glases zu mildern, kann
                              									ich leider eines gegebenen Versprechens wegen nicht berichten.
                           Wien, im November 1887.