| Titel: | Die Fabrikation des Arsensäurefuchsins; von Dr. Otto Mühlhäuser. | 
| Autor: | Otto Mühlhäuser | 
| Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 548 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Die Fabrikation des Arsensäurefuchsins; von Dr.
                           									Otto Mühlhäuser.
                        (Schluſs der Abhandlung S. 503 d. Bd.)
                        Mit Abbildungen auf Tafel 26 und 27.
                        Mühlhäuser, über die Fabrikation des
                           								Arsensäurefuchsins.
                        
                     
                        
                           b) Die Herstellung der
                                 										Rosanilinbase.
                           
                              Geschichtliches.
                              
                           Das Rosanilin wurde erstmals von A. W. HofmannJahresbericht 1862 S. 347. im J. 1862 in reinem Zustande dargestellt und in seinen
                              									Eigenschaften studirt. Die Farbenindustrie zog die Hofmann'schen Beobachtungen zu Nutzen und gründete auf die, wie es
                              									scheint, zuerst von Monnet und Dury1861 159 392. beobachtete Eigenschaft des Rosanilins, sich in Alkalien zu lösen,
                              									ein Verfahren, um das Fuchsin der Schmelze zu entziehen. Diese Methode der
                              									Rosanilingewinnung, welche früher unter dem Namen des basischen Verfahrens in
                              									mehreren Fabriken ausgeübt wurde, ist von Hofmann, Girard
                                 										und de LaireRapports du Jury international de l'exposition de
                                          													Paris de 1867 Bd. 7 S. 244. im J. 1867, später von Girard und de
                                 											LaireTraité des dérivés de la houille p. Girard et de
                                          													Laire 1873 S. 567. im J. 1873 beschrieben worden. Nach diesem Verfahren wird die
                              									gepulverte Rothschmelze in Wasser gekocht, nach Lösung von sämmtlichem Fuchsin mit
                              									einem Ueberschuſs von Kalkmilch versetzt, freies in der Schmelze enthaltenes Anilin
                              									zunächst mit Dampf abgetrieben, das Ganze der Ruhe überlassen, durch ein Filter
                              									decantirt und das Filtrat erkalten gelassen. Beim Erkalten des Filtrates setzen sich
                              									Krystalle von rohem Rosanilin mit ziegelrothem Aeuſseren ab. Die Mutterlauge wird
                              									von Neuem in den Kocher zurückgepumpt und dient zu abermaliger Extraction der Masse,
                              									indem man vorher die zur Lösung von Rosanilin nöthige Menge Kalkmilch zusetzt und
                              									die Operation wiederholt. So kann nach Girard und de
                                 										Laire dieselbe Mutterlauge längere Zeit verwendet werden. Bei dieser
                              									Behandlungsweise wird der Schmelze das Rosanilin unter dem Einfluſs des Alkalis
                              									entzogen und beim Erkalten des Filtrates ausgeschieden. Das Extractions-Rosanilin
                              									wird mit Alkohol gereinigt. Derselbe löst nur das Rosanilin und läſst die in
                              									geringen Mengen vorhandenen Verunreinigungen, die aus Mauvanilin und Chrysanilin
                              									bestehen, ungelöst zurück. Man löst 1 Th. Rohbase in 2 Th. Alkohol auf und filtrirt
                              									direkt in eine Destillationsblase ab. Durch Abtreiben des Alkohols gewinnt man
                              									diesen und die Base in reinem Zustande.
                           Die Extraction des Rosanilins durch Kalkwasser hatte groſse Nachtheile. Das Umkochen
                              									des aus den Farbbasen, aus arsenig- und arsensaurem Kalk bestehenden Conglomerates
                              									war eine höchst lästige und schwer auszuführende Arbeit, die ganze Operation selbst
                              									sehr zeitraubend, wegen der verhältniſsmäſsig geringen Löslichkeit des Rosanilins in
                              									Kalkwasser, welche noch durch die bedeutende Löslichkeit des arsenigsauren Kalkes in
                              									Wasser stark herabgedrückt wird. Man suchte in der Folge diese Uebelstände zu
                              									umgehen, indem man die abgekochte Schmelze nur mit so viel Kalk versetzte, als zur
                              									Ausfällung der Farbstoffe gerade nöthig war, diese von dem abgeschiedenen Arsenit
                              									und Arseniat durch Abschöpfen trennte, in Salzsäure löste und die so erhaltene, zum
                              									gröſsten Theile von Arsensäuren befreite Lösung im geschlossenen Kessel mit
                              									Kalkmilch unter Druck behandelte. Man erhielt so, namentlich als man an Stelle des
                              									Kalkes den Baryt verwendete, eine weit bessere Ausbeute; dennoch konnte das
                              									Verfahren nicht mit den anderen Rothextractionsverfahren concurriren und muſste in
                              									dieser Form als Fuchsinextractionsmethode aufgegeben werden. Da aber das Fuchsin,
                              									wie man es in jener Zeit durch bloſses Umkrystallisiren erhielt, wohl genügend rein
                              									für Färbereizwecke, aber nicht hinreichend rein für die Zwecke der Farbenindustrie
                              									war und man die reine Base zur Herstellung gewisser Rosanilinderivate benöthigte, so
                              									gab man das alte Verfahren nicht ganz auf, sondern änderte es dahin ab, daſs man statt der Schmelze
                              									Fuchsinkrystalle verarbeitete, sonst aber die Extraction in gleicher Weise
                              									ausführte. Man erhielt so die Base in der dem Zwecke entsprechenden reinen Form.
                           Nach Girard und de LaireTraité des dérivés de la houille par Girard et de
                                          													Laire 1873 S. 571. wird das Fuchsin in der nöthigen Menge Wasser gelöst, mit einem
                              									Ueberschuſs von Alkali in Form von Natron, Aetzkalk, Aetzbaryt oder Aetzammoniak
                              									versetzt und die Mischung im geschlossenen Kessel 4 bis 5 Stunden lang auf 2 bis
                              										3at erhitzt. Das heiſse Filtrat läſst beim
                              									Erkalten das Rosanilin auskrystallisiren, dasselbe wird filtrirt, nach dem
                              									Nachwaschen mit Wasser getrocknet und in der verwendungsfähigen Form erhalten.
                           Heute gewinnt man das Rosanilin durch Ausfällen einer reinen Fuchsinlösung mit
                              									Natronlauge. Man löst zu dem Zweck das Fuchsin in einer bestimmten Menge Wasser auf,
                              									versetzt die schwarze Brühe mit der äquivalenten Menge Soda, schäumt das sich
                              									abscheidende aus Chrysanilin und Mauvanilin bestehende Harz ab und zersetzt die
                              									geklärte, alkalische Fuchsinbrühe mit Natron. Das Charakteristische an diesem
                              									Verfahren ist auſser der Art und Weise der Fuchsinreinigung der Umstand, daſs das
                              									Verfahren nicht als selbständiger Betrieb auftritt, sondern dem Fuchsinbetrieb
                              									einverleibt ist, mit demselben ein Ganzes bildet, insofern die rosanilinhaltigen
                              									Mutterlaugen immer wieder zur Krystallisation des Rohfuchsins, behufs Herstellung
                              									von Fuchsinkrystallen verwendet werden.
                           
                        
                           Die Fabrikation des Rosanilins.
                           Zur Herstellung des Rosanilins nimmt man, wie erwähnt, die weniger gut ausgebildeten
                              									Fuchsinkrystalle, das Fuchsin B. Dieselben werden in
                              									einem dem Fuchsinschmelzkocher vollkommen gleichen Apparate Q in Wasser gelöst, mit Soda gereinigt und durch das Druckfilter R filtrirt. Das gereinigte Filtrat leitet man in den
                              									sogen. „Basefäller“
                              									S, der einen eisernen, etwa 30001 haltenden offenen und mit Rührwerk versehenen
                              									Kessel darstellt. In diesem Kessel S wird das Rosanilin
                              									mit Natronlauge in der Art ausgefällt, daſs man die Fuchsinlösung zu der durch
                              									Rühren in Bewegung gehaltenen Natronlösung in dünnem Strahle einlaufen läſst. Die in
                              									einen Holzbottich T abgelassene heiſse Brühe setzt dort
                              									vollends beim Erkalten den gröſsten Theil des Rosanilins ab. Man trennt Rosanilin
                              									und Lauge, indem man den ganzen Bütteninhalt in das Druckfaſs V abläſst und durch die damit verbundene sechskammerige
                              									Filterpresse U filtrirt. Die noch Rosanilin haltige
                              									alkalische Lauge leitet man entweder in das Reservoir W
                              									oder aber gleich in den Feinkocher X, falls gerade
                              									Fuchsin krystallisirt wird.
                           Will man Rosanilin darstellen, so läſst man zunächst Wasser bis zum Markirhahn, d.h.
                              										2000l in den Kessel Q einlaufen, erhitzt mit direktem Dampfe zum Kochen, setzt das Rührwerk in
                              									Gang und streut 44k Fuchsin innerhalb 20 Minuten zum bewegten,
                              									schwach kochenden Wasser ein. Das Fuchsin löst sich im Wasser auf und wird nun durch
                              									Zusatz von 4k Soda, die man innerhalb 15 Minuten
                              									einstreut, gereinigt, d.h. von den in verdünnter Sodalösung unlöslichen Farbstoffen,
                              									Spuren von Mauvanilin und Chrysanilin, die sich harzig abscheiden, getrennt. Ist
                              									alle Soda eingestreut, so kocht man noch weitere 10 Minuten und stellt endlich
                              									Rührwerk und Dampfzufuhr ab. Inzwischen hat man auch im Basefäller S 5k festes Natron in
                              										100l heiſsem Wasser gelöst. Man kann daher
                              									Fuchsinlösung und Natronlösung mischen und drückt die erstere mit Dampf durch das
                              									Druckfilter R in den Basefäller S, dessen Rührwerk während der ganzen Operation in Gang bleibt. Die
                              									einlaufende rothe Brühe entfärbt sich und ein blaſsrothes Pulver scheidet sich aus.
                              									Nach Beendigung der Filtration und Mischung läſst man in den unterstellten
                              									Holzbottich T ab, in welchem die Masse innerhalb 2 bis
                              									3 Tagen erkaltet. Zur Gewinnung des Rosanilins läſst man den aufgerührten
                              									Bütteninhalt in den Montejus V ab. Das an Boden und
                              									Wand der Bütte auskrystallisirte Rosanilin wird mit einem Reisbesen abgekehrt und
                              									aus dem Bottich mit frischem Wasser ins Druckfaſs geflöſst. Man filtrirt durch die
                              									mit starkem Baumwolltuch ausgeschlagene Filterpresse U
                              									und leitet das Filtrat in das Reservoir W. Nach dem
                              									Ausblasen der Preſskuchen mit Luft drückt man frisches Wasser durch die Presse und
                              									wäscht das Rosanilin aus. Sobald das der Presse entlaufende Waschwasser nur noch
                              									schwach alkalische Reaction zeigt, hört man mit der Wasserzufuhr auf und bläst die
                              									Preſskuchen mit Luft trocken. Die der Presse entnommenen Kuchen vertheilt man auf
                              									Zinkblechen und trocknet das Rosanilin bei 50 bis 60° in der gut ventilirten
                              									Trockenkammer.
                           Folgende Tabelle gibt einen Einblick in die Ausbeuteverhältnisse:
                           
                              
                                 Fuchsin
                                 Calc. Soda
                                 Natron
                                 Base
                                 
                              
                                  44k
                                  4k
                                  5k
                                  37k
                                 
                              
                                 44
                                 4
                                 5
                                 38
                                 
                              
                                 44
                                 4
                                 5
                                 36
                                 
                              
                           
                        
                           c) Herstellung des Fuchsins mit
                                 										Basenbrühe.
                           Bei der Fabrikation des Rosanilins erhält man auſser den Waschwässern die noch
                              									verwerthbare Rosanilinmutterlauge. Erstere gibt man verloren, letztere verwendet
                              									man, wie schon erwähnt, mit Vortheil zum Umkrystallisiren von Rohfuchsin, indem man
                              									mit der im Reservoir W befindlichen Lauge den
                              									Feinkocher X bis zum Markirhahn anfüllt und das
                              									Rohfuchsin einer Schmelze oder ein gleich groſses Quantum Rohfuchsin anderen
                              									Herkommens zur Rosanilinmutterlauge einträgt. Zur siedenden Brühe streut man nur
                              										6k Soda ein, da in der Brühe von der
                              									Fuchsinreinigung schon 4k enthalten sind. Man
                              									schlieſst nach Zugabe der Soda den Kessel, erhitzt 2½ Stunden unter fortwährendem
                              									Umrühren
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 266, S. 551
                              Fabrikate; Zwischenproducte;
                                 										Rohfuchsin in verdünnter Sodalösung umgekocht und filtrirt; Heißes Filtrat mit
                                 										HCl und NaCl versetzt und erkalten gelassen; Krystallrückstand; Mutterlauge;
                                 										Fuchsinkrystalle getrennt in; Fuchsin 00; Fuchsin 0; Fuchsin B in verdünnter
                                 										Sodalösung gelöst und filtrirt; Rückstand; Filtrat mit NaOH gefällt; Rosanilin;
                                 										Lauge (Rosanilin haltig); Rosanilin; Mutterlauge (zum Umkochen von Rohcerise);
                                 										Rückstand (zur Herstellung von Cerise); Lauge (zum Krystallisiren von Fuchsin);
                                 										Rückstand (für Fabrikation von Marron)
                              
                           
                           auf 0at,5, läſst den Dampf
                              									aus dem Kessel abblasen, filtrirt, rührt zum Filtrat erst 20k Salzsäure, dann 25k Kochsalz ein, setzt die Schwimmdeckel ein und beendet die Operation, wie
                              									oben ausführlich erörtert wurde.
                           Folgende Tabelle gibt Zahlen, wie sie im Groſsen erhalten werden:
                           
                              
                                 Sorte Rohfuchsin
                                 CalcinirteSoda
                                 Salzsäurevon 21° B.
                                 Kochsalz
                                 Ausbeute
                                 
                              
                                 Ganzer Posten einer    Schmelze
                                 6k
                                 20k
                                 25k
                                 63k
                                 
                              
                                 Rohfuchsin von Cerise
                                 6
                                 20
                                 25
                                 65
                                 
                              
                                 Rohfuchsin aus dem    Krystallrückstand
                                 6
                                 20
                                 25
                                 59
                                 
                              
                                 Ganzer Posten einer    Schmelze
                                 6
                                 20
                                 25
                                 62
                                 
                              
                           Den beim Umkrystallisiren im Kessel verbleibenden Rückstand, den sogen.
                              									Krystallrückstand verarbeitet man in einer weiter unten zu beschreibenden Weise auf
                              									Marron als Hauptproduct, Rohcerise und Rohfuchsin als Nebenproducte. Er besteht aus
                              									Violanilin, Mauvanilin, Rosanilin und Chrysanilin und einigen weiteren nicht
                              									bekannten braunen Farbstoffen. In dem Schema auf S. 551 ist die Verarbeitung des
                              									Rohfuchsins auf Fuchsin und Rosanilin und die Gewinnung der dabei abfallenden
                              									Nebenproducte dargestellt. Letztere kehren in den Kreislauf der Fabrikation zurück.
                              									Die von der Fuchsinkrystallisation und Rosanilindarstellung herrührenden Laugen
                              									dienen zum Umlösen von Rohcerise bezieh. Rohfuchsin, der Krystallrückstand wird zur
                              									Herstellung von Marron verwendet.
                           
                        
                           2) Die Fabrikation von
                                 									Cerise.
                           Als Cerise kommen im Handel Farbstoffgemische vor, die neben fuchsinartigen
                              									Farbstoffen namentlich auch Phosphine enthalten. Walten die Fuchsine im Gemenge vor,
                              									so führt das Product den Handelsnamen Cerise RR, im
                              									gegentheiligen Falle heiſst es Cerise R.
                           
                              Geschichtliches.
                              
                           Die als Cerise bezeichneten Producte wurden, wie es scheint, zuerst durch die Firmen
                              										R. Knosp in Stuttgart und J. R. Geigy1866 180 246. in Basel im J. 1866 im Handel eingeführt. Ueber die Herstellung der
                              									Cerise ist lange Zeit nichts bekannt geworden, erst E.
                                 											KoppTraité des matières colorantes p. Boliey et
                                          													Kopp 1874 S. 143 und 158. hat im J. 1874 Angaben über die Cerisegewinnung gemacht. Nach ihm
                              									erhält man das Cerise durch Ausfällen der Rohcerisemutterlaugen mit Soda. Nach WurtzProgrès de l'industrie des matières colorantes p.
                                          													Wurtz 1876 S. 55. (1876) wird das so zu erhaltende Farbstoffgemisch durch Umlösen in
                              									Wasser gereinigt, mit Kochsalz gefällt, filtrirt und getrocknet. Auch P. Schoop1885 258 * 276. (1885) erwähnt kurz die Gewinnung von Cerise.
                           
                           Bei der Aufarbeitung der Rohcerise sucht man dem zu verarbeitenden Farbstoffgemenge
                              									eine bestimmte Menge Fuchsin zu entziehen, so daſs nach Wegnahme desselben ein
                              									Farbstoffgemenge zurückbleibt, das beim Ausfärben eine dem Type Cerise RR oder R gleichkommende
                              									Nuance zeigt. Diese Abscheidung des Fuchsins aus Rohcerisebrühen nimmt man in
                              									ähnlicher Weise vor, wie diejenige von Rohfuchsin aus der Schmelzbrühe. Man löst das
                              									Rohcerise einfach in Salzsäure haltigem Wasser auf und setzt zu der filtrirten
                              									Farbbrühe so viel Kochsalz zu, als annähernd nöthig ist, um so viel Fuchsin aus der
                              									Farbbrühe abzuscheiden, um ein dem Type entsprechendes Farbengemisch noch in der
                              									Mutterlauge zu belassen. Das sich dabei in Form von Krystallen abscheidende
                              									Rohfuchsin wird als solches auf Fuchsin und Rosanilin weiter verarbeitet; den aus
                              									der Mutterlauge mit Soda gefällten Farbstoff, der wesentlich aus einem Gemenge von
                              									Rosanilin und Chrysanilin neben anderen noch nicht definirten Farbstoffen besteht,
                              									verarbeitet man entweder auf Cerise RR, indem man ihn
                              									in einer Abdampfpfanne mit soviel Salzsäure eindampft als zum Löslichmachen nöthig
                              									ist, oder aber man verarbeitet ihn auf Cerise R, indem
                              									dem Niederschlag noch mehr Fuchsin in der eben beschriebenen Weise entzogen und der
                              									schlieſslich erhaltbare Rückstand wie Cerise RR auf
                              									Cerise R verarbeitet wird.
                           Zur Darstellung der Cerise dient ein System von Apparaten, das demjenigen, welches
                              									zur Gewinnung der Zwischenproducte aus der Schmelze nöthig ist, vollkommen
                              									entspricht.
                           
                              a) Herstellung von Cerise
                                 										RR.
                              Um diesen Farbstoff herzustellen, drückt man die von einer Fuchsinkrystallisation
                                 										herrührende, sich in dem Druckfaſs C befindliche
                                 										Mutterlauge in den „Cerisekocher“
                                 										a und läſst, falls die Flüssigkeit nicht ausreichen
                                 										sollte, noch so viel Wasser zulaufen, bis das gewünschte, durch die Marke
                                 										bezeichnete Volum von 2500l Flüssigkeit im
                                 										Kessel ist. Man erhitzt dann zum Kochen und trägt zu der siedenden Brühe das
                                 										Rohcerise dreier Schmelzen unter Umrühren ein. Nach Zusatz von 40k Salzsäure schlieſst man den Kessel, bringt
                                 										den Druck auf 1at und erhält diese Spannung
                                 										ungefähr 1 Stunde lang. Nach Verlauf dieser Zeit läſst man den Druck
                                 										zurückgehen, bläst den Kessel ab und bereitet die Filtration der abgeruhten
                                 										Flüssigkeit vor, die man auch hier mit dem kurzen Steigrohr beginnt und mit dem
                                 										langen beendigt.
                              Zum heiſsen Filtrate rührt man 10k Salzsäure
                                 										ein, versetzt mit 20k Kochsalz, die man unter
                                 										Einstreuen in den eisernen Kasten e einrührt. Beim
                                 										Erkalten der heiſsen Brühe scheidet sich Fuchsin ab, das sich in Krystallen an
                                 										den Wänden des Kastens festsetzt. Man läſst eventuell nicht ganz erkalten,
                                 										controllirt vielmehr die Verarmung der Farbbrühe an Fuchsin durch Probefärben.
                                 										Es handelt sich bei dieser Controlle darum, den Punkt durch Ausfärbungen zu
                                 										treffen, wo die Mutterlauge eine Nuance ergibt, die mit derjenigen des Types
                                 										vollständig übereinstimmt. Ist dieser Augenblick durch den Färber angesagt, so
                                 										läſst man auch unverzüglich die Mutterlauge in den unterstellten Eisenkasten d ablaufen, um eben einer weiteren Verarmung an
                                 										Fuchsin vorzubeugen. Das im Kasten zurückbleibende Rohfuchsin verarbeitet man,
                                 										wie bereits erwähnt, sobald davon eine Menge aufgestapelt ist, welche der einer
                                 										Rohschmelze entspricht.
                              Die von dem Rohfuchsin abgezogene Mutterlauge, welche in der Regel noch lauwarm
                                 										ist, wird auf 40° mit Dampf angewärmt und durch Einrühren von 20k Soda vollkommen ausgefällt. Den sich
                                 										abscheidenden Farbstoff schöpft man mit einer Abschaumpfanne weg.
                              Die Flüssigkeit, welche noch Farbstoff suspendirt enthält, wird nach völligem
                                 										Erkalten in das Druckfaſs e abgelassen und durch
                                 										die Filterpresse f filtrirt. Man gewinnt so noch
                                 										die letzten Farbstoffmengen. Sämmtlicher Farbstoff wird zur weiteren
                                 										Verarbeitung in eine kupferne Doppelpfanne g
                                 										gebracht und dort bei mäſsiger Dampfzufuhr unter Umrühren zum Schmelzen
                                 										gebracht, Farbstoff und eingeschlossene Mutterlauge scheiden sich und können
                                 										getrennt werden.
                              Zur Schmelze setzt man so viel Salzsäure unter Umrühren zu, bis eine Probe des
                                 										innigen Gemisches vollkommen in destillirtem Wasser löslich ist. Das löslich
                                 										gemachte Product wird in der Pfanne g bei mäſsiger
                                 										Wärme und unter öfterem Umrühren vorgetrocknet. Nach hinreichender Eindickung
                                 										wird die Masse auf zinkene Bleche in dünner Schichte aufgetragen und im
                                 										Trockenraum bei 50 bis 60° getrocknet Sobald die Kuchen einigermaſsen dürr
                                 										geworden sind, werden sie zerbrochen und in Form nuſsgroſser Stücke fertig
                                 										getrocknet und gemahlen.
                              Der Farbstoff kommt als Cerise RR in den Handel.
                              Folgende Tabelle gibt Mengenverhältnisse an, wie sie im Groſsen in Anwendung
                                 										kommen:
                              
                                 
                                    Rohcerise
                                    Salzsäure I
                                    Salzsäure II
                                    Kochsalz
                                    Soda
                                    
                                 
                                    von 3 Posten
                                     40k
                                     10k
                                     20k
                                     20k
                                    
                                 
                                      „   3     „
                                    40
                                    10
                                    25
                                    24
                                    
                                 
                                      „   3     „
                                    40
                                    10
                                    20
                                    25
                                    
                                 
                              
                           
                              b) Herstellung von Cerise
                                 										R.
                              Bei der Herstellung von Cerise R geht man mit der
                                 										Fuchsinentziehung noch weiter. Man löst das noch nicht mit Salzsäure löslich
                                 										gemachte Cerise RR wieder im Kocher a in Salzsäure und Wasser auf und scheidet aus dem
                                 										Filtrate diejenige Fuchsinmenge mit Kochsalz aus, die weggenommen werden muſs,
                                 										um die Mutterlauge auf Cerise R verarbeiten zu
                                 										können.
                              Die Arbeitsweise ist die folgende. Das von 3 Schmelzen herrührende Cerise wird in
                                 											2500l Krystallmutterlauge unter Zusatz von
                                 											35k Salzsäure gelöst, filtrirt und das
                                 										heiſse Filtrat mit 10k Salzsäure und 20k
                              
                              
                                 
                                 Textabbildung Bd. 266, S. 555
                                 Fabrikate; Nebenproducte;
                                    											Abfälle; Rohcerise in heiſsem salzsaurem Wasser gelöst und filtrirt; Heiſses
                                    											Filtrat mit HCl und NaCl versetzt; Rückstand; Rohfuchsin; Mutterlauge mit
                                    												Na2CO3
                                    											gefällt; Farbstoff; Filtrat; a) mit HCl löslich gemacht und getrocknet
                                    											Cerise RR; b) in salzsaurem Wasser gelöst: Filtrat; Rohfuchsin; Mutterlauge
                                    											mit Na2CO3
                                    											gefällt; Farbstoff mit HCl löslich gemacht Cerise R; Cerise RR; Cerise R;
                                    											Rohfuchsin; Rückstand
                                 
                              
                              Kochsalz versetzt. Das Fuchsin scheidet sich beim Erkalten
                                 										nunmehr nur noch in spärlichen Mengen ab. Man unterbricht die Abscheidung,
                                 										sobald die Lösung beim Ausfärben dieselbe Nuance zeigt, wie der Type Cerise R.
                              Die Verarbeitung des mit Soda aus der Lösung gefällten Farbstoffes und die
                                 										schlieſsliche Fertigstellung ist dieselbe wie bei Cerise RR.
                              Folgende Tabelle ergänzt das oben Erörterte.
                              
                                 
                                    Cerise RR
                                    Salzsäure I
                                    Kochsalz
                                    Salzsäure II
                                    Soda
                                    
                                 
                                    von 3 Schmelzen
                                     35k
                                     20k
                                     10k
                                     20k
                                    
                                 
                                      „   3        „
                                    35
                                    20
                                    10
                                    19
                                    
                                 
                                      „   3        „
                                    35
                                    20
                                    10
                                    27
                                    
                                 
                              Das Schema auf S. 555 erläutert die Aufarbeitung der Rohcerise zu Cerise RR und Cerise R und
                                 										die Gewinnung der dabei abfallenden Nebenproducte.
                              
                           
                        
                           3) Die Verarbeitung der
                                 										Krystallrückstände.
                           Da die Rückstände, wie man sie bei einmaligem alkalischem Abkochen des Rohfuchsins
                              									erhält, die sogen. Krystallrückstände, noch ziemlich viel Fuchsin und Chrysanilin
                              									enthalten, so entzieht man denselben diese Farbstoffe in Form von Rohfuchsin und
                              									Rohcerise, indem man die Rückstände zweier Krystallisationen mit Arsensäure haltigem
                              									Wasser abkocht und das Filtrat mit Kochsalz versetzt, wodurch beim Erkalten das
                              									Fuchsin sich ausscheidet und aus der Mutterlauge durch Fällen mit Soda Rohcerise
                              									erhalten werden kann. Die nunmehr im Kessel zurückbleibenden Rückstände, welche
                              									neben Violanilin, Mauvanilin, wenig Fuchsin und Phosphin auch braune Farbstoffe
                              									enthalten, sammelt man in gröſseren Mengen an und verarbeitet sie durch Auflösen in
                              									Salzsäure und Ausfüllen des Filtrates mit Soda auf Farbstoff, der nach dem
                              									Löslichmachen das Marron darstellt.
                           Die Verarbeitung der Krystallrückstände zerfällt demnach in zwei Theile: a) in die
                              									Gewinnung von Rohcerise und Rohfuchsin einerseits und b) in die Herstellung von
                              									Marron aus den hierbei erhaltbaren Rückständen andererseits.
                           
                              a) Gewinnung von Rohfuchsin und
                                    											Rohcerise.
                              Zur Abkochung der Krystallrückstände bedient man sich des zur Verarbeitung des
                                 										Rohcerise dienlichen Apparatensystemes. Der Kochkessel a wird bis zur Marke, d.h. mit 2500l
                                 										Fuchsinmutterlauge, die man aus C herüberdrückt,
                                 										angefüllt. Zu der zum Kochen erhitzten Flüssigkeit gibt man unter Umrühren die
                                 										Rückstände zweier Fuchsinkrystallisationen eimerweise zu. Nach dem Ansäuern mit
                                 											10k Arsensäure wird der Kessel geschlossen
                                 										und die Masse 1 Stunde lang auf 1at erhitzt.
                                 										Nach Verlauf dieser Zeit läſst man den Druck im Kessel auf 0at,3 zurückgehen und filtrirt durch das
                                 										Druckfilter b in den Kasten d.
                              
                              Das heiſse Filtrat versetzt man mit 25k
                                 										Salzsäure und nachdem letztere eingerührt ist, streut man 40k Kochsalz unter Umrühren zu. Nach 3 Tagen ist
                                 										die Brühe erkaltet. Rohfuchsin hat sich abgeschieden, aus der Mutterlauge füllt
                                 										man mit Soda ein sehr gelbes, aus viel Chrysanilin und weniger Rosanilin
                                 										bestehendes Rohcerise aus. Beide Nebenproducte, Rohfuchsin und Rohcerise,
                                 										verarbeitet man nach Aufsammlung genügender Mengen, d.h. wenn letztere im Sinne
                                 										der Gröſsenverhältnisse der Gefäſse eine Aufarbeitung thunlich erscheinen
                                 										lassen, auf Fuchsin und Cerise R.
                              Der nunmehr im Kessel zurückbleibende Rückstand wird aus dem Kessel
                                 										herausgebrochen, er ist das Material für Marron.
                              
                           
                        
                           b) Herstellung von Marron.
                           
                              Geschichtliches.
                              
                           Namentlich zwei Reactionen sind es, welche die Herstellung von Braun und Rosanilin
                              									gestatten, beide haben auch versuchsweise zur industriellen Gewinnung von Braun
                              									gedient. Nach der einen Methode erhält man das Braun durch Ueberoxydation des
                              									Fuchsins bezieh. Leukanilins, nach der anderen durch Ueberhitzung des Fuchsins in
                              									Gegenwart eines Anilinsalzes. Die Bildung des Brauns durch Ueberoxydation des
                              									Fuchsins hat A. W. HofmannJahresbericht der Chemie 1862 S. 350. schon im J. 1862 beobachtet. Die zweite Reaction ist von Girard und de LaireBrevet d'invention vom 23. März 1863, s.
                                       												auch Traité des dérivés de la houille p. Girard
                                          													et de Laire 1873 S. 622. im. J. 1863 entdeckt worden. Girard und de
                                 										Laire erhielten nach ihrem in Frankreich patentirten Verfahren den
                              									Farbstoff durch Erhitzen von 4 Th. salzsaurem Anilin mit 1 Th. Fuchsin auf 240° bis
                              									zur Entwickelung gelber Dämpfe. Dieses Verfahren hat indessen nur kurze Zeit zur
                              									Braundarstellung gedient. Die Reactionen von A. W.
                                 										Hofmann und Girard und de Laire sind aber
                              									darum interessant, weil sie uns vermuthen lassen, daſs auch das beim
                              									Arsensäureprozeſs entstehende Braun sein Dasein der einen oder anderen Reaction
                              									verdankt.
                           Die Isolirung dieser braunen Farbstoffe aus der Schmelze ist für technische Zwecke
                              									nie angestrebt worden, immer hat man das Braun im Verein mit anderen Farbstoffen aus
                              									der Schmelze extrahirt.
                           Nach ParafBulletin de la soc. chim. 1867 Bd. 7 S.
                                       												92. (1862) verwendet man zur Darstellung von Marron die schon einmal
                              									mit Salzsäure behandelten, also gröſstentheils von Fuchsin und Phosphin befreiten
                              									Fuchsinrückstände. Diese in Wasser unlöslichen Producte behandelt Paraf mit heiſser Salzsäure und scheidet aus der
                              									abgeklärten Flüſsigkeit den Farbstoff' mit Kalk aus. In derselben Weise wird das
                              									Marron nach den Angaben von WurtzProgrès de l'industrie des matières colorantes p.
                                          													Wurtz 1876 S. 57. (1876) und 
                              									HäuſsermannIndustrie der Theerfarbstoffe von C.
                                          													Häußermann 1881 S. 24. (1881) im Groſsen dargestellt. Nach Schoop1885 258 * 276. (1885) gewinnt man das Marron durch Behandlung des von den leicht
                              									löslichen Farbstoffen befreiten Fuchsinrückstandes durch Digestion mit Salzsäure,
                              									partielle Fällung mit Soda und Ausfällung mit Natron.
                           
                        
                           Herstellung des Marron.
                           Behufs Darstellung von Marron werden die angesammelten Krystallrückstände mit einem
                              									hölzernen Klotze grob zerstoſsen und durch mehrmaliges Umschaufeln gemischt. Die
                              									torfähnlich aussehende Masse wird mit heiſser wässeriger Salzsäure behandelt und in
                              									einen löslichen, werthvollen und einen darin unlöslichen Antheil durch Filtration
                              									getrennt. Der hauptsächlich aus Violanilin und Mauvanilin bestehende Rückstand kann
                              									noch zur Verarbeitung auf aromatische Basen dienen. Die partiell mit Soda gefällte
                              									Farbbrühe wird filtrirt und aus dem gereinigten Filtrate der Farbstoff mit Soda
                              									ausgefällt. Er besteht aus einer Mischung von Mauvanilin, Braun, wenig Rosanilin und
                              									Chrysanilin. Mit Salzsäure löslich gemacht und getrocknet kommt der Farbstoff in den
                              									Handel.
                           Bei Herstellung des Marron bringt man 200k der
                              									gemischten und gepulverten Fuchsinrückstände mit 120k Salzsäure von 21° B. in dem auf einem Podium stehenden Bottich h zusammen. Man rührt das Ganze mit 600l Wasser zu einem Brei an, erhitzt zum Kochen und
                              									läſst unter fortwährendem Kochen langsam Wasser einlaufen, bis ein Volum von 2400l Wasser erreicht ist. Die Masse wird schlieſslich
                              									3 Stunden lang im Kochen erhalten. Die etwas geklärte Farbbrühe versetzt man mit 10
                              									bis 12k calcinirter Soda. Nach 1- bis 2stündigem
                              									Stehen wird durch i nach k
                              									filtrirt. Das Filtrat fällt man am folgenden Tag vollständig mit Soda aus und trennt
                              									Rückstand und Brühe durch Filtration durch das Kastenfilter l.
                           Den in eine Trockenpfanne g gebrachten Farbstoff befreit
                              									man erst von Imbibitionsfeuchtigkeit durch Schmelzen und Abheben der sich
                              									ansammelnden Lauge. Man setzt schlieſslich die zur Löslichmachung nöthige Menge
                              									Salzsäure unter Umrühren zu. Löst sich eine dem Kessel entnommene Probe klar in
                              									Wasser, so dickt man die Masse ein und trocknet sie schlieſslich im Trockenraum, wie
                              									bei Cerise beschrieben wurde.
                           Das im Kollergange gemahlene Marron stellt ein schwarzes Pulver dar und kommt als
                              									solches auf den Markt.
                           Folgendes Schema zeigt in übersichtlicher Weise die Verarbeitung des
                              									Krystallrückstandes auf Marron mit Gewinnung von Rohfuchsin und Rohcerise:
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 266, S. 559
                              Fabrikat; Nebenproduct;
                                 										Abfallproduct; Krystallrückstand mit verdünnter Arsensäure abgekocht; Rückstand
                                 										mit wässeriger Salzsäure abgekocht, mit Soda partiell gefällt und filtrirt;
                                 										Heiſses Filtrat mit HCl und NaCl versetzt; Rückstand; Filtrat mit Soda gefällt;
                                 										Rohfuchsin; Mutterlauge mit Soda versetzt; Niederschlag mit HCl löslich gemacht:
                                 										Marron; Brühe; Rohcerise; Marron; Rohfuchsin; Rückstand wird auf aromatische
                                 										Basen verarbeitet; Brühe (werthlos)
                              
                           
                        
                           
                           V. Die Aufarbeitung der
                                 									Rückstände.
                           Als der Arsensäureprozeſs in seiner Vervollkommnung einen gewissen Grad von Abschluſs
                              									erreicht hatte, fing man an, den Rückständen der Fabrikation, namentlich den dabei
                              									abfallenden Arsen Verbindungen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Die Frage bot in
                              									jener Zeit ein zweifaches Interesse dar und zwei sich oft widersprechende
                              									Gesichtspunkte, die Wahrung der öffentlichen Gesundheit und das Sonderinteresse des
                              									Fabrikanten, hatten in ihrer Vereinigung eine Lösung zu finden. Die Gefahren, welche
                              									durch die Anhäufung einer so giftigen Substanz wie das Arsen entstanden,
                              									erforderten, daſs man im Interesse der Umgebung der Fuchsinfabriken auf ein Mittel
                              									sinne, dasselbe vollkommen unschädlich zu machen. Viele Vorschläge, welche in dieser
                              									Richtung gemacht worden sind, haben nur theilweise Abhilfe geschaffen und das
                              									radicale Mittel der Unschädlichmachung, die Versenkung der Rückstände ins Meer, war
                              									der Fracht halber manchen Fabriken unmöglich. Die in der Nähe groſser Städte
                              									befindlichen Werke haben es vorgezogen, das Verfahren aufzugeben, um den bei
                              									Ausübung desselben entstehenden Unannehmlichkeiten mit den Behörden zu entgehen,
                              									welche die kostspielige Verschiffung der Rückstände oder die in Praxis schwer
                              									durchführbare und voraussichtlich wieder mit ähnlichen Widerwärtigkeiten verknüpfte
                              									Regeneration der Arsensäure verlangten. Die Versenkung der Rückstände ins Meer ist
                              									nur den in nächster Nähe desselben gelegenen Fabriken möglich. In der That entledigt
                              									sich der gröſste Theil der englischen Werke und auch eine nordamerikanische Fabrik
                              									in dieser Weise der Rückstände. Die inländischen Werke, sofern dieselben in
                              									abgelegener Gegend und an groſsen wasserreichen Strömen angelegt sind, häufen ihre
                              									festen Rückstände heute noch wie vor 25 Jahren auf der Halde an oder verstürzen sie
                              									in Gruben und lassen die mit Kalk versetzten, zum gröſseren Theile des Arsens
                              									beraubten LaugenWie Brimmeyr (1865 176 462 und 1866 179 388) gezeigt hat,
                                    											läſst sich die Arsensäure ziemlich vollkommen, die arsenige Säure weder in
                                    											der Kälte noch in der Wärme in namhaften Mengen aus den Fuchsinlaugen mit
                                    											Kreide oder Kalk ausfällen. Er führt dieses Factum auf den Ammoniakgehalt
                                    											der Fuchsinlaugen zurück. in den Strom ablaufen.
                           Nur wenige Fabriken regeneriren das Arsen aus den Rückständen und verarbeiten die bei
                              									der Fabrikation abfallenden organischen Rückstände auf Anilin und Verwandte. Da bei
                              									einer im Groſsen betriebenen Arsensäureregeneration ein arsenfreier Glührückstand
                              									schwerlich erhalten werden dürfte, so können die besten der vorgeschlagenen und in
                              									Ausübung stehenden Methoden wohl zur Wiedergewinnung des gröſsten Theiles des
                              									Arsens, nicht aber zur Unschädlichmachung der Rückstände dienen. Eine Gefahr für die
                              									einer Fabrik anwohnende Nachbarschaft wird also nach wie vor bestehen bleiben.
                           
                              
                              1) Die Natur der
                                    										Rückstände.
                              Wie wir aus Früherem wissen, erhält man bei der Fabrikation des Fuchsins, nach
                                 										welcher Methode auch gearbeitet wird, stets Rückstände der folgenden Art:
                              a) Einen aus organischen Stoffen und mehr oder weniger arseniger Säure
                                 										bestehenden „Schmelzabkochungsrückstand“.
                              b) Arsenreiche Laugen, welche das Arsen als Natriumarseniat und als
                                 										Natriumarsenit enthalten.
                              c) Arsenkalke, welche aus Kalkarseniat und Kalkarsenit, gemischt mit mehr oder
                                 										weniger organischer Substanz, bestehen.
                              d) Organische Rückstände, die nur wenig anorganische Substanz enthalten.
                              
                           
                              2) Die Verarbeitung.
                              
                                 a) Der
                                       												Schmelzabkochungsrückstand.
                                 Der Schmelzabkochungsrückstand, wie er stets bei der Abkochung der Schmelze
                                    											erhalten wird, besteht aus einem Gemenge von organischer Substanz mit mehr
                                    											oder weniger arseniger Säure. Zur Verarbeitung dieses Rückstandes auf
                                    											arsenige Säure erhielten Tabourin und LemaireBulletin de la soc. chim. Bd. 6 1866
                                             														S. 254. im J. 1866 in Frankreich ein Verfahren patentirt. Darnach
                                    											wird der feste Rückstand in einem Ofen verbrannt. Die organischen
                                    											Bestandtheile liefern den zur Reduction der arsenigen Säure nöthigen
                                    											Kohlenstoff. Das reducirte Arsen entweicht und verbrennt im glühenden Ofen
                                    											zu arseniger Säure, welche sich im Rauchfange ansammelt. RanduBulletin de la soc. chim. Bd. 6 1866
                                             														S. 254. glüht die Rückstände im Koksofen, condensirt die arsenige
                                    											Säure in Kammern und reinigt sie durch Resublimation. Diesen Verfahren
                                    											ähnlich ist ein Verfahren, welches August
                                       													LeonhardtD. R. P. Nr. 3216 vom 25. December 1877 (1879 232 * 80). in Deutschland patentirt erhielt. Leonhardt verbrennt den Schmelzabkochungsrückstand auf einem Herde
                                    											und fängt die arsenige Säure in. Giftfängen auf. Die bei der Verbrennung
                                    											erzeugte Wärme wird zur Heizung der Abdampfpfannen benutzt, welche zur
                                    											Concentration der Arsenlaugen dienen.
                                 
                              
                                 b) Die Arsenlaugen.
                                 Zur Aufarbeitung von Laugen, welche reich an Natriumarseniat und
                                    											Natriumarsenit sind, hat Clemens WinklerVerhandlungen des Vereines für
                                                															Gewerbefleiß in Preußen 1875 S. 217. im J. 1875 ein Verfahren in Vorschlag gebracht, welches auf die Beobachtung gegründet ist, daſs
                                       												Natriumarseniat bei Anwesenheit von Calciumcarbonat durch Kohle leicht
                                       												reducirt wird. Das Verfahren besteht darin, die Mutterlaugen der
                                    											Fuchsinfabrikation in Form ihrer neutralen Natronsalzlösung bis zur
                                    												„Salzhaut“ einzudampfen, heiſs mit gepochtem Kalkstein und
                                    											Steinkohlenklein zu mengen, bis zum Erkalten und Erstarren der Masse zu
                                    											rühren und nun das so erhaltene, bröcklige Product im Muffelofen erst zu entwässern, dann
                                    											zu glühen. Das gasförmig entweichende Arsen kann metallisch in
                                    											Flugstaubkammern verdichtet oder unter Zufuhr von atmosphärischer Luft zu
                                    											arseniger Säure verbrannt und aufgefangen werden. Der von Arsen befreite
                                    											Glührückstand bildet ein Gemenge von kohlensaurem Kalk und Soda. Er wird
                                    											ausgelaugt und die Lösung zur Neutralisation neuer Fuchsinlaugen benutzt.
                                    											Der rückständige Kalk kann, so lange die Steinkohlenasche nicht störend
                                    											wirkt, wieder benutzt werden.
                                 Ganz ähnlich verarbeitet A. LeonhardtD. R. P. Nr. 3216 vom 25. December 1877. 1879 232 * 80. seine abgedampften Laugen, die er der Röstung und
                                    											Sublimation im Flammofen unterwirft.
                                 So können Laugen aufgearbeitet werden, welche nach unserer ausführlich
                                    											beschriebenen Methode oder nach den Verfahren von Habedank, Girard und de Laire erhalten werden.
                                 
                              
                                 c) Die Arsenkalke.
                                 Um das Arsen aus den Laugen auszufällen, versetzt man dieselben mit
                                    											Kalkmilch, es scheidet sich dann alle Arsensäure und ein Theil der arsenigen
                                    											Säure ab. Nach der Methode von Tabourin und
                                       													LemaireBulletin de la soc. chim. 1866 Bd. 6
                                             														S. 254. wird der getrocknete und gepulverte Arsenkalk mit Kohle
                                    											gemengt, geglüht und das reducirte Arsen aufgesammelt. C. WinklerVerhandlungen des Vereines für
                                                															Gewerbefleiß in Preußen 1875 S. 217. schlägt vor den Arsenkalk mit so viel Soda als nöthig ist,
                                    											um die darin enthaltene Arsensäure in gesättigtes Natriumarseniat
                                    											überzuführen, zu mischen, darauf dem Gemenge Kohle in entsprechender Menge
                                    											zuzufügen und das Ganze zu glühen. Bei sorgfältiger Mischung wird das Arsen
                                    											ausgetrieben; man erhält sämmtliche Soda zurück und es bleibt beim Auslaugen
                                    											ein arsenfreier (?) Rückstand von kohlensaurem Kalk.
                                 E. A. ParnellBerichte der deutschen Gesellschaft
                                             														1877 Bd. 10 S. 190. erhitzt den Arsenkalk mit Kohle und Sand, wobei alles Arsen
                                    											sich verflüchtigt und Calciumsilicat in der Retorte zurückbleibt. Er erhielt
                                    											sein Verfahren in England patentirt.
                                 
                              
                                 d) Die organischen
                                       												Rückstände.
                                 Die organischen Rücksände, wie man sie bei Verarbeitung der
                                    											Krystallrückstände auf Cerise und Marron erhält, werden in liegenden
                                    											Retorten, welche mit einer geeigneten Condensationsvorrichtung in Verbindung
                                    											stehen, der trockenen Destillation unterworfen. Die in reichlicher Menge
                                    											dabei überdestillirenden, mit Wasser und Ammoniak gemischten aromatischen
                                    											Basen, werden, nachdem sie von Wasser getrennt sind, in einer
                                    											Destillationsblase entweder über freiem Feuer oder besser mit Wasserdampf
                                    											abgetrieben und bestehen im Wesentlichen aus Anilin, Toluidin und Xylidin
                                    											und einem hochsiedenden, aus Naphtylamin, Acridin und gröſstentheils aus
                                    											Diphenylamin bestehenden Oel. Dem Basengemisch entzieht man durch
                                    											fractionirte Extraction mit Salzsäure die einzelnen Bestandtheile, welche
                                    											man nach Ansammlung gröſserer Mengen durch Destillation reinigt.
                                 * Anm. d. R.: Die zugehörigen Tafeln sind im Maſsstabe 1 : 130
                                    											gezeichnet.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               
