| Titel: | Der Gebrauch von Oel zur Beruhigung der Meereswellen. | 
| Autor: | Mg. | 
| Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 114 | 
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                        Der Gebrauch von Oel zur Beruhigung der
                           								Meereswellen.
                        Mit Abbildungen.
                        Gebrauch von Oel zur Beruhigung der Meereswellen.
                        
                     
                        
                           In letzter Zeit ist die Entdeckung, daſs eine dünne Schicht Oel die Meereswellen
                              									beruhigt, das Meer glättet, wieder gemacht und mit groſsem Eifer auszunutzen
                              									versucht, um die Gefahr der Meerfahrten zu verringern. Nachdem die groſsen Erfolge
                              									bekannt geworden waren, welche das Oel zur Milderung hohen Seeganges erzielt hat,
                              									ist durch Forschung nachgewiesen, daſs bereits Schriftsteller des Alterthums, z.B.
                              										Aristoteles, Plinius der Aeltere, sowie Plutarch die geschilderte Eigenschaft des Oeles gekannt
                              									und beschrieben haben. Es wird ferner behauptet, daſs viele Seefahrer die Verwendung
                              									von Oel zur Beruhigung der Wellen bei Gefahr für das Schiff gekannt und geübt haben,
                              									daſs dieselben aber einem Aberglauben zu Folge die Anwendung des Oeles verschwiegen
                              									hätten; der Aberglaube besagt nämlich, daſs rings um das gefährdete Schiff durch
                              									Aufgieſsen von Oel auf die Wogen der Wellenschlag herabgemindert würde., daſs jedoch
                              									die Wellen an anderer Stelle dafür desto heftiger auftreten, also andere Schiffe
                              									ungleich mehr gefährden; die Seefahrer sollen geglaubt haben, sich durch Anwendung
                              									des Mittels die Anklage zuziehen zu können, um der eigenen Rettung halber die
                              									Bedrängniſs anderer Schiffe vergröſsert zu haben.
                           Wie in der Industriellen Rundschau vom 27. Oktober 1887
                              									mitgetheilt wird, soll Benjamin Franklin der erste
                              									Gelehrte gewesen sein, der diese Frage eingehender prüfte. Im J. 1757 an einer
                              									Expedition nach Louisburgh betheiligt, bemerkte er, daſs das Kielwasser zweier von
                              									den 96 Schiffen der Flotte im Gegensatze zu demjenigen der anderen auffallend ruhig
                              									war. Auf sein Befragen antwortete ihm der Capitän seines Schiffes, die Köche dieser
                              									Schiffe würden wahrscheinlich ihr Spülwasser ausgegossen haben und das habe die
                              									Seiten derselben ein wenig fettig gemacht. Ein anderes Mal fiel es Franklin auf, daſs in seiner hängenden Kajütenlampe
                              									daſs die Oberfläche der Brennflüssigkeit bildende Oel in vollkommener Ruhe
                              									verharrte, während das Wasser unter demselben allen Schwankungen des von der
                              									unruhigen Flut hin und her geworfenen Schiffes folgte. Er begann, den Ursachen und
                              									weiteren Folgen dieser Erscheinungen nachzuforschen und stellte darauf bezügliche
                              									Untersuchungen an. So in dem Dorfe Clapham bei London an einem Weiher, dessen
                              									Oberfläche vom Winde stark gekräuselt wurde. Das Oel, welches er hier auf die
                              									Wasserfläche sprengte, verbreitete sich zwar sehr schnell, aber ohne eine Glättung
                              									derselben zu bewirken. Die Ursache fand Franklin in dem
                              									Umstände, daſs er für sein Experiment diejenige Seite des Weihers, nach welcher der
                              									Wind die Wellen trieb., gewählt hatte, von wo Wind und Wellen das Oel nach dem Ufer
                              									zu trugen; dagegen erschien auf der anderen, der Windseite, wo die Wellen ihren
                              									Anfang nahmen, nach Verschüttung einer dem Inhalt eines Theelöffels entsprechenden
                              									Menge Oel eine groſse Fläche spiegelglatt.
                           Eine Abhandlung über den Gebrauch von Oel bei stürmischem Wetter soll nach derselben
                              									Quelle im J. 1775 von dem Holländer Lelgreld verfaſst
                              									sein.
                           Jedenfalls hat die Frage erst in allerletzter Zeit wieder die Aufmerksamkeit nicht
                              									nur gröſserer Kreise, sondern auch der Seefahrer selbst wieder auf sich gezogen.
                              									Besonders erstrebt der Vorsteher des hydrographischen Institutes der Vereinigten
                              									Staaten von Nordamerika, Herr Bertlett, eine möglichst
                              									klare Lösung der Frage und ein Eindringen der gewonnenen Ergebnisse in die interessirten Kreise.
                              									Derselbe erbittet von Seefahrern aller Nationen die Mittheilung über ihrerseits
                              									gemachte Erfahrungen, um sie übersichtlich zusammenzustellen und zu schematisiren.
                              									Auch der nautische Verein in Hamburg hat durch Ausschreibung eines Preises von 500
                              									Mark zu einer erschöpfenden Zusammenstellung der bisherigen Erfahrungen anzuregen
                              									versucht.
                           Einen bemerkenswerthen Beitrag zu dieser Frage finden wir in der Form eines längeren
                              									Aufsatzes vom Capitän-Lieutenant a. D. Rottok in den
                              										Annalen der Hydrographie und maritimen
                                 										Meteorologie. Der Verfasser schildert die durch seine Untersuchungen
                              									gewonnenen Eindrücke in folgender Weise:
                           Oel, welches nur in geringer Menge mit Wasser in Berührung gebracht wird, zeigt die
                              									Erscheinung, daſs es sich mit bewundernswerther Gewalt und Schnelligkeit über eine
                              									groſse Strecke desselben, in Gestalt eines dünnen, durchsichtigen Häutchens
                              									ausbreitet. Innerhalb dieser Strecke verschwinden die kleinsten Stellen, welche die
                              									Oberfläche des Wassers und der gröſseren Wellen kraus und uneben machen, und die
                              									Oberfläche des Wassers wird spiegelnd. Die gröſseren Wellen setzen zwar ihren Lauf
                              									durch diese Strecke hindurch fort, werden dabei aber selbst niedriger und zwar in
                              									dem Grade mehr, als die geölte Strecke, durch die sie ziehen, gröſser ist. Ob die
                              									Wirkung des Oeles so groſs ist, daſs man bei stürmischer See und Brandung Vortheile
                              									für Schiffe erlangt, wenn man ölige Materien auf das Meer gieſst, ist durch Versuche
                              									noch nicht erwiesen, nach den bisher vorliegenden Erfahrungen aber
                              									wahrscheinlich.
                           Besonders systematisch werden, wie oben bemerkt, die Beobachtungen in den Vereinigten
                              									Staaten betrieben, woselbst das hydrographische Amt auf den von demselben
                              									herausgegebenen „Pilot Charts of the North Atlantic
                                    											Ocean“ den Schiffsführern nicht nur den Gebrauch des Oeles in
                              									schwerer See zur Abwendung von Gefahren empfohlen, sondern dieselben auch auf die
                              									Wichtigkeit von ferneren Versuchen in dieser Richtung aufmerksam gemacht und zur
                              									Anstellung derselben und zur Berichterstattung an das Amt behufs weiterer
                              									Verwerthung zum Besten der Schifffahrt dringend aufgefordert hat.
                           Die beruhigende Wirkung des Oeles besteht darin, daſs die gefährlichen Brechseen sich
                              									legen und an Stelle der brandenden Wellenköpfe eine den Schiffen ungefährliche
                              									Dünung tritt. Durch das ausgegossene Oel bildet sich auf der Oberfläche des Wassers
                              									eine dünne Oelschicht und nur innerhalb dieser tritt die angegebene Erscheinung auf,
                              									während auſserhalb derselben der Zustand der See unverändert bleibt. Um die
                              									erwünschte Wirkung dennoch zu erzielen, kommt es darauf an, um das Schiff herum,
                              									nach der dem Seegang ausgesetzten Seite, eine solche Oelschicht zu bilden. Von
                              									Bedeutung hierfür ist die Wahl des Oeles und die Art und Weise seines
                              									Gebrauches.
                           
                           Von allen Oelen und Fetten, welche angewandt sind, haben sich die dickflüssigen,
                              									zähen am besten bewährt, während die dünnen eine minder groſse Wirkung haben.
                              									Besonders befriedigt sprechen sich die Berichte übereinstimmend über das Fischöl
                              									(verschiedener Art) aus; weniger günstig lauten dieselben dagegen über die
                              									dünnflüssigeren Mineralöle; ohne Nutzen blieb gereinigtes Petroleum, während in
                              									rohem dickerem Zustande ein besserer Erfolg mit demselben erzielt wurde. So nutzte
                              									auf der britischen Barke „Emma“ gereinigtes
                              									Petroleum, obgleich es in groſsen Mengen verbraucht wurde, gar nichts und muſste
                              									durch Terpentinöl ersetzt werden, welches mit einer weit geringeren Menge ein
                              									günstiges Ergebniſs erzielte. Ueber den Gebrauch von rohem Petroleum liegen dagegen
                              									verschiedene günstige Berichte vor.
                           Die vom hydrographischen Amte zu Washington herausgegebenen „Pilot Charts“ empfehlen den Gebrauch von
                              									animalischen und vegetabilischen Oelen gegenüber den für den bekannten Zweck
                              									minderwerthigen Mineralölen.
                           Für eine feine und ausgedehnte Verbreitung des Oeles zur Bildung der eine möglichst
                              									groſse Fläche bedeckenden Oelschicht ist auch durch die Art und Weise des
                              									Gebrauches, vornehmlich durch das zur Aufnahme des Oeles bestimmte Gefäſs, und die
                              									Anbringung desselben Sorge zu tragen. Das Gefäſs muſs aber auſserdem auf einen
                              									sparsamen Verbrauch des Oeles Bedacht nehmen, nicht nur aus Sparsamkeit, sondern
                              									auch um mit dem an Bord vorhandenen Vorrath, so lange der Vorrath nicht ergänzt
                              									werden kann, zu reichen. Thatsächlich kommt es auch nicht auf die Menge des
                              									gleichzeitig verbrauchten Oeles an, sondern es läſst sich mit einer äuſserst
                              									geringen Menge dieselbe Wirkung erzielen, wie mit einer groſsen; die Hauptsache ist
                              									ein stetiger Gebrauch, so daſs die das Schiff umgebende Oelschicht, deren Bereich
                              									das Schiff gar bald entweder durch seine Fahrt oder Abtrift entrückt wird,
                              									fortwährend durch eine neue ersetzt wird. Ein tropfenweiser Ausfluſs des Oeles
                              									genügt, und dies ist ein wesentliches Moment für die Anwendbarkeit dieses
                              									Mittels.
                           Capitän Bailey bezeichnet zwei mit je 4½l Oel gefüllte Säcke als ausreichend für drei
                              									Stunden beim Lenzen, für vier Stunden beim Beiliegen; auf dem Dampfer „Napier“ wurden in 2½ Stunden zwei Säcke mit je
                              										9l Lampenöl verbraucht; auf der Bark „Maud Scammel“ in derselben Zeit eine Kanne mit
                              										22½l während Capitän Sparks auf dem „Assyriern Monarch“ nur
                              										½l in der Stunde und Capitän Robinson auf dem Dampfer „Erin“ 9l in 12 Stunden
                              									verbrauchte. Ueber die während einer bestimmten Zeit nothwendige Verbrauchsmenge
                              									läſst sich nach den bisherigen Erfahrungen noch nichts Näheres feststellen, es wird
                              									dieselbe auch stets mit den Verhältnissen wechseln; ob und welche Rolle die
                              									angewandte Oelart hierbei spielt, läſst sich nicht angeben; so viel steht aber fest,
                              									daſs eine sehr geringe Menge schon genügt, um auſserordentliche Wirkungen
                              									hervorzubringen.
                           
                           Als Ausguſsgefäſse sind in den meisten Fällen Segeltuchsäcke angewendet, meistens
                              									mit, seltener ohne Löcher, entweder mit oder ohne Werg- oder Twistfüllung; in
                              									einzelnen Fällen wurden auch Kornsäcke genommen, über dieselben berichtet Herr A. Inglis, Hafenmeister von Port Adelaide, daſs sie
                              									sich ohne Löcher besser bewährt hätten, als Segeltuchsäcke mit Löchern. Häufig
                              									wurden auch die Closetröhren als Ausguſs für das Oel benutzt, nachdem sie, um ein zu
                              									schnelles Auslaufen zu verhindern, mit Werg oder Twist gefüllt waren, durch welches
                              									das Oel nur langsam hindurchträufelte. Diese Ausguſsmethode hat sich sowohl wie die
                              									Säcke als brauchbar erwiesen. Die Gröſse der gebrauchten Säcke war verschieden, doch
                              									scheinen solche von etwa 4l Inhalt die
                              									gewöhnlichsten gewesen zu sein.
                           Ueber die Anbringung der Oelsäcke sprechen sich fast alle Berichte dahin aus, daſs
                              									dieselben nicht im Wasser nachschleppen dürfen, sondern über der Wasseroberfläche
                              									aufgehängt sein müssen. Die an einer langen Leine nachschleppenden Säcke werden
                              									nicht nur dadurch unwirksam, daſs sie hin und her geschleudert, gegen die Bordwand
                              									geschlagen und beschädigt oder an Bord geworfen werden, sondern daſs durch den Druck
                              									des den Sack umgebenden Wassers auch der Austritt des Oeles erschwert, bezieh.
                              									verhindert wird. Die besten Erfolge sind erzielt worden durch ein Aufhängen des
                              									Sackes zwischen Wind und Wasser, d.h. etwas über der Wasseroberfläche, so daſs
                              									derselbe beim Ueberholen des Schiffes nach dieser Seite gerade ins Wasser taucht.
                              									Die in dieser Lage beiden Elementen ausgesetzten Oeltropfen werden sowohl durch die
                              									Gewalt des Windes als der Spritz wellen zerpeitscht und zerstäubt, und in dieser
                              									feinen Vertheilung liegt der Vortheil dieser Anbringungsweise.
                           Zum Passiren einer Brandung muſs das zur Abschwächung derselben dienende Oel vorher
                              									über dieselbe ausgebreitet werden; hat man Mittel, das Oel vorher auf die Brandung
                              									zu bringen, so sind dieselben anzuwenden; setzt ein Oberflächenstrom auf die
                              									Brandung zu, so kann das Oel vor derselben auf das Wasser gegossen werden, so daſs
                              									das Fahrzeug mit demselben die Brandung passirt; läuft der Strom in
                              									entgegengesetzter Richtung, so nutzt der Gebrauch des Oeles wenig.
                           Die hauptsächlichsten Thatsachen betreffs des Oelgebrauches sind folgende:
                           Auf freien Wellen, d.h. auf Wellen in tiefem Wasser, ist die Wirkung am gröſsten. In
                              									einer Küstenbrandung oder bei den über einer Barre brandenden Wellen, wo eine
                              									Flüssigkeitsmasse auf flachem Wasser in Bewegung ist, wird die Wirkung des Oeles
                              									ungewiſs, da unter solchen Umständen nichts das Brechen der gröſseren Wellen
                              									verhindern kann; aber auch hier leistet es einige Dienste. Die schwersten und
                              									dicksten Oele sind die wirksamsten; gereinigtes Kerosinöl ist von wenig Nutzen,
                              									rohes Petroleum ist zu gebrauchen, wenn nichts anderes da ist; alle thierischen und
                              									Pflanzenöle, wie das Maschinenöl, sind sehr wirksam. Eine geringe Menge Oel genügt,
                              									wenn es so angewandt wird, daſs es sich zu Luv ausbreiten kann. Es ist auf Schiffen
                              									und Booten, sowohl in Fahrt, als auch beim Beiliegen und Halsen von Nutzen. In
                              									kaltem Wasser, wo das Oel durch die niedrige Temperatur dick wird und sich nicht
                              									frei ausbreiten kann, wird die Wirkung sehr beeinträchtigt. Dies ist verschieden bei
                              									verschiedenen zur Anwendung gelangenden Oelen. Bei Backstagswind scheint die Wirkung
                              									geringer, als in anderen Lagen zu sein, da das Oel hinter das Schiff geht, während
                              									die Wellen es seitwärts treffen. Beim Beiliegen scheinen der Luvbug und eine andere
                              									Stelle weiter hinten die besten Plätze zum Aufhängen der Säcke zu sein, mit genügend
                              									langer Leine, damit dieselben sich luvwärts halten, während das Schiff treibt. Um
                              									mit Flutstrom eine Barre zu passiren, ist es am besten, Oel über Bord zu gieſsen, so
                              									daſs dasselbe vor dem Boote hertreiben kann, und dann unter Nachschleppen eines
                              									Oelsackes zu folgen. Mit Ebbestrom den Versuch zu machen, eine Barre mit Hilfe von
                              									Oel zu passiren, erscheint nutzlos. Um an Bord eines Wrackes zu gelangen, ist es zu
                              									empfehlen, zu Luvard vor demselben Oel auszugieſsen, ehe man längsseit geht. Der
                              									Effect muſs in diesem Falle hauptsächlich vom Strom und den Tiefenverhältnissen des
                              									Wassers abhängen. Für ein Boot, welches bei schlechtem Wetter vor einem Treibanker
                              									reitet, ist es rathsam, den Sack an einer Leine ohne Ende zu befestigen, welche
                              									durch einen Block am Anker geschoren ist, wodurch das Oel Gelegenheit hat, sich vor
                              									dem Boote auszubreiten, und der Sack ohne Schwierigkeit eingeholt werden kann, um
                              									ihn, wenn nöthig, wieder zu füllen.
                           Wie aus den obigen Darlegungen hervorgeht, ist der wichtigste Punkt bei Benutzung des
                              									geschilderten Verfahrens die Art und Weise der Aufbringung des Oeles auf das Wasser
                              									und an die richtige Stelle. Die Benutzung von Oelsäcken kann immer nur ein
                              									Nothbehelf sein, der bei technischer Behandlung der Frage nicht in Betracht kommen
                              									kann. Unter diesem Gesichtspunkte sind denn auch in letzter Zeit namentlich seitens
                              									amerikanischer Erfinder viele Vorschläge zur Construction von Oelvertheilern gemacht worden, welche danach streben,
                              									das Oel an beliebige Punkte seitlich vom Schiffe zu leiten und den Oelausfluſs zu
                              									regeln. Die meisten dieser Oelvertheiler ähneln den bekannten Schmierbüchsen,
                              									während andere in Pump- und Spritzvorrichtungen bestehen.
                           Die Industrielle Rundschau vom 27. Oktober 1887 bringt
                              									nach dem Journal of the Franklin Institute die
                              									Wiedergabe eines im April d. J. auf einer Versammlung des genannten,
                              									wissenschaftlich hochbedeutenden Institutes von Capitän Townsend gehaltenen Vortrages, in welchem derselbe die Mängel der bisher
                              									versuchten Methoden beleuchtet und die Idee eines von ihm selbst erfundenen
                              									Oelvertheilers angibt. Der Vortragende bemängelt die Oelsäcke, weil besonders eine
                              									Regulirung des Ausflusses unmöglich ist, der Erfolg daher, besonders bei Nacht, fraglich,
                              									auſserdem der Oelverbrauch oft ein übermäſsiger, während die Aufbewahrung der auſser
                              									Gebrauch befindlichen, derartig hergerichteten Säcke nicht nur mit
                              									Unbequemlichkeiten, sondern auch mit Feuersgefahr verbunden ist. Townsend's Oelvertheiler (Fig.
                                 										1 bis 4) besteht in der Hauptsache aus
                              									einer hohlen Metallkugel von 25cm Durchmesser und
                              										7! Inhalt, die durch auſsen angelöthete starke
                              									Drahtringe verstärkt und in deren einem Theile Luft angesammelt ist, um das Ganze in
                              									aufrechter Stellung zu erhalten. Durch ein unteres Ventil tritt das Wasser ein und
                              									drängt das leichtere Oel durch ein oberes, mit einer Gradeintheilung versehenes
                              									Ventil hinaus. Von diesem kann eine Röhre den Strom auf die geeignete Stelle der
                              									Flut leiten, wobei der Ausfluſs durchaus regelmäſsig und ununterbrochen stattfindet.
                              									Hat der Apparat seine Füllung verausgabt, so wird er entweder aufs Neue gefüllt oder
                              									durch einen anderen ersetzt. Die Aufbewahrung desselben im gebrauchsfertigen
                              									Zustande ist weder schwierig noch gefahrbringend und seine Tragbarkeit ermöglicht
                              									die Anwendung in jedem Theile des Schiffes, sowie in den Booten. Der Oelverbrauch
                              									ist ein verhältniſsmäſsig geringer.
                           Fig. 1., Bd. 267, S. 119Fig. 2., Bd. 267, S. 119Fig. 3., Bd. 267, S. 119Fig. 4., Bd. 267, S. 119Fig. 5., Bd. 267, S. 119Fig. 6., Bd. 267, S. 119Fig. 7., Bd. 267, S. 119 Etwas umständlicher ist ein anderer, neuerlich in Vorschlag gebrachter
                              									Apparat, in Fig. 5, 6,
                              										7, nach „La
                                    											Nature“ abgebildet, welcher gegenüber dem ersteren den Vorzug hat,
                              									daſs der Ausfluſs des Oeles entsprechend dem Andränge der Wogen selbstthätig
                              									regulirt wird. Aus jedem der vorn im Schiffe befestigten Oelbehälter R geht eine knieförmig gebogene, mittels eines Hahnes
                              									verschlieſsbare Verbindungsröhre nach einem Vertheiler V, der
                              									sich seitlich am Schiffe in vertikaler Stellung befindet. Der Eintritt des Oeles in
                              									den Vertheiler wird durch die Pumpe P bewirkt. In einem
                              									äuſseren Cylinder läſst sich ein innerer Cylinder auf- und abwärts bewegen. Die
                              									abwärts gehende Bewegung bewirkt eine oberhalb des inneren Cylinders in den äuſseren
                              									eingesetzte Feder g, die letzteren beständig nach unten
                              									zu drücken strebt. Die aufwärts gerichtete Bewegung veranlaſst der Druck der Wogen
                              									gegen die Platte f an einem kleinen Bolzen, welcher an
                              									dem Boden des inneren Cylinders befestigt ist und durch den des äuſseren
                              									hindurchgeht. Die Wandungen beider Cylinder sind mit feinen Löchern b versehen, welche hinsichtlich der Gröſse einander
                              									entsprechen, so daſs sie bei gehobenem inneren Cylinder über einander passen. Wird
                              									nun bei hochgehender See die Pumpe bethätigt, so tritt das Oel durch die Röhre a in den inneren Cylinder ein; der Druck des Wassers
                              									auf die Platte f und damit auf den Boden des inneren
                              									Cylinders hebt diesen so weit, daſs die inneren und äuſseren Oeffnungen auf einander
                              									treffen, so daſs das Oel nun so lange ausströmt, als die bei der Hebung des
                              									Cylinders ausgeübte Kraft der Wogen der Federkraft Widerstand leistet. Legen sich
                              									die Wogen, so sinkt der innere Cylinder und der weitere Ausfluſs wird unterbrochen,
                              									während ein erneutes Steigen der Wellen den Apparat wieder in Bewegung bringt.
                              									Demnach steht die Menge des Ausflusses von Oel im Zusammenhange mit der Stärke und
                              									Heftigkeit der Wellen.
                           Zu diesen Spritz- und Schmiervorrichtungen tritt soeben ein andersgearteter
                              									Oelvertheiler, welcher ganz besondere Beachtung verdient, da er sich auch bereits
                              									trefflich bewährt hat. Dieser neue Vertheiler gestattet die Verbreitung von Oel
                              									abseits vom Schiffe in beliebiger Entfernung, unabhängig von den Stromverhältnissen.
                              									Derselbe ist von dem zweiten Officier des Norddeutschen Lloyd-Dampfers „Werra“, Wilhelm
                                 										Meissel, erfunden und in zwei Ausführungsformen patentirt (die bezüglichen
                              									Patentschriften sind noch nicht veröffentlicht). Die Erfindung besteht im
                              									Wesentlichen darin, daſs ein kleiner Oelbehälter in der Hülse einer Rakete
                              									angeordnet ist, so daſs er von letzterer beim Abfeuern mitgenommen wird, um endlich
                              									eventuell mit Hilfe eines Zeitzünders durch einen Sprengsatz zertrümmert zu werden,
                              									so daſs hierdurch eine Vertheilung des Oeles auf den Wellen erreicht wird. Der
                              									Erfinder gibt folgenden Bericht über praktische Versuche mit dieser Vorkehrung:
                           Ich lieſs an Bord des Norddeutschen Lloyd-Dampfers „Werra,“ Kapitän Bussius, im November
                              									1887 auf dem Atlantischen Ocean, mir vier Oelcylinder aus dünnem Zinkblech 5, 4, 3
                              									und 2 Zoll hoch anfertigen. Nachdem dieselben mit Oel gefüllt und die Sprengladung
                              									hineingethan war, wurden die Raketen fertig gemacht. Der Raketenstock wurde an
                              									seinem unteren Ende mit Bleistreifen beschwert und die Rakete gehörig abbalancirt.
                              									Es sollten zwei Raketen in der Luft und zwei Raketen im Wasser zur Explosion gebracht werden.
                              									1. Rakete. Oelcylinder 4 Zoll hoch, Raketendurchmesser 1⅞ Zoll. Die Richtvorrichtung
                              									wurde unter einem Winkel von 30° zur Horizontalen gestellt und die Rakete nach
                              									rechts abgefeuert. Die Rakete flog etwa 900 bis 1000 Fuſs voraus und es erfolgte
                              									Sprengung. Die Sprengung des Oelbehälters erfolgte etwa 25 Fuſs über der Oberfläche
                              									des Wassers. Die Detonation wurde deutlich vernommen und verbreitete sich das Oel
                              									blitzschnell über eine groſse Fläche, die See glättete sich und nur die Dünung blieb
                              									im Wasser. Nach einiger Zeit durchschnitt die „Werra“ die Oelmenge und es war interessant, zu beobachten, wie der
                              									weiſse Bugschaum seine Farbe verlor und auch das Bugwasser sich nicht verschlug. Die
                              									Rakete ölte eine Wasserfläche von etwa 2000 Quadratfuſs. 2. Rakete. Oelcylinder 5
                              									Zoll hoch. Die Rakete sollte im Wasser zur Explosion gebracht werden und wurde
                              									horizontal abgefeuert. Die Rakete flog gegen 100 bis 150 Fuſs vor dem Steven ins
                              									Wasser; brannte im Wasser weiter, da die ausströmenden Gase ein Auslöschen derselben
                              									verhinderten und kam der Oelbehälter zur Explosion. Die Wirkung war dieselbe wie bei
                              									der zuerst abgefeuerten Rakete. 3. Rakete. Oelcylinder 3 Zoll hoch. Die Rakete wurde
                              									vom Schiffskörper mit 300 Elevation abgefeuert und flog im horizontal gestreckten
                              									Bogen etwa 1200 Fuſs weit. Der Oelbehälter explodirte etwa 20 bis 30 Fuſs über
                              									Wasser und ölte eine gegen 120 Fuſs lange und 8 Fuſs breite Wasserfläche. 4. Rakete.
                              									Oelcylinder nur 2 Zoll hoch. Die Rakete sollte im Wasser zur Explosion gebracht
                              									werden. Dieselbe schlug bei 15° Elevation vor dem Steven ins Wasser und brannte bis
                              									zur Explosion unter Wasser weiter. Das Oel vertheilte sich schnell und war die
                              									Wirkung der geringen Oelmenge überraschend. Weitere Versuche werden auf der nächsten
                              									Reise bei eventuell schwerem Wetter durch den Herrn Kapitän Bussius angestellt werden.
                           Die Raketen sollen hauptsächlich bei Strandungsfällen Verwendung linden. Dieselben
                              									können auch vom Lande aus über das Wrack geschossen werden, wodurch die Gewalt der
                              									Brandung vermindert und das Auslaufen des Rettungsbootes erleichtert wird. Auch
                              									dürften die Rettungsversuche auf hoher See durch Anwendung von Oelraketen weniger
                              									gefahrvolle sein. Ferner lassen sich diese Raketen an Bord eines lenzenden Schiffes
                              									im Moment des Beidrehens mit Erfolg anwenden. – Gröſsere Versuche werden in nächster
                              									Zeit seitens der amerikanischen Regierung angestellt werden.
                           In englischen Häfen hat man übrigens durch Anlegung einer langen, unter Wasser
                              									fortgeführten Röhrenleitung mit Oel, die in weiterer Entfernung vom Lande sich
                              									öffnete, um das Oel dort auf die Wasseroberfläche zu schaffen, mit Erfolg gekrönte
                              									Versuche zur Herstellung eines ungefährlichen Fahrwassers vor dem Hafeneingange
                              									gemacht. Aber alle diese Versuche treffen nicht den Kern der Sache, der darin liegt,
                              										daſs man vermittels
                              									der Raketen es in der Hand hat, das Oel jeder Zeit und auf jedem Punkte nicht allein
                              									vom Strande, sondern auch von einem in Fahrt befindlichen Schiffe aus zu entsenden,
                              									und zwar letzteres auch mit Erfolg in der Fahrrichtung nach vorn. Hierdurch ist
                              									jedem Fahrzeuge die Möglichkeit gegeben, sich der gefährlichen, von vorn kommenden
                              									Brecher zu erwehren, indem es auf eine Entfernung von mehreren hundert Fuſs die von
                              									vorn anstürmende See durch Oel zu glätten vermag.
                           
                              
                                 Mg.