| Titel: | Ueber die Fortschritte der Photographie und der photo-mechanischen Druckverfahren; von Prof. J. M. Eder in Wien. | 
| Autor: | J. M. Eder | 
| Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 174 | 
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                        Ueber die Fortschritte der Photographie und der
                           								photo-mechanischen Druckverfahren; von Prof. J. M. Eder in Wien.
                        (Patentklasse 57. Fortsetzung des Berichtes Bd.
                           								264 S. 505.)
                        Eder, über Fortschritte der Photographie.
                        
                     
                        
                           Die bereits in unserem letzten Berichte erwähnte „Kaiserl.
                                    											Königl. Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und
                                    											Reproductionsverfahren“ in Wien (VII. Westbahnstraſse Nr. 25) wird
                              									mit Entschlieſsung Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich am 1. März 1888 in allen ihren Abtheilungen eröffnet
                              									werden. Wie aus dem bereits ausgegebenen Programme der Anstalt ersichtlich ist, wird
                              									der Unterricht in den für die Photographie und die wichtigeren photographischen
                              									Druckmethoden erforderlichen Gegenständen von Fachlehrern sowohl theoretisch als
                              									auch praktisch in dieser Specialanstalt ertheilt werden. Mit derselben ist auch eine
                              										Versuchsanstalt für Photographie und Photochemie
                              									u.s.w. verbunden, in welcher wissenschaftliche Arbeiten und auch für Private
                              									Untersuchungen von Materialien vorgenommen werden.
                           In Paris wird die Errichtung einer „Schule für das
                                 										Buchgewerbe,“ worin auch die photographischen Methoden berücksichtigt werden
                              									sollen, geplant.
                           
                        
                           Photochemie.
                           Zur Bestimmung der Dichte photographischer Niederschläge
                              									wirft Abney das Bild des Negativs mittels eines
                              									Projectionsapparates auf einen weiſsen Schirm, vor welchem ein einen Schatten
                              									werfender Stab steht, und reflectirt von derselben Lichtquelle mittels eines
                              									Spiegels Licht gegen diesen Stab, welcher somit zwei Schatten wirft, von denen der
                              									eine nur durch das an die betreffende Stelle dringende Licht, der andere durch das
                              									reflectirte Licht erleuchtet wird. Der letztere Lichtstrahl wird nun durch eine von
                              									einem Elektromotor getriebene schnell rotirende Scheibe mit Oeffnungen von variabler
                              									Gröſse so lange modificirt, bis beide Schatten gleich dunkel sind. Man kann, um jede
                              									Täuschung durch die Nachbarschaft auszuschlieſsen, durch schwarze Masken das
                              									umgebende Licht abhalten (Photographisches Wochenblatt,
                              									1887 S. 131 aus Photographic News, 1887 S. 69). Dr. Stolze bemerkt hierzu (a. a. O.), daſs die Abschwächung
                              									des Lichtes anstatt durch rotirende Scheiben, viel einfacher auf folgende Weise
                              									geschehen kann: Man wirft das reflectirte Licht so auf den Schirm, daſs es einen
                              									Lichtkreis bildet und vergröſsert oder verkleinert den Spiegel durch aufgelegte
                              									Blenden, deren Gröſse die Helligkeit des Lichtkreises regulirt.
                           Mittels seiner Methode kann man die optische Dichtigkeit eines photographischen
                              									Silberbildes bestimmen. Abney fand (Photographisches Wochenblatt, 1887 S. 175 aus Photographic News, 1887 S. 137), daſs z.B. eine
                              									Emulsionsplatte bei immer steigender Belichtung an einer 3m entfernten Lichtquelle von 10 Kerzenstärken und
                              									darauf folgender Entwicklung mit Eisenoxalat folgende Dichtigkeit an den reducirten Stellen
                              									gibt:
                           
                              
                                 
                                    Belichtung
                                    
                                 Dichtigkeit des reducirten Silbers
                                 
                              
                                 
                                    Photographischer Werth
                                    
                                 
                                    Optischer Werth
                                    
                                 
                              
                                 10
                                 Secunden
                                 lang
                                 105
                                 104
                                 
                              
                                 20
                                 „
                                 „
                                 71
                                 71,5
                                 
                              
                                 40
                                 „
                                 „
                                 39,5
                                 40
                                 
                              
                                 80
                                 „
                                 „
                                 19,7
                                 17
                                 
                              
                                 160
                                 „
                                 „
                                 9,8
                                 7,5
                                 
                              
                           Selbstverständlich gelten diese Ziffern nur für einen einzelnen speciellen Fall und
                              									ändern sich mit der Art der Emulsion und Entwickelung. Jedoch geht deutlich hervor,
                              									daſs die Schwärzung der Silberverbindung durchaus nicht proportional der
                              									Lichtwirkung erfolgt.
                           Von Carey Lea in Philadelphia erfolgte eine sehr
                              									eingehende Publication über rothes Silber-Chlorid, Bromid
                                 										und Jodid, sowie über Heliochromie und das latente
                                 										photographische Bild, welche im American Journal of
                                 										Science, 1887 Bd. 32 S. 349 (Photographic
                                 										News, 1887 S. 337) veröffentlicht und in „Photographische Correspondenz,“ 1887 S. 287 ausführlich
                              									mitgetheilt ist. Er stellt neue Arten von Silbersubchlorid, -bromid und -jodid dar,
                              									indem er entweder auf fein vertheiltes metallisches Silber unterchlorigsaure Salze
                              									u.s.w. wirken läſst oder das Chlorsilber in Ammoniak löst und mit reducirenden
                              									Substanzen (Eisenvitriol u.s.w.) zusammenbringt oder das Silberoxyd durch Hitze
                              									partiell reducirt und mit Salzsäure versetzt. Die erhaltenen meist lebhaft roth
                              									gefärbten Verbindungen hält Lea identisch mit den durch
                              									Belichtung entstandenen Producten aus Chlorsilber u.s.w. und nennt deshalb die neuen
                              									Verbindungen Photochlorid, -bromid oder -jodid.
                              									Dieselben enthalten 1½ bis 7 Proc. Silbersubchlorid u.s.w. – Die rosenfarbige Form
                              									des Photochlorides nimmt im farbigen Licht eine
                              									entsprechende Färbung an und gleicht den Becquerel'schen Schichten zur Erzeugung von Heliochromien. Die Abhandlung ist
                              									sehr umfangreich und ist zur auszugsweisen Mittheilung ungeeignet.
                           Nach Hodgkinson hat das sogen. Silberphotochlorid von
                              										Lea die Zusammensetzung: Ag3Cl3Ag2O. Beim Belichten von Chlorsilber unter Wasser
                              									beobachtet man die Bildung von Ozon; sind Nitrite in
                              									der über dem Chlorsilber stehenden Lösung enthalten, so bildet sich bei der
                              									Belichtung Stickoxyd. Beim Glühen verliert das völlig
                              									trockene Photochlorid an Gewicht, was beim Chlorsilber nicht der Fall ist (Photographic News; Chemiker Zeitung Bd. 11 S. 216).
                           Gottlieb Marktonner-Turneretscher stellte „Photometrische Versuche über die Lichtempfindlichkeit
                                    											verschiedener Silberverbindungen“ an. Durch vergleichende Messungen
                              									der Lichtempfindlichkeit verschiedener Silbersalze im Forschen Photometer, wobei ein
                              									Chlorsilbernormalpapier nach Bunsen's Vorschrift
                              									benutzt wurde, wurden folgende Beobachtungen gemacht: Brom- und Jodsilber färben
                              									sich auf Papier bedeutend schneller als Chlorsilber. Silberalbuminat ist für sich
                              									wenig empfindlich, mit Chlorsilber gemengt gibt es vorzügliche photographische Copien. Ameisensaures
                              									Silber schwärzt sich auch ohne Lichteinwirkung. Die Silbersalze der Homologen der
                              									Ameisensäure bis zur Caprinsäure zeigen mit steigendem Kohlenstoffgehalt eine
                              									steigende Lichtempfindlichkeit. Die höheren Glieder der Fettsäurereihe lassen keine
                              									derartige Abstufung erkennen., wohl, weil die Uebertragung ihrer Silbersalze auf
                              									Papier groſse Schwierigkeiten bietet.
                           Isobuttersaures Salz bleibt constant an Empfindlichkeit hinter dem buttersauren
                              									Silber zurück. Es zeigt sich also, daſs Isomerie die photochemischen Vorgänge
                              									beeinfluſst. Dagegen ist die physikalische Isomerie der activen und inactiven
                              									Aethylidenmilchsäure ohne Einwirkung auf die Lichtempfindlichkeit.
                           Oxalsaures Silber ist sehr lichtempfindlich, weniger die Silbersalze der Malon-,
                              									Aepfel-, Wein-, Citronen- und Hippursäure. Die Empfindlichkeit dieser Salze wurde
                              									stark gesteigert durch Behandlung mit Ammoniakdämpfen.
                           Während die Halogen Verbindungen des Silbers bei Belichtung eine mehr oder minder
                              									graue Farbe annehmen, färben die organischen Salze sich mehr röthlich bis bräunlich.
                              									Am intensivsten findet dies beim Oxalsäuren Silber statt, wenn dasselbe der
                              									Ammoniakräucherung ausgesetzt war (Sitzungsbericht der
                                 										Akademie der Wissenschaften Wien Bd. 95 2. Abth. Märzheft; auch Chemisches Centralblatt, 1887 S. 1278).
                           Ueber photo-elektrische Ströme, welche beim Belichten
                              									eines Paares von jodirten Silberplatten entstehen, stellte James Moser Versuche an und beobachtete die Entstehung eines Stromes bis
                              									zu ½ Volt (Monatshefte für Chemie, 1887: auch Eder's Jahrbuch für
                                 										Photographie für 1887 S. 296).
                           
                              
                                 Gläser zu photographischen
                                    											Objectiven.
                                 
                              Die bereits mehrfach in meinen Berichten erwähnten neuen Glassorten aus dem
                                 										glastechnischen Laboratorium von Schott in Jena
                                 										geben zu zahlreichen Versuchen auf dem Gebiete der photographischen Optik
                                 										Veranlassung. Moritz Mittenzwei in Pölbitz schlägt
                                 										in einer ausführlichen Abhandlung in „Eder's Jahrbuch für Photographie für 1887“ S. 324
                                 										die Combination von leichtem Silicat-Flint mit Barium-Silicat-Crown vor zur
                                 										Construction einfacher, sowie achromatischer periskopischer Objective.
                              
                           
                              
                                 Beleuchtungsvorrichtungen im
                                    											Atelier.
                                 
                              Ueber diesen Gegenstand erschien eine instructive Broschüre von Klary unter dem Titel „Artiste Photographe. L'eclairage des portraits
                                       											photographiques.“ Paris 1887 (Gauthier-Villars).
                              
                           
                              
                                 Anwendung der Photographie zu
                                    											wissenschaftlichen Zwecken.
                                 
                              Von E. Mach und P.
                                    											Salcher liegt nunmehr die ausführliche Beschreibung ihrer höchst
                                 										interessanten Arbeit über „photographische Fixirung
                                       													der
                                       												durch Projectile in der Luft eingeleiteten Vorgänge
                                    										 (Sitzungsbericht der Wiener Akademie der
                                    											Wissenschaften, 1887 Bd. 95 2. Abth.); es sind die betreffenden
                                 										Augenblicksphotographien daselbst wiedergegeben und lassen die durch das
                                 										Projectil erzeugten Luftwellen und Wirbel deutlich erkennen. Ueber diese
                                 										Untersuchungen, sowie über photographische Stroboskope berichtet Mach in „Eder's Jahrbuch für Photographie für 1888 S.
                                    										284.“
                              Ueber „die Momentphotographie in ihrer Anwendung auf
                                       												Kunst und Wissenschaft von J. M. Eder“ ist bei W. Knapp in Halle a. S. die II. Serie der
                                 										Illustrationen erschienen, welche zahlreiche Originalaufnahmen in Lichtdruck und
                                 										Heliogravüre enthält und namentlich für Physiologen als auch für Thier- und
                                 										Genremaler als Quelle zu Studien dient.
                              Von Batut wurde die von Galton erfundene Methode der Compositionsbilder (s. unseren Bericht 1885 Bd. 258 S. 189) weiter
                                 										durchgeführt und durch diese Art des Uebereinanderlegens verschiedene
                                 										Porträtaufnahmen zur Ermittelung des Typus von Familien und Racen angewendet. In
                                 										seiner Broschüre „La Photographie appliquée à la production du type d'une famille, d'une
                                       												race etc.“ (Paris 1887. Gauthier-Villars) ist die Herstellung genau beschrieben und durch
                                 										photographische Tafeln erläutert.
                              Die in regelmäſsigen Intervallen aufgenommenen Momentbilder von Anschütz geben in einem
                                 										Stroboskop ausgezeichnete Bewegungsbilder. Anschütz
                                 										construirte ein neues Stroboskop, bei welchem durchsichtige Glaspositive in
                                 										kreisförmige Bewegung versetzt und jedesmal, wenn sie beim Auge des Beschauers
                                 										vorübergehen, durch das Licht einer Geiſsler'schen
                                 										Röhre erhellt werden (Eder's Jahrbuch für Photographie für 1888 S. 176).
                              Die Photographie eines Regenbogens gelang Prof. Kayser in Hannover (1887) und zwar mit
                                 										Azalinplatten auf dem Rigikulm; auch Ellerbeck in
                                 										Liverpool hatte eine derartige Aufnahme bereits 1886 gemacht (Photographisches Archiv, 1887 S. 312).
                              Zur Herstellung einer photographischen Sternkarte
                                 										des gesammten Himmels wurde am 16. April v. J. ein internationaler
                                 										astronomischer Congreſs nach Paris einberufen, zu welchem auch der
                                 										Berichterstatter delegirt war. Man einigte sich, allerorts gleichartige
                                 										Fernrohre (Refractoren von 33cm Oeffnung)
                                 										anzuwenden; der angenommene Maſsstab der Clichés wird 60mm auf einen Grad sein und es soll ein Cliché
                                 										eine Fläche des Himmels von vier Quadratgraden enthalten, so daſs für die 41000
                                 										Quadratgrade Himmelsfläche 10250 Clichés erforderlich sind. Damit die einzelnen
                                 										Aufnahmen etwas über einander greifen, wird man Platten von etwa 16 : 16cm verwenden müssen. Als empfindliche Schichte
                                 										sollen Bromsilbergelatineplatten verwendet werden.
                              
                           
                              
                              
                                 Orthochromatische
                                    											Photographie.
                                 
                              H. W. Vogel nahm ein Patent für rothe und violette
                                 										Farbstoffe als Sensibilisatoren für farbenempfindliche photographische Emulsion.
                                 										Man setzt der Collodium- oder Gelatine-Emulsion 1 bis 4 Proc. einer Lösung eines
                                 										Gemisches von Chinolinroth und Chinolinblau oder Cyanin (hergestellt aus
                                 										Chinolin, Pyridin und Benzotrichlorid o. dgl.) in 500 bis 1000 Th. Wasser oder
                                 										Alkohol hinzu, oder man badet die fertigen Emulsionsplatten oder Papiere etwa
                                 										eine Minute lang in einer mit 1 bis 2 Proc. Ammoniak versetzten Lösung der
                                 										Farbstoffe. Durch den Zusatz des Chinolinrothes und Chinolinblaues werden die
                                 										photographischen Platten gegenüber den bereits bekannten mit Eosin gefärbten
                                 										Platten für die Farben Gelb und Orange empfindlich. Die nach vorstehendem
                                 										Verfahren gefärbten Platten führen im Handel den Namen „Azalin“-Platten
                                 										(D. R. P. Nr. 39779 vom 16. Mai 1886).
                              Bothamley veröffentlicht in der „Photographie News“ (auch Bulletin de l'Association belge de Photographie,
                                 										1887 S. 530) eine Abhandlung über orthochromatische
                                    											Photographie, welche eine Wiederholung und Bestätigung der vom
                                 										Referenten vor zwei Jahren in dem „Sitzungsberichte
                                       												der Wiener Akademie der Wissenschaften“ Bd. 90 Abth. II
                                 										Decemberheft veröffentlichten Untersuchung über die Wirkungen des
                                 										Sonnenspectrums auf Farbstoffe aus Bromsilber enthält.
                              P. Mallmann und Scolik
                                 										stellen eine für orthochromatische Aufnahmen dienende Collodionemulsion mittels
                                 										Bromsilber und überschüssigem löslichem Bromsalz dar, wonach gewaschen und durch
                                 										Zusatz der bekannten Lösung von ammoniakalischem Eosinsilber (vgl. 1887 263 336 ff.) die Empfindlichkeit für Gelb erhöht
                                 										wird. Sie lösen 3g,5 Bromammonium in möglichst
                                 										wenig Wasser, fügen 40cc heiſsen Alkohol und
                                 											40cc 4proc. Pyroxylin enthaltendes
                                 										Rohcollodion hinzu. Andererseits löst man 5g
                                 										Silbernitrat in 6 bis 7cc Wasser, fügt 50cc heiſsen Alkohol und alkoholische Ammoniaklösung bis zur Bildung von Silberoxydammoniak
                                 										hinzu; die erwärmte Lösung wird mit 40cc
                                 										Rohcollodion gemischt und mit der Bromlösung nunmehr gemengt und geschüttelt.
                                 										Nach 2 bis 3 Stunden gieſst man in viel Wasser, sammelt die ausgeschiedene
                                 										Emulsion, trocknet sie und löst in Alkohol-Aether auf. Hierauf löst man frisch
                                 										gefälltes gewaschenes Eosinsilber in alkoholischem Ammoniak und fügt von dieser
                                 										Lösung zur Emulsion bis zur Rothfärbung. – Als Entwickler dient eine Mischung
                                 										von 20cc gesättigter wässeriger Lösung von
                                 										kohlensaurem Ammoniak, 2 bis 3cc alkoholische
                                 										Pyrogallollösung (1 : 10) und einige Tropfen Bromkaliumlösung (1 : 10). Die mit
                                 										der Collodionemulsion überzogenen Platten werden sofort verwendet (Photographische Correspondenz, 1887 S. 494).
                              
                                 (Schluſs folgt.)