| Titel: | Ueber die Herstellung venetianischer Mosaiken und Glasstudien. | 
| Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 223 | 
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                        Ueber die Herstellung venetianischer Mosaiken und
                           								Glasstudien.
                        Herstellung venetianischer Mosaiken und Glasstudien.
                        
                     
                        
                           Ueber dieses Thema hat Prof. H. Schwarz einen Vortrag im
                              										Verein zur Beförderung des Gewerbfleiſses in
                                    										Deutschland (Berlin)Nach gefälligst eingesendetem Seperatabdruck aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes, 1887
                                       											S. 204. gehalten, dem wir das Folgende entnehmen: Zunächst
                              									bespricht Schwarz die Versuche, welche er behufs
                              									Ermittelung der rationellen Zusammensetzung eines Normalglases angestellt hat, das
                              									bei genügender Leichtschmelzigkeit und Billigkeit den nordischen klimatischen
                              									Einflüssen genügend Widerstand leisten konnte. Die feingepulverten Glasproben wurden
                              									durch feinste Müllergaze gesiebt und unter häufigem Umschütteln mit 10 procentiger
                              									Salzsäure digerirt. 5g Glas blieben mit 50cc dieser Salzsäure bei etwa 40° durch 24 Stunden
                              									in Berührung, worauf 40 bis 45cc abfiltrirt und
                              									zur Trockne gebracht wurden. Im Rückstand wurden die gelösten Glasbestandtheile
                              									quantitativ bestimmt. Es zeigte sich, daſs die vom Vereine vorgeschriebene
                              									Normalformel 6SiO2 + RO + R2O vollkommen genügt, indem solche Gläser nur etwa
                              									0,16 bis 0,42 Proc. an die Säure abgeben. Das Glied RO war durch Bleioxyd, Kalk,
                              									Baryt und Zinkoxyd, das Glied R2O durch Kali und
                              									Natron vertreten, wobei natürlich auch eine theilweise Substitution in derselben
                              									Basenklasse zulässig erschien und in mannigfaltiger Art durchgeführt wurde. Man
                              									hätte im Gliede RO auch Magnesia oder Strontiumoxyd, endlich verschiedene Farboxyde
                              									einführen können.
                           In dem häufig angewendeten Glase Nr. VIIDie mit römischen Zahlen bezeichneten 22 Glassorten sind auf Veranlassung von
                                    											Prof. Schwarz hergestellt worden und zeigen
                                    											folgende Zusammensetzung:Nr.I.6(SiO2)PbO.K2O.„II.6(SiO2)PbO.Na2O.„III.6(SiO2).PbO.NaKO.„IV.6(SiO2).CaO.K2O.„V.6(SiO2).CaO.Na2O.„VI.6(SiO2).CaO.NaKO„VII.6(SiO2).½PbO.½CaO.½K2O.½Na2O.„VIII.5(SiO2).PbO.K2O.„IX.5(SiO2).PbO.Na2O.„X.5(SiO2).PbO.KNaO.„XI.5(SiO2).CaO.K2O.„XII.5(SiO2).CaO.Na2O.„XIII.5(SiO2).CaO.Na2O.K2O.„XIV.4(SiO2).CaO.K2O.„XV.3(SiO2).CaO.K2O.„XVI.6(SiO2).BaO.K2O.„XVII20SiO2 + 3K2OSnO2„XVIII.6(SiO2).½PbO.½BaO.K2O.Nr.XIX.6(SiO2).½PbO.½ZnO.K2O.„XX.6(SiO2).⅓PbO.⅓ZnO(SnO2).⅓BaO.K2O.„XXI.6(SiO2).⅓PbO.⅓ZnO(SnO2)⅓BaO.½K2O.½Na2O.„XXII.6(SiO2).¼PbO.¼ZnO.¼BaO.¼CaO.½K2O.½Na2O. finden wir ½ Mol. Bleioxyd neben ½ Mol. Kalk, ½ Mol. Natron neben ½ Mol Kali, eine
                              									Glasmischung, welche bei genügender Leichtschmelzigkeit sich billig aus gemengten
                              									Brocken von englischem und böhmischem Krystall und dem gewöhnlichen Kalknatronglas
                              									bezieh. unter Zusatz von Sand, Mennige, Kreide, Soda, Potasche darstellen lieſs.
                              									Noch complicirter erscheint Nr. XXII von der Formel
                           6SiO2 + ¼PbO + ¼BaO + ¼ZiO + ¼CaO
                              									+ ½Ka2O + ½Na2O.
                           Die Gläser wurden zum Theil auf der Reich'schen
                              									Glashütte in Voitsberg geschmolzen, wo dann ein umständliches Formiren durch
                              									Zerschneiden nöthig war, theils im hessischen Tiegel erzeugt und direkt in
                              									Rahmenformen gegossen, worauf ein Kühlen in der geheizten Gasmuffel auf
                              									Asbestpappenunterlage folgte.
                           Die Analyse eines Theiles dieser Gläser zeigte, daſs die Zusammensetzung, wenigstens
                              									bei den Laboratoriumsgläsern nicht wesentlich von den aus der Synthese berechneten
                              									Zahlen abwich, der Schmelzverlust also unbedeutend war. Der Weber'schen Probe mit MHgas gegenüber verhielten sich alle diese Gläser
                              									indifferent.
                           Um die Grenze der Widerstandsfähigkeit kennen zu lernen, wurden sub Nr. VIII bis XIII
                              									Gläser nach der Formel 5SiO2 + RO + R2O dargestellt, bei denen Weber's Probe zwar ebenfalls versagte, die Salzsäuredigestion aber 1 bis
                              									1,5 Proc. Gelöstes ergab, was noch immer zulässig erscheint. Für die gefärbten
                              									Pasten, bei denen durch Farboxyde und Trübungsmittel die Acidität meist herabgesetzt
                              									wird, erschienen diese Versuche besonders wichtig. Eine Berechnung sämmtlicher
                              									Proben auf ihr Aciditätsverhältniſs zeigt nur ausnahmsweise ein Herabgehen der
                              										SiO2-Mol. unter
                              										2,5\,\mbox{SiO}_2+1\left\{\mbox{RO}\ \ \,\atop
                                 										\mbox{R}_2\mbox{O.} Die Ausnahmen sind besonders bei den Versuchen zu
                              									bemerken, bestimmte gegebene Nuancen nachzubilden, die sich nur in stark basischen
                              									Gläsern hervorrufen lassen. Eventuell ist eine leichte Abhilfe in der Vermehrung der
                              									Kieselsäure bei speciellen Nuancen geboten.
                           In den Nr. XIV und XV liegen endlich Gläser mit 4 bezieh. 3 Mol. SiO2 auf 1RO + 1R2O
                              									vor. Hier reagirt Weber's Probe entsprechend energisch;
                              									an die Digestionssalzsäure gab Nr. XIV 7,66 Proc., Nr. XV gegen 45 Proc. ab.
                              									Letztere wurde daher vollkommen aufgeschlossen.
                           Die verschiedenen Proben, auf ihr specifisches Gewicht geprüft, zeigten bei den
                              									Bleioxydgläsern ein specifisches Gewicht über, bei den Kalkgläsern bedeutend unter
                              									3. Auffallend war es, daſs die Natrongläser um etwas schwerer waren, als die
                              									entsprechenden Kaligläser. Wenn sich dies auch theilweise dadurch erklärt, daſs das
                              									niedere Molekulargewicht des Natrons bei den Bleigläsern einen gröſseren Procentgehalt an Bleioxyd bedingt,
                              									so mag auch der Umstand von Einfluſs sein, daſs ebenso wie die Metalle auch die
                              									Salze des Natriums specifisch schwerer als die des Kaliums sind.
                           Schmelzbarkeitsversuche, durch Einbringen der Glaspulver in die geheizte Gasmuffel
                              									und Vergleichen des Sinterungsgrades angestellt, führten zu der Annahme, daſs der
                              									Procentgehalt an Kieselsäure die Schmelzbarkeit wesentlich beeinfluſst Bleiglas ist
                              									nicht deshalb schmelzbar, weil das Bleioxyd ein besonders gutes Fluſsmittel ist,
                              									sondern weil sein hohes Molekulargewicht bei gleicher Formel den Procentgehalt an
                              									Kieselsäure herabdrückt. Das Normalkalkkaliglas enthält etwa 75,5 das
                              									Bleioxydkaliglas 53,4 Proc. Kieselsäure.
                           Eine weitere Prüfung auf Haltbarkeit gewährt endlich das Verhalten der Gläser gegen
                              									destillirtes Wasser unter hohem Dampfdruck. In einem Autoclaven von Muencke wurden die Proben etwa 1 Stunde lang mit
                              									destillirtem Wasser auf 15at Spannung erhitzt.
                              									Auch die Normalgläser werden dadurch so weit angegriffen, daſs die feinmatte Fläche
                              									das Beschreiben mit einem Bleistift gestattet. Normalglas Nr. I (Si6PbKaO14), Nr. IV
                              										(Si6CaKa2O14), Nr. V (Si6Na2CaO14), Nr. VIII
                              										(Si5PbKa2O12), Nr. XIII (Si5CaKaNaO12), Nr. XIV (Si4CaKaO10), ferner
                              									Gläser nach der Formel Si4CaNa2O12 und Si60,5CaNa3O14, dann braunes Flaschenglas, Fensterglas,
                              									böhmische Verbrennungsröhren zeigten in dieser Beziehung nur unwesentliche
                              									Unterschiede, indessen war das alkalireichere Glas am stärksten angegriffen.
                              									Tiefgreifend verändert wurden die sogen. Thüringer Biegeröhren; sie waren bei
                              									gleicher Behandlung fast millimetertief innen und auſsen in eine weiſse, opake Masse
                              									verwandelt, die sich in Schuppen von dem noch glasigen Kern ablöste; man hätte bei
                              									längerem Erhitzen dieses Glas ganz zerkochen können. Das unveränderte Glas zeigt die
                              									Formel 6\,\mbox{SiO}_2+0,5\,\mbox{CaO}+1,7\,\left.{\mbox{Ka}\atop
                                 										\mbox{Na}}\right\}\mbox{O} einen Mangel an Kalk, einen Ueberschuſs an
                              									Alkali; es verlor beim Dämpfen etwa 11 Proc. seines Gewichtes, in der alkalisch
                              									reagirenden Lösung wurden Kieselsäure und Alkali neben wenig Kalk gefunden, während
                              									die Zusammensetzung der Schuppen bei 100° getrocknet der Formel
                           
                              6\,\mbox{SiO}_2+0,54\,\mbox{CaO}+0,57\,\left.{\mbox{Ka}\atop
                                 										\mbox{Na}}\right\}\mbox{O}+3\,\mbox{H}_2\mbox{O}
                              
                           entsprach. Diese 3 Mol. Wasser entweichen erst beim
                              									Glühen.
                           Augenscheinlich sollte der Alkaliüberschuſs die Leichtschmelzigkeit des Glases
                              									fördern und der geringe Kalkgehalt das Entglasen beim öfteren Anwärmen verhindern.
                              									Bleiglas, das für Biegeröhren sonst sehr geeignet wäre, schwärzt sich zu leicht vor
                              									der Lampe durch Bleireduction. Daſs man diesem Glase, das sonst als Typus des
                              									Natronglases gilt, auch Kali zugesetzt hat, geschah wohl ebenfalls der leichteren
                              									Schmelzbarkeit halber. Wo die Alkalisalze im Ueberschuſs vorhanden sind, so beim Aufschlieſsen der
                              									Silicate, wird in der That die Leichtschmelzigkeit durch die Mischung erhöht, bei
                              									Silicatüberschuſs kommt dieselbe indessen nach meinen Versuchen wenig zur
                              									Geltung.
                           Die Mosaikpasten müssen opak sein, um durch Reflexion zu wirken und den Untergrund zu
                              									decken. Bei sehr intensiv gefärbten dunkeln Gläsern kann man zwar die Trübung
                              									entbehren, und bei den lebrigen Kupfergläsern fällt Färbung und Trübung
                              									zusammen.
                           Neben den in den venetianischen Originalgläsern gefundenen Trübungsmitteln,
                              									Arsensäure und Antimonsäure, wurde auch noch die Prüfung anderer zum Opakmachen
                              									geeigneter Verbindungen, wie Knochenasche, Zinnoxyd und Fluoride, vorgenommen.
                           Nach der Untersuchung einiger in der Groſsindustrie erzeugten Opakgläser, so
                              									Milchglas, Alabasterglas, Kryolithglas, Emailglas, Spathglas, in denen
                              									Kieselsäureüberschuſs, Arsensäure, Zinnoxyd in geringen Mengen, endlich Kryolith und
                              									Fluſsspath die Trübung hervorrufen, wurde eine Reihe mehr oder weniger gelungener
                              									Schmelzversuche angestellt, deren Resultate kurz folgende sind:
                           1) Zinnoxyd eignet sich wenig für Normalgläser, in denen es sich bei längerem
                              									Schmelzen klar auflöst, wobei es sich wohl der Kieselsäure zur Seite stellt. Bei
                              									weniger heiſsem Schmelzen bleiben unaufgelöste Körnchen zurück, die nur wenig
                              									trüben. Im Deckemail für Eisenguſs und in der Glasur der Emailkacheln oder der
                              									echten Majoliken liegen stark basische Gläser vor, was zur Hervorrufung der Opacität
                              									durch Zinnoxyd nöthig scheint. Da eine genügende Dünnflüssigkeit durch Boraxzuschlag
                              									herbeigeführt werden muſs und viel Zinnoxyd nöthig ist, würde das Glas auch theuer
                              									werden. Zinnoxyd ist nur zur Glasur, nicht zur Glastrübung brauchbar.
                           2) Die Knochenasche, das Tricalciumphosphat, das sonst vielfach verwendet, jetzt aber
                              									in der Lampenglockenfabrikation wegen der gelblichen Färbung des durch solches
                              									Milchglas durchfallenden Lichtes aufgegeben ist, dürfte ebenfalls für die
                              									Pastentrübung ungeeignet erscheinen. Man muſs groſse Mengen davon (bis 30 Proc.)
                              									verwenden, das Glas schmilzt dann schwieriger und tritt die Trübung eigentlich erst
                              									beim Anwärmen gut hervor. Sie mag auf der Ausscheidung z.B. von Dicalciumphosphat
                              									beruhen und tritt dadurch zur Arsensäuretrübung in Beziehung. Meine Versuche damit
                              									gaben erst bei Boraxzusatz genügend flüssiges Gas.
                           3) Die Fluorverbindungen – Kryolith, Fluſsspath und Fluorwasserstoff-Fluorkalium –
                              									ergaben besonders zufriedenstellende Resultate, indem sie schon in relativ geringer
                              									Menge (5 bis 10 Proc.) ein reinweiſses, gleichmäſsig opakes Glas lieferten, das
                              									überdem wesentlich an Schmelzbarkeit gewonnen hatte. Wenn man trotzdem in neuerer
                              									Zeit in den Glashütten dem Kryolith vorwirft, daſs er Häfen und Oefen stark
                              									angreife, so liegt dies wohl in einer miſsverständlichen Anwendung desselben. Der dafür üblich
                              									gewordene Ausdruck „Emailsoda“ zeigt, daſs man damit auch die Soda ersetzen
                              									wollte und deshalb unnöthig groſse Mengen anwendete. Bei einem Versuche, wo nach
                              									einer Rezeptangabe ¾ Glas Nr. VII und ¼ Kryolith angewendet wurden, bildete sich
                              									eine dünnflüssige Glasgalle, die sich leicht vom Glase abgieſsen lieſs und im
                              									Wesentlichen die Formel CaFl2 + 3NaFl besaſs, und
                              									die man auch direkt durch Zusammenschmelzen von Fluſsspath und Fluornatrium im
                              									Platintiegel über dem Bunsenbrenner darstellen konnte. Der kieselsaure Kalk hatte
                              									sich mit dem Fluoraluminium in kieselsaure Thonerde und Fluorcalcium umgesetzt, das
                              									sich mit dem restirenden Fluornatrium verband. Durch solche dünnflüssige Massen
                              									werden die Häfen leicht zerstört, indem unmerkliche Sprünge dadurch rasch erweitert
                              									werden. Auſserdem liefert das verdampfende Fluorsilicium mit dem Wasserdampf der
                              									Flamme Fluorwasserstoff, der wieder die Ofen wände angreift, was sich alles durch
                              									die Beschränkung auf die zur Trübung nöthige geringe Menge vermeiden oder wenigstens
                              									stark vermindern läſst. Die Trübung hängt meiner Ansicht nach mit der Bildung von
                              									Kieselfluormetallen zusammen, die sich fein vertheilt im Glase ausscheiden. Die
                              									Thonerde des Kryolithes spielt keine wesentliche Rolle, da auch Fluſsspath und
                              									Fluorkalium gut trübend wirken Die Zusätze von Thonerdehydrat (aus Bauxit) oder von
                              									Feldspath beim Fluſsspath, wie sie die Praxis vorschreibt, erscheinen
                              									unmotivirt.
                           Die Wirkung des Kryolithes erklärt sich Schwarz nach
                              									folgender Formel 4(Al2Na6Fl12) + 9SiO2 = 4Al2O3
                              									+ 6Na2O + 6Na2SiFl6 + 3SiFl4. Das Fluorsilicium ist in den beim Schmelzen entweichenden weiſsen
                              									Dämpfen enthalten. Schwarz suchte neuerdings obige
                              									Formel durch einige quantitativ im Platintiegel durchgeführte Schmelzversuche zu
                              									rechtfertigen. Als ein Gemenge von Sand und Kryolith nach obiger Formel gemischt
                              									wurde, betrug der Schmelzverlust nur 4,4 Proc., was einer modificirten Formel 4Al2Na7Fl12 + 9SiO2 =
                              										2(SiO2 + 2Al2O3 + Na2O) + 6Na2SiFl6 + FlNa + SiFl4 entsprach. Dieses
                              									Fluornatrium löste sich langsam in Wasser, das Filtrat reagirte neutral, ergab durch
                              									Fällen mit Kalkmilch Fluorcalcium im Niederschlag und Aetznatron im Filtrat, was
                              									alles mit Fluornatrium stimmt. Ein besseres Resultat ergab sich mit der doppelten
                              									Menge Kieselsäure, also nach der Formel 4(Al2Na6Fl12) + 18SiO2 + 9SiO2 + 6Na2O + 4Al2O3 + 6Na2SiFl6 + 3SiFl4. Hiernach
                              									muſsten 11,35 Proc. Schmelzverlusteintreten, während 11,55 Proc. beobachtet wurden.
                              									Bei einer Schmelze von 100 Th. Normalglas VII und 15 Th. Kryolith entwichen nur 2
                              									Mol. SiFl4, da die Kieselsäure im Glas schon zu sehr
                              									gebunden war, 10 Th. Kryolith wären wohl vollständig zersetzt worden Da auch
                              									Probeschmelzen mit 16,6, 6,6 und 3,3 Th. Kryolith ergaben, daſs erstere Menge zu
                              									stark, letztere zu wenig wirkte, wurde bei den Pastengläsern meist die Grenze
                              									zwischen 10 bis 15 Proc. Kryolith eingehalten.
                           
                           Beim Fluſsspath zeigt sich die Trübungsfähigkeit etwas vermindert, die Zersetzung
                              									erfolgt nach der Formel 3CaFl2 + 3SiO2 = 2CaSiO3 +
                              										CaSiFl6. Daſs hier kein Fluorsilicium auftritt,
                              									mag neben dem billigeren Preise die Bevorzugung des Fluſsspathes durch die Praxis
                              									erklären. In den Pastengläsern ruft er durch seinen Eisengehalt die Neigung zu
                              									ternären Färbungen hervor.
                           Dies fällt bei dem sehr reinen Fluorwasserstoff-Fluorkalium fort, das man zweckmäſsig
                              									mit etwas Alkali neutralisirt, um beim Schmelzen mit Glas das Entweichen des
                              									Fluorsiliciums zu mindern. Beim Satzschmelzen erfolgt die Sättigung nebenbei durch
                              									die angewendeten Alkalien. Die Zersetzungsformel ist analog der des Fluſsspathes
                           6KaFl + 3SiO2 = 2Ka2SiO3 + Ka2SiFl6.
                           4) Antimonsäure als Trübungsmittel scheint auf ein basischeres Grundglas angewiesen
                              									zu sein, wie es in vielen venetianischen Pasten vorliegt. Normalgläser zeigen damit
                              									leicht die Erscheinung des Durchgehens, wobei die Antimonsäure in flüchtiges
                              									Antimonoxyd und Sauerstoff zerfällt. Bequemer ist die Anwendung des käuflichen
                              									metaantimonsauren Natrons oder des basisch antimonsauren Bleioxydes (Neapelgelb).
                              									Die Unsicherheit der Wirkung läſst diese Trübungsmittel gegen die Fluorverbindungen
                              									zurückstehen.
                           5) Die Arsensäure erscheint für gewisse Nuancen der
                              									Gold- und Silbergläser unentbehrlich. Statt des käuflichen Monokaliumarseniats
                              									wandte Schwarz ein Gemisch von gleichen Theilen
                              									arseniger Säure und Kalisalpeter an, aus welchem Gemenge unter Bildung von
                              									salpetriger Säure nach der Formel: As2O3 + 2KaNO3 =
                              										2KaAsO3 + N2O3 das Monokaliumarseniat entsteht. Eine
                              									Verdreifachung der Salpetermenge und dadurch veranlaſste Bildung von
                              									Trikaliumarseniat hatte keinen besonderen Erfolg. Alle Arsenweiſsgläser schmelzen
                              									blank ein und werden erst durch Anlaufen opak, wobei wahrscheinlich arsensaures Blei
                              									herauskrystallisirt. Der Gehalt an Arsensäure kann zwischen 4 bis 8 Proc. schwanken,
                              									mehr davon würde beim Schmelzen als arsenige Säure und Sauerstoff entweichen.
                           Bei den Pastengläsern unterscheidet man Grundglas, Trübungs- und Färbemittel. Nur bei
                              									sehr intensiv gefärbten Pasten kann man die Trübungsmittel weglassen und tritt in
                              									einzelnen Fällen das Färbemittel selbst als Trübung auf.
                           Schwarz hat versucht, durch entsprechende Mischung die
                              									primären, secundären oder tertiären Farbennuancen der Pastengläser in den
                              									verschiedenen Tönen von Hell und Dunkel zu erzeugen. Die Glastechnik hat im
                              									Bestreben, reine intensive Nuancen herzustellen, gerade den binären und mehr noch
                              									den ternären Nuancen wenig Werth beigelegt, während insbesondere die letzteren für
                              									das Mosaik die gröſste Bedeutung besitzen.
                           Die Nuance wurde sowohl durch allmähliche Vermehrung der Menge des färbenden Oxydes, als
                              									auch für dunkle Färbungen durch Verminderung oder Aenderung des Trübungsmittels
                              									hervorgerufen. Bei den meisten Färbemitteln liefert der Guſs oder die Pressung
                              									gleich das gewünschte Product, in anderen Fällen tritt die Farbe bezieh. Trübung
                              									erst durch Anlaufen beim Wiederanwärmen ein.
                           Schwarz bespricht nun die Farben, die durch gelöste
                              									regulinische Metalle: Gold, Silber, Kupfer, im Glase hervorgebracht werden.
                           Daſs sich einzelne Metalle in heiſsem geschmolzenen Glase auflösen, ist bekannt (vgl.
                              									z.B. R. Zsigmondy 1887 266
                              									367). Die Färbung tritt dann erst nach dem Anlaufen ein, indem das Metall in
                              									molekularer Form ausgeschieden wird.
                           Kühlt sich das fertig geschmolzene Glas langsam ab, so tritt die Ausscheidung in
                              									dichterer Form auf, das Glas trübt sich, wird lebrig. Beim Golde genügt schon eine
                              									sehr kleine Menge, höchstens 1/10000 des Glasgewichtes, um intensive Purpurfärbung
                              									zu erzeugen, falls man nur Sorge trägt, daſs es wirklich vollkommen gelöst wird.
                              									Stark basische Bleioxydkaligläser zeigen das gröſste Lösungsvermögen. Durch
                              									möglichste Vertheilung des Goldes im Glassatz und langes heiſses Schmelzen erreicht
                              									man die vollkommenste Sättigung. Wird lebrig gewordenes Glas aufs Neue geschmolzen,
                              									so löst sich nur ein Theil des ausgeschiedenen Goldes wieder auf, ein anderer setzt
                              									sich als Kügelchen zu Boden und die Färbung beim Anlaufen ist gering.
                           Welche Gold Verbindung zur Verwendung kommt, ist gleichgültig, da alle schon weit vor
                              									der Schmelztemperatur metallisches Gold liefern. Schwarz wendete eine verdünnte Goldchloridlösung, 0g,005 Au auf 1cc, an, die dem Schmelzsande beigemischt wurde. Da beim Eintrocknen durch
                              									Capillarwirkung die Vertheilung ungleich werden konnte, wurde nachträglich ein
                              									Reductionsmittel, meist eine Lösung von Mercuronitrat zugegeben, die das Gold mit
                              									violetter Farbe auf dem Sande fällte. Der nachträglich ausgeglühte Sand erschien
                              									schwach röthlich gefärbt, wie es dem höchsten Grade der Vertheilung des Goldes
                              									entspricht. Die Qucksilberverbindung wird dabei natürlich ohne Rückstand
                              									verflüchtigt.
                           Auf 100g Glas wurden 1 bis 3cc der Goldlösung angewendet, was 1/20000, 1/10000, 1/6666 Gold
                              									entspricht. Beim Sande, der die doppelte Menge Glas bildet, natürlich das Doppelte.
                              									Als Grundglas wurde theils Nr. I, theils Nr. VII, endlich das bleireiche Ebellglas
                              									verwendet, auch schmolz man wohl zuerst ein Weiſsglas mit etwa 8 Proc. arseniger
                              									Säure und gleich viel Salpeter, schreckte es in Wasser ab, worauf dem Pulver das
                              									Gold zugesetzt und von Neuem eingeschmolzen wurde. Der umgekehrte Weg, erst
                              									durchsichtiges Goldglas zu schmelzen und nach dem Abschrecken das Trübungsmittel
                              									zuzufügen, gab schlechte Resultate, wohl weil beim zweiten Schmelzen das Gold lebrig
                              									ausgeschieden und nicht vollkommen wieder gelöst wurde.
                           Die Anwendung von Kryolith als Trübungsmittel ergab im Allgemeinen helle rothe Nuancen, die
                              									indessen häufig marmorirt waren, was Schwarz auf eine
                              									partielle lebrige Ausscheidung des Goldes zurückführt. Besonders auffallend zeigt
                              									sich dies bei Anwendung des Fluſsspathes, der unerwarteter Weise statt rothe schöne
                              									graugrüne Töne hervorrief. Man kann dies kaum durch den Eisengehalt desselben
                              									erklären, da ein Zusatz von Eisenoxyd zum Arsensäure-Goldglase wieder die
                              									purpurrothe Färbung lieferte. Die leichte Schmelzbarkeit, welche durch
                              									Fluorverbindungen erreicht wird, führt leicht dazu, das Schmelzen früher zu
                              									unterbrechen, ehe die vollkommene Lösung des Goldes erzielt ist, wo dann eine
                              									lebrige Ausscheidung zu erwarten ist. Sehen wir von dem Zwecke, rothes Glas zu
                              									erzeugen, ab, so bieten gerade diese unerwarteten Färbungen eine gute Ausdehnung der
                              									Mosaikpalette. Das Anlaufen ändert die Nuance der fluorgetrübten Goldgläser nur
                              									wenig.
                           Metallisches Silber, im Glase gelöst, kommt bisher meist
                              									als sogen. Lasur zur Verwendung. Ein Silbersalz, meist Chlorsilber, wird mittels
                              									Thonschlämpe vertheilt auf Glasplatten dünn aufgestrichen, die sich nach dem
                              									Einbrennen in der Muffel und Abbürsten des Thones schön und intensiv gelb gefärbt
                              									zeigen. Schmelzgläser in dieser Art darzustellen, scheint erst in neuerer Zeit
                              									böhmischen Glashütten gelungen zu sein.
                           Sehr interessant gestalteten sich die Versuche durch Combination von Gold- und
                              									Silberfärbung (mit Arsensäuretrübung. Es bildeten sich orangegraue bis zinnobergraue
                              									Töne, welche zur Färbung von Fleischpartien für den Maler von groſsem Werthe sind.
                              									Die Nuancen waren leicht zu variiren, wenn von dem Verhältniſs gleicher Gold- und
                              									Silbermengen nach der einen oder anderen Seite abgewichen wurde.
                           Fluortrübung verursachte auch bei reinem Silber grüngraue Bänderung. Wurde dieses
                              									Lebrigwerden vermieden, so erhielt man ebenfalls orangegraue bis gelbe
                              									Färbungen.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)