| Titel: | Ueber die Herstellung venetianischer Mosaiken und Glasstudien. | 
| Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 325 | 
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                        Ueber die Herstellung venetianischer Mosaiken und
                           								Glasstudien.
                        (Schluſs des Berichtes S. 279 d. Bd.)
                        Herstellung venetianischer Mosaiken und Glasstudien.
                        
                     
                        
                           Schwarz kommt nun noch einmal auf die Frage der
                              									Haltbarkeit der Pasten zurück, da die Formel der Normalgläser durch die färbenden
                              									und trübenden Beimengungen Aenderungen erleiden muſs. Sofern indessen hierdurch die
                              									Formel nicht unter 5SiO2 auf 1RO + 1R2O herabgeht, kann man auf genügende
                              									Widerstandsfähigkeit rechnen. Ehe die mit sämmtlichen Pastenproben durchgeführte
                              									Berechnung unternommen wurde, muſste die Stellung der verschiedenen zugesetzten
                              									Verbindungen festgelegt werden.
                           Zu den Säuren werden gerechnet: Arsensäure, Antimonsäure, Phosphorsäure, Borsäure,
                              									Zinnoxyd und Thonerde, welche letztere beiden sich den Alkalien gegenüber sicher als
                              									Säuren verhalten. Der Einfachheit halber wird angenommen, daſs diese Säure Molekül
                              									pro Molekül einander und die Kieselsäure vertreten. Die verschiedene Basicität
                              									dieser Säuren konnte um so weniger in Rechnung gezogen werden, da wir nicht wissen,
                              									wie vielbasisch die Kieselsäure ist, d.h. wie viel Moleküle der Basen nöthig sind,
                              									um 1 Mol. Kieselsäure zu einem neutralen Salze zu sättigen. Die übrigen Verbindungen
                              									gehören natürlich zu den Basen. Die trübenden Fluorverbindungen erforderten eine
                              									complicirtere Berechnung. Beim Kryolith wird einerseits Kieselsäure als flüchtiges
                              									Fluorsilicium entzogen, andererseits Thonerde den Säuren zugefügt. Zu den Basen
                              									tritt ein Theil des Natrons, ein anderer geht in das indifferente Salz des
                              									Silicofluorats ein. Beim Fluſsspath ändert sich durch Austreten von Fluorkiesel und
                              									Eintreten von Kalk die Basicität stärker, ebenso beim Fluorkalium. Eine von Schwarz nach diesen Voraussetzungen berechnete Tabelle
                              									zeigt, daſs die von ihm hergestellten Pasten jene Sicherheitsgrenze nicht
                              									unterschreiten. Nur bei nach Muster hergestellten tritt dies manchmal und zumeist
                              									dann ein, wenn eine bestimmte Nuance durch Anwendung basischer Gläser erzwungen
                              									werden muſs. Porporino z.B. muſs weit unter dieser
                              									Grenze bleiben. Es ist selbstverständlich, daſs man in bedenklichen Fällen dem
                              									Normalglase neben den Oxyden noch etwas Kieselsäure zusetzen kann, die leicht gelöst
                              									wird.
                           Zu den glänzenden Effecten der Mosaikgemälde tragen nicht am wenigsten die sogen. Fondi d'oro oder Goldgrundgläser bei, durch welche der
                              									typische Goldgrund der byzantinischen Heiligenbilder nachgebildet wird.
                           Zwischen einem dicken Grund- und einem sehr dünnen Deckglase ist ein mäſsig starkes
                              									Goldblatt eingeschlossen. Beide Gläser sind durch die Poren des Goldblattes mit
                              									einander verschweiſst, wodurch fast unbegrenzte Haltbarkeit des Goldglanzes
                              									gesichert ist. Schwarz hatte Gelegenheit, einige Mosaiksteinchen aus der
                              									Sophienkirche zu erhalten, bei denen sich die Goldgrundgläser noch in unveränderter
                              									Frische zeigten. Die Analyse derselben ergab ein ziemlich alkalireiches
                              									Kalknatronglas von der Formel 6SiO2 + 1,23RO +
                              										1,59R2O. Bleioxyd findet sich in diesem alten
                              									Glase noch nicht. In den modernen venetianischen Goldgrundgläsern tritt neben Kalk
                              									Bleioxyd, neben Natron Kali auf. Sie sind meist grünlich oder bläulich gefärbt und
                              									wahrscheinlich aus allerlei Bruchglas zusammengeschmolzen; da sie durch das Gold
                              									genügend gedeckt werden, ist eine Trübung unnöthig. Nur für besondere Effecte, um
                              									den Glanz des Goldes möglichst zu heben, wird ein klebriges Kupferglas verwendet.
                              									Die Formel einer blaugrünen Probe stellte sich auf 6SiO2 + 1,28RO + 1,46 R2O, also ziemlich
                              									basisch.
                           Verschiedene Deckgläser zeigten groſse Aehnlichkeit in der Zusammensetzung mit dem
                              									Grundglase, wodurch ein gleiches Verhalten bei der Erwärmung und eine sichere
                              									Verbindung erreicht werden. Höchstens eine etwas gesteigerte Leichtschmelzigkeit
                              									durch Verminderung der Kieselsäure mag vorliegen, da die Erfahrungen beim
                              									Ueberfangen mit Kupferrubin es gezeigt haben, daſs die sichere Verbindung gefördert
                              									wird, wenn die dünne Ueberfangschicht etwas leichtschmelziger hergestellt wird.
                              									Diese dünnen Deckgläser (Vetre volante) werden, dem
                              									Aussehen der Scherben nach, als Walzen geblasen, die indessen am unteren Ende nicht
                              									geöffnet, sondern bloſs von der Pfeife abgesprengt werden. Schwarz hält ihre Anfertigung nach Art der englischen Mondgläser für
                              									zweckmäſsiger. Die so äuſserst dünnen mikroskopischen Deckgläser, welche man nach
                              									Mittheilung von Zeiſs in Jena immer noch von Chance Broths in Birmingham bezieht, deuten ebenfalls
                              									darauf hin, da das Mondglasverfahren bekanntlich englischen Ursprungs ist. Ein
                              									Fortschritt der Neuzeit liegt darin, daſs diese Deckgläser in verschiedenen zarten
                              									Farben hergestellt werden. Das Licht, welches vom Goldblatt reflectirt wird, passirt
                              									die Deckschicht zweimal, die deshalb weder zu dick noch zu intensiv gefärbt sein
                              									darf. Unter dieser Bedingung aber sind die Effecte des Reflexes von geradezu
                              									wunderbarer Wirkung. Dieselben werden noch mannigfaltiger durch die Anwendung dünner
                              									Platinfolie, die sich mit dem Glase besonders gut verbindet, da die
                              									Ausdehnungscoefficienten des Platins und des Glases nahezu zusammenfallen.
                              									Silberfolie ist nicht zu verwenden, da sie vom schmelzenden Glase unter Gelbfärbung
                              									aufgenommen wird. Dem Gold- oder Platinblatt kann man vielleicht auch das
                              									Anstreichen mit Glanzgold oder Glanzplatin substituiren, wobei die harzigen Lösungen
                              									nach dem Einbrennen bei niederer Temperatur glänzend metallische Schichten
                              									hinterlassen. Die leichte Abnützbarkeit dieser Schichten käme, da sie ja durch das
                              									Deckglas geschützt sind, nicht in Frage, doch ist der Glanz wegen der partiellen
                              									Durchsichtigkeit nicht so groſs.
                           Schwarz ist es auch gelungen, ohne von dem in Venedig
                              									üblichen Verfahren
                              									Kenntniſs zu haben, eine Methode zur Herstellung dieser Fondi d'oro aufzufinden, von welcher sich nachträglich herausstellte, daſs
                              									sie mit der in Venedig gebräuchlichen übereinstimmte. Man legt das Deckglas auf eine
                              									mit Kreide- oder Thonschlämpeanstrich versehene eiserne Schaufel, wodurch das
                              									Anheften des Glases vermieden ist, bringt das Goldblatt auf das Deckglas und erhitzt
                              									in der Muffel bis zum Erweichen. Hierauf trägt man die Schaufel mit dem Glase rasch
                              									zu dem Preſsklotze, setzt den Rahmen auf und gieſst das Grundglas auf, das sich dann
                              									innig mit dem Deckglase verbindet. Schlieſslich erläutert Schwarz noch den technischen Vorgang bei der Herstellung von
                              									Mosaikgemälden.
                           Nachdem der Künstler seine Skizze abgeliefert, wird diese, eventuell auf mechanischem
                              									Wege, vergröſsert, auf festes graues Papier übertragen und dieses in einzelne
                              									Blätter zerschnitten, welche ähnliche Farben und Töne umfassen. Die Glashütte erhält
                              									alsdann Bestellbriefe, denen ein Blatt Papier in der gewünschten Nuance und Ton,
                              									möglichst genau mit der Vorlage stimmend, beiliegt. Der Schmelzer muſs nun aus
                              									Bruchglas, Trübungsglas und Farboxyden bezieh. Farbgläsern diese Farbe möglichst
                              									genau reproduciren, was ihm durch häufiges Probeziehen, Ausbreiten zu einem flachen
                              									Streifen, Erkaltenlassen und Vergleichen mit dem Muster, wenn auch erst nach
                              									längerem Probiren gelingt. Der mit Dalmatiner Buchenholz geheizte kleine Glasofen
                              									enthält nur zwei Schmelztiegel, die leicht zugänglich unter den Arbeitsöffnungen
                              									stehen. Das fertige Glas wird mit einem kleinen Löffel ausgeschöpft und mitten auf
                              									die Preſsunterlage gebracht, worauf die obere Preſsplatte herabgelassen und mittels
                              									eines langen Hebels angepreſst wird, auf den sich der Schmelzer und sein Gehilfe
                              									setzen. Eine schiebende Bewegung, die sie mit den angestemmten Füſsen hervorbringen,
                              									vollendet die Glättung des Preſskuchens, der dann in einen schwach vorgewärmten
                              									Kühlofen übertragen wird. Dieses Formen nach Muster hat den Vorzug vor dem Arbeiten
                              									auf vollständige Farbenscalen, wobei sich unnöthiger Ballast ansammelt. Bei den zur
                              									Kleinmosaik gehörigen Stäbchen wird ein Ballen mit dem Nabeleisen herausgenommen,
                              									ihm auf dem Marbel ein quadratischer Querschnitt ertheilt, der dann beim Ausziehen
                              									in verkleinertem Maſsstab erhalten bleibt. Ist der ursprüngliche Querschnitt ein
                              									niedriges Rechteck, so resultiren durch das Ausziehen schmale Bänder, von denen
                              									Stücke abgebrochen werden, um die Contouren zu bilden. Die Formung der
                              									Mosaiksteinchen geschieht durch Zerschlagen der Kuchen auf einem breiten
                              									Stahlmeiſsel mit einer gleichgestalteten Hammerfinne. Zuerst werden Streifen, dann
                              									daraus nahezu quadratische Steinchen gebildet. Die Bruchfläche bildet die Schauseite
                              									des Gemäldes. Auf dem ausgebreiteten Musterbogen werden nun in den passenden Farben
                              									die Steinchen, oft in concentrischen Reihen, angeordnet und nach dem Eintauchen in
                              									einen Klumpen Mehl-Leimkleister durch Andrücken fixirt. Die fertigen Bogen
                              									werden flach in Kisten verpackt und nach der Baustätte versendet. Hier wird auf der
                              									mit gröſseren Fugen gemauerten Wand zuerst ein grober Grundbewurf aufgetragen, der
                              									eventuell noch durch Eintreiben von Nägeln in die Fugen oder durch Drähte und Netze
                              									darauf fixirt wird. Nach auſsen zu stellt man ebenfalls durch sägezahnartige Furchen
                              									eine Fläche dar, an welcher die feinere Mörtelschicht leicht haftet. In Italien
                              									nimmt man hierzu ein Gemenge von Kalkbrei und Marmorstaub, doch könnte man eventuell
                              									auch Cement benutzen und diesen durch Erdfarben entsprechend der Hauptfarbe der
                              									Mosaiksteine herstellen. In die nasse Mörtelschicht werden die Mosaiksteine mit
                              									ihren freien Flächen eingedrückt bezieh. mit dem Hammer angeklopft. Entfernt man
                              									nach dem Erstarren des Mörtels das Papierblatt durch Aufweichen und Abwaschen des
                              									Kleisters, so bleiben die Mosaiksteine mit vollkommen ebener Fläche zurück, da ihre
                              									verschiedene Dicke durch das mehr oder weniger starke Eindringen in den Mörtel
                              									ausgeglichen wird.
                           Bis jetzt ist Mosaik in Deutschland nur in beschränktem Maſse ausgeführt und fast nur
                              									aus Venedig bezogen worden. Es liegt indessen kaum ein haltbarer Grund vor, weshalb
                              									sich diese schöne Industrie nicht auch bei uns einbürgern sollte, da wir in Bezug
                              									auf Rohstoff und Heizung günstiger als Italien gestellt sind und auch der Künstler
                              									nicht ermangeln, die uns Vorwürfe zu Mosaikgemälden liefern können. Die Ausführung
                              									derselben ist Sache der Handfertigkeit und des geübten Farbensinnes. (Vgl. H. Schwarz 1885 258
                              									227.)