| Titel: | Ueber die Abnahme der Leuchtkraft eines Naphtagases durch Beimischung von Luft und die Explosivität eines solchen Gemisches; von L. Jawein und S. Lamansky. | 
| Autor: | L. Jawein , S. Lamansky | 
| Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 416 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Ueber die Abnahme der Leuchtkraft eines
                           								Naphtagases durch Beimischung von Luft und die Explosivität eines solchen Gemisches; von
                           								L. Jawein und S. Lamansky.
                        Ueber die Leuchtkraft des Naphtagases.
                        
                     
                        
                           Der vollständige Mangel von empirischen Daten in der technischen Literatur sowohl
                              									über den Einfluſs, den eine Beimischung von atmosphärischer Luft auf die Leuchtkraft
                              									eines Naphtagases ausüben muſs, als auch über die näheren Bedingungen, unter denen
                              									ein Gemisch von Naphtagas mit Luft explosiv wird, veranlaſste uns, einige Versuche
                              									zur Entscheidung dieser beiden Fragen auszuführen. Das Naphtagas, das bekanntlich
                              									aus dem Erdöl oder der Naphta, wie die in Ruſsland übliche Bezeichnung dafür lautet,
                              									oder auch aus Naphtarückständen gewonnen wird, ist in Russland1887 265 565. schon seit Jahren in
                              									einigen Fabriken und öffentlichen Gebäuden, die zu diesem Zwecke ihre eigenen
                              									Gasfabriken haben, in Anwendung. Dennoch war es uns nicht leicht, das zu den
                              									Versuchen erforderliche Naphtagas zu erhalten, weil es sich herausstellte, daſs die
                              									Zusammensetzung desselben bedeutenden Schwankungen unterworfen ist, wie wir uns
                              									durch Bestimmungen des specifischen Gewichtes überzeugten. Dasselbe schwankte z.B.
                              									in der Naphtagasanstalt, in der wir unsere Versuche begannen, im Laufe weniger
                              									Stunden zwischen 0,749 und 0,818 bei 17°. In einer anderen gröſseren Gasanstalt
                              									erhielten wir vergleichbare Resultate erst nachdem wir es so eingerichtet hatten,
                              									daſs die nöthigen Versuche an einem Tage ohne Unterbrechung ausgeführt werden
                              									konnten. Dieselben wurden in der Weise bewerkstelligt, daſs eine bestimmte Menge des
                              									Naphtagases aus der Leitung durch einen Gasmesser in einen kleinen Gasholder (der
                              									etwa 2 Cubikfuſs faſste) geleitet wurde, in welchen dann, durch einen anderen
                              									Gasmesser, auch die erforderliche Menge atmosphärischer Luft mittels eines
                              									gewöhnlichen Gasometers gebracht wurde. Von dem so erhaltenen Gemisch von Naphtagas
                              									und Luft wurde das specifische Gewicht und die Leuchtkraft bestimmt. Zur Bestimmung
                              									der letzteren wurde das Gas in einem speciell für Naphtagas eingerichteten Argandbrenner, der also zu diesem Zwecke mit kleinen
                              									Oeffnungen versehen war,
                              									angezündet und die Lichtstärke im Bunsen'schen
                              									Photometer gemessen, indem als Lichteinheit eine Normalspermazetkerze mit einer
                              									Flammenhöhe von 45mm benutzt wurde.
                              									Selbstverständlich wurde hierbei auch der Verbrauch des Gasgemisches wieder mittels
                              									des Gasmessers festgestellt. Sowohl zu Anfang, als auch nach Beendigung der
                              									Versuchsreihe waren das specifische Gewicht und die Lichtstärke des reinen
                              									Naphtagases bestimmt worden, die sich natürlich nicht verändert haben durften, wenn
                              									die Versuche entscheidend sein sollten. Die von uns erhaltenen Resultate sind in der
                              									folgenden Tabelle zusammengestellt:
                           
                              
                                 Gasgemisch
                                 SpecifischesGewicht
                                 StündlicherVerbrauch inCubikfuſs
                                 Lichtstärke
                                 StündlicherVerbrauch auf1 Kerze
                                 
                              
                                 Naphtagas
                                 0,685
                                 3,3
                                 31
                                 0,107
                                 
                              
                                 Gemisch mit   5% Luft
                                 0,719
                                 3,3
                                 25
                                 0,132
                                 
                              
                                 „           „  10%   „
                                 0,732
                                 3,3
                                 21
                                 0,157
                                 
                              
                                 „           „  20%   „
                                 0,755
                                 3,4
                                 15
                                 0,226
                                 
                              
                                 „           „  50%   „
                                 0,796
                                 3,3
                                     5,5
                                 0,600
                                 
                              
                           Der Druck, unter welchem das Gasgemisch aus dem Gasholder herausgelassen wurde,
                              									betrug bei allen diesen Versuchen 6''. Die Zimmertemperatur schwankte zwischen 19
                              									und 21°.
                           Aus den Daten der Tabelle ist zu ersehen, daſs durch eine Beimischung von Luft das
                              									specifische Gewicht des Naphtagases zunimmt, die Leuchtkraft dagegen eine bedeutende
                              									Abnahme erleidet. Bei 10 Proc. Luft sinkt die Lichtstärke des Naphtagases schon fast
                              									um ⅓, bei 20 Proc. um die Hälfte und bei 50 Proc. Luft wird sie 5½mal geringer.
                              									Freilich läſst sich auch durch ein mit Luft gemengtes Naphtagas eine gröſsere
                              									Lichtstärke erzielen, wenn man nur den Druck genügend vergröſsert, wobei aber der
                              									Gasverbrauch unverhältniſsmäſsig gesteigert werden muſs. So erhielten wir z.B. mit
                              									einem 50 Proc. Luft enthaltenden Naphtagas bei einem Druck von 16'' und einem
                              									stündlichen Verbrauch von 5,7 Cubikfuſs im Argand-Brenner eine Lichtstärke von etwa 23 Kerzen, also ein Resultat, welches
                              									das gewöhnliche Steinkohlenleuchtgas geben würde. Daſs das Naphtagas mit der Luft in
                              									unserem Gasholder immer genügend gemischt war, ehe wir das Gemisch zu den
                              									Bestimmungen benutzten, hatten wir uns durch besondere Versuche überzeugt, bei denen
                              									wir weder im specifischen Gewicht, noch in der Lichtstärke einen Unterschied
                              									wahrnehmen konnten, einerlei ob das Gasgemisch nach 10 bis 15 Minuten, nachdem es
                              									gemacht, oder erst am folgenden Tage untersucht worden war.
                           Zur Feststellung der Explosivität des mit Luft
                              									gemischten Naphtagases unterwarfen wir verschiedene Gemische desselben im
                              									Eudiometerrohre der Einwirkung des elektrischen Funkens. Das Naphtagas war in einem
                              									Gasometer, in den es durch Verdrängen von Wasser geleitet, tos Laboratorium gebracht
                              									worden. Bei allen Versuchen wurde in das mit Quecksilber gefüllte Eudiometer zuerst Luft und dann
                              									erst das Naphtagas geleitet. Das Volumen beider Gase wurde immer unter
                              									Atmosphärendruck gemessen, indem das Eudiometer durch den Boden der Quecksilberwanne
                              									mit einem anderen offenen Rohre verbunden und das Quecksilber so auf gleiches Niveau
                              									gestellt werden konnte. Darauf wurde das Eudiometerrohr, nachdem es mit dem Daumen
                              									geschlossen, herausgenommen und, um das Gas mit der Luft gehörig zu mischen, das
                              									darin befindliche Quecksilber mehrere Male vom unteren in den oberen Theil flieſsen
                              									gelassen. Sodann wurde das Eudiometer wieder in der Wanne aufgehängt und der Funke
                              									durchschlagen gelassen. Das in 500mm getheilte
                              									Eudiometer faſste etwa 110cc; das Gasgemisch
                              									reichte gewöhnlich bis ungefähr zum 350. Theilstrich, so daſs es während des
                              									Funkendurchschlagens sich immer unter einem etwa 150mm geringeren als dem Atmosphärendruck befand. Folgende Tabelle zeigt die
                              									gewonnenen Resultate:
                           
                              
                                 Gasvolumen
                                 Luftvolumen
                                 Explosion
                                 
                              
                                 1
                                 4,9
                                 bis
                                 5,2
                                 keine
                                 
                              
                                 1
                                 5,6
                                 „
                                 5,8
                                 schwache
                                 
                              
                                 1
                                 6,0
                                 „
                                 6,5
                                 starke
                                 
                              
                                 1
                                 7,0
                                 „
                                 9,0
                                 sehr starke
                                 
                              
                                 1
                                 10,0
                                 „
                                 13,0
                                 starke
                                 
                              
                                 1
                                 14,0
                                 „
                                 16,6
                                 schwache
                                 
                              
                                 1
                                 17,0
                                 „
                                 17,7
                                 sehr schwache
                                 
                              
                                 1
                                 18,0
                                 „
                                 22
                                 keine
                                 
                              
                           Ein Gemisch von Naphtagas mit Luft ist also explosiv, wenn auf 1 Vol. Gas 5,6 bis zu
                              									17,7 Vol. Luft kommen, d.h. wenn das Gemisch nicht weniger als 85 Proc. und nicht
                              									mehr als 94,4 Proc. Luft enthält. Am stärksten ist die Explosion bei 7 bis 9 Vol.
                              									Luft auf 1 Vol. Naphtagas. Diese Zahlen können natürlich als die genauen
                              									Explosionsgrenzen nur eben der Naphtagasprobe gelten,
                              									mit welcher die Versuche ausgeführt worden waren, da, wie bereits angeführt, die
                              									Zusammensetzung des Gases sehr veränderlich ist. Uebrigens ist es wohl kaum
                              									vorauszusetzen, daſs eine bedeutendere Verschiebung der gefundenen Grenzen für die
                              									Explosivität anderer Naphtagase mit Luft eintreten könne. Die Explosionsgrenzen von
                              									Grubengas mit Luft sindHandwörterbuch der Chemie Bd. 4 S.
                                    										364.: 1 Vol. Grubengas und 6 bis 16 Vol. Luft.
                           Nicht ohne Interesse dürfte es sein, darauf aufmerksam zu machen, wie langsam die
                              									Vermischung des Naphtagases mit der Luft im Eudiometer vor sich geht. Es war nämlich
                              									bei allen Versuchen, die in der obigen Tabelle als eine Explosion gebende angeführt
                              									sind, die Entzündung des Gasgemisches immer erst dann erfolgt, nachdem durch
                              									Schwenken des Eudiometers das Gas mit der Luft genügend gemischt worden war. In
                              									keinem einzigen Falle konnte die Explosion ohne vorheriges Mischen bewirkt werden
                              									(und der Versuch dazu war jedesmal gemacht worden), trotzdem die Gase immer
                              									verhältniſsmäſsig lange mit einander in Berührung blieben, ehe man den Funken
                              									durchschlagen lieſs, wie aus der Beschreibung der Versuche hervorgeht, bei denen das
                              									Einleiten und Messen des Naphtagases, das zur bereits im Eudiometer befindlichen
                              									Luft gebracht wurde, immerhin einige Zeit in Anspruch nehmen muſste. In einigen
                              									Versuchen erfolgte die Explosion sogar erst, nachdem das Eudiometer zum zweiten Mal
                              									geschwenkt worden war.
                           Zur genaueren Beurtheilung der Diffusion von Naphtagas und Luft wären Versuche in
                              									dieser Richtung mit den einzelnen Bestandtheilen des Gases sehr zu wünschen.
                           St. Petersburg, Januar 1888.