| Titel: | Zersetzung von Chlorammonium mit Phosphorsäure; von Dr. Konrad W. Jurisch. | 
| Autor: | Konrad W. Jurisch | 
| Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 424 | 
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                        Zersetzung von Chlorammonium mit Phosphorsäure;
                           								von Dr. Konrad W. Jurisch.
                        Jurisch's Zersetzung von Chlorammonium mit
                           								Phosphorsäure.
                        
                     
                        
                           Am 22. Mai 1885 erlangte Otto N. Witt ein deutsches
                              									Reichspatent, Kl. 75 Nr. 84395, auf ein Verfahren zur
                                 										Darstellung von Salzsäure und Ammoniak aus Chlorammonium durch Zersetzung mit
                                 										Phosphorsäure.Chemische Industrie, 1886 Bd. 9 S.
                                    										113.
                           Das Verfahren sollte in der Ammoniaksodafabrikation die lästige Destillation der
                              									Mutterlauge mit Kalk ersetzen, und zugleich das Chlor gewinnen lassen, welches sonst
                              									als Chlorcalcium verloren ging. Der Salmiak sollte aus der Mutterlauge gewonnen
                              									werden, entweder durch Eindampfen zur Trockne und Sublimation, oder durch
                              									fractionirte Krystallisation.
                           Eine Untersuchung dieses Verfahrens hat folgende Resultate ergeben:
                           Zu den Versuchen diente syrupdicke, wasserklare Phosphorsäure von 1,725 spec. Gew.
                              										1cc davon, durch Verdünnung genommen,
                              									erforderte bei der Titration – mit Methylorange als Indicator – 14cc,6 Normalnatronlauge. Dabei fand folgende
                              									Reaction statt:
                           
                              
                                 H3PO4
                                 +
                                 HNaO
                                 = H2NaPO4
                                    											+ H2O
                                 
                              
                                 98
                                 
                                 40
                                 
                                 
                              
                           Mit Lakmuslösung als Indicator bis zur vollständig blauen
                              									Färbung titrirt, erforderte 1cc dagegen 29cc,2 Normalnatronlösung; oder es bildete sich
                           
                              
                                 H3PO4
                                 +
                                 2HNaO
                                 = HNa2PO4
                                    											+ 2H2O
                                 
                              
                                 98
                                 
                                 80
                                 
                                 
                              
                           
                              
                                 Also zeigte 1cc
                                    											Normalnatronlösung an
                                 :  0,040g
                                 HNaO
                                 
                                 
                              
                                 
                                 = 0,040
                                 –   SO3
                                 = 0,049 H2SO4
                                 
                              
                                 mit Lackmus
                                 = 0,049
                                 – H3PO4
                                 = 0,0355 P2O5
                                 
                              
                                 mit Methylorange
                                 = 0,098
                                 – H3PO4
                                 = 0,071 P2O5
                                 
                              
                           Hiernach enthielt 1cc Phosphorsäure 1cc,43 H3PO4, oder 1g H3PO4 war in 0cc,7 Syrup enthalten. Nach Gewichtsprocenten
                              									enthielt die Phosphorsäure 82,94 Proc. H3PO4 oder 60,08 Proc. P2O5.
                           
                        
                           I. Versuch.
                           In einer Silberschale wurden 20g Salmiak mit 12cc,6 Phosphorsäure 3 Stunden lang erwärmt, ohne
                              									die Temperatur zu überschreiten, bei der Salmiak verdampft. Die Masse wurde zuletzt
                              									weich hornartig. Es konnte nicht alle HCl ausgetrieben werden, ohne zugleich auch
                              										NH4Cl zu verflüchtigen.
                           Die angewandten Mengenverhältnisse waren so bemessen, daſs folgende Reaction hätte
                              									eintreten können:
                           
                              
                                 2NH4Cl
                                 +
                                 H3PO4
                                 =
                                 H(NH4)2PO4
                                 +
                                 2HCl
                                 
                              
                                 2 × 53,5
                                 
                                 98
                                 
                                 132
                                 
                                 73
                                 
                              
                           denn da 12cc,6 Phosphorsäure
                              										18g H3PO4 enthielten, so genügten sie der Proportion
                           53,5 : 49 = 20 : 18.
                           
                           Nach dem Erkalten enthielt die Masse:
                           
                              
                                 Unzersetzten SalmiakFreie
                                    											PhosphorsäureAmmonphosphat, Wasser (durch Differenz)
                                 =   8,613g=   4,506=
                                    											17,532
                                 =   28,1 Proc.=   14,7    „=   57,2    „
                                 
                              
                                 Gesammtgewicht
                                 = 30,651g
                                 = 100,0 Proc.
                                 
                              
                           
                              
                                 
                                 H3PO4
                                 
                                 NH4Cl
                                 
                                 
                              
                                 Angewandt
                                 18g
                                 und
                                 20g
                                 
                                 
                              
                                 Unzersetzt geblieben
                                   4g,506
                                 „
                                   8g,613
                                 
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 Also haben
                                 13g,494
                                 H3PO4 und
                                 11g,387
                                 NH4Cl,
                                 
                              
                           enthaltend 3g,83 NH4, auf einander reagirt, und 17g,5 32 Salz mit etwas Wasser gegeben. Es kamen
                              									also auf:
                           
                              
                                 13g,494 H3PO4  3g,830 NH4
                                 : 98 = 0,138: 18 = 0,213
                                 1\ddot{1},54
                                 2\ddot{3}
                                 1 + 11\,\ddot{+}\,2
                                 
                              
                                 17g,324 Phosphat
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Man kann also annehmen, daſs die Hälfte der Phosphorsäure auf 1 Aequivalent NH4, die andere auf 2 Aequivalente NH4 reagirt hat, daſs also entstanden sind:
                           
                              
                                 H3PO4
                                 +
                                 NH4Cl
                                 =
                                 H2(NH4)PO4
                                 +
                                 HCl
                                 (saures Ammonphosphat = 115)
                                 
                              
                                 H3PO4
                                 +
                                 2NH4Cl
                                 =
                                 H(NH4)2PO4
                                 +
                                 2HCl
                                 (neutrales Ammonphosphat = 132)
                                 
                              
                           Hiernach berechnet, ergaben die in Reaction getretenen 13g,494 H3PO4 folgende Mengen:
                           
                              
                                   6,747g
                                 H3PO4
                                 +
                                 1,239g
                                 NH4
                                 =
                                   7,917g
                                 H2(NH4)PO4
                                 
                              
                                   6,747
                                 „
                                 +
                                 2,478
                                 „
                                 
                                    =
                                    
                                   9,088
                                 H(NH4)2PO4
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 13,494
                                 „
                                 +
                                 3,717
                                 „
                                 =
                                 17,005
                                 Salzmasse.
                                 
                              
                                 
                                 Die Schmelze hat folglich noch
                                 
                                   0,527
                                 Wasser und andere Ver-
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 17,532g
                                 
                                 
                              
                                 unreinigungen enthalten.
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Hiermit ist jedoch noch keineswegs bewiesen, daſs keine anderen Phosphate zugegen
                              									waren. Es hätte sich z.B. aus der Summe von je 1 Mol. der beiden Orthophosphate
                              									durch Austritt von 1 Mol. Wasser ein Pyrophosphat bilden können:
                           H3(NH4)3P2O8 – H2O = H(NH4)3P2O7.
                           Bis hierher sind von 20g Salmiak 11g,387 zersetzt oder es sind 56,94 Proc. HCl
                              									ausgetrieben worden.
                           
                        
                           I. Versuch, 1. Fortsetzung.
                           Von den 30g,651 wurden 27g,45 weiter behandelt. Dieselben sind
                           
                              
                                 entstanden aus:
                                 haben in der Schmelzegegeben:
                                 Es reagirten auf einander
                                 
                              
                                 17,91g  Salmiak16,159
                                    											Phosphorsäure
                                   7,71g unzersetztes NH4Cl  4,02 freie H3PO415,70 Salze
                                 12,084g  3,43
                                 H3PO4NH4
                                 
                              
                                 
                                 27,43 Schmelze
                                 15,514
                                 Phosphate
                                 
                              
                           Diese 27g,45 Schmelze wurden noch mit ebenso viel
                              									Phosphorsäure Ersetzt, als zu ihrer Bildung verwendet worden war, nämlich mit 16g,159 oder 11cc,3 Phosphorsäure, so daſs folgende Reaction eintreten konnte:
                           
                              
                                 NH4Cl
                                 +
                                 H3PO4
                                 =
                                 H2(NH4)PO4
                                 +
                                 HCl
                                 
                              
                                 53,5
                                 
                                 98
                                 
                                 115
                                 
                                 
                                 
                              
                           Erst jetzt entstand eine vollständig klare Lösung. Dieselbe wurde auf einem Drahtnetz
                              									bei etwa 250 bis 300° erhitzt. Es entwickelten sich reichliche Dämpfe von Salzsäure.
                              									Als dieselben nachlieſsen, ergab die Analyse:
                           
                              
                                 Unzersetzter Salmiak, NH4ClFreie Phosphorsäure, H3PO4Ammonphosphate u.s.w. (durch
                                    											Differenz)
                                 =   0,168g= 10,658=
                                    											25,674
                                 =     0,46 Proc.=   29,20   „=   70,34   „
                                 
                              
                                 Totalgewicht der Schmelze
                                 = 36,500
                                 = 100,00 Proc.
                                 
                              
                           Angewandt wurden zu dieser Schmelze:
                           
                              
                                 
                                 7,71g
                                 NH4Cl
                                 als von früher unzersetzt geblieben,
                                 
                              
                                 jetzt noch unzersetzt
                                 0,168
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 also zersetzt
                                 7,542
                                 „
                                 oder 97,92 Proc. von dem restirenden.
                                 
                              
                           Von der ganzen Menge, 20g Salmiak, sind also bis
                              									jetzt 56,94+\frac{97,9}{100}\,43,04 oder 99,1 Proc. der
                              									theoretischen Menge Salzsäure ausgetrieben worden.
                           Ferner wurden angewandt:
                           
                              
                                 
                                   4,02g
                                 H3PO4
                                 von früher unzersetzt
                                 
                              
                                 +
                                 16,159
                                 „
                                 neu zugefügt in 11cc,3 Syrup.
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 =
                                 20,179
                                 „
                                 im Ganzen angewendet.
                                 
                              
                                 
                                 10,658
                                 „
                                 blieben als freie Säure in der Schmelze
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 =
                                   9,521
                                 „
                                 sind chemisch gebunden worden.
                                 
                              
                           Da die zersetzten 7g,542
                              										NH4Cl 2g,538
                              										NH4 enthalten, so haben bis jetzt auf einander
                              									reagirt:
                           
                              
                                 
                                 In
                                 den
                                 27,45g
                                 Schmelze:
                                 12,084g
                                 H3PO4
                                 auf
                                 3,43g
                                 NH4
                                 
                                 
                              
                                 
                                 „
                                 „
                                 36,50
                                 „
                                   9,521
                                 „
                                 „
                                 2,538
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Im Ganzen
                                 
                                 
                                 21,605
                                 „
                                 „
                                 5,968
                                 „
                                 und damit
                                 
                              
                                 25g,674
                                 Salze gegeben.
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Da nun
                           
                              
                                 H3PO4 = 21,605NH4     =   5,968
                                 : 98 = 0,22: 18 = 0,33
                                 2\ddot{3}
                                 1 + 11\,\ddot{+}\,2
                                 
                              
                                 27,573
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           so schien auch jetzt noch das frühere Verhältniſs der beiden
                              									Phosphate vorhanden zu sein. Da dies aber wegen der hohen Temperatur, der die
                              									Mischung ausgesetzt gewesen war, als unwahrscheinlich betrachtet werden muſste, so
                              									wurde die Analyse noch einer genaueren Berechnung unterzogen. Es war wichtig, die
                              									Zusammensetzung gerade dieser Schmelze möglichst genau festzustellen, weil dieselbe
                              									auf dem Wendepunkt stand, nach Austreibung der Salzsäure Ammoniakdämpfe zu
                              									entwickeln.
                           Die Analyse hatte ergeben:
                           
                           
                              
                                 Unzersetzter SalmiakFreie Phosphorsäure, P2O5Gebundene Phosphorsäure, P2O5NH4Sauerstoff, um (NH4)2O zu bildenWasser durch
                                    											Differenz
                                 =   0,168g=   7,731=
                                    												15,649=   5,968=  
                                    											2,652=   4,332
                                 : 142 = 0,054: 142 = 0,110:   18 = 0,331:   16 =
                                    											0,165:   18 = 0,241
                                 1\ddot{2},02\ddot{6},09\ddot{3},04\ddot{4},42
                                 1\ddot{2}\ddot{3}\ddot{4},5
                                 
                              
                                 Ganze Schmelze
                                 = 36,500
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Berücksichtigt man nun, daſs entsteht:
                           
                              
                                 Orthophosphorsäure, 2(H3PO4)
                                 aus
                                 P2O5 +
                                    												3H2O
                                 
                              
                                 Pyrophosphorsäure, H4P2O7
                                 „
                                 P2O5 +
                                    												2H2O
                                 
                              
                                 Metaphosphorsäure, 2(HPO3)
                                 „
                                 P2O5 +
                                    												H2O
                                 
                              
                           und daſs die bekannten Ammonphosphate: nämlich das einbasische
                              									Orthophosphat, das zweibasische Orthophosphat, das saure Pyrophosphat und das
                              									Metaphosphat folgende Molekülverhältnisse enthalten:
                           
                              
                                 
                                 Molekülverhältnisse von
                                 
                              
                                 
                                 
                                 P2O5
                                 :
                                 (NH4)2O
                                 :
                                 H2O
                                 
                              
                                 H2(NH4)PO4
                                 =
                                 1
                                 :
                                 1
                                 :
                                 2
                                 
                              
                                 H(NH4)2PO4
                                 =
                                 1
                                 :
                                 2
                                 :
                                 1
                                 
                              
                                 H2(NH4)2P2O7
                                 =
                                 1
                                 :
                                 1
                                 :
                                 1
                                 
                              
                                 (NH4)PO3
                                 =
                                 1
                                 :
                                 1
                                 :
                                 0
                                 
                              
                           so kann man 4 Fälle unterscheiden:
                           1. Fall. Angenommen, alles freie P2O5 sei als H3PO4 vorhanden, dann
                              									erforderte 1P2O5 :
                              										3H2O, und es blieben für die Salzbildung noch
                              									1,5 Mol. Wasser übrig; oder das Molekülverhältniſs:
                           
                              
                                 P2O5
                                 :
                                 (NH4)2O
                                 :
                                 H2O
                                 
                              
                                 2
                                 :
                                 3
                                 :
                                    1,5
                                 
                              
                                 4
                                 :
                                 6
                                 :
                                 3
                                 
                              
                           Als einzige Lösung dieses Verhältnisses würde sich folgende Gruppirung ergeben:
                           
                              
                                 2 : 4 : 2
                                 entsprechend
                                 2 [H(NH4)2PO4]
                                 
                              
                                 1 : 1 : 1
                                 „
                                 H2(NH4)2P2O7
                                 
                              
                                 1 : 1 : 0
                                 „
                                 (NH4)PO3
                                 
                              
                                 ––––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 4 : 6 : 3
                                 
                                 
                                 
                              
                           Es müſste also freie Orthophosphorsäure neben Metaphosphat zugleich vorhanden sein,
                              									was wenig wahrscheinlich ist.
                           2. Fall Angenommen, alles freie P2O5 sei als H4P2O7 vorhanden, dann erforderte 1P2O5 : 2H2O, und es blieben für die Salzbildung noch 2,5 Mol.
                              									Wasser übrig, oder das Molekülverhältniſs:
                           
                              
                                 P2O5
                                 :
                                 (NH4)2O
                                 :
                                 H2O
                                 
                              
                                 2
                                 :
                                 3
                                 :
                                    2,5
                                 
                              
                                 4
                                 :
                                 6
                                 :
                                 5
                                 
                              
                           Als einzige Lösung dieses Verhältnisses würde sich folgende Gruppirung ergeben:
                           
                              
                                 1 : 1 : 2
                                 entsprechend
                                 H2(NH4)PO4
                                 
                              
                                 2 : 4 : 2
                                 „
                                 2[H(NH4)2PO4]
                                 
                              
                                 1 : 1 : 1
                                 „
                                 H2(NH4)2P2O7
                                 
                              
                                 ––––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 4 : 6 : 5
                                 
                                 
                                 
                              
                           
                           Es müſste also noch einbasisches Orthophosphat vorhanden sein, nachdem alle freie
                              									Phosphorsäure schon in Pyrophosphorsäure übergegangen wäre, was auch
                              									unwahrscheinlich ist.
                           3. Fall. Die Annahme, daſs alles freie P2O5 in
                              									Metaphosphorsäure übergegangen sei, daſs also zur Salzbildung folgendes
                              									Molekülverhältniſs verblieb:
                           
                              
                                 P2O5
                                 :
                                 (NH4)2O
                                 :
                                 H2O
                                 
                              
                                 2
                                 :
                                 3
                                 :
                                    3,5
                                 
                              
                                 4
                                 :
                                 6
                                 :
                                 7
                                 
                              
                           läſst keine Auflösung zu. Es bleibt daher als einzige, mit
                              									keiner Unwahrscheinlichkeit behaftete Auflösung der
                           4. Fall übrig, bestehend in einer Combination der beiden
                              									ersten Fälle. Allen Anforderungen genügt schon die einfachste Annahme, daſs die
                              									freie P2O5 zur
                              									Hälfte in Pyrophosphorsäure übergegangen sei. Es hatte sich durch die Analyse
                              									folgendes Molekülverhältniſs ergeben:
                           
                              
                                 Freies P2O5
                                 :
                                 Gebundenes P2O5
                                 :
                                 (NH4)2O
                                 :
                                 H2O
                                 
                              
                                 2
                                 :
                                 4
                                 :
                                 6
                                 :
                                 9
                                 
                              
                           Hieraus berechnet sich die freie Säure wie folgt:
                           
                              
                                 1P2O5 +
                                    												3H2O = 2H3PO4
                                 
                              
                                 1P2O5 +
                                    												2H2O =   H4P2O7
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 2P2O5 +
                                    												5H2O = 2(H3PO4) + H4P2O7
                                 
                              
                           Für die Salzbildung bleibt dann folgendes Molekülverhältniſs
                              									übrig:
                           
                              
                                 P2O5
                                 :
                                 (NH4)2O
                                 :
                                 H2O
                                 
                              
                                 4
                                 :
                                 6
                                 :
                                 4
                                 
                              
                                 2
                                 :
                                 3
                                 :
                                 2
                                 
                              
                           Diesem Verhältniſs entspricht folgende Gruppirung:
                           
                              
                                 1 : 2 : 1
                                 entsprechend
                                 H(NH4)2PO4
                                 
                              
                                 1 : 1 : 1
                                 „
                                 H2(NH4)2P2O7
                                 
                              
                                 –––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 2 : 3 : 2
                                 
                                 
                                 
                              
                           Hiernach berechnet, enthielt die Schmelze am Wendepunkte:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Proc.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Unzersetzter Salmiak, NH4ClFreie Phosphorsäure, H3PO4Freie Pyrophosphorsäure, H4P2O7Zweibasisches Ammonphosphat, H(NH4)2PO4Saures Ammonpyrophosphat, H2(NH4)2P2O7
                                 =   0,168g=   5,335=  
                                    											4,845= 14,546= 11,681
                                 0,4614,5913,2539,7731,93
                                 :   98 = 0,149: 178 = 0,074: 132 = 0,301: 212 =
                                    											0,150
                                 
                                    
                                    \ddot{2}
                                    
                                    \ddot{1}
                                    
                                    \ddot{4}
                                    
                                    \ddot{2}
                                    
                                 
                              
                                 Ganze Schmelze
                                 = 36,575
                                 100,00
                                 Moleküle
                                 9
                                 
                              
                           Angewendet waren dazu:
                           
                              
                                 NH4ClH3PO4
                                 = 17,91g= 32,27
                                 48,9788,23
                                 : 53,5 = 0,915: 98 = 0,900
                                 12\ddot{12}
                                 
                              
                                 Im Ganzen
                                 = 50,18
                                 137,20
                                 Moleküle
                                 24
                                 
                              
                           Benutzt man diese Coefficienten, um eine Formel aufzustellen, welche das Resultat der
                              									bisherigen Reactionen ausdrückt, so erhält man:
                           12NH4Cl + 12H3PO4 = 2H3PO4 + 1H4P2O7 + 4[H(NH4)2PO4]
                           + 2[H2(NH4)2P2O7] + 12HCl + 3H2O.
                           
                           
                              Resultat: Von der ganzen Menge der angewendeten Phosphorsäure
                                 										12 Mol., sind 8 Mol. oder ⅔ gebunden worden, während 4 Mol. oder ⅓ noch freie
                                 										Säure geblieben sind. Von jedem Theile ist die Hälfte Posphorsäure bezieh.
                                 										Phosphat geblieben, während die andere Hälfte in Pyrophosphorsäure bezieh.
                                 										Pyrophosphat übergegangen ist.
                              
                           
                        
                           I. Versuch, 2. Fortsetzung.
                           Von den 36g,5 Schmelze wurden 34g,9 auf dem Drahtnetz weiter erhitzt. Anfänglich
                              									ging noch eine Spur HCl fort; dann traten Ammoniakdämpfe auf. Die Masse kam in
                              									ruhigen Fluſs, ohne Blasenbildung; Temperatur auf 300 bis 350° geschätzt. Dann über
                              									freier Flamme erhitzt, wobei Ammoniakdämpfe reichlich fortkochten. Dann trat wieder
                              									ruhiger Fluſs ein bei etwa 400°. Die Erhitzung wurde beendigt, als nur noch ganz
                              									geringe Mengen von Ammoniak-Dämpfen wahrnehmbar waren. Nach dem Erkalten wog die
                              									glasige Masse 27g,8.
                           Da zur Erzeugung der 36g,5 Schmelze 32g,3 H3PO4 und 17g,91 NH4Cl verwendet worden waren, so sind 34g,9 aus 30g,9
                              										H3PO4 und der
                              									entsprechenden Menge von 17g,12 NH4Cl entstanden. In der daraus erhaltenen glasigen
                              									Schmelze von 27g,8 sollten also 30g,9 H3PO4 entsprechend 25g,22 HPO3 oder 22g,38 P2O5
                              									enthalten sein.
                           Die Analyse ergab:
                           
                              
                                 Freies P2O5Gebundenes P2O5(NH4)2OAg2OChlorWasser
                                    											durch Differenz
                                 = 14,63g=   8,33=  
                                    											2,86=   0,274=   –=   1,706
                                 : 142 = 0,103: 142 = 0,058:   52 = 0,055: 232 =
                                    											0,001:   18 = 0,095
                                 2\ddot{1}\ddot{1}–\ddot{2}
                                 
                              
                                 Schmelze
                                 = 27,800
                                 
                                 
                                 
                              
                           Hiernach berechnet sich die Analyse wie folgt:
                           
                              
                                 Freie Metaphosphorsäure, HPO3Ammonmetaphosphat, (NH4)PO3Silbermetaphosphat, AgPO3Verlust
                                 = 16,48g= 10,67=  
                                    											0,44=   0,21
                                   59,28 Proc.  38,38    „    1,58    „    0,76    „
                                 
                              
                                 
                                 27,80
                                 100,00    „
                                 
                              
                           Der Verlust deutet jedoch darauf hin, daſs noch etwas Pyrophosphorsäure vorhanden
                              									gewesen sein kann. Die Silberschale fand sich stark angegriffen.
                           
                              Resultat: Es ist also ohne Verlust an Phosphorsäure
                                 										sämmtliche Salzsäure, und 63,6 Proc. des Ammoniaks ausgetrieben worden.
                              
                           
                        
                           II. Versuch.
                           
                              Wiederbenutzung der regenerirten
                                 										Phosphorsäure.
                              
                           Um aus dem Salmiak alle Salzsäure auszutreiben, ohne diesen selbst zu verflüchtigen,
                              									muſs man einen Ueberschuſs an Phosphorsäure anwenden, damit die Mischung dünnflüssig
                              									wird, und die Zersetzung bei niedriger Temperatur vorgeht. Das Verhältniſs von
                              										18NH4 zu 31P, bei welchem vollständige Zersetzung
                              									des Salmiaks eintritt, ist zugleich auch im Metaphosphat (NH4)PO3 vorhanden,
                              									also kann man annehmen, daſs die aus 98g H3PO4 gebildeten
                              										80g HPO3 auch
                              									im Stande sein werden, 53g,5 NH4Cl zu zersetzen.
                           Angewandt wurden 25g Salmiak und 45g,8 H3PO4 oder 32cc,06
                              									Phosphorsäure. Die Mischung wurde in einer Silberschale zuerst vorsichtig, um
                              									Salzsäure, dann stärker erhitzt, um Ammoniak auszutreiben. Theoretisch sollten
                              									hierbei 37g,38 Metaphosphorsäure übrig bleiben.
                              									Die glasige Schmelze wog aber 39g,7, oder 2g,32 mehr als erwartet. Wenn man diesen
                              									Ueberschuſs als NH4 betrachtete, so waren – da 25g NH4Cl 8g,411 NH4
                              									enthalten – in dieser ersten Operation 72,4 Proc. Ammoniak ausgetrieben.
                           Die glasige Masse wurde in der Schale mit Wasser gelöst, was ziemlich langes Kochen
                              									erforderte, und dann wurden wieder 25g Salmiak
                              									zugefügt. Das Austreiben der Salzsäure dauerte 7 Stunden, unter Spritzen und
                              									Stoſsen, es entwich auch eine Spur Salmiak dabei. Das Austreiben des Ammoniaks
                              									dauerte 3 Stunden, mit gleichmäſsiger Entwickelung. Die Silberschale mit der
                              									Schmelze wog nach Beendigung dieser zweiten Operation nur 0g,1 weniger als nach der ersten; aber es hatten
                              									sich etwa 0g,6 Silber gelöst. Die Schmelze selbst
                              									wog jetzt 40g,2 und enthielt:
                           
                              
                                 Freies P2O5Gebundenes P2O5(NH4)2OAg2OWasser durch
                                    											Differenz
                                 = 23,146g=
                                    											10,115=  3,374=  0,589=   2,976
                                 : 142 = 0,1630: 142 = 0,0712:   52 = 0,0649: 232 =
                                    											0,0025:   18 = 0,1653
                                 2,421,056\ddot{1}2,45
                                 
                              
                                 Schmelze
                                 = 40,200
                                 
                                 
                                 
                              
                           Also bestand die Schmelze aus:
                           
                              
                                 Freie Metaphosphorsäure, HPO3Ammonmetaphosphat, (NH4)PO3Silbermetaphosphat, AgPO3Verlust
                                 = 26,080g= 12,591=  
                                    											0,950=   0,579
                                   64,88 Proc.  31,32    „    2,34    „    1,44    „
                                 
                              
                                 Ganze Schmelze
                                 = 40,200
                                 100,00    „
                                 
                              
                           Der Rechnungsverlust von 1,44 Proc. bedeutet hauptsächlich gebundene Phosphorsäure,
                              									für welche die Basis nicht bestimmt wurde.
                           In dieser zweiten Operation waren folgende Mengen von Ammonium zugegen:
                           
                              
                                 
                                 Rest aus der ersten Operation
                                 =
                                   2,320g
                                 NH4
                                 
                              
                                 
                                 Neu zugefügt in 25g NH4Cl
                                 =
                                   8,411
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Angewandt
                                 =
                                 10,731
                                 NH4
                                 
                              
                                 
                                 Davon blieben in der Schmelze
                                 =
                                   2,336
                                   „ ,
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 also sind
                                 ausgetrieben worden
                                 =
                                   8,395
                                 NH4
                                 
                              
                                 oder 78,2
                                 Proc. Ammoniak.
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           In beiden Operationen zusammengenommen, wie man ja bei continuirlichem Betriebe des
                              									Prozesses rechnen müſste, stellt sich die Ammoniakerzeugung günstiger:
                           
                           
                              
                                 
                                 Angewandt in 50g NH4Cl
                                 =
                                 16,822g
                                 NH4
                                 
                              
                                 
                                 Uebrig geblieben
                                 =
                                   2,336
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 Ausgetrieben
                                 =
                                 14,486g
                                 NH4
                                 
                              
                                 oder 86,1 
                                 Proc. des Gesammtammoniaks.
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           
                              Resultat: Man kann also ohne Verlust an Phosphorsäure
                                 										successive mit derselben Menge immer neue Mengen von Salmiak zersetzen.
                              
                           Leider hat dieses ausgezeichnete Verfahren noch keine Anwendung in der Technik
                              									gefunden, weil – einer freundlichen Privatmittheilung des Herrn Dr. Otto N. Witt zu FolgeBrief vom 9. December 1887. – es bis jetzt noch nicht gelungen
                              									ist, ein Ofen- oder Gefäſsmaterial zu entdecken, welches dem Angriff der
                              									schmelzenden Phosphorsäure auf die Dauer widersteht.
                           Die Herren Brunner, Mond und Co., welche die technische
                              									Ausarbeitung der Erfindung übernommen hatten, kamen zu dem Resultat, daſs selbst das
                              									Platin – entgegen der Angabe von Berzelius – in so
                              									starkem Grade angegriffen wird, daſs die Anwendung desselben als ausgeschlossen
                              									erscheint.
                           Ob es je gelingen wird, ein geeignetes Material zu finden, ist noch eine Frage der
                              									Zukunft.
                           Berlin im December 1887.