| Titel: | Ueber die Entwickelung des Werkzeugmaschinenbaues. | 
| Autor: | Pregél | 
| Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 499 | 
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                        Ueber die Entwickelung des
                           								Werkzeugmaschinenbaues.
                        Ueber die Entwickelung des Werkzeugmaschinenbaues.
                        
                     
                        
                           In der Manchester Association of Engineers sprach Samuel Dixon über die Entwickelung des
                              									Werkzeugmaschinenbaues in England, aus deren in der Industries vom 20. Januar 1888 S. 52 veröffentlichtem Auszuge das Folgende
                              									bemerkt wird.
                           Abgesehen von unvollkommenen Fuſsdrehbänken, Lochbohrern und rohen
                              									Kanonenbohrmaschinen, empfand 1764 schon Watt in dem
                              									Mangel jeglicher Arbeitsmaschinen für Metallbearbeitung das gröſste Hemmniſs für die
                              									Entwickelung seiner Dampfmaschinen; namentlich galt dies für das Ausbohren der Dampfcylinder,
                              									welches so unvollkommen erfolgte, daſs Durchmesserunterschiede bis 9mm überwunden werden muſsten. So schreibt später
                              									1769 Watt erfreut an seine Freunde, daſs nunmehr seine
                              									Dampfcylinder so genau gebohrt seien, daſs man an keiner Stelle des Cylinders
                              									zwischen Wand und Kolben im Stande sei, eine halbe Krone durchzuschieben. „He had
                                 										his cylinder now bored so perfectly that you could not get half a crown between
                                 										the cylinder and the piston anywhere.“
                           Zwingende Veranlassung zu Verbesserungen im Gebiete der mechanischen
                              									Metallbearbeitung gab in erster Linie der Dampfmaschinenbau mit seinen gesteigerten
                              									Ansprüchen an Genauigkeit der Arbeit. Doch scheint es, daſs in der Werkstätte von
                              										Joseph Bramah in London der Werkzeugmaschinenbau
                              									zuerst die gebührende Beachtung fand, indem zur Herstellung der, 1795, von Bramah erfundenen Druckwasserpressen besondere
                              									Maschinen erforderlich waren. So wurde unter anderem zur Ausführung von Theilen des
                              									bekannten Bramah-Schlosses ein kreisendes
                              									Fräserwerkzeug für die Bearbeitung ebener Flächen gebraucht.
                           Um das Jahr 1802 wurden viele Werkzeuge verbessert und es scheint nicht
                              									unwahrscheinlich, daſs Bramah's Werkmeister (foreman),
                              										Maudslay, der Erste war, welcher den zur Zeit in
                              									Frankreich in Gebrauch stehenden Support (slide rest) in seine Werkstätte einführte,
                              									wenn nicht neu erfand. Wohl ist es möglich, daſs er ein von Holland nach England
                              									eingeführtes Modell gesehen hat. Als Nachfolger Maudslay's trat Joseph Clement in Bramah's Werkstätte ein, derselbe übernahm nach Bramah's erfolgtem Ableben 1814 das Geschäft, welches
                              									er mit einigen dreiſsig tüchtigen Arbeitern erfolgreich weiterführte, namentlich
                              									gilt die Verbesserung der Supportdrehbank als sein Werk. Aus dieser Werkstätte
                              									entsprang eine Reihe in der Metallbearbeitung wohlerfahrener Männer, Roberts der zeichnende Erfinder, Muir, Lewis, Nasmyth, Whitworth, welche die Grundlage
                              									des künftigen Maschinenbaues in der Genauigkeit der Werkzeugmaschinen suchten.
                           Während Watt 1769 der oben schon erwähnte
                              									Genauigkeitsgrad erfreuen konnte, befriedigten Whitworth 1840 Dampfcylinderbohrungen, welche nur Abweichungen von einem
                              									millionsten (?) Theil eines Zolles aufwiesen. Er ist wie bekannt der Verfertiger
                              									verschiedener Lehren, Meſs- und Gewindeschneidwerkzeuge, welche hohen Anforderungen
                              									entsprachen. Groſs waren auch die damaligen Fortschritte in der Gieſserei, indem
                              									Räder mittels Theilmaschinen geformt, sogar in Belgien vielgestaltige
                              									Maschinentheile ohne Modell, bloſs nach Zeichnung abgeformt wurden. Auch die
                              									Schmiedemaschinen wurden mit Nasmyth's erstem
                              									Dampfhammer 1838 in den Bereich der Verbesserungen gezogen, welche mit den
                              									gewaltigen Schmiedepressen der Neuzeit kaum ihren Abschluſs gefunden haben
                              									dürften.
                           Bestritten war lange Zeit der Ursprung der Hobelmaschinen (planing mach.), doch dürfte 1820 in der
                              									Werkstätte von Fox in Derby eine solche schon in
                              									Thätigkeit gewesen sein; 1825, gelegentlich einer Auszeichnung Clement's, geschah von einer solchen Maschine die erste
                              									öffentliche Erwähnung. Whitworth verbesserte dieselbe
                              									stetig, doch hatte sein Bestreben, den Leerlauf des Tisches zur Schnitt Wirkung zu
                              									benutzen, nicht den gehofften Erfolg. Vortheilhaft werden schwere Werkstücke durch
                              									Seitenhobelmaschinen bearbeitet, in welchen den Schneidestählen loth- und wagerechte
                              									Bewegung ertheilt wird. Abgesehen von den Gröſsenverhältnissen hat aber eine andere
                              									Art stehender Hobelmaschinen, die sogen. Stoſsmaschine (slotting mach.), seit ihrer
                              									1820 erfolgten Erfindung durch Roberts, sowie die von
                              										Nasmyth erfundene Querhobelmaschine (shaping mach.)
                              									weniger erhebliche Umgestaltungen erfahren. Allerdings wurden die einzelnen Theile
                              									wesentlich verbessert, der Grundgedanke blieb aber derselbe.
                           Die Ausbohrmaschine (boring mach.) mit kreisendem Werkzeug hat seit Watt nur in der Richtung genauer und stärkerer
                              									Arbeitsleistung und in Zusatztheilen etwas Abweichendes von der Urform erhalten,
                              									während die Bohrmaschine (drilling mach.) nicht nur zum Lochbohren, den
                              									verschiedensten Werkstücken anpassend gestaltet, sondern in neuerer Zeit noch zum
                              									Gewindeschneiden (tapping) eingerichtet ist, wodurch dieselbe in den neueren
                              									Kesselschmiedewerkstätten immer unentbehrlicher wird.
                           Mannigfaltig gestaltet sich die Entwicklung der Drehbank (lathe) seit Maudslay und Clement.
                              									Nicht nur der selbstthätige Betrieb für das Lang- und Plandrehen, für das Bohren und
                              									Gewindeschneiden fand die ausgedehnteste Ausbildung, sondern es wurde durch riesige
                              									Vergröſserung ihrer Stärken- und Gröſsenverhältnisse, durch gleichzeitige Verwendung
                              									verschiedener Schneidestähle eine auſserordentliche Leistungsfähigkeit
                              										erzwungen.1000k Spangewicht Stahl in einer
                                    											Stunde. Aber auch in der Richtung des Kleinen sind durch
                              									sorgfältige Ausbildung groſse Fortschritte zu verzeichnen, wie die Herstellung der
                              									in unendlicher Zahl gebrauchten Schräubchen es neuerdings aufweist, wo mit einer
                              									gröſseren Zahl verschieden gestalteter und in einem einzigen Tragtheil vereinigter
                              									Werkzeuge, auf einer solchen Drehbank die Schrauben frei und aus vollem Material auf
                              									einmal fertig erzeugt werden können.
                           Für die neueste aller Werkzeugmaschinen, die Fräsmaschine (milling mach.), hat 1830
                              									schon Clement den Grundgedanken geliefert, doch ist
                              									dieselbe erst durch das Schmirgelrad (emery wheel) lebensfähig geworden.
                           George Hannay in Ulverston wird die Erfindung des
                              									Schmirgelrades zugeschrieben; dieses in Verbindung mit sinnreich ausgestalteten
                              									Maschinen lieferte das Mittel zur billigen Schärfung und Erhaltung der
                              									Fräserwerkzeuge.
                           
                           Die besondere Eigenthümlichkeit der Fräse, daſs immer nur einige ihrer Schneiden im
                              									Eingriff stehen, während die übrigen frei der Abkühlung unterliegen, gestattet eine
                              									bedeutende Erhöhung der Arbeitsgeschwindigkeit gegenüber gewöhnlichen
                              									Schneidestählen und weil ferner die Spanentnahme sich ebenso auf mehrere Schneiden
                              									vertheilt, wird der Seitendruck geringer und in dem Maſse die Arbeit genauer. Bruch
                              									der Fräser ist nur bei Unterbrechungen der Selbsteuerung und bei ungeschicktem
                              									Anstellen zu befürchten. Dieser Maschine steht ein unbegrenztes Arbeitsfeld offen,
                              									denn auſser den vollständigen Drehungsflächen und Ebenen von gröſserer Ausdehnung
                              									beherrscht dieselbe jede Form.
                           Die besseren Schraubenschneidemaschinen schneiden das Gewinde aus, während dasselbe
                              									bei den älteren eingepreſst wurde. Auch wird das Gewinde warm angewalzt und werden
                              									zur Herstellung der Schraubenköpfe und Muttern vielfach Schmiede- und Stoſsmaschinen
                              									verschiedenster Bauart verwendet. Höchst bemerkenswerth sind endlich die neueren
                              									Werkzeugmaschinen, welche dem Dampfkesselbau dienstbar sind.
                           Zum Schlusse bemerkt Dixon, daſs die Werkzeugmaschinen
                              									im Allgemeinen nicht nur an sich richtig und zweckentsprechend gebaut, sondern daſs
                              									sie auch während ihrer Betriebsdauer in richtigem Zustande erhalten werden müssen.
                              									Auch müssen sie befähigt sein, die Kräfte ohne die Arbeit merklich beeinträchtigende
                              									Schwingungen (Vibrationen) zu übertragen, durch welche nicht nur die Genauigkeit
                              									beeinfluſst, sondern auch der Bestand der Werkzeuge gefährdet wird. Diese Maschinen
                              									sollen reichlich mit Vorrichtungen zur Erleichterung des Aufspannens des Werkstückes
                              									und mit Einrichtungen ausgerüstet sein, die zur bequemen Bewegungsänderung der
                              									arbeitenden Theile dienen. Da nun der an der Maschine thätige Arbeiter sich jede
                              									Verrichtung zu erleichtern sucht, wird derselbe zum stetigen Verbesserer und
                              									Miterfinder. Daraus und aus der Eigenart der verschiedenen Betriebserfordernisse
                              									wird die groſse Mannigfaltigkeit sowohl in Anordnung als auch in der Ausführung
                              									dieser Arbeitsmaschinen erklärlich. Auch wird darauf hingewiesen, daſs die
                              									allmähliche Ueberfüllung alter Maschinenbauanstalten mit abgedienten und veralteten
                              									Werkzeugmaschinen ein Hinderniſs für den Mitbewerb ist, da doch oberster Grundsatz
                              									für die Leistungsfähigkeit stets der bleiben muſs, daſs wohl die Maschine den
                              									Arbeiter, nicht aber der Arbeiter die Maschine beschäftigen soll.
                           Pregél.