| Titel: | Selbstthätiger Extractionsapparat für Gerbmaterialien u.s.w.; von Dr. R. Koch in Mitterteich. | 
| Autor: | R. Koch | 
| Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 514 | 
| Download: | XML | 
                     
                        Selbstthätiger Extractionsapparat für
                           								Gerbmaterialien u.s.w.; von Dr. R. Koch in Mitterteich.
                        Mit Abbildung.
                        Koch's selbstthätiger Extractionsapparat für
                           								Gerbmaterialien.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich sind bis auf zwei vor einiger Zeit von der Wiener Versuchsstation für
                              									Lederindustrie veröffentlichte Apparate zur Extraction von Gerbmaterialien zwei
                              									Vorrichtungen, die von Neubauer eingeführte sogen.
                              											„Real'sche Presse“ zur Bestimmung des
                              										„leicht löslichen Gerbstoffes“ und ein von Professor v. Schröder eingeführter Apparat zur Bestimmung des
                              										„Gesammtgerbstoffes“ in Gebrauch gewesen. Die Real'sche Presse bestand im Wesentlichen aus einem etwa 200cc fassenden cylindrischen Zinngefäſs mit
                              									Siebeinsatz, Abfluſshahn und aufschraubbarem Deckel, der auf seiner durchbohrten
                              									Mitte ein Zinnrohr von etwa einem halben Meter Länge trug. Dieses Zinnrohr war mit
                              									einer etwa 1m,5 langen Glasröhre durch einen
                              									Gummischlauch verbunden und das Ganze an einem Stativ befestigt. Oben auf dem Stativ
                              									befand sich eine mit Hahn versehene, mindestens ein reichliches Liter fassende
                              									Flasche mit destillirtem Wasser so aufgestellt, daſs das aus der Flasche durch den
                              									Hahn ausflieſsende Wasser in die Glasröhre tropfte. Sollte mittels dieser
                              									Vorrichtung der sogen. „leicht lösliche Gerbstoff“ eines Gerbmateriales
                              									bestimmt werden, so wurde die abgezogene Menge des letzteren in das cylindrische
                              									Gefäſs gebracht, Wasser eingegossen, der Deckel aufgeschraubt und mit der Glasröhre
                              									verbunden.
                           Nachdem man noch aus der auf dem Stativ befindlichen Flasche so viel Wasser hatte zuflieſsen
                              									lassen, daſs dasselbe bis zu einer an der Glasröhre befindlichen Marke reichte,
                              									wurde das Gerbmaterial unter dem dadurch bedingten Druck über Nacht stehen gelassen.
                              									Am anderen Morgen wurde nun der Ausfluſshahn des Zinngefäſses so weit geöffnet, daſs
                              									binnen zwei Stunden 1l Flüssigkeit ablaufen
                              									konnte. Der obere Hahn muſste nun so gestellt werden, daſs das Niveau der
                              									Flüssigkeit in der Glasröhre sich nicht wesentlich von der Marke entfernte. Dies zu
                              									erreichen, war keine leichte Aufgabe, und wenn man zwei derartige Apparate im Gange
                              									hatte, war man genöthigt, fortwährend seine Aufmerksamkeit auf dieselben zu richten
                              									und bald den einen, bald den anderen Hahn zu reguliren.
                           Der zweite Apparat, der zur Bestimmung des Gesammtgerbstoffes diente, bestand aus
                              									einem oben offenen genau cylindrischen Gefäſs, ebenfalls aus Zinn gefertigt und mit
                              									einem Ausguſs versehen. In diesem genau cylindrischen Gefäſs lieſs sich eine der
                              									lichten Weite desselben entsprechende siebartig durchlöcherte Zinnplatte, die in der
                              									Mitte mit einem Handgriff von passender Länge versehen war, auf und ab bewegen.
                              									Ueber die letztere wurde, um die feinen Theilchen des Gerbmateriales zurückzuhalten,
                              									noch dünne Gaze oder Leinwand gespannt. Die Handhabung geschah in der Weise, daſs
                              									das abgewogene Gerbmaterial viermal mit je 200cc
                              									heiſsem Wasser je eine halbe Stunde im Wasserbade erhitzt wurde unter jedesmaligem
                              									Abgieſsen und Abpressen der vorher aufgegossenen Flüssigkeit. Die ersten, des Abends
                              									zuvor kalt aufgegebenen 200cc Wasser wurden am
                              									Morgen ohne vorheriges Erwärmen in die Literflasche abgegossen bezieh. abgepreſst.
                              									Die ganze so gewonnene Lösung wurde nach dem völligen Erkalten auf 1l gebracht und nun weiter analysirt. So wurde das
                              									zu untersuchende Gerbmaterial allmählich vollkommen ausgelaugt. Dieser Apparat hatte
                              									nun aber ebenfalls mehrere Uebelstände.
                           Zunächst einmal gelangten die feinen pulverförmigen Theile des Gerbmateriales beim
                              									Abpressen und Abgieſsen der Flüssigkeit gröſstentheils mit in die Literflasche, da
                              									der Stempel an den Seiten niemals so dicht schloſs, daſs nicht selbst ziemlich grobe
                              									Theilchen des Gerbmateriales hindurchgegangen wären. Diese suspendirten Stoffe aber
                              									erschwerten, besonders bei Fichtenlohe, die spätere Filtration unnöthig. Ein
                              									weiterer Miſsstand dieser Art zu extrahiren war der, daſs man, namentlich wenn man
                              									mehrere Extractionen neben einander auszuführen hatte, fast fortwährend durch die
                              									Extraction in Anspruch genommen war, und es schwierig wurde, andere Arbeiten, wie
                              									das Titriren der Hautfiltrate vom vorhergehenden Tage, Wasserbestimmungen u.s.w.,
                              									nebenbei zu erledigen.
                           Nicht zu unterschätzen war endlich die körperliche Anstrengung, die mit dieser Art zu
                              									extrahiren verbunden ist, wenn man eine gröſsere Anzahl von Extractionen an einem
                              									Tage vorzunehmen hat. Diese im Vorhergehenden geschilderten Uebelstände beider Apparate
                              									veranlaſsten mich nun, einen zweckmäſsigeren selbstthätigen Extractionsapparat für
                              									Gerbmaterialien, der übrigens auch noch für viele andere Zwecke nutzbar zu machen
                              									ist, zu construiren.
                           Textabbildung Bd. 267, S. 515 Dieser Apparat, der bereits auf der Sächsischen Gerbereiausstellung in
                              									Dresden ausgestellt war, hat sich während eines fast dreijährigen Gebrauches im
                              									Laboratorium zu Tharand auf das beste bewährt und wird derselbe jetzt ganz
                              									ausschlieſst lieh dort angewendet. Auch die bei Gelegenheit der Sächsischen
                              									Gerbereiausstellung in Dresden tagende Gerbstoffcommission, welcher dieser Apparat
                              									zur Begutachtung vorgelegt wurde, hat die Zweckmäſsigkeit und Einfachheit desselben
                              									anerkannt und ihn zur allgemeinen Anwendung an Stelle der bisherigen Apparate
                              									empfohlen. Er hat den Vorzug, daſs man ihn sowohl zur Bestimmung des „leicht
                                 										löslichen,“ wie des „Gesammtgerbstoffes“ verwenden kann, daſs er
                              									wenig Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt und leicht und billig in jedem Laboratorium
                              									selbst herzustellen ist. Ich gebe im Folgenden nun die Beschreibung des
                              									Apparates.
                           Der wesentlichste Theil besteht zunächst in einer etwa 200cc fassenden gewöhnlichen Glasbüchse, die nur
                              									einen derartig weiten Hals haben muſs, daſs ein doppelt durchbohrter
                              									Kautschukstopfen von mittlerer Gröſse diesen Hals vollkommen schlieſst. Auſserdem
                              									thut man gut, sie vor ihrer Benutzung zur Anfertigung des Apparates in Wasser
                              									allmählich bis zum Kochen desselben zu erhitzen und dann in diesem Wasser wieder
                              									erkalten zu lassen, damit man sicher ist, daſs sie beim späteren Erhitzen im
                              									Wasserbade nicht springt. Auf diese Büchse muſs ein doppelt durchbohrter
                              									Kautschukstopfen luftdicht eingepaſst sein, durch dessen eine Durchbohrung ein
                              									kurzes, zweimal in entgegengesetzter Richtung knieförmig gebogenes Rohr bis etwa
                              										1cm unterhalb des Stopfens hindurchgeht. Die
                              									zweite Durchbohrung ist für eine am unteren Ende entsprechend erweiterte
                              									Glasröhre bezieh. Trichterröhre bestimmt, die noch mit einem Stück nicht zu
                              									dichtmaschiger Leinwand oder Gaze überbunden ist. Diese Röhre muſs bei völlig
                              									geschlossener Büchse bis auf den Boden derselben reichen. Oberhalb des Stopfens kann
                              									dieselbe ebenfalls knieförmig umgebogen werden. Ueber dieses umgebogene Ende wird
                              									ein Stück Kautschukschlauch gezogen, der wiederum mit einer zweiten knieförmig
                              									gebogenen Röhre verbunden ist, die dazu dient, die ablaufende Flüssigkeit in eine
                              									Literflasche zu leiten. Zwischen beiden Röhren befindet sich ein durch Schrauben
                              									regulirbarer Quetschhahn. Die erste zweimal knieförmig gebogene Glasröhre wird durch
                              									ein Stück Kautschukschlauch mit einer etwa 1m,5
                              									langen Glasröhre verbunden, die ihrerseits entweder heberartig in eine mit
                              									destillirtem Wasser gefüllte mindestens 1l
                              									haltende Glasflasche eintaucht, oder aber mit einem am Boden der Flasche
                              									angebrachten Abfluſsrohr in Verbindung gesetzt ist. Der diese Röhren verbindende
                              									Gummischlauch muſs ebenfalls durch einen gewöhnlichen Quetschhahn verschlieſsbar
                              									sein. Auf den Boden der Glasbüchse wird vor Beschickung mit dem zu extrahirenden
                              									Gerbmaterial eine etwa 2cc hohe Seesandschicht
                              									gebracht, in die die Trichterröhre beim Schlieſsen der Büchse hineingedrückt wird.
                              									Dieser feinkörnige Seesand wird in der Weise vorbereitet, daſs er zunächst mit
                              									Salzsäure erwärmt und dann mit Wasser völlig ausgewaschen wird, um die löslichen
                              									Theile zu entfernen. Er dient dazu, die feinen Theilchen des Gerbmateriales
                              									zurückzuhalten und die filtrirende Wirkung der Leinwand oder Gaze zu unterstützen.
                              									Da bei starkem Druck der Kautschukstopfen leicht einmal herausgedrückt werden
                              									könnte, thut man gut, denselben entweder mit Bindfaden durch einen sogen.
                              									Champagnerknoten zu befestigen, oder aber sich einen derartigen Verschluſs bei einem
                              									Mechaniker anfertigen zu lassen, wie ihn die Abbildung zeigt.
                           Ein Streifen starkes Messingblech wird durch Anziehen zweier Schrauben um den Hals
                              									der betreffenden Büchse befestigt. Zu beiden Seiten des Büchsenhalses sind an diesem
                              									Messingblech zwei mit Schraubengewinde versehene Messingarme angenietet, von denen
                              									der eine um ein in der Mitte befindliches Charnier drehbar ist. Quer über den
                              									Kautschukstopfen wird ein Querbalken, ebenfalls aus starkem Messingdraht
                              									angefertigt, gelegt, dessen eines Ende mit einer Oese, dessen anderes Ende mit zwei
                              									gabelförmig angelötheten Messingdrahtstücken versehen ist, die so weit aus einander
                              									stehen, daſs der um das Charnier drehbare Messingarm zwischen die Zinken dieser
                              									Gabel gesteckt werden kann. Die Oese wird über den zweiten seitlichen Messingarm
                              									geschoben, und auf beide Arme nun zwei Schraubenmuttern aufgeschraubt, die so weit
                              									anzuziehen sind, daſs der Kautschukstopfen durch den so niedergedrückten Querbalken
                              									festgehalten wird. Ferner gehört zu dem Apparate ein Wasserbad, welches so tief sein
                              									muſs, daſs die Glasbüchse bis an den Hals in das Wasser eintaucht, sowie ein
                              									passendes Stativ und ein Gasbrenner oder eine Spirituslampe. Wo letztere nicht zur Verfügung
                              									stehen, kann auch ein Petroleumkochapparat angewendet werden, der den Vorzug der
                              									Billigkeit hat.
                           Soll nun mittels dieses Apparates ein Gerbmaterial extrahirt werden, so bringt man
                              									die abgewogene Menge desselben in die Glasbüchse, füllt Wasser auf und schlieſst
                              									hierauf die Büchse fest durch den Kautschukstopfen, denselben entweder mittels
                              									Champagnerknotens oder mit dem oben beschriebenen Metallverschluſs befestigend.
                              									Dabei ist darauf zu sehen, daſs die mit Leinwand oder Gaze überbundene Glasröhre
                              									wirklich in die Seesandschicht eintaucht, damit diese filtrirend wirken kann. Bei
                              									Fichte und Eiche, wo gröſsere Mengen extrahirt werden, thut man gut, die
                              									Trichterröhre gleich in den Seesand einzudrücken, und nur durch Verschieben des
                              									Kautschukstopfens die Büchse so weit offen zu halten, daſs man mittels eines kurz
                              									abgeschnittenen weiten Trichters die Lohe hineinbringen kann. Ein zweiter nicht zu
                              									vernachlässigender Umstand ist der, daſs die andere doppelt knieförmig gebogene
                              									Glasröhre auch etwa 1cm aus dem Gummistopfen
                              									herausragt, damit das kalte in die erhitzte Büchse tropfende Wasser die heiſse
                              									Wandung derselben nicht berührt und etwa ein Zerspringen veranlassen könnte.
                           Ganz unbedingt nöthig ist die Anwendung des Seesandes übrigens nicht. Sollten
                              									besondere Umstände es einmal wünschenswerth machen, die extrahirte Lohe u.s.w. ohne
                              									fremde Beimengungen zu erhalten, so läſst sich die Extraction auch ohne Seesand
                              									bewirken, wenn man die gehörige Vorsicht beim Füllen des Apparates und beim
                              									nachherigen Ausziehen beobachtet. Wo diese Gründe aber nicht vorhanden sind, ist es
                              									freilich unbedingt zu empfehlen, eine Sandschicht auf den Boden der Büchse zu
                              									bringen, da dieses Hilfsmittel die Extraction ungemein erleichtert. Hat man keinen
                              									Sand angewendet, so verstopft sich sehr leicht die Gaze bezieh. Leinwand durch die
                              									feinen Theile des auszulaugenden Gerbmateriales.
                           Hat man den Apparat in dieser Weise beschickt, so bringt man ihn in das Wasserbad,
                              									schlieſst den Schraubenquetschhahn und verbindet sodann das doppelt knieförmig
                              									gebogene Rohr mit der nach der Druckflasche führenden Glasröhre. Der dieselbe
                              									abschlieſsende Quetschhahn wird hierauf geöffnet, so daſs nun die im Apparat
                              									befindliche Flüssigkeit unter einem Drucke steht, der der Höhe des Standes der
                              									Druckflasche entspricht; 1m,5 genügen
                              									vollkommen.
                           Will man bloſs den leicht löslichen Gerbstoff bestimmen, öffnet man nach der bisher
                              									üblichen Zeit die nach der Literflasche führende Leitung durch Lüften der Schrauben
                              									des Quetschhahnes so weit, daſs binnen zwei Stunden 1l Flüssigkeit durch den Apparat geht. Man hat nur im Anfang hier und da
                              									einmal nöthig, den Schraubenquetschhahn zu reguliren, da im Allgemeinen ein äuſserst
                              									gleichmäſsiges Abtropfen der Flüssigkeit stattfindet.
                           
                           Will man den Gesammtgerbstoff bestimmen, so kann man sofort nach Schlieſsung des
                              									Apparates die Flamme anzünden und, sobald das Wasser im Wasserbade kocht, die
                              									Extraction beginnen. Regulirt man das Ablaufen der Flüssigkeit so, daſs binnen zwei
                              									Stunden 1l Flüssigkeit übergegangen ist, so ist
                              									die Extraction, wie die später angeführten Zahlen darthun, eine, so weit möglich,
                              									vollständige. Die Handhabung des Apparates ist so einfach, daſs man ohne jede
                              									Störung andere Arbeiten nebenbei ausführen kann. Wie schon oben bemerkt, dürfte sich
                              									dieser Apparat auch noch für viele andere Zwecke sehr geeignet erweisen.
                           Als Beweis für die Vollständigkeit der Extraction mittels obigen Apparates mögen noch
                              									folgende von Herrn Assistent L. Manstetten in Tharand
                              									festgestellte Zahlen dienen:
                           
                              
                                 Art des Gerbmateriales
                                 Procente Löwenthalim ersten Liter
                                 Verbrauchte Anzahlcc Chamäleon für10cc des zweitenLiters
                                 Procente Löwenthalim zweiten Liter
                                 
                              
                                 Valonea
                                 27,48
                                 0,1
                                   0,47
                                 
                              
                                 Myrabolanen
                                 23,10
                                 0,0
                                 0,0
                                 
                              
                                 Mimose
                                 25,40
                                 0,1
                                   0,22
                                 
                              
                                 Knoppern
                                 31,24
                                 0,0
                                 0,0
                                 
                              
                                 Sumach
                                 27,52
                                   0,05
                                   0,11
                                 
                              
                                 Divi-Divi
                                 41,76
                                   0,15
                                 0,7
                                 
                              
                                 Algarobilla
                                 31,36
                                 0,0
                                 0,0
                                 
                              
                                 Fichte
                                 11,58
                                 0,1
                                   0,11
                                 
                              
                                 Eiche
                                   9,50
                                 0,1
                                   0,11
                                 
                              
                           Alle diese für den Gerbstoffgehalt des zweiten Liters erhaltenen Zahlen liegen
                              									innerhalb der Fehlergrenze der Methode und dürfte somit der Beweis geliefert sein,
                              									daſs auch, was die Vollständigkeit der Extraction anlangt, der Apparat den
                              									berechtigten Anforderungen entspricht.