| Titel: | Howard Grubb's Aequatorial-Zwillingsteleskop. | 
| Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 198 | 
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                        Howard Grubb's
                           								Aequatorial-Zwillingsteleskop.
                        Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 11.
                        Grubb's Aequatorial-Zwillingsteleskop.
                        
                     
                        
                           In der astronomischen Abtheilung der Industrieausstellung zu Manchester erregte, nach
                              									dem Berichte des Scientific American vom 28. Januar
                                 									1888 * S. 10055, das Aequatorial-Zwillingsteleskop von H. Grubb, dem Verfertiger des groſsen Aequatorial-Refractors der Wiener
                                 									Sternwarte, besonderes Interesse.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 269, S. 197
                              
                           Dieses in der Textfigur in perspectivischer Ansicht
                              									veranschaulichte Instrument, welches neben den astronomischen Beobachtungen zugleich zu
                              									photographischen Aufnahmen des Sternenhimmels dient, besteht aus einem 5m,18 langen Refractor von 203mm Oeffnung und einem mit ihm auf
                              									gemeinschaftlichem Lager montirten Reflector mit übersilbertem Glasspiegel von
                              										432mm. Beide Teleskope sind an den
                              									entgegengesetzten Enden der Declinationsachse befestigt und bewegen sich in der
                              									Declinationsebene unabhängig von einander, im Sinne der Rectascension aber
                              									gemeinschaftlich. Zur Beleuchtung des Declinationskreises, des Mikrometerfeldes
                              									u.s.w. dient ein elektrisches Glühlicht. Der Declinationskreis wird von dem
                              									Ocularende des Teleskopes aus abgelesen, von wo aus auch die feineren Bewegungen und
                              									Einstellungen regiert werden. Der Reflector dient nur zu photographischen Zwecken
                              									und sein Ocular zur Einstellung der photographischen Platte in den Focus, weshalb
                              									der Spiegel in seiner Mitte eine Oeffnung besitzt. Das Bild wird von dem Spiegel
                              									direkt auf die empfindliche Platte geworfen. Die Expositionszeit der letzteren
                              									schwankt zwischen einem sehr kleinen Bruchtheile einer Secunde wenn es sich um
                              									Aufnahmen von Sonnenansichten handelt, bis zu 2 oder sogar 3 Stunden bei Aufnahme
                              									sehr lichtschwacher Sterne oder Nebelflecke. Die Einhaltung der genauen Richtung, so
                              									daſs eine Verschiebung des Bildes auf der empfindlichen Platte vermieden wird, ist
                              									mit groſsen Schwierigkeiten verbunden. Wäre die scheinbare Bewegung eines Sternes,
                              									als Folge der Umdrehung der Erde, die einzige hier in Betracht kommende Bewegung, so
                              									würde jener Zweck durch eine möglichst gleichmäſsige Uhrwerkbewegung in einer der
                              									Achsendrehung der Erde entgegengesetzten Richtung zu erreichen sein. Allein die
                              									scheinbare Bewegung der Gestirne erleidet durch die astronomische Strahlenbrechung
                              									eine Störung, in deren Folge ein Stern höher über dem Horizonte erscheint, als er in
                              									der Wirklichkeit steht, und deren Einfluſs um so gröſser ist, je näher am Horizonte
                              									er sich befindet. Da der scheinbare Kreislauf der Sterne parallel zum Aequator
                              									erfolgt, die Ebene ihrer Bahn also gegen den Horizont geneigt ist, so ändert sich
                              									vor oder nach ihrer Culmination fortwährend der Einfluſs der Refraction auf den
                              									scheinbaren Ort der Sterne sowohl im Sinne der Rectascension als auch der
                              									Declination. Befindet sich nun der zu photographirende Stern östlich oder westlich
                              									vom Meridian, so läſst sich diese Störung bezüglich der Rectascension sehr nahe
                              									dadurch ausgleichen, daſs man die Uhr ein wenig vor- oder nachgehen läſst; in Bezug
                              									auf die Declination aber erscheint den astronomischen Photographen eine Correction
                              									aus freier Hand zulässig. Das Spiegelteleskop ist daher, wie die Textfigur zeigt,
                              									mit einem kräftigen Sucher von 127mm Oeffnung
                              									ausgestattet, und dieser, um eine genaue Ortsbestimmung des Leitsternes zu
                              									ermöglichen, mit Mikrometer versehen. Während der Exposition der Platte wird dieser
                              									Stern mittels des Suchers beständig beobachtet und jede Verschiebung desselben aus
                              									seinem Orte im Felde sofort aus freier Hand corrigirt, wozu besondere Vorrichtungen mit
                              									sehr feiner Bewegung im Sinne der Declination und Rectascension dienen.
                           Die Säule, welche die Polarachse einschlieſst, erhebt sich aus einem, von der Seite
                              									betrachtet, dreieckigen Gestelle, worin sich das Uhrwerk befindet. Das obere
                              									Achsenende liegt auf Frictionsrollen, während regulirbare Gegengewichte den Druck
                              									auf das eigentliche Lager mäſsigen. In der Textfigur ist das am Fuſse der Polarachse
                              									sitzende gezahnte Segment sichtbar. Die in das letztere greifende Schnecke erhält
                              									ihren Antrieb von einer mit Regulator ausgestatteten Aequatorialuhr, und diese steht
                              									mit einem höchst sinnreichen Controlapparate in Verbindung, welcher jeden etwaigen
                              									Fehler in ihrem Gange sofort selbsthätig berichtigt. Zum näheren Verständniſs
                              									verweisen wir auf die Fig. 1, 2 und 3 Taf. 11. Der
                              									Controlapparat besteht erstens aus einem von der Aequatorialuhr unabhängigen
                              									Uhrwerke mit Compensationspendel, zweitens aus einer Vorrichtung, dem
                              										„Detector“, welche jeden Unterschied im Gange des Normalpendels und der
                              									Aequatorialuhr anzeigt, drittens aus einer Vorrichtung, dem „Corrector“,
                              									welche jeden durch den „Detector“ enthüllten Fehler automatisch verbessert,
                              									und im Wesentlichen aus zwei Organen, einem beschleunigenden, dem
                              										„Accelerator“, und einem verzögernden, dem „Retarder“ besteht,
                              									deren Wirkungsweise aus folgender Darstellung ersichtlich sein wird.
                           S S2 (Fig. 2) ist eine der
                              									Achsen zwischen dem Werke der Aequatorialuhr und der in den gezahnten
                              									Rectascensionssector greifenden Schnecke. Diese Achse besteht aus drei Theilen S, S1 und S2. An dem einen Ende
                              									des Theiles S sitzt ein Zahnrad 1 und in dessen unmittelbarer Nähe, mit ihm beinahe in Berührung, an dem
                              									Ende des Achsentheiles S1 das Zahnrad 2. Das andere Ende von S1 enthält ein drittes
                              									Zahnrad 3, dicht neben dem am Ende des Achsentheiles
                              										S2 befestigten Rade
                              										4. Auf den Achsen S
                              									und S2 sitzen lose
                              									neben den Räderpaaren 1, 2 und 3, 4 die Messingscheiben d, d1
                              									, an deren Seitenflächen die kleinen in diese
                              									Räderpaare greifenden Getriebe p und p1 gelagert sind. Unter
                              									normalen Bedingungen, wenn kein Fehler im Gange der Aequatorialuhr besteht, dreht
                              									sich dieses System von Rädern und Getrieben als ein
                              									Stück, d.h. die drei Achsentheile S S1
                              									S2 laufen mit gleicher
                              									Geschwindigkeit. Sobald aber die eine oder die andere der lose sitzenden Scheiben
                              										d d1 festgehalten
                              									wird, so überträgt ihr Getriebe die Bewegung von dem einen Rad auf das andere.
                              									Hätten nun die beiden Räder 1, 2 oder 3, 4 gleich viel Zähne, so würde ihre Geschwindigkeit
                              									immer die gleiche bleiben. Da aber ihre Zähnezahl eine verschiedene ist, so hat das
                              									Festhalten einer der Scheiben d oder d1 eine verschiedene
                              									Umdrehungsgeschwindigkeit zur Folge. Hat z.B. das Rad 1
                              									des ersten Paares 30, das Rad 2 aber 29 Zähne, und
                              									macht die Achse S in 60 Secunden eine Umdrehung, so
                              									wird sich beim Anhalten der Scheibe d das Rad 2 im Verhältnisse von 30 : 29 geschwinder bewegen, als das Rad 1, d.h. das Achsenstück S1 wird eine Umdrehung in 58 Secunden
                              									machen. Ebenso kann bei dem Räderpaare 3, 4 die Hemmung
                              									der Scheibe d1 eine
                              									Geschwindigkeitsverminderung des Achsenstückes S2 bezüglich S1 hervorbringen. In die Ränder beider Scheiben sind
                              									sehr feine Zähne geschnitten und ihre Hemmung wird in der in Fig. 1 veranschaulichten
                              									Weise durch den an die Armatur eines Elektromagnetes l
                              									befestigten Kamm k bewerkstelligt.
                           Es erübrigt jetzt nur noch die Beschreibung des Mechanismus, welcher die
                              									Beschleunigung oder Verzögerung der Teleskopbewegung regelt. Auf der Minutenspindel
                              									der von einer Feder getriebenen controlirenden Uhr sitzt nämlich eine Hemmung W (Fig. 2 und 3 Taf. 11), deren sogen.
                              									Stiftengang ebenso wenig, wie die Schwingungen des Normalpendels P durch irgend eine Abweichung im Gange der
                              									Aequatorialuhr beeinfluſst wird. An der nämlichen Spindel ist hinter dieser Hemmung
                              									eine Ebonitscheibe EE (Fig. 1 und 2) befestigt, welche ihre
                              									Bewegung von der Aequatorialuhr empfängt. Diese Scheibe enthält zwei isolirte Ringe
                              										b b1, welche mit
                              									zwei in der Nähe des Scheibenrandes eingelassenen Platinplättchen β β1 in metallischer
                              									Verbindung stehen. Zwischen dem Hemmungsrade und der Ebonitscheibe sitzt lose an der
                              									Spindel ein Hebel A (Fig. 1), dessen Ende eine
                              									zwischen den Platinplättchen β β1 gleitende Platinbrücke B trägt, welche in ihrer Mittellage auf einem in die Ebonitscheibe
                              									eingelassenen Bergkrystallstücke ruht. Das andere Ende dieses Hebels bildet eine
                              									Gabel, zwischen deren Zinken ein an dem Hemmungsrade befestigter Stift hineinragt.
                              									Der Spielraum dieses Stiftes innerhalb der Gabel läſst sich mittels Stellschrauben
                              									regeln.
                           Die isolirten Ringe stehen mit den oben beschriebenen beschleunigenden und
                              									verlangsamenden Organen mittels feiner auf ihnen schleifender Platindrähte o o1 in elektrischer
                              									Verbindung. Die Wirkungsweise der ganzen Anordnung ist folgende: Das von der
                              									Controluhr getriebene Hemmungsrad W hat, den
                              									Schwingungen des Pendels P entsprechend, eine
                              									intermittirende, die von der Aquatorialuhr getriebene Ebonitscheibe E aber eine stetige Bewegung. Wenn daher Hemmungsrad
                              									und Scheibe in gleicher Zeit eine ganze Umdrehung machen, so wird der Stift des
                              									ersteren beständig innerhalb der Gabel des von der Ebonitscheibe vermöge der Reibung
                              									mitgenommenen Hebels A schwingen. Die Gabelstifte sind
                              									so eingestellt, daſs sie diese Schwingungen so lange gestatten, als der Gang der
                              									Aequatorial- und Controluhr gleichförmig bleibt. Geht jedoch die Aequatorialuhr
                              									bezüglich des Normalpendels nach oder vor, so kommt der besagte Stift des
                              									Hemmungsrades mit einem der Gabelstifte in Berührung und bewirkt eine Verschiebung
                              									des Hebels A auf der Spindel, wodurch die Brücke B mit einem der Platinplättchen β oder β1 in
                              									Berührung kommt und einen elektrischen Strom entsendet, welcher je nach Umständen
                              									die beschleunigende oder verzögernde Vorrichtung in Wirksamkeit setzt. Wie lange
                              									das eine oder das andere der letzteren Organe in Thätigkeit bleibt, hängt von der
                              									Gröſse des auszugleichenden Fehlers und dem Verhältnisse der Zähnezahl der
                              									Räderpaare 1, 2 und 3, 4
                              									ab. Bei den oben angenommenen Verhältnissen beträgt die Correction
                              										\frac{1}{30}, so daſs, um einen Fehler von ⅕ Secunde zu
                              									berichtigen, das beschleunigende oder verlangsamde Organ
                              										\frac{30}{1}=6 Secunden in Wirksamkeit zu bleiben hat.
                              									Unmittelbar nach erfolgter Correction nimmt der Hebel A
                              									wieder seine normale Stellung und die Brücke B ihre
                              									Mittellage zwischen den beiden Platinplättchen β β1 wieder an. Der elektrische Strom ist daher
                              									unterbrochen und somit die Beschleunigung oder Verzögerung aufgehoben.
                           Es verdient bemerkt zu werden, daſs der in Rede stehende Mechanismus nicht nur jede
                              									zeitliche Störung im Gange der Aequatorialuhr berichtigt, sondern auch die bereits
                              									vorgekommenen Fehler aufhebt, eine für photographische Arbeiten sehr wichtige
                              									Thatsache, indem sie die Unverrückbarkeit der Sternbilder auf der empfindlichen
                              									Platte sichert. Der Apparat arbeitet mit bewunderungswürdiger Genauigkeit und erhält
                              									die Aequatorialuhr genau innerhalb der Fehlergrenze von ⅕ bis 1/10 Secunde.
                           Die Detailansicht (Fig. 4) zeigt, wie die Achse des Refractors durch die röhrenförmige Achse
                              									des Spiegelteleskopes hindurchgeführt ist, so daſs beide Teleskope bezüglich der
                              									Declination sich unabhängig von einander bewegen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
