| Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. | 
| Autor: | Morgen | 
| Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 272 | 
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                        Ueber Fortschritte in der
                           								Spiritusfabrikation.
                        (Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes Bd. 268
                           								S. 270.)
                        Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
                        
                     
                        
                           I. Rohmaterialien und Malz.
                              								
                           Das Vorkommen von Rohrzucker in unreifen
                                 										Kartoffelknollen haben E. Schulze und Th. Seliwanoff nachgewiesen (Landwirthschaftliche Versuchsstationen, Bd. 34 S. 403). Es gelang den
                              									genannten Forschern, aus den zerriebenen Kartoffeln den Rohrzucker in Krystallen zu
                              									gewinnen. Die Identität dieser Krystalle wurde sowohl durch verschiedene Reactionen,
                              									wie auch durch die krystallographische Untersuchung unzweifelhaft erwiesen. Schon
                              										v. Müller-Thurgau, welcher nachwies, daſs in
                              									ruhenden Kartoffeln Stärkemehl sich in reducirenden Zucker umwandelt und daſs bei
                              									dieser Umwandelung wahrscheinlich Zwischenproducte entstehen, vermuthete, daſs eines
                              									dieser Zwischenproducte Rohrzucker sei. Die Verfasser glauben hiernach die
                              									Thatsache, daſs junge Kartoffelknollen in einer Periode, in welcher in ihnen
                              									lebhafte Stärkemehlbildung stattfindet, neben Glycose auch Rohrzucker enthalten,
                              									dahin deuten zu können, daſs auch bei der Stärkemehlbildung auf Kosten von Glycose
                              									Rohrzucker als Uebergangsproduct auftritt.
                           Etiolirte Kartoffelkeime untersuchte Seliwanoff auf ihre Stickstoff haltigen Bestandtheile,
                              									sowie auf ihren Zuckergehalt (Landwirthschaftliche
                                 										Versuchsstationen, Bd. 34 S. 414). Es gelang ihm, Asparagin in Krystallen
                              									daraus zu gewinnen. Die quantitative Bestimmung nach der Methode von Sachse ergab 2,95 Proc. Asparagin. Indem die
                              									Proteïnstoffe nach Stutzer's Methode bestimmt wurden,
                              									erhielt man in nicht proteïnartigen Verbindungen 0,75 Proc. Stickstoff, d.h. fast
                              									ebenso viel als der Stickstoff des gefundenen Asparagines ausmacht; es sind daher
                              									neben Asparagin andere nicht proteïnartige Verbindungen in hervorragender Menge
                              									nicht vorhanden. Die Prüfung auf Zucker ergab 8,4 Proc. Glycose, auſserdem noch
                              									einen anderen Fehling'sche Lösung nicht reducirenden
                              									Zucker, welchen Verfasser für Rohrzucker hält und dessen Menge 3,45 Proc. der
                              									Trockensubstanz der Keime betrug.
                           Im Anschlusse hieran möchte Referent eine eingehende Untersuchung zweier Proben gekeimter Kartoffeln, welche bereits im J. 1878 zur Ausführung gelangte,
                              									aber bisher nicht veröffentlicht ist, mittheilen. In Betreff der angewendeten
                              									Methoden sei kurz folgendes bemerkt: 1) Die Nichteiweiſsstoffe (Amidverbindungen)
                              									wurden im Kartoffelsafte nach der Methode von Sachsse-Korrmann bestimmt. 2) Das Eiweiſs wurde im Safte durch Coaguliren
                              									mit Essigsäure und Erhitzen bestimmt da die Methode von Stutzer damals noch nicht bekannt war. Das ausgeschiedene Eiweiſs wurde
                              									getrocknet, und darin der Stickstoffgehalt ermittelt. 3) Zucker und Dextrin wurden
                              									im Safte bestimmt nach bekannten Methoden; zur Bestimmung des Stärkemehles wurde die
                              									getrocknete Kartoffel verwendet. 4) Im Safte wurde ferner bestimmt, der behalt an
                              									Trockensubstanz, an Mineralstoffen und an Stickstoff und damit der lösliche Antheil
                              									dieser Bestandtheile der Kartoffel ermittelt. 5) Die im Safte bestimmten Stoffe sind
                              									in der nachfolgenden Tabelle als lösliche aufgeführt,
                              									jedoch nicht in Procenten des Saftes angegeben, sondern in Procenten der ganzen
                              									Kartoffel umgerechnet auf Grund des festgestellten Saftgehaltes der Kartoffeln,
                              									welcher nach einer hier nicht naher zu beschreibenden Methode ermittelt wurde. 6)
                              									Bei den Keimlingen konnte kein Saft gewonnen werden, dieselben wurden mit heiſsem
                              									Wasser extrahirt und dieses Extract zur Untersuchung verwendet. Unter
                           
                              
                                 
                                 Probe a.Es enthält in Procenten
                                 Probe b.Es enthält in Procenten
                                 
                              
                                 die abge-keimteKnolle
                                 die Keim-linge
                                 die ganzeKartoffel(Knolle
                                    											undKeime)
                                 die abge-keimteKnolle
                                 die Keim-linge
                                 die ganzeKartoffel(Knolle
                                    											undKeime)
                                 
                              
                                 Specifisches Gewicht
                                 1,081
                                 –
                                 –
                                 1,124
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Wasser
                                 75,94
                                 85,43
                                 76,23
                                 70,82
                                 87,85
                                 71,34
                                 
                              
                                 Trockensubstanz
                                 24,06
                                 14,57
                                 23,77
                                 29,18
                                 12,15
                                 28,66
                                 
                              
                                 Lösliche Substanz insgesammt
                                 3,560
                                 7,550
                                 3,680
                                 3,510
                                 5,970
                                 3,585
                                 
                              
                                 Saftgehalt
                                 61,73
                                 –
                                 59,87*
                                 53,89
                                 –
                                 52,25*
                                 
                              
                                 Gesammtstickstoff
                                 0,351
                                 0,472
                                 0,354
                                 0,341
                                 0,416
                                 0,344
                                 
                              
                                 Stickstoff, löslich insgesammt
                                 0,275
                                 0,228
                                 0,274
                                 0,280
                                 0,227
                                 0,278
                                 
                              
                                 Stickstoff, löslich als Eiweiſs
                                 0,138
                                 –
                                 0,134*
                                 0,176
                                 –
                                 0,171*
                                 
                              
                                 Stickstoff, löslich als Nichteiweiſs
                                 0,136
                                 0,211
                                 0,138
                                 0,102
                                 0,183
                                 0,105
                                 
                              
                                 Mineralstoffe gesammt
                                 1,068
                                 –
                                 1,036*
                                 1,260
                                 –
                                 1,222*
                                 
                              
                                 Mineralstoffe löslich
                                 0,782
                                 –
                                 0,758*
                                 0,946
                                 –
                                 0,917*
                                 
                              
                                 Stärkemehl (excl. Zucker und    Dextrin)
                                 17,492
                                 –
                                 16,964*
                                 22,855
                                 –
                                 22,158*
                                 
                              
                                 Zucker (Dextrose)
                                 0,672
                                 3,341
                                 0,753
                                 0,152
                                 3,389
                                 0,250
                                 
                              
                                 Dextrin
                                 0,090
                                 –
                                 0,087*
                                 0,189
                                 2,337
                                 0,254
                                 
                              
                                 Von 100 Th. Stickstoff sind:
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                     Als lösliches Eiweiſs
                                 39,3
                                 –
                                 –
                                 51,6
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                      „   unlösliches Eiweiſs
                                 22,0
                                 –
                                 –
                                 18,5
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                      „   Eiweiſs insgesammt
                                 61,3
                                 55,3
                                 61,0
                                 70,1
                                 56,0
                                 69,5
                                 
                              
                                      „   Nichteiweiſs
                                 38,7
                                 44,7
                                 39,0
                                 29,9
                                 44,0
                                 30,5
                                 
                              
                           * Diese Zahlen beziehen sich auf die Kartoffeln, ausschlieſslich
                              									der Keime, da diese Bestimmungen wegen Mangels an Material in den Keimen nicht
                              									ausgeführt werden konnten. Die Zahlen sind also nur durch Reduction der für die
                              									Knolle ermittelten Werthe auf 96,98 bezieh. 96,95 Proc. Knollen gewonnen.
                           
                           den in der Tabelle aufgeführten löslichen Bestandtheilen der
                              									Keime sind also diejenigen Stoffe zu verstehen, welche durch heiſses Wasser gelöst
                              									wurden (daher kein Eiweiſs in dieser Lösung vorhanden war). Die beiden
                              									Kartoffelproben bestanden aus:
                           
                              
                                 Probe
                                 a)
                                 96,98
                                 Proc.
                                 Knollen
                                 3,02
                                 Proc.
                                 Keimen
                                 
                              
                                 „
                                 b)
                                 96,95
                                 „
                                 „
                                 3,05
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           Die Knollen waren welk, die Keime mehrere Centimeter lang. Die
                              									nähere Zusammensetzung zeigt vorstehende Tabelle.
                           Auch bei unseren Versuchen zeichnen sich die Keime durch einen hohen Zuckergehalt
                              									aus, wenngleich derselbe selbst einschlieſslich des Dextrines die von Seliwanoff beobachtete Zahl nicht erreicht. Bemerkt sei
                              									hier noch, daſs als Dextrin die die Fehling'sche Lösung
                              									direkt nicht reducirende Substanz des Saftes, welche erst nach dem Invertiren
                              									reducirt, verstanden ist. Ob dieses in der That Dextrin oder aber ein direkt nicht
                              									reducirender Zucker, vielleicht auch Rohrzucker ist, wurde nicht ermittelt. Der
                              									Gehalt an Nichteiweiſsverbindungen ist bei den von uns untersuchten Kartoffelkeimen
                              									ein bedeutend höherer als ihn Seliwanoff beobachtete,
                              									denn wir fanden in den Keimen von 100 Th. Stickstoff 44,7 bezieh. 44,0 in dieser
                              									Form, während Seliwanoff nur 20,1 Proc. (nämlich 0,75
                              									Proc. von 3,73 Gesammtstickstoff) als Nichteiweiſs ermittelte. Es scheinen also sehr
                              									bedeutende Schwankungen vorzukommen, welche wohl durch verschiedenes Stadium der
                              									Entwickelung der Keime bedingt sind.
                           Ueber die Verarbeitung von erfrorenen Kartoffeln
                              									berichtet die Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11
                              									S. 3, nach Beobachtungen von Schoeckh. Bei Anwendung
                              									eines Druckes von 4at und 1¾ Stunden
                              									Dämpfungsdauer wurden keine guten Resultate erhalten. Es wurde nun der Dampf von
                              									unten einströmen gelassen und sobald das Fruchtwasser abgelaufen war, oben am Henze
                              									der Lufthahn geöffnet, so daſs der Dampf in Stärke eines Federkieles ausblasen
                              									konnte. Auf diese Art wurde eine Stunde gedämpft. Später wurde so verfahren, daſs zu
                              									Anfang der Deckel des Henze nicht fest geschlossen war, so daſs Dampf noch frei
                              									entweichen konnte; nach ¾ Stunden wurde der Deckel geschlossen und ¾ Stunde auf 4at gedämpft. Die Erfolge waren recht
                              									befriedigende.
                           Ueber die Begründung der Station für Kartoffelkultur
                              									berichtete in der Generalversammlung des Vereines der
                                 										Stärkeinteressenten und Spiritusfabrikanten am 24. Februar 1888 (Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11
                              									Ergänzungsheft S. 55) der technische Leiter der Station Dr. v. Eckenbrecher. Derselbe legte gleichzeitig den Plan für die von der
                              									Station für das Jahr 1888 in Aussicht genommenen Versuche dar.
                           Ueber vergleichende Anbauversuche mit verschiedenen
                                 										Kartoffelspielarten im J. 1888 berichtet F.
                                 										Heim in Emczsleben in der Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 11 Ergänzungsheft S. 54. In derselben Zeitschrift
                              									finden sich noch vielfach Berichte über Kartoffelanbau, auf welche wir hier jedoch nur hinweisen können
                              										(Paulsen S. 42 und 73. Vibrans S. 80. Rambonseck S. 81).
                           In einem Aufsatze über den An- und Verkauf der Melasse zu
                                 										Brennereizwecken (Oesterreichisch-Ungarische
                                 										Brennereizeitung, Bd. 12 S. 2) wird darauf hingewiesen, daſs die Prüfung
                              									der Melasse durch Bestimmung des specifischen Gewichtes und mittels der Polarisation
                              									unzuverlässige Resultate liefert, weil in Melassen, besonders denjenigen aus dem Steffen'schen oder dem Strontianverfahren, häufig sehr
                              									groſse Mengen von sogen. Pluszucker, welcher durch neuere Untersuchungen als
                              									Raffinose erkannt ist, vorkommen. Da die Raffinose ein Drehungsvermögen von (α) D = + 104 bis 105 und
                              									nach der Inversion von (α) D = + 52 bis 53, der Rohrzucker dagegen nur ein solches von αD = + 66,5 und nach der Inversion αD = – 28 besitzt, so ist es klar, daſs Zuckerlösungen,
                              									welche Raffinose enthalten, eine viel höhere Polarisation aufweisen, als sie
                              									besitzen würden, wenn sie nur Rohrzucker enthielten. Es wird vorgeschlagen, die
                              									Melasse nicht nur direkt, sondern auch nach der Inversion zu polarisiren, ein
                              									Verfahren, welches bekanntlich für die Bestimmung von Rohrzucker neben Invertzucker
                              									in Anwendung ist. Allerdings wird auch dieses Verfahren nur zur Orientirung dienen
                              									können, da die für die Bestimmung von Rohrzucker und Invertzucker dienende Formel
                              									von Clerget
                              										(S=\frac{100\,(P-P_1)}{144-0,5\,t}, worin P = Polarisation, P1 = Polarisation nach der Inversion, t = Temperatur nach der Inversion ist) für die
                              									Raffinose insofern nicht zutreffend ist, als bei dieser nach der Inversion das
                              									Rotationsvermögen nicht wie beim Rohrzucker negativ wird, sondern positiv
                              									bleibt.
                           Die Einführung der mechanisch-pneumatischen Mälzerei in die
                                 										Preſshefe- und Spiritusindustrie wird in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 72, von Schrohe sehr befürwortet. Der Verfasser bespricht das
                              									System von Galland (vgl. 1887 265 134) und das System von J. Saladin
                              									eingehend, und hebt hervor, daſs die Mälzerei auf der Tenne vor Allem den Nachtheil
                              									hat, daſs dieselbe sowohl in sehr heiſsen wie in sehr kalten Klimaten und auch schon
                              									zu verschiedenen Jahreszeiten in demselben Klima mit groſsen Schwierigkeiten
                              									verbunden und z.B. im Sommer in Deutschland ein gutes Tennenmalz fast nirgends
                              									herzustellen ist. Dagegen gestattet sowohl das System Saladin wie Galland das ganze Jahr hindurch
                              									ein gleichmäſsiges Arbeiten. Als weitere Vortheile der pneumatischen Mälzerei sind
                              									anzuführen, daſs sich auf diesem Wege leichter ein Luftmalz, welches gesund und
                              									haltbar ist, erzeugen läſst; ferner beansprucht dieselbe einen ungleich kleineren
                              									Raum als die Tennenmälzerei (System Saladin nur ⅕ gegen
                              									letztere). Endlich spart die pneumatische Mälzerei an Handarbeit. Hauptsächlich
                              									empfiehlt sich die pneumatische Mälzerei für die Preſshefeindustrie, bei welcher im
                              									Gegensatze zur Spiritusindustrie der neue Fabrikbetrieb vorherrscht, welche sich mehr auf die Städte
                              									mit ihren theuren Arbeitskräften concentrirt und welche auch einen ungleich höheren
                              									Procentsatz von Malz auf die Maische verwendet. Besondere Vortheile würde die
                              									pneumatische Mälzerei den Preſshefefabriken dann noch gewähren, wenn dieselben sich
                              									entschlieſsen würden, den Gebrauch des Darrmalzes aufzugeben und zur Verwendung von
                              									Grünmalz überzugehen, welch letzteres billiger ist und sich ebenso vortheilhaft
                              									verwenden läſst.
                           Ueber die Wirksamkeit verschiedener Malzarten haben Th. Morawsky und M. Glaser
                              									eingehende Untersuchungen ausgeführt (Zeitschrift für
                                 										Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 81, daselbst nach Mittheilungen des k. k. Technologischen Gewerbemuseums in Wien, Neue
                              									Folge, I. Jahrg. 1887, Nr. 1 bis 4). Veranlassung zu diesen Untersuchungen gaben die
                              									so abweichenden Beobachtungen der Praxis über die Wirksamkeit der verschiedenen
                              									Malzarten, besonders des Roggen- und Hafermalzes, welche am meisten als Ersatz für
                              									Gerste in Frage kommen. Die Verfasser prüften die Wirksamkeit der verschiedenen
                              									Malzarten nach dem Kjeldahl'schen und Lintner'schen Verfahren (vgl. 1887 265 462), wie auch durch Ausführung von Maischversuchen.
                              									Es wurden Getreidearten verschiedener Bezugsquellen, nämlich vier Sorten Gerste,
                              									fünf Sorten Weizen, fünf Sorten Roggen, sieben Sorten Hafer und sechs Sorten Mais
                              									verwendet. Das sorgfältig gereinigte Getreide keimte zwischen feuchtem
                              									Filtrirpapiere bei etwa 19 bis 20°, nur in zwei Fällen lieſs man Mais bei 30° keimen
                              									und lang wachsen. Wir geben im Folgenden nur die Durchschnittszahlen für die
                              									einzelnen Getreidearten und zwar die Angaben über die gewonnene Malzmenge und über
                              									das Fermentativvermögen, sowie die zum Vergleiche am besten geeigneten
                              									Verhältniſszahlen, welche durch Multiplication des durch die Zugabe von 20cc Malzextract verursachten Zuckerzuwachses mit
                              									dem Gehalte des aus 100g Rohfrucht gewonnenen
                              									Malzes berechnet sind.
                           
                              
                                 Getreideart
                                 Verhältniſs-zahl
                                 Fermentativ-vermögen
                                 Malz aus 100gRohfrucht
                                 
                              
                                 Gerste
                                 206,5
                                 46,82
                                 154,5
                                 
                              
                                 Roggen
                                 159,5
                                 40,66
                                 162,4
                                 
                              
                                 Weizen
                                 163,8
                                 52,76
                                 148,6
                                 
                              
                                 Hafer
                                   83,1
                                 11,44
                                 159,5
                                 
                              
                                 Mais, normal gekeimt
                                   24,1
                                   4,71
                                 136,7
                                 
                              
                                 Mais, lang gewachsen, Blatt-    keime von 2½facher
                                    											Korn    länge
                                   93,6
                                   6,25
                                 147,0.
                                 
                              
                           Zu den Maischversuchen wurden 25g Stärke mit 500cc Wasser verkleistert, auf 60° abgekühlt, 50cc Malzextract (1 Th. Malz zu 20 Th. Wasser)
                              									zugesetzt, 20 Minuten bei 55 bis 57° erwärmt, rasch aufgekocht, abgekühlt, zu 1l aufgefüllt und nun der Gehalt an Maltose
                              									bestimmt, derselbe betrug:
                           
                              
                                 Gerstenmalz
                                 14,416g
                                 Maltose
                                 
                              
                                 Roggenmalz
                                 13,433
                                 „
                                 
                              
                                 Weizenmalz
                                 15,522
                                 „
                                 
                              
                                 Hafermalz
                                   4,318
                                 „
                                 
                              
                                 Maismalz (lang gewachsen)
                                   4,062
                                 „
                                 
                              
                           
                           Aus ihren Versuchen ziehen die Verfasser folgende Schlüsse: 1) Das Roggenmalz ist dem
                              									Hafermalz in Bezug auf Zucker bildende Kraft bedeutend überlegen. 2) Das Weizenmalz
                              									übertrifft ebenfalls das Hafermalz und ist dem Roggenmalze mindestens gleichwertig.
                              									3) Die Zucker bildende Kraft sorgfältig erzeugten Roggen- und Weizenmalzes steht
                              									gegen jene des Gerstenmalzes wenig zurück (vgl. die Untersuchungen Lintner's über Diastase aus Weizenmalz, 1888 268 132, welche zu diesem selben Resultate führten). 4)
                              									Das Hafermalz hat eine geringere Zucker bildende Kraft als das aus anderen
                              									Getreidearten bereitete Malz. 5) Das Maismalz, bei gewöhnlicher Temperatur erzeugt,
                              									steht dem Hafermalze noch bedeutend nach. Ist das Maismalz dagegen bei hoher
                              									Temperatur gekeimt und sehr lang gewachsen, so nähert sich die Zucker bildende Kraft
                              									desselben derjenigen des Hafermalzes.
                           
                        
                           II. Dämpfen und Maischen.
                              								
                           Ueber das Abbrennen wenig concentrirter entschalter
                                 										Maischen berichtet C. Hesse-Czerbienschin in
                              									der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 79.
                              									Das Abbrennen stark concentrirter entschalter Maischen von etwa 25 Proc. am
                              									Saccharometer geht ohne Schwierigkeiten von statten. Bei der Verarbeitung
                              									stärkearmer Kartoffeln, aus denen Maischen mit 22, höchstens 23 Proc. resultiren,
                              									welche nach dem Entschalen, besonders bei Verwendung von Seedkartoffeln, von sehr
                              									dünnflüssiger Beschaffenheit sind, ist das Abbrennen jedoch mit sehr groſsen
                              									Schwierigkeiten verbunden, so daſs selbst bei sehr langsamem Abtreiben und bei der
                              									gröſsten Aufmerksamkeit Störungen eintreten. Als Grund dieser Störungen fand
                              									Verfasser die nicht genügende Vorwärmung bei dem Christoph'schen Apparate, welcher in dieser Beziehung ungünstiger gestellt
                              									ist, als der continuirliche Apparat mit Condensator. Verfasser fing nun an, die
                              									Maische mit direktem Dampfe vorzuwärmen, was bei dem Christoph'schen Apparate durch geringes Oeffnen des an dem
                              									Maischzufluſsrohre kurz vor Eintritt in die Blase befindlichen Dampfventiles sehr
                              									leicht zu bewerkstelligen ist und erreichte hiermit den gewünschten Erfolg. Der
                              									Apparat ging ebenso ruhig, wie bei Verarbeitung dicker Maischen, auch wurde das
                              									Abtreiben in der gleichen Zeit bewirkt. Sobald man für genügende Vorwärmung sorgt,
                              									lassen sich nach des Verfassers Erfahrungen dünne Maischen ebenso gut und leicht
                              									abtreiben wie diese.
                           Versuche mit dem Entschalungsapparate (Patent Müller) aus der Fabrik von A.
                                 										Eberhardt in Bromberg hat neuerdings wieder Heinzelmann angestellt, worüber derselbe in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 96, berichtet. Veranlassung
                              									zu diesen Versuchen gaben Klagen über schlechte Vergährung entschalter Maischen,
                              									welche mit den Beobachtungen der vorigen Campagne, in welcher man stets
                              									befriedigende, sehr sogar eine bessere Vergährung nach der Entschalung gefunden
                              									hatte, in Widerspruch
                              									standen. Der Verfasser stellte nun in den betreffenden Brennereien Untersuchungen
                              									an, um folgende Fragen zu entscheiden: 1) Ist die Hefe eine mangelhafte, so daſs sie
                              									den vorhandenen Zuckergehalt von 26° B. in der Maische nicht vergähren kann? 2) Ist
                              									die Zuckerbildung eine normale gewesen, oder ist dieselbe unzureichend verlaufen, so
                              									daſs also der unvergohrene Rückstand noch gröſsere Mengen von Dextrinen aufzuweisen
                              									hat? Da der Gang der Untersuchungen zur Entscheidung dieser Fragen so einfach ist,
                              									daſs er von jedem Brenner ausgeführt werden kann, so theilen wir denselben hier kurz
                              									mit: 100cc filtrirter vergohrener Maische werden
                              									mit 100cc Wasser verdünnt, davon 100cc abdestillirt, im Destillate der Alkoholgehalt
                              									durch den Lutterprober festgestellt. Der Rückstand im Kochgefäſse wird mit etwa
                              										20g reiner Preſshefe versetzt, 24 Stunden
                              									unter öfterem Umschütteln bei 25 bis 30° der Gährung überlassen, mit 100cc Wasser verdünnt und abdestillirt. Ist in diesem
                              									Destillate kein Alkohol nachzuweisen, so folgt daraus, daſs der Zucker durch die
                              									Hefe vollständig verzehrt war, mithin die in der Brennerei verwendete Hefe von
                              									normaler Beschaffenheit gewesen ist. Zur Entscheidung der Dextrinfrage läſst man den
                              									Rückstand im Destillirgefäſse, welchem man vor Zusatz der Hefe etwas filtrirten
                              									Malzauszug zugibt, eine halbe Stunde bei 56 bis 57° zur Zuckerbildung stehen, kühlt
                              									ab, fügt Hefe hinzu und verfährt wie oben angegeben. Da der Malzauszug stets etwas
                              									Zucker enthält, so muſs man in einem besonderen Gährversuche die daraus gebildete
                              									Alkoholmenge feststellen und von der bei Vergährung der Maischprobe erhaltenen in
                              									Abzug bringen. Verfasser fand bei seinen Untersuchungen der Destillate 0,2 – 0,6 –
                              									0,9 – 1,1 Vol.-Proc. Alkohol, woraus folgt, daſs etwa die doppelte Menge an
                              									Dextrinen vorhanden gewesen ist, welche sich der Gährung entzogen haben, weil die
                              									diastatische Kraft des Malzes für die Nachgährung entweder gelähmt war oder nicht
                              									mehr ausreichte. Da in einer Brennerei, welche bei Gerstenmalz ungünstige Resultate
                              									erhielt, bei Verwendung von Roggenmalz die Vergährung eine bessere wurde, so stellte
                              									Verfasser Versuche mit gemischtem Malze aus Gerste und Roggen an und erreichte damit
                              									ebenfalls eine bessere Vergährung, nach Steigerung der Malzgabe sogar vorzügliche
                              									Vergährungen, indem enttreberte Maischen von 25 bis 26° B. bis auf 1,5° B.
                              									vergohren. Verfasser macht darauf aufmerksam, daſs in dieser Campagne die Kartoffeln
                              									einen hohen Säuregrad von 0,6 bis 0,8° zeigten, während man 0,4 bis 0,5 als normal
                              									bezeichnen muſs. Da nun die Säure der gröſste Feind der diastatischen Wirkung ist,
                              									so ist es klar, daſs man bei Verarbeitung solcher Kartoffeln ein gröſseres Quantum
                              									Malz wird verwenden müssen; auch das Malz selbst scheint in sauerer Maische, je nach
                              									Mischung, eine andere Wirkung auszuüben, wie in diesem Falle Gersten- und Roggenmalz
                              									beweisen. Verfasser schlägt vor, bis zu 5k
                              									Grünmalz je nach Wirksamkeit, bestehend aus ½ Roggen- oder mehr und  ½ Gerstenwalz,
                              										für 100k verarbeiteter Kartoffeln zur Zuckerbildung beim
                              									Dickmaischverfahren zu verwenden.
                           Nach den Erfahrungen des Verfassers werden bei Benutzung des Müller'schen Entschalungsapparates sehr häufig zwei Fehler gemacht.
                              									Zunächst ist es die verwendete Quantität des Malzes ohne Rücksicht auf die Qualität
                              									desselben, welche Miſserfolge bedingt. Ein Malz, welches nicht genügend ausgewachsen
                              									ist, nicht das richtige Alter besitzt oder sonst abnorm beschaffen ist, kann
                              									natürlich nicht dasselbe leisten wie gutes Malz. Bei Verwendung eines mangelhaften
                              									Malzes kommt es vor, daſs höchstens verflüssigte, nicht aber vollständig invertirte
                              									Maischen zur Gährung angestellt werden, bei welchen dann eine schlechte Vergährung
                              									ganz natürlich ist. Ein weiterer Fehler ist die ungenügende Zerkleinerung des
                              									Malzes, welches häufig nur einmal und unvollkommen gequetscht wird, so daſs nicht
                              									allein halbe, sondern sogar ganze Körner durch die Quetsche hindurchgehen. Von
                              									solchem Malze wird natürlich durch den Entschalungsapparat um so mehr mit den
                              									Trebern ausgeschieden, je weniger das Malz zur Auflösung im Vormaischbottiche
                              									gelangte. Aus diesem Grunde halt Verfasser auch eine etwas längere Dauer der
                              									Zuckerbildung (bis ¾ Stunden) für zweckmäſsig, namentlich bei Dickmaischen; er
                              									empfiehlt ferner auch das Rührwerk im Vormaischbottiche noch etwa 20 Minuten nach
                              									dem letzten Ausblasen der Kartoffelmasse gehen zu lassen, damit die Malzschalen
                              									durch die Reibung gut gereinigt werden und ein inniges Vermischen der Diastase mit
                              									der Kartoffelmaische stattfindet. Bei Innehaltung dieser Gesichtspunkte muſs jeder
                              									Brenner mit dem Müller'schen Entschalungsapparate gute
                              									Verjährungen erzielen.
                           Sehr günstige Erfahrungen mit dem Müller'schen
                              									Entschalungsapparate aus der Campagne 1887 bis 1888 theilt C. Hesse-Czerbienschin in
                              									der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 11 S. 18,
                              									mit. Die wenigsten Schalen geben Seedkartoffeln, nämlich 45k für den Bottich von rund 3000l Inhalt; es folgten dann Imperator und Champion,
                              									letztere lieferte bis zu 83k für den Bottich. Die
                              									Varietät spielt also bei der Menge der Schalen eine groſse Rolle, dagegen ist der
                              									Stärkegehalt der Kartoffeln für die Schalenmenge gleichgültig. Trockenfaule
                              									Kartoffeln liefern eine groſse Menge Treber, bis zu 25k mehr auf einen Bottich. Der Steigraum verringerte sich zu Gunsten des
                              									Entschalungsapparates um 4cm oder 2 Proc. Die
                              									Ausbeute wurde durchschnittlich um 0,5 Proc. vom Maischraume erhöht. Eine
                              									Mehrausbeute, sowie erhöhte Sicherheit des Betriebes trat ferner dadurch ein, daſs
                              									sich während des Gebrauches des Entschalungsapparates der Destillationsapparat nie
                              									verstopfte, dadurch also Spiritus Verluste vermieden wurden. Die Haltbarkeit des
                              									Entschalungsapparates erwies sich als eine gute, da Reparaturen nach einjährigem
                              									Gebrauche nicht vorkamen. Verfasser empfiehlt jedoch die Abkratzer aus Stahlblech,
                              									welche öfter loslassen, durch Abstreicher, welche mittels Feder gegen die innere Wand der Trommel
                              									gedrückt werden, zu ersetzen.
                           Morgen.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)