| Titel: | Die nordische Ausstellung zu Kopenhagen; von Dr. Otto N. Witt. | 
| Autor: | Otto N. Witt | 
| Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 370 | 
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                        Die nordische Ausstellung zu Kopenhagen; von Dr.
                           								Otto N. Witt.
                        Witt, die nordische Ausstellung zu Kopenhagen.
                        
                     
                        
                           Die nordische Ausstellung zu Kopenhagen umfaſst die drei skandinavischen Reiche in
                              									der Gesammtheit ihres künstlerischen, kunstgewerblichen, industriellen und
                              									Volkslebens. Auſserdem sind Deutschland, Frankreich, Ruſsland, Italien und Japan
                              									durch kunstgewerbliche Erzeugnisse auf derselben vertreten. Am umfassendsten ist die
                              									Ausstellung Dänemarks mit seinen Kolonien St. Thomas und Grönland; Island ist
                              									merkwürdigerweise kaum vertreten. Norwegen zeigt sich hauptsächlich als
                              									Touristen-Eldorado, sowie in den interessanten Eigenthümlichkeiten seiner früheren
                              									und jetzigen Bewohner, während es in industrieller Beziehung kaum etwas anderes als
                              									unbedeutende Versuche ausgestellt hat, mit Ausnahme allerdings seiner
                              									hochbedeutsamen Fischereiproducte und Cellulosefabrikation, von welcher unten die
                              									Rede sein wird. Das Königreich Schweden ist zwar sehr reich vertreten, immerhin
                              									scheint mir die Ausstellung noch nicht der doch ziemlich hoch entwickelten Industrie
                              									Schwedens gerecht zu werden. Namentlich die beispiellos reichen mineralischen
                              									Schätze und die geschätzten Hüttenproducte Schwedens sind nicht in dem Maſse auf der
                              									Ausstellung vertreten, wie man dies erwarten dürfte.
                           Das allgemeine Arrangement der Ausstellung ist ein überaus schönes und macht dem
                              									bekannten feinen Geschmacke der Dänen alle Ehre. Die inmitten reicher Gartenanlagen
                              									angelegte Ausstellung gliedert sich in ein höchst originell erfundenes, sehr
                              									ausgedehntes Hauptgebäude und äuſserst zahlreiche, zum Theile sehr umfangreiche
                              									Nebengebäude, deren bedeutendste die Maschinenhallen und die Ausstellung der dänischen Regierung
                              									(Militär und Marine) sind. Alle diese Gebäude sind aus Holz, in charakteristischem
                              										„nordischen“ Style erbaut. So hübsch dieselben auch sind, so will uns
                              									doch die Verwendung des Holzes in so umfangreichem Maſse als auſserordentlich
                              									bedenklich vom Standpunkte der Feuersicherheit aus erscheinen, und es ist nur zu
                              									hoffen, daſs diese Frage nicht der praktischen Prüfung unterworfen werden möge. Denn
                              									selbst, wenn dieses Holz imprägnirt wäre, was ich nicht weiſs, wäre doch bei dem
                              									ungeheuren Umfange der Ausstellung und der Menge der in derselben untergebrachten
                              									brennbaren Objekte ein etwa ausbrechender Brand überaus bedenklich.
                           Allerdings entspricht dieser Holzstyl der allergröſsten Besonderheit der drei
                              									nordischen Reiche, welche für ihre Existenz eben fast ganz auf das Holz angewiesen
                              									sind. Steinkohle kommt weder in Dänemark noch in Schweden und Norwegen in irgendwie
                              									ausgedehntem Maſse vor, und während Dänemark für den Import englischer und deutscher
                              									Kohlen noch ziemlich günstig situirt ist und denselben in der That auch betreibt,
                              									sind Schweden und Norwegen lediglich auf Holz und Holzkohle als Brennmaterial
                              									angewiesen und diese Eigenthümlichkeit, sowie die sonstige ausgedehnte Verwendung
                              									des Holzes zu Nutzzwecken aller Art prägt den nordischen Reichen eine ganz
                              									ausgesprochene Besonderheit auf.
                           Weniger lobenswerth als die allgemeine Disposition der Ausstellung ist die feinere
                              									Eintheilung derselben. Ein Plan zu derselben hat offenbar nur in den dürftigsten
                              									Umrissen vorgelegen und die eingesandten Ausstellungsobjekte sind untergebracht
                              									worden, wo man eben Platz hatte. Wer Gelegenheit hatte, im vorigen Sommer die
                              									groſsartige Jubiläumsausstellung in Manchester zu besuchen und die strenge
                              									Vertheilung der dort ausgestellten Objekte in vorher bestimmte Gruppen, die
                              									Gliederung dieser Gruppen selbst und streng numerische Anordnung der einzelnen
                              									Objekte zu bewundern, welche es möglich machte, jedes Ding ohne den geringsten
                              									Zeitverlust sofort zu finden, der vermiſst in Kopenhagen um so empfindlicher jeden
                              									Versuch zu einer anderen Anordnung, als der für das Auge gefälligen. Der
                              									Kopenhagener Katalog enthält kaum etwas anderes als eine numerische Aufzählung von
                              									Firmen, und bildet nicht, wie man es doch von Ausstellungskatalogen gewohnt ist, ein
                              									Nachschlagewerk von bleibendem Werthe mit statistischen und anderen Notizen über die
                              									Ausstellungsobjekte. Dieser Mangel ist um so fühlbarer, weil auch alle anderen
                              									Vorkehrungen zur Information des wiſsbegierigen Beschauers so ziemlich fehlen. Die
                              									sonst durch ihren Umfang fast lästige Vertheilung von Circularen und Proben der
                              									Ausstellungsobjekte fehlt hier fast gänzlich; nur die wenigsten Firmen vertheilen
                              									Derartiges, und selbst diese legen ihre Circulare an möglichst unauffälliger Stelle
                              									hin, um einem zu groſsen Verbrauche vorzubeugen. Vergebens sucht man nach Personen, welche bereit
                              									wären, gewünschte Aufschlüsse zu ertheilen. Unter diesen Umständen ist der Besucher
                              									genöthigt, sich die Ausstellungsobjekte seines Faches in den verschiedensten Theilen
                              									der Ausstellung aufzusuchen und an Aufschlüssen über dieselben mit dem zufrieden zu
                              									sein, was die ausschlieſslich dänisch oder schwedisch abgefaſsten Aufschriften
                              									besagen. Läſst man sich diese Mühe nicht verdrieſsen, so findet man allerdings
                              									Mancherlei, was für dieselbe entschädigt.
                           Es ist nicht meine Aufgabe, über den maschinellen Theil der Ausstellung zu berichten;
                              									es sei hier nur gesagt, daſs derselbe verhältniſsmäſsig dürftig ist. Anders ist es
                              									mit den in das chemische Fach einschlagenden Objekten, welche zwar nicht das Bild
                              									einer in sich abgeschlossenen und unabhängigen Industrie liefern, wohl aber einige
                              									Dinge von hervorragendem Interesse enthalten.
                           Was zunächst die Producte des Bergbaues anbelangt, so ist bereits erwähnt worden,
                              									daſs Schweden nur sehr unvollkommen vertreten ist. Dänemark zeigt uns, in einer
                              									Reihe von gut geordneten Ausstellungen, die Producte der auf den verschiedenen
                              									dänischen Inseln betriebenen Kreidebrüche und Schlemmereien. Auf Jütland und Seeland
                              									finden sich ausgedehnte. Lager Eisen haltiger Thone marinen Ursprunges. Diese Thone
                              									dienen als solche zur Anfertigung leicht gebrannter Thongefäſse, welche zum Theile,
                              									durch Anlehnung an etruskische Modelle, sowie an die Fabrikation von Ilfracombe,
                              									kunstgewerblichen Werth haben. Durch Mischung dieser Thone mit der dänischen
                              									Schlemmkreide, Glühen und Mahlen der geglühten Gemische werden Cemente dargestellt,
                              									für welche hervorragende Bindekraft und Dauer in Anspruch genommen wird.
                           Von groſser Bedeutung sind die Kaolinlager der schönen Insel Bornholm. Der dort
                              									geschlemmte Kaolin ist von ganz besonderer Schönheit und Weiſse der Farbe, er
                              									liefert das Material zu den mit Recht geschätzten Porzellanwaaren der beiden
                              									Kopenhagener Porzellanfabriken.
                           Bei Weitem die interessanteste Ausstellung des dänischen Bergbaues ist die in einer
                              									Seitengallerie des Hauptgebäudes aufgebaute Ausstellung der „Kryolith Mine og Handels Selskabet“ zu Kopenhagen, deren Minen in
                              									Ivigtut am Arsukfjörd in Grönland liegen. Durch Pläne, Gemälde und groſse
                              									Photographien ist nicht nur die Lage, sondern auch die äuſsere Erscheinung der Minen
                              									und des Arsukfjördes trefflich veranschaulicht, während eine mächtige, aus den
                              									schönsten schneeweiſsen, fast durchsichtigen Kryolithblöcken aufgebaute Pyramide uns
                              									das werthvolle Product dieser entlegenen Minen vorführt. Fein gemahlenes
                              									Kryolithmehl von blendender Weiſse zeigt uns das Mineral in seiner zur Verwendung
                              									geeigneten Form, während spiegelhell polirte Blöcke die Frage nahe legen, ob
                              									Kryolith nicht eventuell auch für einzelne künstlerische Zwecke ein geeignetes
                              									Material wäre.
                           
                           Diese schöne Ausstellung wird glücklich ergänzt durch die in einem ganz anderen
                              									Gebäude befindliche der chemischen Fabriken „Oresund“ zu Kopenhagen, welche sich ausschlieſslich mit der
                              									gewerblichen Verwerthung von Kryolith beschäftigen und deren Ausstellung mit ebenso
                              									groſsem Verständnisse geordnet ist, wie die der Kryolithminengesellschaft. Die
                              									Fabriken zu Oresund zeigen uns in erster Linie die Benutzung des chemisch nicht
                              									weiter aufgeschlossenen Kryolithmehles zur Herstellung opaker Gläser und Emaillen,
                              									von denen die verschiedenartigsten Muster auf Thon und Eisen vorliegen. Es folgt
                              									dann die chemische Verarbeitung des Kryolithes nach dem von Prof. Netto ausgearbeiteten Verfahren. Das Kryolithmehl wird,
                              									auf das Innigste mit Schlemmkreide gemischt, stark geglüht. Die rohe Schmelze
                              									enthält Fluorcalcium, freie Thonerde und Natriumcarbonat. Sie wird mit Wasser
                              									ausgelaugt, welches den letztgenannten Bestandtheil auszieht und in Form einer
                              									äuſserst reinen Krystallsoda gewinnen läſst. Der ausgelaugte Rückstand wird mit
                              									verdünnter Schwefelsäure ausgezogen und liefert dabei eine Lauge von schwefelsaurer
                              									Thonerde, welche entweder als solche gewonnen oder durch Zusatz von Staſsfurter
                              									Kaliumsulfat in Alaun übergeführt wird. Der nun verbleibende Rückstand ist ein
                              									feines Krystallmehl von „künstlichem Fluſsspath“, welches zur Bereitung von
                              									Fluſssäure und Fluoriden statt des natürlichen Fluorides Verwendung findet.
                              									Auſserdem dient derselbe zur Herstellung des sogen. Fluſsspathglases, eines trüben,
                              									marmorartigen Glases, welches seit einiger Zeit namentlich in England zur
                              									Herstellung billiger Vasen u. dgl. benutzt wird. Auſser den genannten regelmäſsigen
                              									Fabrikaten stellen die Fabriken zu Oresund noch aus Kryolith erzeugtes metallisches
                              									Natrium und Aluminium, sowie eine Anzahl der verschiedensten Aluminiumlegirungen und
                              									aus denselben erzeugter Drähte und Bleche aus. Die ganze Ausstellung ist in hohem
                              									Grade sehenswerth.
                           Im Anschlusse an die Kryolithindustrie mag hier der Glasindustrie Dänemarks und
                              									Schwedens gedacht werden. Die Producte der ersteren sind noch wesentlich
                              									verbesserungsfähig, während Schweden ausgezeichnet schöne Tafel- und Hohlgläser,
                              									darunter auch überfangene Gläser und solche zu chemischem Gebrauche zur Ausstellung
                              									gebracht hat.
                           Die eigentliche chemische Groſsindustrie in ihrer vollen Entwickelung scheint
                              									nirgends in Skandinavien ausgeübt zu werden. Die Skonska
                                 										Superfosfat und Svafvelsyre Fabriks Aktie Bolaget in Helsingborg fabricirt
                              									aus schwedischen Kupferkiesen, Bauxiten und Phosphoriten Schwefelsäure,
                              									Superphosphate, Eisensalze, Kupfer, Alaun und schwefelsaure Thonerde, daneben auch
                              									Kupfer und Silbermetall. Auch einige andere dänische und schwedische Fabriken haben
                              									Säuren ausgestellt.
                           Sehr interessant ist die kleine Ausstellung von G. E.
                                 										Casse in Hahnstad, Schweden. Dieselbe besteht ganz einfach aus 55k Ammoniumvanadat zum Gebrauche in
                              									Kattundruckereien. Woher diese groſsen Mengen Vanadin stammen, haben wir, bei dem Mangel jeder
                              									Auskunft, nicht ergründet; doch scheint mir die Darstellung aus Vanadinit weniger
                              									wahrscheinlich als die Aufarbeitung irgend welcher alten Vanadin haltigen
                              									Eisenschlacken.
                           Auch in Dänemark finden sich Anfänge zur Fabrikation feinerer chemischer Präparate.
                              										Gustav Lotze in Odense hat eine Reihe von
                              									anerkennenswerth reinen und schön krystallisirten Producten ausgestellt, unter denen
                              									metallisches Wismuth, krystallisirtes Wismuthnitrat, Nitroprussidnatrium,
                              									Platindoppelcyanüre und schön krystallisirtes Chinhydron genannt werden mögen.
                              									Weniger hübsch ist die Ausstellung von Alfred Benzon in
                              									Kopenhagen, in welcher sehr erhebliche Mengen von Goldchlorid und Golddoppelsalzen
                              									auffallen.
                           Im Anschlusse an diese Producte sei hier einer Ausstellung von Peter Möller aus Christiania gedacht, welcher neben
                              									seinem Hauptfabrikate, Dorschleberthran aller Arten, auch eine recht hübsche
                              									Ausstellung aller derjenigen Substanzen in reinem Zustande veranstaltet hat, welche
                              									aus Fischen gewonnen werden können und zum Theile auch fabrikmäſsig gewonnen werden,
                              									also Trimethylamin, Oelsäure, Palmitin- und Stearinsäure u.s.w.
                           Sehr umfangreich ist die Gruppe der Nahrungsmittel vertreten. Abgesehen von den
                              									Fisch- und sonstigen Conserven, in deren Bereitung die drei Reiche überaus weit sind
                              									und mit einander wetteifern, finden wir, daſs Dänemark auch eine sehr achtungswerthe
                              									Rübenzuckerindustrie besitzt. Sehr auffällig sind ferner die Ausstellungen der
                              									Mineralwasserproducenten, welche indeſs zum gröſsten Theile aus thurmartig
                              									aufgebauten leeren Flaschen bestehen. Auſserordentlich entwickelt ist in Dänemark
                              									die Bierbrauerei, welche in der That Vorzügliches leistet. Das dänische Bier, Ol
                              									genannt, ein ziemlich kräftiges Gebräu, bildet das Nationalgetränk. Von den der
                              									Bereitung desselben gewidmeten Anstalten zeichnen sich namentlich die beiden dem
                              									Herrn Jacobsen gehörigen Brauereien Gamle Carlsberg und
                              									Ny Carlsberg sowohl durch ihre gewaltigen Productionsmengen, als auch durch die
                              									streng wissenschaftliche Controle der Gährung, welche nach Pasteur's Anweisungen in ihnen geübt wird, aus.
                           Auſserordentlich schön wird die weltberühmte dänische Milchwirthschaft zur Anschauung
                              									gebracht durch ein auf der Ausstellung errichtetes Institut gröſsten Maſsstabes. Ein
                              									Musterstall mit prächtigem Vieh liefert die Milch, welche vor den Augen des
                              									Beschauers auf mechanischem Wege gekühlt, durch Centrifugen entrahmt und in Butter
                              									und Käse verhandelt wird, zu deren Aufnahme eine mechanische Faſsfabrik die nöthigen
                              									Gefäſse herstellt. Verschiedene Fabriken stellen die, wie es scheint, stark
                              									benutzten Butter- und Käsefarbstoffe dar, dunkelgelbe Flüssigkeiten, über deren
                              									Herstellung nichts bekannt ist.
                           Die Papierindustrie hat, wie es scheint, sowohl in Schweden als auch in Dänemark schon vor
                              									Jahrhunderten geblüht. Das geht hervor aus der geschichtlichen Ausstellung alter
                              									skandinavischer Büttenpapiere des 15. bis 19. Jahrhunderts, welche von dem königl.
                              									dänischen Geheimarchive veranstaltet worden ist. Auch die heutige Papierindustrie
                              									dieser Länder leistet Hervorragendes, wie aus der groſsen Ausstellung der Firma Drewsen zu Strandmollru und verschiedener anderer
                              									Fabriken hervorgeht. Was aber für die Papierfabrikanten in den nordischen Reichen
                              									ganz besonders wichtig und interessant ist, das ist die zu immer gröſserem Umfange
                              									sich entfaltende Fabrikation von Holzzellstoff. Alle drei Reiche üben dieselbe aus;
                              									am groſsartigsten hat sie sich in Norwegen entwickelt, etwas geringer in Schweden,
                              									am wenigsten in Dänemark, dessen meist aus Buchen bestehende Waldungen zu diesem
                              									Erwerbszweige weniger einladen, wenn auch Buchenzellstoff reichlich neben solchem
                              									aus Fichtenholze vorkommt. Die drei bekannten Verfahren der Holzstoffgewinnung
                              									werden neben einander ausgeübt; die Holzschleiferei liefert groſse Mengen eines
                              									geringwerthigen aber sehr billigen Stoffes, welcher zum Theile im Lande auf Pappen
                              									u. dgl. verarbeitet wird. Von den chemischen Aufbereitungsweisen finden wir das Tilghmann'sche Sulfitverfahren am verbreitetsten.
                              									Daneben scheint sich aber das von Dahl modificirte
                              									Alkaliverfahren mehr und mehr Bahn zu brechen. Dasselbe regenerirt bekanntlich die
                              									vom Holze ablaufenden Kochlaugen, denen von vornherein eine ziemliche Menge Sulfat
                              									zugesetzt wurde, durch Eindampfen derselben und Glühen des Rückstandes im Flammofen.
                              									Es resultirt eine geschmolzene Masse, welche wesentlich aus Natriumsulfid besteht
                              									und deren Lösung zum Kochen neuer Holzmengen benutzt wird. Leider werden bei diesem
                              									Kochverfahren stark riechende Schwefelverbindungen gebildet, welche die Umgegend der
                              									Fabrik verpesten. Andererseits scheint der Dahl'sche
                              									Zellstoff sich durch gröſsere Schönheit und Bleichfähigkeit vor dem Sulfitstoffe
                              									auszuzeichnen. Die Anzahl der nach diesen verschiedenen Verfahren arbeitenden
                              									Fabriken ist eine sehr groſse; es ist überflüssig, dieselben hier namentlich
                              									aufzuzählen.
                           Eine zweite Methode der Holzausnutzung ist die namentlich in Schweden heimische
                              									Zündhölzchenindustrie. Dieselbe hat indessen aufgehört, den schwedischen Forsten
                              									Gewinn zu bringen, da das für die Zündhölzchen erforderliche Aspenholz längst in
                              									Schweden verbraucht ist und nun schon seit Jahren aus Ruſsland importirt wird. Die
                              									schwedische Zündhölzchenindustrie ist zu bekannt, als daſs hier ein Eingehen auf
                              									dieselbe am Platze wäre.
                           Eine dritte Methode der Holzverwerthung, die trockene Destillation, scheint, wenn man
                              									den Ergebnissen der Ausstellung glauben soll, in den nordischen Reichen weniger
                              									geübt zu werden als man erwarten sollte. Namentlich Schweden, dessen Eisenindustrie
                              									groſse Mengen von Holzkohle verbraucht, scheint diese fast ausschlieſslich in
                              									Meilern zu gewinnen. Nur
                              									eine Fabrik aus Schweden, die Skonska Ottikafabriken
                              									erzeugt Essigsäure und Eisessig neben Theer, Theerölen und Holzkohle aus Buchen- und
                              									Birkenholz.
                           Was nun die Verarbeitung thierischer Rohproducte anbelangt, so finden wir neben den
                              									bereits erwähnten Fischpräparaten und einigem Fischguano, namentlich von Schweden
                              									sehr umfangreiche Ausstellungen von Erzeugnissen der Gerberei, auf welche hier nicht
                              									eingegangen werden kann. Auch die Verarbeitung von Talg auf Stearin und Seife ist
                              									sowohl in Dänemark als wie namentlich auch in Schweden reichlich vertreten.
                           Endlich muſs hier noch der Textilindustrie gedacht werden, deren chemische Seite in
                              									Dänemark ganz unentwickelt ist, in Schweden aber eine weit gröſsere Entfaltung
                              									gewonnen hat, als die Ausstellung erkennen läſst. So überreich Kunstweberei und
                              									Stickerei in allen drei Ländern zur Ausstellung gebracht wurden (es sei hier
                              									namentlich der sehr schönen altnorwegischen Teppiche gedacht), so wenig ist von der
                              									immerhin nicht unbedeutenden Druckerei und der recht bemerkenswerthen Färberei
                              									Schwedens zu sehen. Die Tuchfabrikation Schwedens kommt gut zur Geltung, ebenso die
                              									Weberei gemusterter Gewebe. Einige Firmen haben es für gut befunden, die künstlichen
                              									Farbstoffe schlecht zu machen, was in einem Lande, welches nie hoffen kann, diese
                              									Industrie zu der seinigen zu machen, weniger verwerflich ist, als wenn es in
                              									Deutschland geschieht, welches keinen geringen Theil seines Wohlstandes eben der
                              									Fabrikation künstlicher Farbstoffe verdankt.
                           Im Allgemeinen kann gesagt werden, daſs der Besuch der nordischen Ausstellung zu
                              									Kopenhagen auch für den Technologen lohnend und empfehlenswerth ist, und daſs von
                              									Seiten der Ausstellung alles geschehen ist, um ein ebenso vollständiges, als in
                              									seiner Gesammtheit fesselndes und eigenartiges Bild des Lebens und der Arbeit der
                              									drei nordischen Reiche zu schaffen.