| Titel: | Neuerungen in der Anordnung und Herstellung der Röhren. | 
| Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 388 | 
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                        Neuerungen in der Anordnung und Herstellung der
                           								Röhren.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 355 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									18.
                        Neuerungen in der Anordnung und Herstellung der Röhren.
                        
                     
                        
                           C) Röhren ohne Naht.
                              								
                           Der schwere Unfall, welchen das Platzen eines Kupferrohres (wahrscheinlich in Folge
                              									mangelhaft hergestellter Löthung) auf dem Schiffe Elbe
                              									herbeiführte, hat den Wunsch, Röhren ohne Naht herzustellen, wieder lebhaft
                              									angeregt.
                           Nach der Eisenzeitung legte Julius Knappe in der letzten Sitzung der Polytechnischen Gesellschaft in Berlin gezogene Metallrohre vor, wie
                              									solche in seiner Fabrik aus Metallplatten, ohne Naht, hergestellt werden, Die
                              									kreisrunden Metallblechstücke werden auf Ziehpressen zunächst am Rande aufgebogen
                              									und aus den so gebildeten gefäſsartigen Körpern werden dann die Rohre auf Ziehbänken
                              									hergestellt. Die Uebergänge aus dem Blechstücke zum weiten und dann immer enger
                              									werdenden, anfangs an dem einen Ende durch einen Boden geschlossenen Rohre lagen in
                              									Mustern vor und überraschten durch die Sauberkeit ihrer Herstellungsarbeit und ihrer
                              									beim Ziehen entstandenen Politur, die sich ebenso gut innen auf den Rohrflächen wie
                              									auſsen zeigt, wenn die Rohre über einen Dorn gezogen worden sind. Eine Anzahl Rohre
                              									waren über einander gezogen und lieſsen sich über einander verschieben. Andere
                              									Stücke zeigten gewundene Rohrwandungen, oder eckigen Rohrquerschnitt mit zum Theile
                              									sehr spitzen Winkeln in den scharf ausgebildeten Querschnittsecken. Das Metall der
                              									meisten Stücke war Messing, einige der Proben waren Kupfer und als Seltenheit
                              									erschienen zwei Rohre aus Aluminium.
                           Unter den Ziehpressenarbeiten fielen noch einige nennenswerthe Gegenstände auf, so
                              									z.B. ein Rohrstück, welches über sich selbst in geringem Abstande von seiner
                              									Rohrwand zurückgezogen worden war.
                           Die Benutzung mit Kern gegossener oder ausgebohrter, cylindrischer Metallstücke zur
                              									Herstellung von Rohren ohne Naht ist hinreichend bekannt.
                           Eine besondere Einrichtung zur Herstellung von Hohlgüssen für Metallröhren ist Joh. August Brinell in Fagersta-Westaufors (*D. R. P.
                              									Nr. 42235 vom 29. März 1887) patentirt worden.
                           Fig. 1., Bd. 269, S. 388Um ohne Kern Hohlcylinder aus Fluſseisen zu gieſsen, gieſst man die
                              									guſseisernen Formen voll, und nachdem der Mantel erstarrt ist, läſst man den noch
                              									flüssigen Kern auslaufen. Nach der Skizze setzt man die Formen auf einen das Innere
                              									derselben verbindenden Untersatz und hebt, nachdem die Formen vollgegossen sind,
                              									eine derselben ab, so daſs der flüssige Kern nicht allein dieser Form, sondern auch
                              									derjenige der übrigen Formen durch die Oeffnung a
                              									ausläuft. Die Wandstärke der Formen nimmt behufs gleichmäſsiger Abkühlung bezieh.
                              									Bildung einer auf der ganzen Höhe gleich starken erstarrten Schicht nach demjenigen
                              									Ende zu, an welchem das Fluſseisen die kürzeste Zeit mit der Formwandung in
                              									Berührung bleibt. Eine entsprechende Abkühlung kann auch durch andere Mittel,
                              									Wassercirculation o. dgl., bewirkt werden.
                           Nach Engineering können mittels des elektrolytischen
                              									Verfahrens von W. Elmore zu Cockermouth Dampfröhren
                              									ohne Naht und von einer 50 bis 100 Proc. gröſseren Zugfestigkeit als die besten
                              									bisherigen Röhren erzeugt werden. Das Ergebniſs kann überdies mit Kupfer geringer
                              									Güte und mit so geringem Kostenaufwande erzielt werden, daſs auf diese Weise
                              									gebildete Röhren mit den Fabrikaten anderer Machart den Wettbewerb vollständig
                              									aufnehmen können.
                           Es ist die Bildung röhrenförmiger Niederschläge an sich nichts Neues (vgl. 1887 264 335), jedoch waren solche bisher zu spröde, um unter
                              									gröſseren Beanspruchungen Verwendung finden zu können. Das Neue an dem Verfahren von
                              										Elmore liegt in der Umwandelung der
                              									krystallinischen Niederschläge gleich nach deren Bildung, indem denselben durch
                              									Pressung ein faseriges Gefüge ertheilt wird, so daſs die Bestandtheile innig unter
                              									einander verwoben werden. Zu dem Zwecke wird der Kern, auf welchem das Kupfer
                              									niedergeschlagen werden soll, im Bade in stetiger Drehung erhalten, und gleichzeitig
                              									ein Achatglätter langsam über die ganze Länge hin und her geführt, so daſs derselbe
                              									einen spiralförmigen Weg auf dem Rohre beschreibt. Die Geschwindigkeiten sind so
                              									bemessen, daſs eine Lage Kupfer von 0,007 Zoll (0mm,182) Dicke zwischen jedem Hin- und Hergange des Glätters
                              									niedergeschlagen wird, dessen krystallartige Erhöhungen nunmehr niedergedrückt
                              									werden.
                           Wenn die erforderliche Dicke erreicht ist, wird der Kern aus dem Bade gehoben und in
                              									ein mit überhitztem Dampfe gefülltes Gefäſs gebracht. In wenigen Augenblicken löst
                              									sich das Kupfer in Folge seiner stärkeren Ausdehnung in der Wärme von dem Eisen, die
                              									Hülle kann somit leicht abgezogen werden. Rohrenden, auf diese Weise hergestellt,
                              									sind in den Werken von Kirkaldy und Comp., sowie durch
                              									die Professoren Unwin und Kennedy Proben unterworfen worden und haben eine Bruchfestigkeit von 27
                              									bis 41t für den Quadratzoll = 4389 bis 6665k auf 1qcm
                              									aufgewiesen bei einer Verlängerung von 5 bis 7,5 Proc. in einer Rohrlänge von 250mm. Das Metall soll sich unter dem Hammer äuſserst
                              									leicht bearbeiten lassen, ohne Neigung zum Reiſsen zu zeigen. Mikroskopische
                              									Untersuchungen haben ergeben, daſs das niedergeschlagene und wie oben behandelte
                              									Kupfer ein vollkommen zusammenhängendes gleichartiges Gefüge hat, während gezogenes
                              									Kupfer ein wabenartiges krystallinisches Gefüge aufweist, welches nur an einzelnen
                              									Punkten Zusammenhang hat. Obwohl die Versuche mit dem Elmore'schen Verfahren noch nicht abgeschlossen sind, lassen die bisher
                              									erzielten Erfolge eine gröſsere Sicherheit gegen Bersten von Dampfröhren schon
                              									erhoffen. Unter Anwendung des oben beschriebenen Verfahrens kommt jedenfalls ein
                              									reineres Material zur Anwendung.
                           
                        
                           D) Formröhren und
                                 										Ziehvorrichtung.
                              								
                           Ueber die Verwendung gewellter, spiralförmiger und faſsförmiger Röhren haben wir
                              									mehrfach berichtet.1886 261 156. 1887 264
                                    											476. 265 551. Eine Vorrichtung, um die
                              									faſsförmigen Röhren mit Längswellen zu versehen, beschreiben Glaser's Annalen für Gewerbe und Bauwesen, Nr. 262, wie folgt:
                           In Fig. 6 bis
                              										8 Taf. 18
                              									ist eine von A. Wulff in Berlin construirte Vorrichtung
                              									veranschaulicht, mit Hilfe deren man nach den Enden zu
                                 										verlaufende Längswellen in faſsartig ausgebauchte Flammrohrschüsse
                              									einzudrücken vermag.
                           Dieselbe besteht wesentlich aus einer stehenden Walzeinrichtung mit einem Paar Walzen
                              									von entsprechender Anordnung.
                           Auf der Fundamentplatte A sind unten in Spurlagern die
                              									beiden Walzen B und B1 gelagert; die oberen Zapfen von B und B1 sind in gewöhnlichen Zapfenlagern u und u1 geführt. Von jenen Lagern sind u und u fest stehend,
                              									dagegen die der Walze B1 mittels eines Rädergetriebes, Schraubenspindel und Handrad beweglich
                              									gemacht, so daſs also die Walze B1 quer zur Längsachse verschiebbar ist. Diese
                              									Verschiebbarkeit von B1
                              									ist deswegen vorgesehen, damit das Einwalzen der Wellen in den Rohrschuſs allmählig
                              									stattfindet. – Die zweite, fest stehende Walze B,
                              									welche zur Aufnahme des Rohrschusses k bestimmt ist,
                              									besteht aus einer Anzahl von Segmenten s, die auf dem
                              									mit einer starken Kreisscheibe versehenen Spurzapfen t
                              									in Schwalbenschwanzführungen r geführt sind. Diese
                              									einzelnen Segmente können mittels der mit conischen Rädern ausgerüsteten
                              									Schraubenspindeln p und des groſsen conischen Rades q alle gleichmäſsig radial verschoben und fest gegen
                              									die Innenfläche des Rohrschusses k gedrückt werden. Die
                              									Bewegung des Rades q erfolgt durch Schnecke,
                              									Schneckenrad und einen bei w aufgesteckten Schlüssel.
                              									Diese letzteren Theile finden im Inneren der Kreisscheibe ihre Lagerung. Damit nun
                              									die aus Segmenten bestehende Walze B auch den auf sie
                              									ausgeübten Druck und den durch Zahnkranz z
                              									mitgetheilten Antrieb gleichmäſsig aufnimmt, wird in den von den Segmenten
                              									gebildeten Hohlraum ein Dorn D von oben her eingeführt,
                              									welcher mit Hilfe eines Flaschenzuges o. dgl. leicht ausgewechselt werden kann.
                              									Dieser Dorn D legt sich mit der äuſseren Fläche, die
                              									ebenso gestaltet ist wie die nach innen liegenden Flächen der Segmente, dicht an die
                              									letzteren an und bildet auf diese Weise mit den Segmenten die Walze B. Auſserdem besitzt der Dorn D oben noch eine Anzahl von Knaggen l, die je
                              									den zwischen zwei Segmenten verbleibenden Zwischenraum ausfüllen und dadurch ein
                              									Verschieben der Segmente am oberen losen Ende unmöglich machen. Die Lagerung des
                              									Dornes D muſs derart beschaffen sein, daſs das Lager
                              									beim Herausziehen des Dornes leicht zu entfernen ist, damit die Schüsse von oben her
                              									über die Segmente gebracht werden können. Statt der Schwalbenschwanzführung der
                              									Segmente können dieselben auch scharnierartig auf der Scheibe S befestigt sein.
                           Die Inbetriebsetzung der Walzeinrichtung geschieht folgendermaſsen: Zunächst wird die
                              									Walze B1 sammt ihren
                              									Lagern mittels der Schraubenspindel-Einrichtung seitwärts verschoben und der Dorn
                              										D sammt seinem Lager entfernt. Alsdann steckt man
                              									am Ende der Schneckenwelle bei w den Aufsteckschlüssel
                              									auf und bewirkt durch Drehung des Zahnrades q die
                              									radiale Verschiebung der Segmente s nach innen zu.
                              									Nachdem dies geschehen ist, bringt man den zu wellenden Kesselschuſs k von oben her über die Segmente und setzt denselben
                              									auf die Scheibe S auf. Darauf preſst man durch
                              									entgegengesetzte Drehung der Spindeln p die Segmente
                              									gegen die innere Wandung von k und führt nun den Dorn
                              										D wieder ein. Ist auf diese Weise der Rohrschuſs
                              									festgespannt, so wird die Scheibe S in Drehung
                              									versetzt, die Walze B1
                              									allmählig gegen die Wandung von k angedrückt, die dann
                              									in Folge der Reibung mitgenommen wird und auf diese Weise die Wellenbildung in der
                              									Rohrwandung erzeugt. Selbstverständlich wird man die zu wellenden Rohrschüsse warm
                              									auf die Platte aufsetzen und wenn nöthig auch während der Bearbeitung durch eine
                              									Gasflamme auf derselben Temperatur zu erhalten suchen.
                           Die auf diese Weise hergestellten Flammrohre Fig. 6 und 7 Taf. 18 haben nach
                              									Angabe des Erfinders vor den jetzt gebräuchlichen den Vorzug einer bedeutend
                              									gröſseren Widerstandskraft, können somit in den Wandstärken schwächer gehalten sein,
                              									was besonders bei Schiffskesseln von gröſstem Werthe ist.
                           
                           Die Verfahren zum Ausziehen der Röhren durch Zieheisen in der bisher üblichen Weise
                              									haben eine wesentliche Ausbildung nicht erfahren. Erwähnenswerth wäre wohl das D. R.
                              									P. Nr. 42139 vom 15. März 1887 von Flotow und H. Leidig
                              									in Danzig, zur Herstellung von conischen Röhren.
                           Fig. 2., Bd. 269, S. 391Eine auſsen und innen geglättete schmiedbare Röhre r wird an einem Ende eingezogen, damit sie von dem Ziehkopfe a sicher gefaſst wird. Bei der Verschiebung des
                              									letzteren nach rechts, was mittels zweier starken Schrauben geschieht, wird die
                              									Röhre r durch das Zieheisen b und über den Dorn v kalt ausgezogen. Je
                              									nach der Verstellung des Dornes v mittels der Schraube
                              										g, und der dadurch erreichten Veränderung des
                              									freien Durchgangsquerschnittes des Zieheisens erfolgt die Streckung der Röhre r auſsen oder innen, oder auſsen und innen. Auſsen
                              									conische Röhren (Gewehrläufe) werden in einzelnen Absätzen durch je ein von Absatz
                              									zu Absatz enger werdendes Zieheisen gezogen. Der allmählige Uebergang von einem
                              									Absatze zum anderen soll durch Schmirgeln oder Abdrehen der Läufe bewirkt
                              									werden.
                           Hierhin gehört noch ein Englisches Patent vom 10. Januar 1888 von T. B. Sharp in Smethwick, dessen Einrichtung aus der
                              									nebenstehenden Figur hervorgeht. Der Zweck der Erfindung ist, die Röhren auſsen
                              									cylindrisch und innen schwach conisch zu ziehen. An der Spitze des Dornes d ist ein conisches Ende e
                              									innerhalb der Oeffnung der Ziehplatte b, welche der
                              									ersten Platte a parallel liegt. Der Durchmesser des
                              									Loches in b ist gleich dem äuſseren Durchmesser des
                              									Rohres. Die Ziehplatten können durch Halter a1, b1 einander genähert werden, zu welchem Zwecke
                              									Schraubenflächen und Handgriffe f vorhanden sind. Die
                              									Wandstärke wird durch Anstellung des conischen Dornes e
                              										geregelt.Ueber das sogen. Mannesmann'sche Verfahren zur
                                    											Herstellung von Röhren ohne Naht werden wir demnächst ausführlicher
                                    											berichten.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 269, S. 391
                              
                           
                        
                     
                  
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