| Titel: | Das Mannesmann'sche Walzverfahren. | 
| Fundstelle: | Band 269, Jahrgang 1888, S. 455 | 
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                        Das Mannesmann'sche Walzverfahren.
                        Mit Abbildungen.
                        Das Mannesmann'sche Walzverfahren.
                        
                     
                        
                           In Band 265 S. 541 brachten wir nach der Oesterreichischen Patentschrift vom 18.
                              									Februar 1886 das Wesentliche des „Walzverfahrens mit Schrägwalzwerk“, sowie
                              									den Wortlaut der Patentansprüche aus dem D. R. P. Nr. 34617 vom 27. Januar 1885. Wir
                              									beschränkten uns auf die Wiedergabe des Wortlautes der Oesterreichischen
                              									Patentschrift, da dieselbe vor der ebenso dunkel gehaltenen Patentschrift des
                              									Deutschen Reiches wenigstens den Vorzug gröſserer Kürze hatte. Inzwischen beginnt
                              									das Dunkel, dank der Veröffentlichungen in der Official
                                 										Gazette of the United States Patent Office unter Nr. 361954 bis 361963 vom
                              									28. Februar 1886 u.s.w., sowie 365482 vom 31. Januar 1887, sowie auſserdem der
                              									Besprechungen in technischen Kreisen sich etwas zu lüften. Es hat in Folge dieses
                              									Bekanntwerdens auch nicht an Einsprüchen bezüglich der Neuheit des Verfahrens
                              									gefehlt, worauf wir weiterhin zurückkommen.
                           Wir werden im Nachstehenden einige der wichtigeren Aeuſserungen über das Verfahren
                              									wiedergeben, sowie auch diejenigen Vervollständigungen, welche wir den
                              									Amerikanischen Patenten verdanken.
                           Ueber das Wesen und die Wichtigkeit des Verfahrens äuſsert sich Fr. Siemens in einem Vortrage vom 30. April 1888 vor
                              									dem Sächsischen Ingenieur- und Architekten-Vereine wie folgt:
                           Die verallgemeinerte Anwendung des Stahles und namentlich dessen Ersatz für
                              									Schmiedeeisen hat durch Jahrhunderte nur merkwürdig langsame Fortschritte gemacht;
                              									erst neuerdings ist darin ein rascheres Tempo zu bemerken, was zum Theile seinen
                              									Grund in der Erfindung neuer Herstellungsweisen für Stahl, anderentheils aber in der
                              									Ausbildung neuer Hilfsmittel hat, denselben zu verarbeiten.
                           In letzterer Beziehung ist nun wieder eine hervorragende Erfindung gemacht worden,
                              									welche den Gegenstand meines heutigen Vortrages bildet. Dieselbe besteht zwar nur in
                              									einem Verfahren zum Walzen nahtloser Röhren, trägt aber dazu bei, der Anwendung des
                              									Stahles ein auſserordentlich  erweitertes Feld der Anwendung zu verschaffen und
                              									bezeichnet auſserdem einen entschiedenen Fortschritt in mehreren Zweigen der
                              									angewandten Technik.
                           Wohl alle Ingenieure werden schon von dem Mannesmann'schen Röhrenwalzverfahren gehört haben, welches sich mit ganz
                              									bescheidenem Titel einführt, so daſs sich so leicht Niemand veranlaſst fühlt, die
                              									hohe Wichtigkeit dieser Neuerung genügend zu schätzen. Ich selbst habe mich
                              									anfänglich nur deshalb dieser Erfindung zugewendet, weil ich Interesse an der
                              									erweiterten Anwendung von Herdstahl habe, welches Material besonders dafür geeignet
                              									ist, während Schweiſseisen vergleichsweise weniger verwendbar sich erweist.
                           Bekanntlich finden Röhren eine sehr vielfältige Verwendung im Haushalte der
                              									Menschheit; aber die Röhre ist zugleich auch eine der besten Formen für Träger,
                              									Stangen, Wellen, Achsen, Säulen und andere technische und bauliche Hilfsmittel,
                              									indem durch ihre Verwendung mit einer gegebenen Materialmenge die gröſste
                              									Haltbarkeit erzielt wird.
                           Wenn man nun in Betracht zieht, daſs bisher Röhren aus Stahl fast gar nicht, aber aus
                              									Schmiedeeisen nur mittels eines weitläufigen Verfahrens und in unvollkommener Weise
                              									hergestellt werden konnten, daſs jetzt aber aus einem rohen Stahlknüppel mit
                              									zweimaligem und sogar mit einem einzigen Durchgange durch die neue Maschine ein
                              									fertiges Rohr gewalzt wird und zwar in fast jeder beliebigen Weite und Länge (? D.
                              									Ref.), ohne daſs anderweite erhebliche Manipulationen nöthig sind, so kann man sich
                              									einen Begriff von der Tragweite dieser Erfindung machen; zumal wenn man sich noch
                              									vergegenwärtigt, daſs man aus Stahl für geringeren Preis ein 3- bis 4fach stärkeres
                              									nahtloses Rohr herstellt, dessen Fasern schraubenlinig verlaufen, während bisher nur
                              									Röhren aus Schmiedeeisen mit Schweiſsnaht und Längsfaser herzustellen waren. Demnach
                              									ergibt sich aus diesem Walzverfahren ein ausgezeichnetes Fabrikat, welches aus dem
                              									festesten Materiale hergestellt und auf einfache Weise in die haltbarste Form
                              									gebracht wird. Abgesehen von der allgemeinen Verwendung von Röhren zu Leitungen
                              									aller Art, sowie für Heizzwecke, Feuerwaffen u.s.w., ist es die Verwendung für
                              									Maschinentheile und Bauzwecke, welche nicht hoch genug geschätzt werden kann. Man
                              									wird in Zukunft alle massiven Stücke vermeiden, um dafür auf die hohle Form und
                              									zugleich zu dem haltbarsten Materiale überzugehen. Die so hergestellten
                              									Constructionen werden auſserordentlich  leicht und daher für viele Zwecke anwendbar,
                              									wofür früher das groſse Gewicht ein Hinderniſs bot.
                           Um uns die Wirkungsweise des neuen Walzwerkes klar zu machen, denken wir uns den
                              									Fall, daſs wir mittels gewöhnlicher Kaliberwalzen einen Rundstab herstellen. Wir
                              									verwenden dazu zwei über einander Hegende wagerechte Walzen, deren Drehung nach
                              									entgegengesetzten Richtungen erfolgt, dergestalt, daſs das stabförmige Werkstück auf seiner unteren
                              									und oberen Seite gepackt und in seiner Längsrichtung transportirt wird, indem es
                              									zugleich seine Querschnittsform nach der Kaliberform abändert; das Werkstück bewegt
                              									sich ausschlieſslich in der Längsrichtung, empfängt also keine Drehbewegung; wir
                              									wollen ein solches gewöhnliches Walzwerk ein Verschiebungswalzwerk nennen; unter
                              									Hinzufügung eines festliegenden Dornes dient dasselbe zur Schlieſsung der
                              									Schweiſsfuge bei den bisherigen patentgeschweiſsten Röhren aus Eisenblech. Daneben
                              									kennt die Technik auch schon eine zum Richten und zur Herstellung gewisser
                              									Rotationsformen dienliche Maschine, bei welcher zwei oder drei wagerechte im
                              									gleichen Sinne rotirende Walzkörper auf ein stabförmiges Walzstück, welches zwischen
                              									sie gebracht wurde, einwirken, dasselbe rotiren machen und umgestalten; das
                              									Walzstück bewegt sich hier nur drehend um seine Längsachse, nicht verschiebend; man
                              									hat diese Walzwerke wohl Querwalzwerke genannt; wir wollen dieselben
                              									Drehungswalzwerke nennen, weil das Werkstück nur drehende, nicht verschiebende
                              									Bewegung empfängt.
                           Eine Mittelstellung zwischen diesen beiden Walzwerken, dem Verschiebungs- und dem
                              									Drehungswalzwerke, nehmen die bekannten Polirwalzwerke ein, welche nur zum Poliren
                              									und Richten der Oberfläche von massiven Rundstäben und Röhren, nicht aber zu deren
                              									Formänderung dienen, und sodann das von Mannesmann zur
                              									Ausübung seines neuen Walzverfahrens angewendete hier zu besprechende
                              									Schrägwalzwerk.
                           Bei beiden liegen die Achsen der zwei oder mehr Walzkörper, welche auf ein stabförmig
                              									gestaltetes Werkstück einwirken, weder normal noch parallel zur geometrischen Achse
                              									desselben, sie kreuzen sich vielmehr im Raume mit der Achse des Werkstückes unter
                              									spitzen, nach entgegengesetzten Seiten liegenden Winkeln; daraus folgt, daſs sie dem
                              									Werkstücke sowohl eine verschiebende Bewegung entlang
                              									seiner Achse, als auch eine drehende Bewegung um diese
                              									Achse mittheilen, oder mit einem bekannten Ausdrucke eine Schraubenbewegung, deren
                              									Centralachse die geometrische Achse des Werkstückes ist. Diese beiden Walzwerke
                              									geben dem Werkstücke eine Schraubenbewegung, die sich aus Verschiebung und Drehung
                              									zusammensetzt; es sind im Sinne der vorstehend gebrauchten Bezeichnungen
                              									Verschiebungs- und Drehungswalzwerke zugleich, oder Walzwerke mit schraubenförmig
                              									bewegtem Werkstücke.
                           Nun unterscheidet sich aber das neue Mannesmann'sche
                              									Walzverfahren durchaus wesentlich von dem mit den bekannten Polirwalzwerken
                              									ausgeübten Polirverfahren dadurch, daſs man bei den Polirwalzwerken eine Verdrehung
                              									der Faser ängstlich zu vermeiden suchte und eine wesentliche Streckung des
                              									Materiales und Verminderung des Werkstückquerschnittes auf diesen Walzwerken nicht
                              									bewirken konnte, weil
                              									das Material zerbröckelte und aus einander fiel, wenn man eine mit
                              									Querschnittsverminderung verbundene erhebliche Streckung versuchte.Dies wird von anderer betheiligter Seite nicht zugegeben, siehe spätere
                                    											Mittheilung von Lismann. Ganz im
                              									Gegensatze hierzu gibt Mannesmann bei seinem Verfahren
                              									sowohl eine gröſstmögliche Faserdrehung, als auch eine enorme Verminderung des
                              									Querschnittes und Streckung des Materiales. Er erreicht dies dadurch, daſs er ein
                              									bestimmtes Verhältniſs zwischen Faserdrehung und Streckung einhält, und ermöglicht
                              									dadurch sowohl die Erzielung einer starken Faserdrehung, wie einer beliebig starken
                              									Streckung ohne Zerbröckeln und ohne Ueberanstrengung des Materiales.
                           Die schraubenförmige Vorwärtsbewegung des Werkstückes im Schrägwalzwerke ist ganz
                              									unabhängig von der absoluten Walzenlänge; die gleichzeitige Verschiebung, Drehung
                              									und Bearbeitung des Werkstückes tritt auch ein, wenn die Walzkörper nur dünne,
                              									flache Scheiben sind; ist die Dicke derselben unendlich klein und nimmt man an, daſs
                              									ein Gleiten zwischen Scheibenrand und Umfläche des Werkstückes nicht stattfindet, so
                              									kann man sagen: die Geschwindigkeit der erzeugten Schraubenbewegung auf der
                              									schraubenlinigen Berührungsspur einer Scheibe, an dem Werkstücke gemessen, ist
                              									gleich der Umfangsgeschwindigkeit der Walzscheiben. Daraus folgt, daſs dem
                              									Werkstücke an verschiedenen Stellen auch verschieden groſse Geschwindigkeiten
                              									mitgetheilt werden können, wenn man sich vorstellt, daſs jeder der einwirkenden
                              									Walzkörper aus mehreren verschieden groſsen, daher mit verschiedenen
                              									Umfangsgeschwindigkeiten einwirkenden Scheiben zusammengesetzt ist. Es wird sich
                              									dann an dem durch das Walzwerk sich hindurch schraubenden Werkstücke eine gewisse
                              									Strecke (Arbeitsstrecke) angeben lassen, innerhalb deren eine lokale Verdrehung des
                              									als genügend bildsam vorausgesetzten Materiales erfolgt. Hiernach wird man das neue
                              										Mannesmann'sche Walzverfahren als ein
                              									Tordirungswalzverfahren bezeichnen dürfen, weil es dem Walzstücke – ähnlich wie eine
                              									Spinnmaschine den Gespinnstfäden – eine Verdrehung oder Tordirung ertheilt. Für die
                              									Herstellung von Röhren aus massiven Blöcken läſst Mannesmann
                                 										– unter Verwendung conoidischer Walzkörper – eine Schraubenbewegung an der
                              									Austrittsstelle mit gröſserer Geschwindigkeit einleiten, als an der Eintrittsstelle
                              									und man kann leicht ermessen, daſs bei einem sehr groſsen Werthe der Differenz
                              									dieser beiden Grenzgeschwindigkeiten das an der Austrittsstelle in der Zeiteinheit
                              									abgeführte (als Product von Querschnitt und Geschwindigkeit aufgefaſste) Volumen
                              									gröſser sein kann, als das an der Eintrittsstelle zugeführte; in diesem Falle kann
                              									der kreisförmige Querschnitt an der Austrittsstelle nicht ausgefüllt werden; reicht
                              									bei einem groſsen Unterschiede der beiden Geschwindigkeiten und einem geringen
                              									Unterschiede der beiden Querschnitte an der Ein- und Austrittsstelle die im
                              									Beharrungszustande an der Eintrittsstelle zugeführte Materialmenge nicht aus, um den dargebotenen
                              									Querschnitt an der Austrittsstelle auszufüllen, so muſs nothwendig ein ringförmiger
                              									Querschnitt entstehen, wenn nicht etwa in Folge unregelmäſsiger Beschaffenheit des
                              									Werkstückes ein Zerreiſsen desselben eintritt.Hierüber vergleiche die nachstehenden Auseinandersetzungen von Balcke, Ritter und Hofmann. So lange der äuſsere Durchmesser des
                              									Werkstückes während der Bearbeitung eine Abminderung erfährt, wird unter den
                              									gemachten Voraussetzungen der ringförmige Querschnitt an der Austrittsstelle, also
                              									die Rohrform, aus der Form des massiven Cylinders auch schon dann resultiren, wenn
                              									man nicht auf einen drehbar angeordneten Dorn von passender Dicke aufwalzt; daſs der
                              									Erfinder einen solchen Dorn im Interesse der Dichtheit der Rohrwand und der inneren
                              									und äuſseren Glätte gleichwohl anzuwenden pflegt, darf nicht zu der irrthümlichen
                              									Auffassung verführen, als könnte die Höhlung im Werkstücke überhaupt nicht ohne Dorn
                              									erzeugt werden; sie erfährt durch den Dorn thatsächlich nur die erwünschte
                              									Vergleichmäſsigung der Rohrwand.
                           Daſs nach dem neuen Mannesmann'schen Verfahren die so
                              									vielfach angezweifelte Möglichkeit, ohne Anwendung eines Dornes oder eines innerlich
                              									thätigen Werkzeuges aus einem massiven Stücke ein gesundes Rohr herzustellen,
                              									thatsächlich vorliegt, beweist ein Probestück, das ich Ihnen hier vorlege, ein
                              									Rohrstück, welches ganz ohne Dorn aus dem Massiven herausgewalzt ist und welches an
                              									dem einen Ende massiv gelassen wurde, um den Anfang der Lochbildung zu zeigen;
                              									dasselbe erweist sich als ein durchaus gesundes Rohr. Daſs das Rohr ohne Dorn
                              									gewalzt ist, beweisen die feinen Krystalle im Inneren. Walzt man ein Rohr an beiden
                              									Enden massiv bleibend, so kann, obgleich das Rohr im glühenden Zustande gewalzt war,
                              									die innere Rohrwand nicht oxydiren; dieselbe bleibt metallisch glänzend, weil die
                              									Luft keinen Zutritt zu dem gebildeten Loche hatte.
                           Der Dorn ermöglicht recht wohl die Anwendung von Druck und Gegendruck, welche ein
                              									Beurtheiler des Mannesmann'schen Verfahrens in Nr. 7
                              									und 8 der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure
                              									mit Unrecht vermiſst, ohne daſs jedoch die ungeheuren Kräfte aufzuwenden wären,
                              									welche zum Auspressen glühenden Stahles aus einem ruhenden Mundstücke mit
                              									ringförmiger Austrittsöffnung erforderlich sein würden. Der Dorn ermöglicht auch –
                              									unter Ueberwindung des geringen Biegungs- und Streckungswiderstandes der Rohrwandung
                              									– den äuſseren Durchmesser des Rohres gröſser ausfallen zu lassen, als der
                              									Durchmesser des verwendeten Rohstabes ist, so daſs z.B. ein Rohr von 150mm äuſserem Durchmesser und 7mm Wandstärke aus einem massiven Stahlcylinder von
                              										80mm Durchmesser erzeugt werden kann.
                           Wie der Mannesmann'sche Prozeſs in Bezug auf die Mittel
                              									der Metallverarbeitung viele der bisherigen Erfahrungen und Vorschriften auf den Kopf stellt, indem er
                              									statt der bisher ängstlich vermiedenen Faserdrehung und der für den Stich begrenzten
                              									Streckung in Verschiebungswalzwerken und der aus guten Gründen bisher vermiedenen
                              									Streckung in Schrägpolirwalzwerken eine gröſstmögliche Faserdrehung und in einem
                              									Stiche eine fast unbegrenzte Streckung ermöglicht und praktisch durchführt, ebenso
                              									durchbricht derselbe die bisher ohne Ausnahme gebliebene Regel (?)Dies ist wohl nicht richtig, wir erinnern nur an Winkeleisen, Einfach- und
                                    												Doppel-⊤-Eisen, welche das Gegentheil
                                    											beweisen.D. Ref., daſs man beim Walzen den äuſseren
                              									Durchmesser der Walzproducte vermindert, so daſs das fertige Walzproduct ausnahmslos
                              									einen kleineren Durchmesser hat, als der rohe Block. Denn wir sehen bei dem Mannesmann'schen Verfahren unter anderem die
                              									überraschende Erscheinung, daſs aus einem Blocke von geringeren Dimensionen ein
                              									Walzproduct mit sehr stark vergröſsertem äuſseren Durchmesser hergestellt werden
                              									kann.
                           Nach dem Vorgeführten wird man zugeben müssen, daſs das Mannesmann'sche Verfahren zum Walzen von massiven und hohlen Stäben eine
                              									Veränderlichkeit der für den Erfolg wesentlichen Momente und eine Allgemeinheit
                              									darbietet, welche von den bisher bekannten Gestaltungsmethoden nicht entfernt
                              									erreicht werden. Grund genug, daſs die geschäftlichen Concurrenten des Erfinders mit
                              									schlecht verhehlter SorgeNach den bisher bekannt gewordenen Ergebnissen scheint dem Referenten eine
                                    											solche Sorge noch nicht angezeigt zu sein., aber mit dem
                              									Anscheine sachverständiger Beurtheilung an die praktischen Schwierigkeiten sich
                              									anklammern, welche bei Durchführung der bedeutungsvollen Erfindung unfehlbar zu
                              									überwinden sind.
                           Ueber den Vorgang im Inneren der Stäbe bei der Walzung hat Balcke in dem Niederrheinischen Bezirksvereine deutscher Ingenieure am 3.
                              									Januar 1888 einen dankenswerthen Vortrag gehalten, dem wir nach Nr. 4 und Nr. 8 der
                              										Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure das
                              									Nachstehende auszüglich entnehmen, um damit die bezüglichen Andeutungen des
                              									Vorhergehenden zu ergänzen:
                           Bisher waren wir gewöhnt, beim Ausstrecken von Metallen durch Schmieden und Walzen
                              									Druck und Gegendruck arbeiten zu lassen.
                           Bei dem vorliegenden Walzverfahren wird ein Ausstrecken ohne diese Vorbedingungen
                              									angestrebt, und zwar mittels zweier Constructionen, welche im Wesentlichen denselben
                              									Zweck verfolgen: die eine mit zwei gegen einander geneigten Planscheiben, deren
                              									wagerechte Achsen in verschiedenen Ebenen liegen, die andere mit schräg zu einander
                              									liegenden Walzen.
                           Beide Anordnungen sind seit Jahren bekannt und besonders zum Runden, Richten und
                              									Glätten runder Stäbe und Röhren in Gebrauch. Auch das Strecken von Röhren ist von mir vor etwa 10 Jahren schon auf einer
                              									Maschine mit schräg liegenden Walzen ausgeführt worden.
                           
                           Man kann auf diesen Maschinen Röhren zermalmen, jedoch auch sauber runden und
                              									glätten. Nicht bekannt war mir, daſs bei diesem Arbeiten ein warmer Rundstab von
                              									innen heraus zerrissen und auf diese Weise aus einem massiven Blocke ein Hohlkörper
                              									hergestellt werden kann.
                           Liegen bei gegen einander geneigten Planscheiben mit entgegengesetzt drehender
                              									Bewegung die Achsen in verschiedenen Ebenen, so wird einem zwischengesteckten
                              									Rundstabe eine schraubenförmig fortschreitende Bewegung mitgetheilt, weil die
                              									arbeitenden Punkte der Planscheiben keine senkrechte Bewegungsrichtung haben (Fig. 1). Bei schräg liegenden Walzen von gleicher
                              									Umdrehungsrichtung findet genau dasselbe statt (Fig.
                                 										2).
                           Fig. 1., Bd. 269, S. 460Fig. 2., Bd. 269, S. 460Fig. 3., Bd. 269, S. 460Fig. 4., Bd. 269, S. 460Die Ganghöhen der schraubenförmigen Bewegung wachsen in beiden Fällen mit der Abweichung der
                              									Achsenstellung von derjenigen in einer Ebene.
                           Die Umdrehungsrichtung wechselt mit der Abweichung der Achsen nach der einen oder der
                              									anderen Seite.
                           Betrachten wir zunächst die Anordnung der geneigt gegen einander arbeitenden
                              									Planscheiben, deren Achsen in zwei ein wenig von einander entfernten wagerechten
                              									Ebenen liegen. Die Arbeitslinie a b (Fig. 3) liegt zwischen letzteren. Die excentrische
                              									Stellung der beiden Scheiben bedingt die schraubenförmige Fortbewegung eines
                              									zwischengesteckten Rundstabes.
                           Weil nun jeder folgende Punkt der Arbeitslinie von a
                              									nach b eine seinem Radius entsprechende gröſsere
                              									Umfangsgeschwindigkeit hat, so folgt daraus eine Beschleunigung der
                              									schraubenförmigen Fortbewegung der Oberfläche des
                              									Rundstabes, falls er dehnbar ist, hingegen ein Gleiten
                              									zwischen Scheiben und Stab, wenn er nicht dehnbar
                                 									ist.
                           Der letztgenannte Fall kommt beim Runden, Richten und Glätten von Rundstäben in
                              									Anwendung, wenn diese kalt oder wenig erwärmt verarbeitet werden- der erste Fall, in
                              									welchem der Stab dehnbar ist, beschäftigt uns heute.
                           Der einfacheren Anschauung wegen nahmen wir an, es finde kein Gleiten zwischen
                              									Scheiben und Stab statt.
                           Die Arbeitslinie theilen wir in x gleiche Theile (Fig. 3 und 4). Ist die
                              									der Staboberfläche mitgetheilte Umdrehungsgeschwindigkeit in dem Punkte 1 = v, so ist sie in Punkt 2 = 2v, in Punkt 3 = 3v, in Punkt x = xv.
                           Da nun die Umfangsgeschwindigkeit in jedem folgenden Punkte der Arbeitslinie gröſser
                              									ist, ein Gleiten aber nicht stattfindet, so muſs nothwendiger Weise eine Dehnung der Staboberfläche in der Richtung der
                              									erwähnten Schraubenlinie erfolgen.
                           Es ist bekannt, daſs die Verlängerung eines Stabes auf Kosten des nebenliegenden
                              									Materiales geschieht.
                           Im vorliegenden Falle kann die Dehnung, die am Umfange des Stabes geschieht, nur auf
                              									Kosten des weichen Kernes geschehen, denn ebenso, wie bei einer Dehnungsprobe mit
                              									einem geraden Stabe das seitliche Material herangeholt wird, so muſs hier der weiche
                              									Kern herangeholt, d. i. es müssen die mittleren Fasern aus einander gerissen werden
                              									und nach auſsen wandern, genau so, wie das nebenliegende Material bei der
                              									gewöhnlichen Dehnungsprobe nach innen wandert. Die pressende Wirkung der
                              									Planscheiben oder Walzen gegen das entstehende Rohr ist nicht gleichbedeutend dem
                              									Drucke beim gewöhnlichen Walzen, weil hier selbstverständlich der innere Gegendruck
                              									fehlt. Die gesammte Kraft wirkt nur tangential auf den Stab bezieh. das Rohr und
                              									bringt eine rotirende Bewegung der Staboberfläche mit im Fortschreiten
                              									beschleunigter Geschwindigkeit hervor; sie bewirkt auf diese Weise das Ausziehen  des Rohres ohne
                              									gröſsere radiale Pressung als zum Mitreiſsen der Staboberfläche genügt.
                           Betrachten wir nun den Hergang in den einzelnen Punkten der Arbeitslinie a b (Fig. 4).
                           In Punkt 1 erhält der Stab die Umfangsgeschwindigkeit
                              										v und gleichzeitig die schraubenförmige
                              									Fortbewegung mit beschleunigter Geschwindigkeit, so daſs bei Ankunft in 2 die Umfangsgeschwindigkeit gleich 2v ist. Die Oberfläche muſs dabei auf 1b gestreckt werden, und zwar so, daſs der
                              									Rotationskörper 1bc gleich ist dem kubischen Inhalte
                              									des Cylinders 1 bis 2. Bei
                              									weiterem Fortschreiten des Stabes und der Umfangsgeschwindigkeiten – bei 2 = 2v, bei 3 = 3v – wird
                              									die Oberfläche des Stabes auf 1d gedehnt, und zwar so,
                              									daſs der Rotationskörper 1dc gleich ist dem kubischen
                              									Inhalte des Cylinders 13. Bei weiterem Fortschreiten
                              									des Stabes und der Umfangsgeschwindigkeiten bis xv wird
                              									die Oberfläche des Rohres bis auf 1e gedehnt, und zwar
                              									so, daſs der Rotationskörper 1ec gleich ist dem
                              									kubischen Inhalte des Cylinders 1x. Bei weiterem
                              									Fortschreiten der Arbeit bleibt der dritte Fall unverändert, die Wandstärke wird
                              									durch die Linie x bestimmt, d.h. bei gröſserem
                              									Planscheibendurchmesser nimmt die Wandstärke ab.
                           Es dürfte nun als erwiesen gelten, daſs der Stab beim Passiren der Arbeitslinie ab hohl werden muſs.
                           Mit gröſseren Schwierigkeiten ist das Hohlwerden bei dem beabsichtigten Ausstrecken
                              									massiver Körper zu vermeiden.
                           Planscheiben und Walzen werden in der Praxis unvermeidlich theilweise gleiten,
                              									wodurch ein Glätten der Oberfläche des Rohres erzielt wird. Keineswegs ist aber
                              									anzunehmen, daſs durch die Pressung von Scheiben oder Walzen gegen das Rohr eine
                              									Verdichtung der Rohrwand auch nur annähernd wie beim gewöhnlichen Walzen stattfände.
                              									Der Hergang bei Entstehung des Rohres ist also derselbe wie der des Ausziehens eines
                              									warmen Stabes bei der Dehnungsprobe mit dem Unterschiede, daſs die Zuglinie nicht
                              									eine gerade, sondern eine schraubenförmig fortschreitende ist. Als belastender
                              									Umstand tritt noch das Auseinanderreiſsen der inneren Faser hinzu. Die Glättung der
                              									inneren Oberfläche des Rohres beim Austritte aus den Planscheiben bezieh. Walzen
                              									durch einen festgehaltenen Dorn kann das vorher stattgehabte Lockern der Fasern
                              									nicht mehr beseitigen. Der Vorzug des neuen Verfahrens dürfte demnach durch den
                              									Nachtheil der geringeren Dichtigkeit der Rohrwand aufgehoben werden.
                           Bei Anwendung von Walzen anstatt Planscheiben ist es dem Constructeur überlassen, die
                              									Art der Beschleunigung der schraubenförmigen Fortbewegung durch Gestaltung der
                              									Arbeitsflächen zu bestimmen und der Dehnbarkeit des zu verarbeitenden Stoffes
                              									anzupassen. Aus diesem Grunde, und weil bei drei oder mehr Walzen eine besondere
                              									Führung des Werkstückes
                              									überflüssig wird, ist das Walzensystem dem Planscheibensysteme vorzuziehen. Im Wesen
                              									ist die Arbeit bei beiden Anordnungen dieselbe.
                           Es erübrigt noch der Vergleich des Betriebsbedarfes des neuen mit dem des alten
                              									Verfahrens.
                           Bekanntlich steht der Kraftaufwand für die Formveränderung beim Ausstrecken von Eisen
                              									im Verhältnisse zu der Masse des fortzustreckenden Metalles und wird zum
                              									Fortstrecken von 1cbmm Eisen 10k Druck als ausreichend angenommen.
                           Bei Herstellung eines Rohres aus massivem Stabe ist der Kern in die Form der Rohrwand
                              									zu strecken. Nehmen wir zur Berechnung einen bestimmten Fall; es sei ein Rohr von
                              										80mm äuſserem und 74mm innerem Durchmesser herzustellen, und ferner,
                              									es sei in einer Secunde die Stablänge von 50mm zu
                              									verarbeiten.
                           Der kubische Inhalt des zur Formveränderung bereiten Metalles ist also
                              										74^2\,\frac{\pi}{4}\,50=4300\,.\,50=215000^{cmm}.
                           Die gröſste Weglänge der innersten Faser nach dem Umfange des Rohres ist gleich dem
                              									Radius = 40mm. Nehmen wir als durchschnittliche
                              									Weglänge 20mm an, so erfordert die Arbeit in einer
                              									Secunde
                           \frac{215000\,.\,10^k\,.\,20^{mm}}{75\ \
                                 										1000}=570.
                           Nach dem alten Verfahren werden 3¾ Wandstärke auf 3mm ausgewalzt. Die Geschwindigkeit betrage 1m in der Secunde, der Arbeitsweg der Ausstreckung (radial) 2mm; dann sind fortzustrecken:
                           
                              
                                 
                                    74^2\,\frac{\pi}{4}-72,5^2\,\frac{\pi}{4}=4300-4128
                                    
                                 
                                    =172^{qmm}\,\times\,1000
                                    
                                 
                              
                                 
                                 
                                    =172000^{cmm}.
                                    
                                 
                              
                           Alsdann erfordert die Arbeit
                           \frac{172000\,.\,10^k\,.\,2}{75\,.\,1000}=45,
                           wobei im ersten Falle 350mm,
                              									im zweiten Falle 1000mm Rohrlänge gewonnen
                              									werden.
                           Es verhält sich also die Kraft beim neuen Verfahren zu der beim alten nahezu wie
                           570 : 15 = 38 : 1.
                           Das Neue und Wesentliche des Schrägwalzverfahrens liegt:
                           1) in der Art des Ausstreckens unter Rotation zwischen entgegengesetzt bewegten
                              									Walzenflächen,
                           2) in der Fertigstellung des gewünschten Profiles in einem einzigen Durchgange,
                              									und
                           3) in der Möglichkeit, mit denselben Walzen verschiedene Profile zu walzen.
                           Bei dem bisherigen Walzverfahren haben die Walzen bekanntlich entgegengesetzte
                              									Drehungsrichtung, in den arbeitenden Flächen aber gleiche Bewegungsrichtung. Bei dem
                              									neuen Verfahren dagegen haben die Walzen gleiche Drehungsrichtung und die
                              									arbeitenden Flächen entgegengesetzte Bewegungsrichtung.
                           Bei dem bisherigen Walzverfahren durchwandert der Stab die Walzen rechtwinkelig zu
                              									den Achsen, bei dem neuen dagegen geht er parallel oder annähernd parallel den
                              									Achsen. Beim Walzen zwischen Planscheiben haben diese entgegengesetzte Drehung,
                              									daher in den arbeitenden Flächen entgegengesetzte Bewegungsrichtung. Aus diesen
                              									Ausführungen ist klar, daſs das Werkstück eine rotirende Bewegung erhält.
                           Bezüglich des Ausstreckens unter Rotation zwischen entgegengesetzt bewegten
                              									Walzenflächen habe ich bereits nachgewiesen, daſs dasselbe nichts anderes ist, als
                              									ein Ausziehen unter der Beschränkung, daſs die Zuglinie keine gerade, sondern eine
                              									schraubenförmig fortschreitende ist, wobei die äuſsere – zwischen den Scheiben oder
                              									Walzen conische, nach dem Austritte cylindrische – Form gewahrt bleibt. Das
                              									Ausziehen des Materiales kann aber nur durch die Beschleunigung der
                              									schraubenförmigen Oberflächenstreckung geschehen.
                           Genau dasselbe findet statt, wenn massive Profile gewalzt werden sollen. Soll das
                              									Hohlwerden vermieden werden, so kann das nur geschehen, wenn die Neigung der
                              									Scheiben gegen einander wenigstens so stark ist, daſs der hohle Kegel ece (Fig. 7) gleich 0 wird, d.h., die Entfernung der
                              									beiden Scheibenkanten beim Austritte des Stabes muſs so weit verringert werden, daſs
                              									sie mindestens gleich wird der doppelten Wanddicke des Rohres (Fig. 7) beim
                              									Austritte aus den Scheiben, während die Entfernung am Anfange der Arbeitslinie
                              									dieselbe bleibt. Die Oberflächenstreckung des Werkstückes wird dem Kerne radial in
                              									abnehmendem Maſse mitgetheilt, so daſs sie in der Achse des Werkstückes gleich 0
                              									wird und nur eine Dehnung in der Längenrichtung des Stabes übrig bleibt. Folge davon
                              									ist, daſs die Fasern im Querschnitte, von der Achse aus anfangend, eine
                              									spiralförmige Verdrehung erhalten. Die durchaus nöthige starke Verjüngung des
                              									Werkstückes zwischen den Scheiben bedingt aber ein ebenso starkes Wachsen der
                              									Winkelgeschwindigkeit des Werkstückes zwischen den Scheiben.
                           Um die Vermehrung der Umdrehungszahlen neben der Beschleunigung der schraubenförmigen
                              									Fortbewegung der Oberfläche klarzustellen, nehmen wir einen bestimmten Fall.
                           Es soll ein Rundstab 50mm Durchmesser zu Draht von
                              										3mm,2 Durchmesser ausgewalzt werden. Die
                              									Scheiben (Fig. 5) haben 320mm Durchmesser, also
                              										1000mm Umfang, und machen eine Umdrehung in
                              									der Secunde. Die Arbeitslinie, d. i. der Radius der Scheiben, sei in 16 Theile
                              									getheilt. Die wagerechte Entfernung der Scheiben von einander sei in Punkt 1 = 50mm, in Punkt 16 (= x
                              									in Fig. 5) 3mm,2. Dann ist:
                           
                           
                              
                                 
                                 in Punkt 1
                                 in Punkt 16
                                 
                              
                                 der Durchmesser des Werkstückes
                                   50
                                 3,2mm
                                 
                              
                                 der Umfang des Werkstückes
                                 157
                                   10
                                 
                              
                                 die Umfangsgeschwindigkeit der Schei-    ben 2rπ
                                     62,8
                                 1000
                                 
                              
                                 
                                     62,8
                                 1000
                                 
                              
                                 die Umdrehungszahl des Werkstückes
                                 ––––
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 157
                                  10
                                 
                              
                                 
                                 = 0,4
                                 = 100
                                 
                              
                           Bei einer Umdrehung des Werkstückes in Punkt 1 hat dasselbe Stück in Punkt
                              										16\,\frac{100}{0,4}=250 Umdrehungen, während die
                              									Umfangsgeschwindigkeit von Punkt 1 bis Punkt 16 von 62,8 bis 1000mm wächst. Der klareren Rechnung wegen habe ich
                              									auf das theilweise Gleiten zwischen Scheiben und Werkstück keine Rücksicht genommen.
                              									Durch die in der Länge der Arbeitslinie fortlaufend vermehrte Umdrehungszahl des
                              									Werkstückes wird dessen spiralförmige Verdrehung bedingt.
                           Auf diese Verdrehung – „seilartige Windung“ nennt sie die Patentschrift – legt
                              									der Erfinder einen hohen Werth; es soll die Zugfestigkeit, die Dehnung und
                              									Contraction des Eisens, sowie die Elasticitätsgrenze für seitliche Durchbiegung
                              									dadurch erhöht werden. Obgleich nun Fluſseisen ein sehr gefälliges Metall ist, so
                              									dürfte doch abzuwarten sein, ob durch diese energische Verdrehung der Fasern dem
                              									Materiale eine gröſsere Festigkeit gegeben wird. Die Patentschrift behauptet, daſs
                              									durch den Zug der äuſseren Fasern in der Richtung der Schraubenlinie ein
                              									Zusammenpressen des Kernes stattfinde, so etwa, wie wenn man einen Riemen
                              									schraubenförmig um einen Rundstab windet und anzieht. Diese Behauptung, auf welche
                              									der Erfinder die vorzüglichen Eigenschaften seines neuen Verfahrens gründet,
                              									zerfällt aber in sich, weil nicht allein beim Walzen von Hohlkörpern, sondern auch
                              									in vorliegendem Falle beim Walzen massiver Stäbe die inneren Fasern nach auſsen
                              									wandern müssen, gerade dem vermeintlichen Drucke des Erfinders entgegen, und
                              									unfehlbar einen Hohlkörper ergeben, wenn dies nicht durch sehr starke Neigung der
                              									Arbeitsflächen, also durch sehr schleunige Verjüngung des Querschnittes vermieden
                              									würde. Es fehlt dem neuen Streckverfahren die bisher mit Sorgfalt ausgeführte
                              									Pressung der Fasern quer zur Fläche des Stabes, welche durch Druck und Gegendruck
                              									die Verdichtung des Materiales bewirkt, und es bleibt, selbst beim Auswalzen
                              									massiver Rundstäbe mit dem neuen Verfahren, nichts weiter übrig, als das
                              									Warmausziehen unter den angegebenen Beschränkungen.
                           Selbst mit dem bisherigen Ausziehen von glühenden Röhren
                              									oder Draht läſst sich das neue Verfahren nicht auf gleiche Stufe stellen, weil bei
                              									ihm das geschlossene Zieheisen mit dem allseitig radialen Drucke fehlt; denn durch
                              									die zwei oder drei tangential arbeitenden Scheiben bezieh. Walzenflächen kann der
                              									gleichzeitig in allen Punkten des Umganges wirkende radiale Druck des Zieheisens
                              									nicht ersetzt werden. Es
                              									gibt ja sehr viele Fälle, in denen geringere Ansprüche an Röhren gemacht werden, als
                              									z.B. an Kesselröhren. Wenn es daher gelingen sollte, mit dem neuen Verfahren einen
                              									wirthschaftlichen Vortheil gegen das bisherige zur Anfertigung von Röhren zu
                              									erlangen, so dürfte dieser an sich so interessanten Fabrikationsweise eine groſse
                              									Zukunft beschieden sein.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)