| Titel: | Ueber die sogen. Resinatfarben; von A. Müller-Jacobs. | 
| Autor: | A. Müller-Jacobs | 
| Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 139 | 
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                        Ueber die sogen. Resinatfarben; von A.
                              								Müller-Jacobs.
                        Müller-Jacobs, über die sogen. Resinatfarben.
                        
                     
                        
                           Vor mehreren Jahren machte Verfasser dieses die Beobachtung, daſs die Niederschläge,
                              									welche durch Ausfällen wässeriger Harzseifenlösungen mit beliebigen Metallsalzen
                              									erhalten werden, sich mit sämmtlichen Anilinfarbstoffen basischen Charakters zu
                              									besonderen Molekularverbindungen vereinigen lassen.
                           Die auf solche Art gefärbten harzsauren Metalloxyde sind seither unter dem Namen
                              										„Resinatfarben“ in die Industrie eingeführt worden. Im Nachstehenden möge
                              									es mir nun gestattet sein, Näheres über dieselben mitzutheilen, da solche ihrer
                              									leichten Darstellbarkeit, ihrer merkwürdigen Eigenschaften und ihrer vielseitigen
                              									Anwendbarkeit wegen wohl ein allgemeineres Interesse beanspruchen dürften.
                           
                        
                           
                              Darstellung der Resinatfarben.
                              
                           Man bereitet sich zunächst eine Harzseifenlösung, indem man 100 Gew.-Th. helles
                              									Colophonium mit 10 Gew.-Th. trockenem kaustischen Natronhydrat (96 Proc.), 33
                              									Gew.-Th. krystallisirtem kohlensauren Natron (Na2CO3 + 10 aq) und 1000 Gew.-Th. Wasser
                              									während einer Stunde unter Umrühren kocht und hierauf die Temperatur der Lösung
                              									durch Zugabe fernerer 1000 Th. kalten Wassers auf etwa 50° C. abkühlt.
                           Dieser Seife wird nun die filtrirte Lösung eines basischen Anilinfarbstoffes, z.B.
                              									von Fuchsin, Methylviolett, Brillantgrün, Safranin, Chrysoïdin, Auramin,
                              									Methylenblau, Rhodamin u.s.w., und zwar je nach der gewünschten Intensität von 5 bis
                              									15 Proc. vom Gewichte des angewandten Harzes zugegeben.
                           Bei niedrigerer Temperatur und zu hoher Concentration der Seifenlösung scheiden sich
                              									die betreffenden Farbbasen als harzige Abietate (Resinate) aus, was unbedingt zu
                              									verhüten ist. Die so dargestellte alkalische Farbmischung wird nun mit kleinen
                              									Portionen der verdünnten wässerigen Lösungen eines Metallsalzes versetzt und zwar
                              									unter stetem Umrühren, bis vollständige Fällung eingetreten ist, was leicht durch
                              									Eintauchen eines Streifens Filtrirpapier in die Flüssigkeit erkannt wird. Ein
                              									geringer Ueberschuſs an Metallsalz erleichtert das nachträgliche Filtriren und
                              									Auswaschen. – Bei der Fällung z.B. mit Zink verwende ich für obige Quantität Harz
                              									etwa 55 Th. Zinksulfat, gelöst in 1000 Th. Wasser.
                           Es sei noch bemerkt, daſs die mechanische Beschaffenheit des Niederschlages
                              									wesentlich von der Menge des angewandten Wassers abhängt.
                           Das Präcipitat wird nunmehr auf Filtertücher gebracht und sorgfältig ausgewaschen,
                              									was übrigens auch mittels Filterpressen geschehen kann, wobei harte Kuchen mit 18
                              									bis 25 Proc. Resinatfarbgehalt erzielt werden, ein Beweis für die auſserordentlich
                              									feine Beschaffenheit der wässerigen Paste. Eine Ausnahme in dieser Richtung machen
                              									die Magnesiumresinatfarben, welche, wenn sie nicht aus sehr verdünnter Lösung gefällt werden, harzig
                              									zusammenbacken. Diese Niederschläge werden auf Filtertüchern gewaschen und bei
                              									möglichst hoher Temperatur getrocknet.
                           Von hier gelangt die Waare, falls sie nicht als wässerige Paste verwendet wird, in
                              									Trockenräume, die auf 40 bis 50° C., für Magnesiumniederschläge auf 70° C. erwärmt
                              									sind und bleibt darin so lange, bis kleine Proben bei mehrmaligem Wägen in
                              									Zwischenräumen von einigen Stunden keine Gewichtsabnahme mehr zeigen.
                           
                        
                           
                              Eigenschaften der Resinatfarben.
                              
                           Dieselben stellen im trockenen Zustande äuſserst leichte Stücke oder zart
                              									anzufühlende, amorphe, pulverige Niederschläge von ungemeiner Farbenfrische und
                              									Schönheit dar. Mehr noch als die gewöhnlichen Harze werden sie durch Reiben stark
                              									elektrisch. Luft und Feuchtigkeit beeinflussen sie in keiner Weise. Sie geben weder
                              									an kaltes noch an heiſses Wasser irgend welche nennenswerthen Mengen des
                              									aufgenommenen Farbstoffes ab. Schwache Säuren und Alkalien sind ebenfalls gänzlich
                              									ohne Wirkung und selbst starke Lösungen von unterchlorigsauren Salzen vermögen die
                              									Farbkörper erst nach längerer Zeit etwas anzugreifen, vorausgesetzt, daſs solche
                              									nicht zuvor dem Lichte ausgesetzt wurden, in welchem Falle sie durch
                              									Oxydationsmittel leicht zerstört werden.
                           In Alkohol sind sie mehr oder weniger löslich, und zwar hängt diese Eigenschaft innig
                              									mit der zum Abietat verbundenen metallischen Basis zusammen. Während sich nämlich
                              									die ungefärbten oder gefärbten Abietate des Aluminiums, des Berylliums, Eisens,
                              									Nickels, Mangans und des Kupfers nur wenig in Alkohol lösen, sind die Zink-, Blei-,
                              									Cadmium- und Silbersalze schon bedeutend löslicher. Die Calcium-, Strontium- und
                              									Bariumsalze lösen sich ziemlich gut, sehr leicht löslich ist das Magnesiumsalz.
                           In Benzol und seinen Homologen, ferner in Aether, Chloroform, Acetal und vielen
                              									ätherischen Oelen lösen sie sich im trockenen Zustande im Verhältnisse von 1 : 1 und
                              									bilden damit je nach der Menge des Lösungsmittels mehr oder weniger dickflüssige
                              									Firnisse, welche auf glatter Oberfläche rasch zu einem glänzenden, harten,
                              									transparent gefärbten Ueberzug eintrocknen. An sich allein wird dieser leider in
                              									kurzer Zeit sprüngig und fällt ab. – Die innere Natur und Haltbarkeit solcher
                              									Schichten hängt ebenfalls wesentlich ab von der metallischen Basis der
                              									Resinatfarbe.
                           Die Präcipitate sind fernerhin leicht löslich in Alkohol-, Benzin- oder
                              									Terpentinölfirnissen, in schmelzendem Wachs, in Harzen, Palmitin- und Stearinsäure,
                              									in Oelsäure und deren Homologen, in ranzigen Oelen und gekochtem Leinöl. Ihre
                              									Löslichkeit nimmt mit höherem Farbstoffgehalte – der überhaupt 20 Proc. vom Gewichte
                              									des Harzes nicht übersteigen darf – ab. In Terpentinöl und den Kohlenwasserstoffen
                              									der Erdölreihe (C10H16), z.B. in Benzin, sind sie völlig unlöslich.
                           
                           Einige der Metallresinate, z.B. die Aluminiumsalze, zersetzen sich in Lösung, selbst
                              									bei Lichtabschluſs, in verhältniſsmäſsig kurzer Zeit unter Abscheidung von
                              									Metalloxyd- oder Oxydhydrat, während andere, wie das Zink-, Blei-, Calcium- und
                              									Magnesiumresinat, sich unbegrenzte Zeit unverändert halten.
                           Etwas über 100° erhitzt, beginnen die Farbkörper ohne Zersetzung zu schmelzen; bei
                              									höheren Temperaturen tritt Zersetzung ein. In offener Flamme verbrennen sie, ähnlich
                              									dem gewöhnlichen Colophonium mit ruſsender Flamme unter Hinterlassung des
                              									entsprechenden Metalloxydes. Dem Lichte widerstehen die Resinatfarben ziemlich gut,
                              									weit besser als die ebenfalls benzollöslichen direkten Verbindungen der
                              									Anilinfarbbasen mit Oelsäure, Palmitinsäure, Stearinsäure und Abietinsäure. Am
                              									ungünstigsten zeigte sich stets Brillantgrün (Sulfat des
                              									Tetraäthyldiamidotriphenylcarbinols) und zwar in allen Metallcombinationen; sehr gut
                              									dagegen Methyl violett, Safranin, Chrysoidin, Auramin (?) und namentlich Rhodamin (Chlorhydrat des Diäthylamidophenolphtaleïns),
                              									abgesehen von der hervorragenden Brillanz dieses Farblackes. An Aluminium- oder
                              									Chromabietat gebunden, bleichen sie im Allgemeinen leichter aus als in Vereinigung
                              									mit Zink- oder namentlich mit Magnesiumabietat.
                           Durch Einwirkung des Lichtes namentlich auf dünne Schichten verlieren die Farben ihre
                              									Löslichkeit in Benzol vollständig und verhalten sich in dieser Beziehung ähnlich den
                              									Harzen, vornehmlich dem Asphalt. Es kann dabei als sicher angenommen werden, daſs
                              									das Licht zunächst den Molekularzusammenhang aufhebt und die Verbindung in freien
                              									Farbstoff und Metallabietat zerlegt, welches letztere nun noch weiter verändert
                              									wird. Der frei gemachte Farbstoff kann jetzt durch warmes Wasser oder Alkohol, durch
                              									Säuren oder Alkalien, durch unter-chlorigsaure Salze oder andere Oxydationsmittel –
                              									überhaupt durch jede Substanz, die ihn im gewöhnlichen Zustand lösen oder zerlegen
                              									würde, abgezogen werden. An den belichteten Stellen verliert z.B. Papier, das mit
                              									einem Resinatfirniſs überzogen ist, seine Farbe durch Einlegen in verdünnten Alkohol
                              									oder in Eau de Javelle, während der nicht insolirte Theil unangegriffen bleibt.
                           Diese Lichtreaction tritt bei den alkohollöslichen Metallabietaten weit schneller ein
                              									als bei den anderen; aber auch die optische Natur des Farbstoffes spielt dabei eine
                              									wichtige Rolle. In einer weiteren, getrennten Abhandlung „über die Verwendung der
                                 										Resinatfarben zur photographischen Reproduction“ werde ich Gelegenheit
                              									haben, auf diese Verhältnisse näher einzutreten.
                           
                        
                           
                              Verwendung der Resinatfarben.
                              
                           Wie aus den oben beschriebenen Eigenschaften dieser Körper erhellt, können solche
                              									sowohl im teigförmig-wässerigen, wie im trockenen Zustande zu den verschiedensten
                              									Zwecken angewandt werden.
                           
                           Zunächst zur Darstellung transparenter Oel- oder Benzinfirnisse. Die Resinatfarben
                              									werden in einer zur Erreichung der gewünschten Intensität geeigneten Menge den
                              									Rohfirnissen einfach direkt oder in benzolischer Lösung beigegeben, wodurch
                              									gleichzeitig noch der sogen. „Körper“ der Firnisse erhöht wird. Ich verwende
                              									hierzu gewöhnlich Zink-, Eisen-, Kupfer- oder Magnesiumresinate mit nicht über 8 bis
                              									12 Proc. Farbstoffgehalt vom Gewichte des Colophoniums. Durch Zugabe von Kautschuk-
                              									oder Guttaperchalösungen wird die Elasticität und Dauerhaftigkeit der Firnisse
                              									wesentlich erhöht. Eine derartige Zusammenstellung von besonderer Güte ist folgende,
                              									welche sowohl für sich allein, als auch als Zugabe zu anderen Firnissen benutzt
                              									werden kann: Man löse 30 Th. Magnesiumresinatfarbe in 80 Th. Benzol und 20 Th.
                              									Chloroform und vermische mit 150 Th. einer 1½procentigen, durch Erhitzen geklärten
                              									Lösung von Kautschuk in Schwefelkohlenstoff und Benzol.
                           Derartige Firnisse eignen sich vortrefflich zur Decoration glänzender
                              									Metalloberflächen (Zinnfolie), von Holz, Papier, Leder, Glas u.s.w. In vielen
                              									Fällen, namentlich für Holzanstriche sind die schon an sich gefärbten Metallresinate
                              									des Eisens, Chroms, Kupfers, Mangans u.s.w. in Combination mit Bismarckbraun oder
                              									anderen Farbstoffen vorzuziehen, einerseits aus Billigkeitsrücksichten, andererseits
                              									um dadurch die Lichtechtheit zu erhöhen. Sehr hübsche dunkelbraune bis schwarze
                              									Nuancen werden durch geeignete Mischungen von Resinatfuchsin, -grün oder -blau,
                              									-chrysoïdin oder -auramin erhalten und eignen sich zu gewöhnlichen Drucker- und
                              									Lithographentinten, zu Schnellwichse u.s.w.
                           Mit den verdünnten benzolischen Lösungen der Resinatfarben lassen sich ferner
                              									Textilstoffe, einzeln oder gemischt, in einem Bade färben – leider nur für helle,
                              									zarte Töne – und diese Methode wird für Seide, Seidenbänder und Satin, sowie für
                              									Kunstblumen, die nicht abfärben dürfen, hier bereits im Groſsen, sowie in der
                              									Hausindustrie – zum Umfärben – umfangreich benutzt.
                           Weiterhin lassen sich die Körper zum Färben und Drucken von Kautschuk und
                              									Kautschukwaaren, von Celluloid, von Wachstuch und Linoleumteppichen benutzen, ebenso
                              									zum Färben von Bleiweiſs, Zinkweiſs, Zinksulfid, Schwerspath, Kreide u.s.w.
                           Im ungetrockneten, pasteförmig-amorphen Zustand eignen sie sich zur Fabrikation von
                              									Farbstiften, mit Thragant, Gummi, Stärke oder Albumin versetzt für den Tapetendruck
                              									u.s.w., wobei gleichzeitig erwähnenswerth erscheint, daſs dieselben durch Einwirkung
                              									der Dämpfe ihrer Lösungsmittel in den gelösten, transparenten Zustand übergehen, in
                              									welchem sie sich auf jeder Fläche firniſsartig befestigen.
                           New York im Juni 1889.