| Titel: | Zugfestigkeitsprüfer für Papier, Gespinnste u. dgl. | 
| Autor: | H. Glafey | 
| Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 164 | 
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                        Zugfestigkeitsprüfer für Papier, Gespinnste u.
                           								dgl.
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									9.
                        Zugfestigkeitsprüfer für Papier, Gespinnste u. dgl.
                        
                     
                        
                           Zugfestigkeitsprüfungen geben nicht allein Aufschluſs über die
                              									Festigkeitseigenschaften des fertigen Erzeugnisses, sondern ermöglichen auch ein
                              									Urtheil über die bei der Herstellung derselben angewendeten Arbeitsmethoden, ob
                              									dieselben von Vortheil oder Nachtheil für die Veränderung der Festigkeitseigenschaften des
                              									angewendeten Rohmaterials gewesen sind. In neuerer Zeit finden
                              									Zugfestigkeitsprüfungen eine immer gröſsere Aufnahme und ist deren Vornahme
                              									besonders bei Behörden und groſsen Gesellschaften für Lieferungen zum Theil
                              									Bedingniſs. Die Folge davon ist, daſs man auch bemüht gewesen ist, die Apparate zur
                              									Ausführung derartiger Prüfungen möglichst zu vervollkommnen, gleichzeitig aber auch
                              									derart zu vereinfachen, daſs ihre Handhabung eine möglichst leichte ist. Es sei
                              									deshalb gestattet, im Nachstehenden Zugfestigkeitsprüfer, welche für Prüfungen von
                              									Papier, Gespinnsten, Geweben u. dgl. Anwendung finden, einer näheren Betrachtung zu
                              									unterziehen.
                           Der erste hier zu nennende und in den Fig. 9 bis 11 Taf. 9 dargestellte
                              									Apparat rührt von Alexander Wendler her und ist
                              									Gegenstand des D. R. P. Kl. 42 Nr. 39189 vom 6. Oktober 1886. Derselbe gestattet ein
                              									direktes Ablesen der Dehnung und Bruchbelastung und hat die nachfolgende
                              									Einrichtung.
                           Der Apparat besteht im Wesentlichen aus zwei parallelen, auf Metallblöcken ruhenden
                              									Schienen, auf welchen ein kleiner zweirädriger Wagen läuft. Die Achse dieses Wagens
                              									ist auf der einen Seite mit der kräftigen Spiralfeder R
                              									verbunden, auf der anderen Seite sitzt die Klemme f.
                              									Hier wird bei der Prüfung ein Ende des Versuchsstückes eingespannt. Das andere Ende
                              									wird von der gleichartigen Klemme d ergriffen und durch
                              									Antrieb der Schraubenspindel B bis zum Reiſsen
                              									gespannt.
                           Nach dem Einspannen und bevor der Versuch beginnt, muſs die Länge des Versuchsstückes
                              									genau ermittelt werden, und es muſs der feststehende Nullstrich des Maſsstabes M mit dem beweglichen Nullstrich der Marke g, und andererseits der Nullstrich von Maſsstab h mit dem von Marke n
                              									zusammenfallen. Um die erstgenannten Nullpunkte in Uebereinstimmung zu bringen, hält
                              									man durch Anziehen der Schraube l die Zugfeder auf dem
                              									Punkte fest, welchen sie im Zustande der Unthätigkeit einnimmt, und rückt das auf
                              									der Schiene gleitende Metallstück g hart an den mit
                              									einem Kniestücke an der Wagenachse befestigten Schlepper c an. Jetzt bezeichnet der Nullstrich auf g
                              									die Stelle, auf welcher bei vollständig mangelnder Kraftwirkung der Nullstrich des
                              									Maſsstabes M stehen muſs. Durch Schrauben kann der
                              									Maſsstab, falls er nicht schon dort stehen sollte, an diese Stelle gerückt werden,
                              									von welcher die Abmessung der Kraftwirkung ihren Anfang nimmt.'
                           Um die Nullstriche des Maſsstabes h und der Marke n in Uebereinstimmung zu bringen, kann man die
                              									Verbindung der Schraubenspindel H mit der
                              									Schraubenmutter im Zahnrade E lösen, so daſs sich
                              									erstere ohne Zeitverlust verschieben läſst. Diese Loslösung geschieht in einfacher
                              									Weise durch eine Drehung der am Rade E befindlichen
                              									Kapsel G um etwa 45°, wobei die Spindel vom Eingriffe
                              									des zweitheilig ausgeführten Muttergewindes befreit wird. Dann verschiebt man die
                              										Spindel H mit dem Querstücke K so
                              									lange, bis die Nullstriche von h und n zusammenfallen, und macht dann durch Wiedereinsetzen
                              									der Mutterschraubentheile auch die zweite Klemmvorrichtung unbeweglich.
                           Nun kann man das Versuchsstück zwischen f und d fest und straff einspannen. Die wellig gestalteten
                              									Klemmbacken beider Mäuler sind mit feinem Leder überzogen, so daſs stärkste Reibung
                              									entsteht und der einmal eingespannte Gegenstand nicht wieder herausgleiten kann.
                              									Sitzt derselbe mit mäſsiger Spannung fest, so löst man auch die Hemmung der Feder
                              										R und bewirkt die Spannung durch Drehung des Rades
                              										E' oder, bei genaueren Untersuchungen, durch
                              									Drehung der Kurbel F.
                           Wenn das Versuchsstück reiſst, verharrt nicht allein Spindel H, sondern auch der Wagen mit Feder R fest
                              									auf dem zuletzt innegehabten Platz. Dies wird dadurch erreicht, daſs in die
                              									Zahnstange k zwei Sperrklinken s und s1
                              									eingreifen. So lange die Feder angezogen wird, gleiten sie lose über die Verzahnung,
                              									fassen aber sofort ein, wenn die Feder nach Ueberwindung des vom Versuchsstücke
                              									gebotenen Widerstandes zurückschnellen will. Um störende Erschütterung zu verhüten,
                              									sind die beiden Sperrklinken differenzirt. Wenn nämlich die eine Klinke sich fest
                              									gegen einen Zahn stemmt, ruht die andere locker auf dem schrägen Rücken eines
                              									anderen Zahnes. Der Rückgang der Feder nach erfolgtem Risse wird dadurch auf
                              									kleinste Maſse verringert.
                           Auf dem Maſsstabe M ergibt jetzt der Abstand der beiden
                              									Nullstriche die Gröſse der zum Zerreiſsen des Versuchsstückes aufgewendeten Kraft.
                              									So viele Einheiten dort notirt sind, so viele Kilo waren zum Zerreiſsen
                              									erforderlich. Die Marke n notirt auf der Scala h die Gröſse der Dehnung in Procenten. An beiden
                              									Stellen gibt also der Apparat direkte und absolute Gröſsen, welche eine Umrechnung
                              									entbehrlich machen. Wie man aus dem ermittelten Kraftwerthe die Reiſslänge
                              									berechnet, ist mehrfach erläutert worden und kann wohl als bekannt gelten.
                           Die Dehnung wird durch folgende Vorrichtung ermittelt.
                           Wenn die Feder R dem Zuge des von der Schraubenspindel
                              									bewegten Prüfungsstückes folgt, stöſst der Schlepper c
                              									die Marke g vor sich her. Stand letztere beim Beginne
                              									der Spannung auf dem Nullpunkte der Scala M, so muſs
                              									ihr Stand nach erfolgtem Risse den Werth der angewendeten zum Dehnen und Zerreiſsen
                              									des Stückes erforderlichen Kraft angeben.
                           Genau den gleichen Weg wie das auf der Schiene sich bewegende Gleitstück g legt aber auch das gleichartige, damit verbundene
                              									Gleitstück, auf welchem Scala h befestigt ist, zurück.
                              									Es begleitet also beim Antriebe der Spindel die Marke n
                              									ein gutes Stück. Die Marke n aber, welche am Querstücke
                              										K festsitzt und dem unelastischen Zuge der
                              									Schraubenspindel folgt, muſs noch einen um so viel längeren Weg zurücklegen, als das
                              									Stück sich unter der Spannung dehnt. Der Abstand der beiden Nullstriche von g und n ergibt also das
                              									Maſs der Dehnung, und zwar in Millimeter. War z.B. die Einspannlänge 250mm und der Dehnungszeiger n gibt am Maſsstabe h 5mm, so haben wir auf 250mm Einspannlänge 5mm Dehnung, also 2 Proc.
                           Dem Apparate sind mehrere Zugfedern beigegeben, von denen die schwächeren für feine
                              									leicht zerreiſsbare Objekte, die stärkeren dagegen für stärker zu belastende
                              									Versuchsstücke anzuwenden sind.
                           Um die Federn auszuwechseln, zieht man die am Wagen befestigte Federbrücke o gegen den Wagen an. Dadurch wird eine kleine
                              									Spiralfeder, welche zwischen Wagen und Brücke die Zugstange umschlieſst,
                              									zusammengepreſst, zwei Ausschnitte im Lager der Brücke gleiten aus ihrem Schütze von
                              									zwei vorragenden Schraubköpfen heraus, und durch eine Viertelsdrehung der Brücke
                              									kann man diese selbst und die Feder vom Wagen loslösen. Nun zieht man den Wagen
                              									nebst der Führungsstange aus der cylindrischen Oeffnung der Gestellwand C heraus, nimmt die Feder ab und setzt die andere ein,
                              									indem man dieselben Hantirungen in umgekehrter Reihenfolge ausführt.
                           Zur Nachprüfung der Federkraft wird jedem Apparate die oberhalb von Aufriſs und
                              									Grundriſs gezeigte Vorrichtung beigegeben, welche eine Art Wage darstellt, an deren
                              									einem Balken (L) die Feder zieht, während an einem
                              									anderen, rechtwinkelig dazu stehenden Balken L2 mittels des Hakens t
                              									Gewichte angehängt werden. Um diese Vorrichtung anzubringen, wird die an der Spindel
                              										E befindliche Klemme d
                              									entfernt, die Verbindungsschraube q gelöst, das noch
                              									aus dem Querstücke vorragende Ende der Spindel zurückgeschoben und die
                              									Verbindungsschraube wieder angezogen. An Stelle des Prüfungsstückes tritt die Stange
                              										r, welche mit einem Ende statt der Klemme f am Wagen e befestigt
                              									wird, mit dem anderen, als Haken ausgebildeten Ende am Hebel L1 ansetzt.
                           Die Feder muſs regelrecht eingelegt sein, der zugehörige Kräfte-bezieh.
                              									Millimetermaſsstab muſs mit seinem Nullpunkte unter der Marke des Gleitstückes
                              									stehen. Werden an dem wagerechten Schenkel L2 Gewichte angehängt, so wird sich die Feder
                              									ausdehnen und demzufolge sich der senkrechte Schenkel L1 an das Querstück K legen. Durch Drehung des Handrades E bei eingerückter Mutter bewegt man das Querstück mit
                              									gespannter Justirvorrichtung nach dem Handrade zu, bis der obere Schenkel L1 wieder senkrecht
                              									einsteht, d.h. bis sich die Feder der Hebelbelastung entsprechend ausgedehnt
                              									hat.
                           Beim Anhängen der verschiedenen Gewichte muſs die Feder sich Jedesmal bis zu einer
                              									bestimmten Stelle ausdehnen, welche mit dem entsprechenden Kräftemaſsstabpunkte
                              									zusammenfällt. Sollte dies im Laufe der Zeit nicht mehr der Fall sein, so ist es
                              									nöthig, sich eine Correctionstabelle anzufertigen. Mit Hilfe dieser leicht
                              									herzustellenden Tabelle erzielt man dieselben Ergebnisse wie vorher.
                           
                           Die Wendler'schen Apparate, mit deren Vertrieb sich die
                              									Firma Fromme und Kroseberg in Berlin befaſst, sind
                              									vielfach eingeführt unter anderem besitzt die Kgl. Prüfungsanstalt zu Charlottenburg
                              									deren fünf und die Kaiserl. Reichsdruckerei einen solchen.
                           Der zweite hier zu nennende Festigkeitsprüfer rührt von M. M.
                                 										Schlumberger, Sohn und Comp. in Mühlhausen i. E. her und ist in deren
                              									Etablissement in Anwendung gekommen. Das Bulletin de la
                                 										Société de Mulhouse gibt von dem in den Fig. 12 bis 14 Taf. 9
                              									dargestellten Apparat folgende Beschreibung: Das Versuchsstück wird in die beiden
                              									Klemmen h1
                              									h2 eingespannt, deren
                              									eine h2 mit einer
                              									Stange in Verbindung gebracht ist, welche einen Kolben k trägt, der sich in einem mit dem auf der Fundamentplatte c angeordneten Lagerstücke a2 verbundenen Cylinder führt. Die
                              									Kolbenstange ist über diesen Cylinder hinaus um die Länge des letzteren verlängert
                              									und besitzt an ihrem Ende eine Scheibe, welche einer Spiralfeder l als Widerlager dient, die den Kolben umgibt und sich
                              									gleichzeitig gegen dessen Träger a2 anlehnt. Die zweite Klemme h1 trägt eine Spindel e, welche in einem als Mutter ausgebildeten, im Lager
                              										a1 angeordneten
                              									Futter ihre Führung erhält und mit Hilfe desselben von der Kurbel f aus unter Vermittelung des Triebes g und des auf der Mutter sitzenden Zahnrades d in der einen oder anderen Richtung bewegt werden
                              									kann. Die beiden Lagerständer h1
                              									h2 sind durch zwei
                              									Traversen b1
                              									b2, deren erste zwei
                              									Gleitbahnen trägt, in welchen sich der Maſsstab, auf welchem die Dehnung und
                              									Belastung abzulesen ist, führt, verbunden.
                           Beim Verwenden des Apparates wird nach dem Einspannen des Versuchsstückes der
                              									Maſsstab an die Klemmbacke h2 herangeschoben und somit die Marke m mit
                              									dem Nullpunkte der Scala n, welche die Belastung
                              									angibt, in Uebereinstimmung gebracht und die Stellung des am Wagen h1 sitzenden Nonius auf
                              									der Scala p vermerkt. Beim Drehen der Kurbel (also
                              									einem Anspannen des Versuchsstückes), wird der Wagen h2 den Maſsstab vor sich herschieben und
                              									ihn beim Bruche desselben stehen lassen, während er zurückgehen wird. Damit das
                              									letztere nicht plötzlich erfolgt, ist der den Kolben k
                              									enthaltende Cylinder mit Oel gefüllt, welches bei Bewegung des Kolbens von rechts
                              									nach links der Zeichnung durch ein im Kolben vorgesehenes Ventil denselben passiren
                              									kann, beim Bruche des Versuchsstückes aber ein Zurückschlagen des Wagens h2, wie es die Feder
                              										l veranlaſst, verhindert.
                           Der Weg des Wagens (Klemme) h2 ergibt sich aus der Belastung der Feder l,
                              									und es wird somit der Maſsstab n mit Hilfe von m die Anzahl der Kilogramm anzeigen; die Scala p dagegen, auf welcher sich der Nonius o um ein Stück bewegt, welches gleich ist Belastung und
                              									Dehnung, der Maſsstab sich aber auch um den Betrag der Belastung verschiebt, wird
                              									direkt die Dehnung angeben.
                           Auf der mit Papier umspannten Trommel q werden
                              									gleichzeitig Dehnung und
                              									Belastung des Versuchsstückes graphisch linear aufgezeichnet werden.
                           Soll der Apparat für viele Versuche Verwendung finden, so wird der Kurbelantrieb fg durch einen Maschinentrieb mit selbstthätiger
                              									Ausrückung ersetzt.
                           Ein dritter hierher gehörender Apparat des durch den Bau von Zugfestigkeitsprüfern
                              									bekannten Oskar Leuner in Dresden ist 1888 270 * 165 bereits beschrieben und sei auf denselben
                              									hiermit verwiesen.
                           H. Glafey.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
