| Titel: | Die Raoult'sche Methode der Molekulargewichtsbestimmung; von Constantin Klinge. | 
| Autor: | Constantin Klinge | 
| Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 218 | 
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                        Die Raoult'sche Methode der
                           								Molekulargewichtsbestimmung; von Constantin Klinge.
                        (Fortsetzung der Abhandlung S. 179 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									11.
                        Die Raoult'sche Methode der
                           								Molekulargewichtsbestimmung.
                        
                     
                        
                           A. F. HollemannBerichte, XXI, 860. hat ein
                              									noch einfacheres Verfahren in Anwendung gebracht.
                           Das Gefäſs, worin sich die auf ihren Gefrierpunkt zu untersuchende Flüssigkeit
                              									befindet, ist ein weites Probirrohr (etwa 2cm
                              									Durchmesser); es wird durch die Klemmschraube eines Stativs festgehalten. Im
                              									Probirrohre hängt ein in 1/10 Grade getheiltes, empfindliches Thermometer;
                              									weiter ist noch ein Rührer (ein am unteren Ende umgebogener Glasstab) darin
                              									befindlich. Als Kühlgefäſs wird ein mit Eiswasser gefülltes Becherglas benutzt, das
                              									am selben Stativ auf einem mit Drahtnetz versehenen Ring steht und während des
                              									Versuches auf und ab gehoben wird, wogegen die relative Lage von Probirrohr und
                              									Thermometer unverändert bleiben.
                           Bei Ausführung eines Versuches kühlt man die zu untersuchende Flüssigkeit (wovon 30
                              									bis 40g ausreichen) ungefähr ab bis 0,5° unter den
                              									Gefrierpunkt des Lösungsmittels; der Rührer wird dabei mit der Hand in Bewegung
                              									gehalten. Danach wird das Becherglas mit Eiswasser ganz vom Probirrohre weggenommen.
                              									Durch Reiben mit dem Rührer an der Glaswand, oder sicherer durch Einbringen eines
                              									minimalen Krystallflitterchens wird jetzt die Krystallisation eingeleitet. Sobald
                              									diese eintritt, sieht man die Temperatur, die bis dahin noch stets sinkend geblieben
                              									ist, plötzlich steigen. Man wartet einige Augenblicke, rührt die Flüssigkeit nun um
                              									und liest die Temperatur ab mit einer kleinen Wollaston'schen Lupe, wie sie auch sonst im Laboratorium oft benutzt wird.
                              									Dies wird in kurzen Intervallen noch zwei- bis dreimal wiederholt, vor jeder
                              									Ablesung erst gerührt, um sich zu überzeugen, daſs Constanz der Temperatur
                              									eingetreten ist.
                           Man thaut jetzt die Kryställchen wieder auf, das Probirrohr mit der Hand oder mit ein
                              									wenig lauwarmem Wasser erwärmend, und wiederholt dann in derselben Weise die
                              									Gefrierpunktsbestimmung noch zweimal. Die drei so erhaltenen Gefrierpunktszahlen
                              									differiren dann höchstens um 2/100 Grad.
                           Als Beweis, daſs dieses höchst einfache Verfahren für den Zweck ausreicht, gibt Hollemann die folgenden Molekulargewichtsbestimmungen,
                              									die danach ausgeführt worden sind, an:
                           
                              
                                 
                                 Proc. Geh.der Lösung
                                 Gefrierpunkts-Erniedrigung
                                 A(Mittel)
                                 Mol.-Gw.Gefunden
                                 Mol.-Gw.Berechnet
                                 
                              
                                 1) Benzamid
                                 1,96
                                 0,62; 0,61; 0,61
                                 0,31
                                 126
                                 121
                                 
                              
                                 2) Phtalsäureanhydrid
                                 1,57
                                 0,35; 0,35; 0,35
                                 0,23
                                 169
                                 148
                                 
                              
                                 3) Acetophenon
                                 1,82
                                 0,55; 0,55; 0,55
                                 0,30
                                 130
                                 120
                                 
                              
                                 4) Naphtalin
                                 1,87
                                 0,54; 0,55; 0,55
                                 0,29
                                 134
                                 128
                                 
                              
                           Die Ausführung einer Molekulargewichtsbestimmung nach diesem hier beschriebenen
                              									Verfahren dürfte, das Herstellen der Lösung, wie auch die Gefrierpunktsbestimmung
                              									des Lösungsmittels selber mitgerechnet, kaum mehr als ¾ Stunden in Anspruch
                              									nehmen.
                           Auf Veranlassung des Herrn Prof. Engler habe ich mich
                              									längere Zeit mit der Raoult'schen Methode beschäftigt.
                              									Durch die von mir gemachten Beobachtungen wurden schlieſslich die beiden eben
                              									angegebenen Verfahren gewissermaſsen mit einander vereinigt und die Versuche in
                              									folgender Weise angestellt:
                           Der Mantel zur Aufnahme der Flüssigkeit erhielt die Gröſse, daſs 50g Lösungsmittel denselben ungefähr bis zur Hälfte
                              									füllten.
                           Zum Schütze gegen die Feuchtigkeit der Luft wurde der Mantel mit einem doppelt
                              									durchbohrten Kork verschlossen. In die eine Bohrung wurde ein in zehntel Grade
                              									getheiltes Thermometer, in die andere ein Rührwerk, welches genau in der von Auwers angegebenen Weise ausgeführt war, gesteckt. Der
                              									ganze Apparat wurde in ein groſses Becherglas mit Wasser gesenkt, dessen Temperatur
                              									sich etwa 2° unter der jedesmaligen Erstarrungstemperatur des Lösungsmittels befand,
                              									und die Versuche unter Einhaltung der von Auwers
                              									angegebenen Vorschriften angestellt. Nur habe ich den Krystalleinwurf ganz
                              									weggelassen, da beim Abkühlen des Lösungsmittels (Eisessig oder Phenol) auf etwa
                              									0,5° unter seinen Erstarrungspunkt die Erstarrung von selbst vor sich geht und man
                              									ganz normale Werthe erhält. – Auf diese Weise wurde erreicht, daſs zwischen den drei
                              									Gefrierpunktszahlen fast niemals sich eine Temperaturdifferenz ergab, so daſs in der
                              									Folge schon der erste beobachtete Werth als brauchbar angenommen werden konnte. Ich
                              									neige mich daher zu der Ansicht, daſs diese Differenzen bei Auwers durch den Krystalleinwurf, bei Hollemann dagegen durch den Umstand, daſs ein offenes Gefäſs angewandt
                              									wird, hervorgerufen werden.
                           
                           Für meine Resultate mag das folgende Versuchsbeispiel sprechen:
                           Triphenylpyridin, C23H17N, M = 307.
                           Erstarrungspunkt des Phenols: 39,00°.
                           Angewandt: 0g,3235 Triphenylpyridin in 52g,0 Eisessig.
                           Gefunden:
                           
                              
                                 
                                    E
                                    
                                 
                                    C
                                    
                                 
                                    A
                                    
                                 
                                    M
                                    
                                 
                              
                                 33,84°
                                 0,16°
                                 0,257°
                                 311
                                 
                              
                                 33,83°
                                 0,17°
                                 0,273°
                                 296
                                 
                              
                                 33,83°
                                 0,17°
                                 0,273°
                                 296
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 Mittel
                                 0,268°
                                 300.
                                 
                              
                           Erstarrungspunkt des Phenols: 39,10°.
                           Angewandt: 0g,2050 Triphenylpyridin in 52g,8 Eisessig.
                           Gefunden:
                           
                              
                                 
                                    E
                                    
                                 
                                    C
                                    
                                 
                                    A
                                    
                                 
                                    M
                                    
                                 
                              
                                 38,960°
                                 0,140°
                                 0,259°
                                 309
                                 
                              
                                 38,960°
                                 0,140°
                                 0,259°
                                 309
                                 
                              
                                 38,960°
                                 0,140°
                                 0,259°
                                 309
                                 
                              
                                 
                                 
                                 –––––
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 Mittel
                                 0,259°
                                 309
                                 
                              
                           
                              
                                 Theorie
                                 Mittel der Versuche
                                 
                              
                                 M = 307
                                 M= 304,5.
                                 
                              
                           Handelt es sich um die Bestimmung des Molekulargewichtes einer Substanz in einem
                              									Lösungsmittel, dessen molekulare Depression T schon
                              									bekannt ist, so wird man bei Anwendung eines der drei eben beschriebenen Verfahren
                              									in den meisten Fällen befriedigende Werthe erhalten.
                           Hentschell, welcher Versuche über das gegenseitige
                              									Verhalten von Benzol und Eisessig angestellt und zu seinen Bestimmungen
                              									ausschlieſslich Substanzen von flüssigem Aggregatzustande verwendet hat, benutzt
                              									einen ApparatZeitschr. für phys. Chem., II, 306.
                              										(Fig. 2),
                              									der von dem Auwers'schen abweicht.
                           Zu genaueren Bestimmungen ist es, zumal wenn man das leichtflüchtige Benzol als
                              									Lösungsmittel benutzt, unbedingt nöthig, im abgeschlossenen Raume zu arbeiten,
                              									namentlich, wenn man durch Ausführung einer Reihe von Bestimmungen das Verfahren in
                              									die Länge zieht. Die Bewegung der theilweise erstarrten Flüssigkeit wird durch das
                              									Wirbeln eines an der Glasbläserlampe hergestellten Flügelrades erzielt, dessen Stiel
                              										A den Stöpsel des Versuchsgefäſses durchsetzt,
                              									wobei durch ein eingeschobenes Glasröhrchen für leichte Führung gesorgt ist; diese
                              									Achse des Flügelrades steht etwas schief, so daſs das flügeltragende Ende des
                              									Stieles genau im Mittelpunkte der Gefäſskuppel steht. Die drehende Bewegung des
                              									Flügelrades wird dadurch bewirkt, daſs man leise an dem aufgekitteten Glasrohre B entlang fährt; ist alles sorgfältig eingerichtet, so
                              									genügt diese Bewegung, um den Inhalt des Gefäſses heftig durch einander zu
                              									wirbeln.
                           Da es sich meist um Reihen von Bestimmungen handelt, so wird die zu untersuchende Flüssigkeit
                              									in ein mit eingeschliffenem Tropfrohre versehenes Fläschchen gethan, welches nach
                              									jedesmaligem Eintragen von Flüssigkeit zurückgewogen wird.
                           Das Eintragen geschieht durch den mit Kork verschlossenen Stutzen C. Die Beobachtung des Erstarrungspunktes kann in
                              									zweierlei Weise geschehen. Man läſst entweder die Lösung erstarren und beobachtet
                              									unter beständigem Umrühren den Wärmegrad des Thermometers, bei welchem eine eben
                              									noch sichtbare Wolke von Krystallen übrig geblieben ist, oder man läſst vor dem
                              									Eintragen der zu untersuchenden Flüssigkeit einen Theil des Lösungsmittels oder der
                              									bereits gewonnenen Lösung erstarren, um nun erst von jener Flüssigkeit zuzutropfen;
                              									bei gleichmäſsigem Rühren sinkt die Temperatur jetzt sehr rasch und stellt sich um
                              									so genauer auf den Erstarrungspunkt ein, je zarter der Flor von Krystallen ist,
                              									welcher nach Zusatz der Versuchsflüssigkeit dem Verthauen widerstanden hat.
                              									Natürlich ist der Versuch miſsglückt, wenn alle Krystalle nach dem Eintragen
                              									verschwinden, und wird dann die Bestimmung des Schmelzpunktes nach dem zuerst
                              									angeführten Verfahren nachgeholt. Das zweite Verfahren eignet sich besonders bei
                              									Benutzung von Eisessig als Lösungsmittel; das Verfahren beruht auf dem
                              									auſserordentlichen Ueberwiegen der latenten Schmelzwärme gegenüber der specifischen
                              									Wärme.
                           Bei Bestimmung der Schmelzpunkte der Lösungsmittel selbst thut man gut, dieselben
                              									vorsichtig überkalten zu lassen, worauf sie in ihrer ganzen Masse in kleinen,
                              									leichtlöslichen Krystallen erstarren, anderenfalls scheiden sich leicht Krusten an
                              									den Wänden des Gefäſses ab, welche genaue Bestimmungen unmöglich machen; mit Zunahme
                              									des gelösten Körpers hört diese Krustenbildung auf.
                           Man hält zweckmäſsig doppelwandige Standgefäſse (vgl. DD
                              									auf Fig. 2)
                              									bereit, welche man trocken als Schutzmittel zur Abhaltung von warmer Zimmerluft
                              									oder, mit Eiswasser gefüllt, zur Kühlung der Lösungen benutzt.
                           Bezüglich der Resultate sei auf die OriginalarbeitZeitschr. für phys. Chem., II, 308.
                              									verwiesen.
                           Für sehr genaue Untersuchungen, z.B. bei Bestimmung der molekularen Depression eines
                              									Lösungsmittels, leistet ein von BeckmannZeitschr. für phys. Chem., II,
                                       											638. construirter Apparat (Fig. 3) vortreffliche
                              									Dienste. Das Gefäſs A, welches die zu prüfende
                              									Flüssigkeit aufnimmt, besteht aus einem starkwandigen groſsen Probirrohre, welches
                              									seitlich einen Stutzen trägt, behufs Einfüllung der Substanz. Um eine Bestimmung
                              									auszuführen, gibt man in das zuvor mit einigen scharfkantigen Platinschnitzeln
                              									beschickte und tarirte Probirrohr, welches bis zum Stutzen etwa 25cc faſst, ungefähr 15g Lösungsmittel, trocknet den oberen Theil des Rohres mittels
                              									Filtrirpapier und wägt nun bis auf Centigramme genau. Nachdem der aus dickem Platindrahte
                              									bestehende Rührer eingelassen ist, wird das Thermometer mittels Kork aufgesetzt. Um
                              									das Probirrohr befestigt man zunächst mit Kork einen weiteren Cylinder B, der als Luftmantel dient, erst dieser wird in das
                              									Batterieglas C eingesenkt, welches mit Kühlflüssigkeit
                              									gefüllt ist.
                           Zweckmäſsig hält man die Temperatur in dem Batterieglase etwa 2 bis 5° unter dem
                              									Erstarrungspunkte der zu prüfenden Flüssigkeit. Bei Arbeiten mit Eisessig, dessen
                              									Schmelzpunkt bei rund 16° liegt, läſst sich eine zu hohe Temperatur durch Einwerfen
                              									von Eisstücken und Umrühren mit dem äuſseren Rührer herabdrücken. Ohne Luftmantel
                              									wäre das natürlich während der Arbeit nicht statthaft. Wird Benzol, welches bei rund
                              									5,5° schmilzt, verwendet, so füllt man das äuſsere Gefäſs zum groſsen Theile mit
                              									Eisstücken und läſst es dann voll Wasser laufen. Die Sorge um die äuſsere Temperatur
                              									fällt hier bei genügend vorhandenem Eise fort, bis der Gefrierpunkt der zu prüfenden
                              									Lösung unter 2° sinkt. Wird stärkere Abkühlung nothwendig, wie es bei Anwendung von
                              									Wasser als Lösungsmittel von vornherein der Fall ist, so gibt man zu der Mischung
                              									von Eis und Wasser im äuſseren Gefäſse unter Umrühren so viel Kochsalz, bis die
                              									gewünschte Temperatur erreicht ist. Ein beständiges Sichtbarbleiben des
                              									Gefriergefäſses ist ganz überflüssig. Nach einiger Uebung braucht man die äuſsere
                              									Temperatur gar nicht mehr mit dem Thermometer zu controliren; die Schnelligkeit, mit
                              									welcher die Temperatur im inneren Gefäſse sinkt, genügt zur Beurtheilung.
                           Nach dem Abkühlen der Flüssigkeit unter ihren Gefrierpunkt wird für den Beginn der
                              									Krystallabscheidung Sorge getragen und das bei beständigem Rühren nun rasch
                              									steigende Quecksilber des Thermometers gibt in seinem höchsten Stande den
                              									Gefrierpunkt an. Auch bei diesem Verfahren wird das Einwerfen von Krystallen, um die
                              									Erstarrung einzuleiten, weggelassen. Um die Möglichkeit einer Abkühlung des
                              									Lösungsmittels zu beschränken, ist das Probirrohr mit Platinschnitzeln beschickt und
                              									mit einem auf und ab gehenden, Erschütterungen erzeugenden Rührer versehen worden.
                              									Bei Anwendung von Benzol hat dies den Erfolg, daſs der Quecksilberfaden nur wenige
                              									Hundertstel-Grade unter den Gefrierpunkt sinkt, um sich in Folge einer geringen
                              									feinpulverigen Krystallabscheidung alsbald sehr genau auf den Gefrierpunkt
                              									einzustellen.
                           Eisessig läſst sich unter diesen Bedingungen etwas stärker, bis zu 0,5°, Wasser bis
                              									zu 1° überkühlen. Für die Bestimmung des Gefrierpunktes der reinen Lösungsmittel ist
                              									die in den letzteren beiden Fällen auftretende stärkere Eisabscheidung ohne Belang;
                              									wie für concentrirtere Lösungen der entstehende Fehler leicht vermieden wird, soll
                              									sogleich erörtert werden.
                           Nachdem der Gefrierpunkt des Lösungsmittels auf diese Weise bestimmt und nach Aufthauen des
                              									abgeschiedenen Eises durch wiederholte Bestimmung auf seine Constanz geprüft worden
                              									ist, wird die zu untersuchende Substanz durch den Stutzen eingeführt und nach
                              									erfolgter Lösung – dem Stutzen anhaftende Partikeln können durch Neigen weggespült
                              									werden – der Gefrierpunkt aufs Neue zweimal bestimmt. Durch Subtraction erfährt man
                              									ohne Weiteres die stattgehabte Erniedrigung. Nach Zufügung einer weiteren Menge
                              									Substanz kann sofort die Bestimmung für höhere Concentrationen angeschlossen werden.
                              									Bei der Untersuchung von Lösungen tritt mit steigender Concentration immer mehr die
                              									Nothwendigkeit hervor, eine stärkere Ueberkühlung möglichst zu vermeiden, d.h. die
                              									Menge des ausfrierenden Lösungsmittels thunlichst zu beschränken. Da nur dieses sich
                              									ausscheidet, muſs mit dessen Entfernung die zurückbleibende Lösung concentrirter
                              									werden und einen immer niedrigeren Schmelzpunkt zeigen. Die möglichen Fehler werden
                              									bei obigem Verfahren um so gröſser, wenn, wie das besonders bei Eisessig und Wasser
                              									der Fall ist, durch die gelöste Substanz die Krystallabscheidung in höherem Maſse,
                              									unter Umständen um viele Grade, hintangehalten wird. Aber auch in diesen Fällen kann
                              									man ohne Einbringen von fertigem Eise einen hohen Grad von Genauigkeit erreichen.
                              									Nachdem Eisausscheidung durch Abkühlung ohne Luftmantel bei kräftigem Umrühren
                              									hervorgerufen ist, läſst man während kurzer Ruhe am Boden des Gefriergefäſses eine
                              									ganz dünne Schicht des Lösungsmittels anfrieren, thaut sodann die in der Flüssigkeit
                              									schwebende feinzertheilte Abscheidung, welche viel leichter zergeht als die dünne
                              									Eiskruste, fast völlig auf, sistirt weitere Erwärmung durch Einsetzen in Luftmantel
                              									und Kühlflüssigkeit und führt, wenn das Thermometer zu sinken beginnt, die
                              									Bestimmung wie früher aus. Durch einige Uebung gelingt es leicht, den Versuch so zu
                              									leiten, daſs bei einer Ueberkühlung von 0,1° und weniger Graden bereits genügend
                              									feinzertheiltes Eis ausgeschieden ist, um das Thermometer wieder ansteigen zu
                              									lassen.
                           Zur Vermeidung grober Täuschungen verlasse man sich bei diesen Versuchen nie allein
                              									auf den Gang des Quecksilberfadens, sondern betrachte die Beobachtung nicht eher als
                              									sicher, bis man Sich von der wirklich erfolgten Abscheidung fein zertheilten Eises
                              									überzeugt hat.
                           Zum Einbringen fester Substanz in den Apparat dient ein einseitig zugeschmolzenes
                              									Glasrohr von einem Durchmesser, daſs es bequem durch den Stutzen geht. Für die
                              									Einführung von Flüssigkeiten empfiehlt sich überaus der nachstehend abgebildete
                              										(Fig. 4),
                              									leicht aus Glas herzustellende Apparat, welcher nur eine Modification des Sprengel-Ostwald'schen PyknometersJ. f. pr. Chem., [2] 16, 396.
                              									darstellt. Der Apparat wird gefüllt, indem man die Kapillare, welche unten am
                              									cylindrischen Gefäſse angeschmolzen ist, in die Flüssigkeit eintaucht, das obere Knierohr zum
                              									Schütze gegen Feuchtigkeit mit einem Chlorcalciumrohre verbindet und nun ansaugt.
                              									Die Entnahme von Substanz geschieht durch Einblasen, während die Kapillare in den
                              									Stutzen geschoben ist. Eines vollkommenen Abtropfens halber ist die Kapillare an der
                              									Mündung abwärts gebogen und schief angeschliffen.
                           Auch sehr leicht flüchtige Flüssigkeiten können vor einem Verdunsten bewahrt werden,
                              									wenn man die Kapillare recht eng nimmt und das obere Rohr, wie in der Figur, an
                              									einer Stelle kapillar auszieht.
                           Was aber den Apparat besonders vor den vorhergehenden auszeichnet, ist das
                              									empfindliche, von Beckmann eigens für den Apparat
                              									construirte Thermometer (Fig. 3
                              									D), welches durch Billigkeit, Handlichkeit,
                              									Zuverlässigkeit und Anwendbarkeit bei allen hier in Betracht kommenden Temperaturen
                              									von – 6° bis + 60° ausgezeichnet ist.Der Glastechniker F. O. R. Goetze in Leipzig
                                    											liefert dieses Thermometer aus Jenaschem Normalglase zum Preise von 25 M.
                                    											Derselbe fertigt auch die obigen Apparate, welche übrigens mit den
                                    											Hilfsmitteln eines jeden Laboratoriums leicht hergestellt werden
                                    										können.
                           
                              (Schluſs folgt.)
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
