| Titel: | Spreewasser-Analysen; von Dr. Th. Wetzke. | 
| Autor: | Th. Wetzke | 
| Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 423 | 
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                        Spreewasser-Analysen; von Dr. Th.
                              								Wetzke.
                        Wetzke's Spreewasser-Analysen.
                        
                     
                        
                           Unter die Flüsse, deren Verunreinigung seit längerer Zeit beklagt wird, gehört die
                              									Spree. Um zu sehen, inwieweit diese Klagen berechtigt seien, und da auch für mich
                              									persönlich die Wasserverhältnisse der Lausitz Interesse bieten, habe ich an
                              									verschiedenen Stellen genannten Flusses Proben entnommen und untersucht. Die
                              									Wasserproben sind geschöpft von der Spreequelle bis zu dem nahe der preuſsischen
                              									Landesgrenze gelegenen Kirchdorfe Klix.
                           Die Spree entsteht aus dem Zusammenflusse einiger sehr kleiner Quellen. Die
                              									Festschrift des Ebersbacher Humboldt-Vereins (1886)
                              									nennt deren vier, die eigentlichen Spreequellen, Dorfbach, Flüssel und Ritterbach.
                              									Die eigentliche Spreequelle, bei Alt- und Neu-Gersdorf auf den Pfarrwiesen
                              									entspringend, in der Minute etwa 28l Wasser
                              									liefernd, vereint sich noch auf der Flur desselben Ortes mit der Quelle des
                              									Spreehäuschens, letztere etwa 10l Wasser in der
                              									Minute gebend. Dorfbach, Flüssel und Ritterbach führen ebenfalls nur sehr geringe
                              									Wassermengen. Dasselbe kann von den weiteren sichtbaren Zuflüssen gesagt werden,
                              									welche die Spree innerhalb des sächsischen Gebietes aufnimmt. Da aber der
                              									Wasserreichthum des Flusses in Verfolg des Laufes sichtlich wächst, so muſs der
                              									Zuwachs auf unterirdische Zuflüsse von Grundwasser gesetzt werden. Leider habe ich
                              									über die von der Spree an den einzelnen Orten geführten Wassermassen, sowie über die
                              									Stromgeschwindigkeit nichts in Erfahrung bringen können, auch keine Gelegenheit
                              									gehabt, darüber Untersuchungen anzustellen.
                           Die Probeentnahme selbst ist an 20 verschiedenen Stellen erfolgt, und zwar sind die
                              									Proben an ein und demselben Tage annähernd zur gleichen Stunde in der Menge von 3
                              									bis 4l mitten aus dem Flusse entnommen. Durch das
                              									ganze Gebiet hatte es 12 Tage hindurch nicht geregnet, der Wasserstand der Spree war
                              									unter Mittel, doch nicht gerade klein. Die Zeit der Probeentnahme fällt in den
                              									September auf einen Tag, als alle Fabriken in voller Thätigkeit waren.
                           Ueber die einzelnen Schöpfstätten sei folgendes bemerkt: Nr. 1 und 2 sind den beiden
                              									Spreequellen, Nr. 1 auf den Pfarrwiesen, Nr. 2 der Quelle im Spreehäuschen,
                              									entnommen. Die Probe Nr. 3 ist im Wiesenthal geschöpft, dicht hinter Alt- und
                              									Neu-Gersdorf, und zwar sind dort mit der Spree bereits die Abflüsse aus den
                              									zahlreichen und groſsartigen Fabriken genannten Dorfes vereint. Das zeigt sich auch
                              									an Farbe und Geruch des Wassers. Die 4. Schöpfstelle liegt vor Ebersbach oberhalb,
                              									die 5. dicht unterhalb der Wünsche'schen Fabrik. Die 6.
                              									und 7. Schöpfstelle befinden sich vor und hinter dem Flecken Neusalza, unweit der 7.
                              									Schöpfstelle stromauf liegt dicht am Spreeflusse eine groſse Bleicherei;
                              									Schöpfstelle 8 und 9 schlieſsen das groſse Kirchdorf Postwitz ein, in welchem wohl
                              									Landwirthschaft, aber keine nennenswerthe Industrie getrieben wird. Die 10. Schöpfstelle liegt bei
                              									Klein-Döbschütz, oberhalb derselben die Spinnerei Heinitz. Durch diese Probe sollte der Zustand des Wassers ermittelt
                              									werden, bevor dasselbe die bei Sinkwitz (11), Schlungwitz (12) und
                              									Grubschütz-Doberschau (13) gelegenen Papierfabriken passirt. Die Schöpfstellen 11,
                              									12, 13 liegen dicht hinter den betreffenden Fabriken. Die 14. Wasserprobe
                              									(Schüler-Weinberg) soll über die Bestandtheile des Wassers Aufschluſs geben, bevor
                              									es in das Weichbild der Stadt Bautzen tritt. Die folgenden Schöpfstellen 15 (Heilige
                              									Geist-Brücke), 16 (Wasserkunst), 17 (Seidau) und 18 (Kupferhammer) liegen
                              									unmittelbar im Bereiche der Abwässer von Bautzen und dem Vorort Seidau und wenig von
                              									einander entfernt. Vor 15 liegen eine Färberei und eine Brauerei, vor 16 Wasch- und
                              									Badeanstalten, sowie eine Lohgerberei, vor 17 die ehemals Mörbitz'sche Tuchfabrik und Kunstmühle, eine Walke; die kleinen Häuser von
                              									Seidau treten dicht an den Fluſs heran, vor 18 endlich befindet sich ein weiterer
                              									Theil von Seidau, eine Papierfabrik, die städtische Gasanstalt, sowie auch ein
                              									Kupferwerk. Die beiden letzten Schöpfstellen 19 (Nimschütz) und 20 (Klix) sind
                              									gewählt, um über die Selbstentmischung bezieh. Selbstreinigung des Spreewassers
                              									einigen Aufschluſs zu erhalten. Zwischen Bautzen und Nimschütz befinden sich an der
                              									Spree nur Mahlmühlen, eine Pulvermühle, dann die kleinen Dörfer Oehna und Malsitz,
                              									zwischen Nimschütz und Klix keinerlei gewerbliche Anlagen. Wie aus Vorstehendem
                              									erhellt, hat der Spreefluſs reichlich Gelegenheit, sich mit häuslichen und
                              									industriellen Abfallstoffen zu beladen. Um einen Einblick zu erhalten, ob durch
                              									einzelne gewerbliche Anlagen dem Flusse erhebliche Verunreinigungen zugeführt
                              									werden, sind die Schöpfstellen, wo angängig, so gewählt, daſs sie die betreffende
                              									Anlage einschlieſsen, so die Wünsche'sche Fabrik in
                              									Ebersbach, Bleicherei bei Neusalza, so die Spinnerei in Heinitz, die Papierfabriken
                              									in Obergurig (11), Schlungwitz (12) und Doberschau (13). Bemerkt soll noch werden,
                              									daſs, da die Spree vielfach von Wehren durchkreuzt und zum Zwecke der Wassernutzung
                              									in Kunstgräben abgeleitet ist, die Proben an solchen Stellen entnommen sind, wo die
                              									gesammte Wassermenge des Flusses in einem Bette dahinflieſst.
                           Bestimmt sind in jeder Wasserprobe die suspendirten Stoffe und ihr unverbrennlicher
                              									Antheil, der Gesammtrückstand, dessen Glühverlust, die organische Substanz durch
                              									Ermittelung des Verbrauchs von über-mangansaurem Kali, das Chlor, das Ammoniak und
                              									die Schwefelsäure, in den meisten die Salpetersäure, der Kalk, in einigen die
                              									Alkalien. Der Glühverlust ist ermittelt durch schwaches Glühen des
                              									Gesammtrückstandes, nachheriges Befeuchten mit kohlensaurem Ammoniak und
                              									wiederholtem Glühen bis zu constantem Gewicht. Zur Ermittelung der organischen
                              									Substanz mittels übermangansauren Kalis ist nach Fresenius
                                 										(Quant. Analyse, Bd. 2 S. 169) verfahren. Die Salpetersäure ist nach der
                              										
                              									Tiemann'schen Modification des Schlösing'schen Verfahrens bestimmt, das Ammoniak durch Ausfällen
                              									desselben mit Neſsler'schem Reagenz und Feststellung
                              									des Quecksilbers im abgeschiedenen Niederschlage (Fleck).
                           Zur Bestimmung der Alkalien wurde der geglühte Gesammtrückstand verwendet, die
                              									Niehtalkalien durch Barytwasser (unter thunlichster Vermeidung des Ueberschusses)
                              									und Ammoniumcarbonat gefällt, die Summen der Chloralkalien gewogen und diese dann
                              									mit Platinchlorid getrennt. Chlor, Schwefelsäure und Kalk sind nach den üblichen
                              									Methoden ermittelt. Bemerkt sei übrigens, daſs in sämmtlichen Wasserproben
                              									diejenigen Bestandtheile, welche einer Zerstörung oder Aenderung unterworfen sein
                              									konnten, wie Schwefelsäure, Ammoniak, Salpetersäure und organische Substanz, so
                              									rasch als möglich (innerhalb 14 Tagen) nach dem Eintreffen der Proben bestimmt
                              									wurden. Ob bei den stark verunreinigten Wässern 3, 4 und 5 nicht, ehe dieselben
                              									untersucht werden konnten, schon Reductionsvorgänge eingetreten sein können, ob also
                              									die analysirte Wasserprobe von diesen drei Schöpfstellen wirklich ein getreues Bild
                              									des im Fluſslaufe befindlichen Wassers bietet, muſs dahingestellt bleiben. Die
                              									erhaltenen Resultate sind in folgender Tabelle niedergelegt (vgl. S. 426 und
                              									427):
                           Aus den erhaltenen Versuchsergebnissen kann man erkennen, daſs die Spreequellen
                              									zunächst ein sehr gutes, zu Genuſs- und Haushaltungszwecken brauchbares Wasser
                              									liefern. Dasselbe wird jedoch nach kurzem Laufe durch die Abwässer der groſsen
                              									Gersdorfer Fabriken in hohem Grade verunreinigt, so daſs seine Benutzung zu irgend
                              									einem Zwecke ausgeschlossen erscheint. Lassen sich doch in dem suspendirten Schlamme
                              									dieses Wassers Stärkekörner mikroskopisch und chemisch, Kupfer (16mg Kupferoxyd im Schlamme eines Liters), ferner
                              									Zinn, Eisen und Thonerde nachweisen, dazu der stark hervortretende Geruch nach
                              									Schwefelwasserstoff. Kein Wunder, wenn in solchem Wasser kein Thier und keine
                              									Pflanze fortzukommen vermag. Wohl haben die Gersdorfer Fabriken Anlagen für
                              									Reinigung ihrer Abwässer, doch können dieselben nur sehr unvollkommen functioniren.
                              									Allerdings ist auch zu berücksichtigen, daſs die Fabriken in Gersdorf zu einer Zeit
                              									entstanden sind, wo niemand an Fluſsverunreinigung und deren Hintanhaltung dachte.
                              									Weiter liegen diese Fabriken auf verhältniſsmäſsig engem Raume zusammen, verfügen
                              									über ein nur geringes Wasserquantum, müssen also das zur Verfügung stehende Wasser
                              									nach Möglichkeit ausnutzen und mit den unvermeidlichen Abfallstoffen stark beladen.
                              									Andererseits erscheint nach den Erfahrungen, die man anderwärts gemacht hat, eine
                              									entsprechende Reinigung des Wassers durchaus nicht unmöglich. Wenigstens als
                              									wünschenswerth muſs die Entfernung der schweren Metalle und der groſsen Mengen
                              									Schwefelsäure gefordert werden, um so mehr als sich diese Entfernung durch eine
                              									einfache Kalkreinigung bewirken lieſse. Als Bach mit miſsfarbenem Wasser von üblem
                              									Geruch durchläuft die Spree die Strecke
                           
                        
                           
                           Spreewasser-Analysen von Dr. Wetzke.
                           1l
                              									Wasser enthält in Milligrammen
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 273, S. 426–427
                              Benennung der Schöpfstelle;
                                 										Suspendirte Stoffe; Davon verbrenlich; Gesammtrückstand; Verbrauch an
                                 										Kaliumsupermang.; Salpetersäure; Spreequelle; Spreehäuschen; Wiesenthal;
                                 										Ebersbach, oberh. Wünsche's Fabrik; Ebersbach,
                                 										unterh. Wünsche's Fabrik; Neusalza, vor der Stadt;
                                 										Neusalza, hinter der Stadt; Postwitz, vor dem Dorfe; Postwitz, hinter dem Dorfe;
                                 										Döbschütz; Sinkwitz; Schlungwitz; Grubschütz; Schüler-Weinberg; Brücke zum
                                 										heiligen Geist; Wasserkunst; Seidau; Kupferhammer; Nimschütz; Klix; fehlen;
                                 										fehlt; unwägb.; Chlor; Schwefelsäure; Kalk; Kali; Natron; Glühverlust; Ammoniak;
                                 										Bemerkungen; fehlt; klar, wasserhell; starker,
                                 										schwarzer Absatz, riecht nach Schwefelwasserstoff, das klare Wasser gelb,
                                 										enthält auf schwere durch Schwefelwasserstoff füllbare Metalle, Eisen; schwarzer
                                 										Absatz, Farbe des Wassers dunkelgelb, riecht nach Schwefelwasserstoff; schwarzer
                                 										Absatz, Farbe des Wassers gelb, riecht nach Schwefelwasserstoff; wenig Absatz,
                                 										Farbe gelblich, riecht schwach nach Schwefelwasserstoff; wenig Absatz, schwach
                                 										gelblich, riecht nicht; hell; gelblich weiſs, wenig Absatz; gelblich weiſs;
                                 										gelblich; gelblich, trübe; ins Gelbliche spielend
                              
                           
                           
                           von Gersdorf bis Ebersbach, stellenweise die Landesgrenze
                              									gegen Oesterreich bildend. In Ebersbach vor der Wünsche'schen Fabrik sind diejenigen Verunreinigungen, welche in Gersdorf
                              									zugetreten waren, theilweise als Schlamm niedergesunken.Schwere Metalle lassen sich weder im Wasser selbst, noch in den darin
                                    											suspendirten Stoffen mehr nachweisen. Durch das groſsartige
                              									Etablissement von Wünsche, das allein an 3000 Weber
                              									beschäftigt, werden dem Wasser der Spree nicht nur keine weiteren Verunreinigungen
                              									mehr zugeführt, sondern die vorzüglich functionirenden Wasserreinigungsanlagen
                              									daselbst gestatten sogar, das Wasser erheblich reiner zu entlassen, als wie es in
                              									die Fabrik eintrat. Früher war dort das Hulwa'sche
                              									Verfahren eingeführt und arbeitete zur Zufriedenheit des Besitzers, die jetzigen
                              									Erfolge sind durch einfache Kalkreinigung erreicht. Besonders hervortretend ist der
                              									Rückgang der suspendirten Stoffe und der Schwefelsäure. Ein Vergleich zwischen dem
                              									hinter der Wünsche'schen Fabrik und dem vor Neusalza
                              									geschöpften Wasser bietet ein Beispiel, wie verhältniſs-mäſsig rasch die
                              									Selbstreinigung – Selbstentmischung – eines stark verunreinigten Fluſslaufes sich
                              									vollzieht. Die direkte Entfernung zwischen Schöpfstelle 5 und 6 beträgt wenig über
                              										4km, die vielfach gewundene Spree mag wohl
                              									über die doppelte Strecke zurücklegen. Während dieses Laufes verliert das Wasser
                              									einen groſsen Theil seiner suspendirten und gelösten verunreinigenden Stoffe; die
                              									Farbe des Wassers, welche noch bei Ebersbach im Fluſsbette tief schwarz erscheint,
                              									wird heller und durchsichtig, die durch industrielle Anlagen hervorgerufenen
                              									Verunreinigungen treten zurück und die aus menschlichen Wohnungen herrührenden
                              									putriden Abfallstoffe beginnen vorzuherrschen. Den Charakter putrider Verunreinigung
                              									bewahrt nunmehr das Wasser der Spree bis zum Verlassen des sächsischen Gebietes. Die
                              									kleine Stadt Neusalza mit anliegendem Friedersdorf ändert die Zusammensetzung der
                              									Mineralbestandtheile des Wassers nur wenig, und die geringe Erhöhung, welche der
                              									Chlor-, Schwefelsäure- und Kalkgehalt erfährt, darf wohl auf Rechnung der in
                              									Neusalza dicht bei der 7. Schöpfstelle gelegenen groſsen Bleicherei gesetzt werden.
                              									Das groſse Kirchdorf Postwitz übt einen nachtheiligen Einfluſs auf die Spree nicht
                              									aus und dasselbe läſst sich von der Spinnerei Heinitz und den bei Singwitz,
                              									Schlungwitz und Doberschau-Grubschütz gelegenen Papierfabriken sagen. Die Fabrik in
                              									Schlungwitz verarbeitet Stroh auf Papiermasse, und gerade diese Strohstofffabriken
                              									stehen allgemein im Rufe, die ärgsten Verunreiniger der Fluſsläufe zu sein.
                           Wenn nun durch vorliegende Untersuchungen eine Verschlechterung des Spreewassers
                              									seitens der Schlungwitzer Strohstofffabrik nicht hat constatirt werden können, so
                              									ist dies ein Beweis, daſs die dortigen Wasserreinigungs- und Kläranlagen gut
                              									functioniren. Zudem arbeitet die Fabrik nach einem Verfahren (Sulfat), welches nur geringe Mengen
                              									wenig verunreinigten Abwassers liefert. Die Schöpfstelle 14 (Schüler-Weinberg)
                              									constatirt die Zusammensetzung des Spreewassers kurz vor Bautzen. Die in letzterer
                              									Stadt geschöpften Wasserproben lassen stromabwärts eine, wenn auch nur geringe
                              									Steigerung von Salpetersäure und Ammoniak erkennen. Auffällig ist die Vermehrung des
                              									Gesammtrückstandes in den an der Brücke zum heiligen Geist und an der Wasserkunst
                              									entnommenen Wässern; diese Vermehrung ist besonders auf Steigerung des
                              									Natrongehaltes zu setzen. Zur Erklärung mag die Bemerkung dienen, daſs gerade
                              									zwischen jenen Orten eine ganze Anzahl viel benutzter Wäscheschweifen sich befinden.
                              									Wie es nun kommen mag, daſs der Gehalt an Gesammtrückstand bezieh. an Natron bei der
                              									Schöpfstelle Seidau wieder auf den Gehalt etwa gesunken ist, welchen das Spreewasser
                              									vor Eintritt in die Stadt zeigte, weiſs ich nicht zu erklären, denn besondere
                              									wasserreiche Zuflüsse sind auf dieser Fluſsstrecke nicht zu verzeichnen. Auch die
                              									Papierfabrik in Seidau und die Gasanstalt der Stadt Bautzen verunreinigen das
                              									Spreewasser nicht wesentlich, überhaupt zeigt sich die auch schon anderwärts
                              									beobachtete Erscheinung, daſs die Effluvien einer immerhin volkreichen Stadt
                              									(Bautzen hat zuzüglich Seidau eine Einwohnerzahl von etwa 22000) mit mancherlei
                              									industriellen Anlagen keine erhebliche Abänderung in der Zusammensetzung des Wassers
                              									eines selbst geringe Wassermengen führenden Fluſslaufes hervorrufen. Bis Nimschütz,
                              									etwa 3km,5 von Bautzen entfernt, ist eine
                              									entsprechende Klärung und Selbstentmischung des Spreewassers eingetreten, bei Klix
                              									aber zeigt sich wiederum eine Zunahme des Gesammtrückstandes und des Chlorgehaltes.
                              									In Folge flicht ausreichender Probemenge konnte die Analyse dieses Wassers nicht in
                              									demselben Umfange wie bei den übrigen Proben durchgeführt werden. Zur Erklärung der
                              									Zunahme der Verunreinigungen im Klixer Wasser mag die Bemerkung dienen, daſs die
                              									Spree das ganze Kirchdorf durchflieſst, daſs einzelne Wirthschaften daselbst dicht
                              									an den Fluſs herantreten, daſs die Ufer sehr flach sind, weshalb das Wasser bei nur
                              									irgend gesteigerter Fluth aus dem Bett auf die umliegenden Wiesen übertritt, jedoch
                              									seinen Rücklauf ins Fluſsbett nimmt, sobald dort die Wassermenge abnimmt. Zur Zeit
                              									der Probeentnahme war, wie bemerkt, das Wasser der Spree im Rückgange.
                           Muſs nach vorstehenden Untersuchungen das Wasser der Spree in der That als ein
                              									verunreinigtes bezeichnet und kann den eingangs erwähnten Klagen über die
                              									Verunreinigung eine Berechtigung nicht abgesprochen werden, so muſs doch auch
                              									constatirt werden, daſs die Verunreinigung besonders durch industrielle Anlagen vor
                              									wenigen Jahren eine bedeutendere gewesen ist als heute. So wenigstens versichern
                              									übereinstimmend glaubhafte Leute, die darüber ein Urtheil wohl haben können. Also
                              									eine Wendung zum Besseren ist schon eingetreten und daſs die Bemühungen in dieser
                              									Hinsicht fortgesetzt werden, erscheint gewiſs wünschenswerth. Es ist eine
                              									unerfüllbare Forderung, zu verlangen, daſs Wasser, welches industriellen Zwecken
                              									gedient hat, in demselben Zustande dem Fluſslaufe zurückgegeben werde, wie es
                              									entnommen wurde. Was aber erreichbar, sollte erstrebt werden. Das liegt nicht nur im
                              									Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege, sondern auch in dem der Industrie und
                              									des Gewerbes selbst. Es wurde nur in der Wünsche'schen
                              									Fabrik in Ebersbach über das zu stark verunreinigte Wasser geklagt; auch stellen
                              									sich im Hochsommer in den Papierfabriken, welche auf fertige Papiere arbeiten,
                              									Schwierigkeiten im Betriebe bei kleinem Wasserstande ein und es läſst sich recht
                              									wohl denken, daſs die Schwierigkeiten durch das in der Fabrikation benutzte Wasser
                              									hervorgerufen werden, welches, durch hohe Temperaturen in seiner Aufnahmefähigkeit
                              									für allerhand Stoffe gesteigert, solche dann in gröſseren Mengen mit sich führt als
                              									gewöhnlich. Mit der Entwickelung der Industrie ist naturgemäſs der Fischreichthum
                              									der Spree qualitativ und quantitativ zurückgegangen, besonders sind die feineren
                              									Fischarten Forelle und Barbe (Salmo fario und Barbus fluviatilis) vollständig
                              									verschwunden. Mit hoch entwickelter Industrie verträgt sich eine ausgiebige
                              									Fischzucht ebenso wenig, wie ein starker Hoch- und Schwarzwildstand mit intensiver
                              									Landwirthschaft. Eine längst anerkannte Thatsache und geradezu incommensurabel ist
                              									die Zahl der Menschen, welche je gleichzeitig von dem Erträgniſs der Fischerei in
                              									der Spree in der Oberlausitz gelebt haben können, mit der, welche gegenwärtig aus
                              									der Industrie ihren Lebensunterhalt zieht. Und doch sollte auch im Interesse der
                              									Fischzucht die möglichste Reinhaltung des Spreewassers angestrebt werden, denn dies
                              									Gewerbe ist von hoher Bedeutung für die Niederlausitz, deren groſse, zahlreiche
                              									Teiche vielfach von der Spree aus gespeist werden. Wie wenig geeignet das
                              									Spreewasser in seiner jetzigen Zusammensetzung für die Fischzucht ist, mag aus
                              									folgenden Zahlen erhellen: Bei Strichüberwinterung (Karpfen) rechnet man einen
                              									regelmäſsigen Verlust von 15 bis 30 Proc., in einem Quellwasserteiche des
                              									Rittergutes Caupa betrug der Verlust der Ueberwinterung 1887 bis 1888 15,2 Proc., in
                              									einem Spreewasserteiche desselben Gutes 94,68 Proc.