| Titel: | Ueber die Untersuchung und das Verhalten von Cement. | 
| Autor: | R. Zsigmondy | 
| Fundstelle: | Band 273, Jahrgang 1889, S. 587 | 
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                        Ueber die Untersuchung und das Verhalten von
                           								Cement.
                        (Schluſs des Berichtes S. 551 d. Bd.)
                        Ueber die Untersuchung und das Verhalten von Cement.
                        
                     
                        
                           Dyckerhoff stellte Mörtelproben aus Portland-Cement,
                              									Traſsmörtel, Cement-Kalkmörtel und Puzzolan-Cement her, und zwar der Einfachheit
                              									halber bloſs Zugproben, welche 1) nur im Wasser erhärteten, 2) Proben, die nach 24
                              									Stunden ins Freie kamen, und 3) Proben, die 1 Woche im Wasser erhärteten und dann
                              									ins Freie gesetzt wurden. Die Festigkeitsergebnisse sind in Tabelle I (S. 588)
                              									mitgetheilt.
                           Bei der Betrachtung der ersten Rubrik der Tabelle („Normenprobe“) fällt auf,
                              									daſs Puzzolan-Cement bei fast gleicher Zugfestigkeit eine wesentlich geringere
                              									Druckfestigkeit besitzt, als der Portland-Cement. Aus der zweiten Rubrik ersieht
                              									man, daſs Portland-Cement nach 26 Wochen an Festigkeit weit mehr zugenommen hat, als
                              									Puzzolan-Cement; Traſsmörtel nimmt an Festigkeit allmählich zu, so daſs nach 26
                              									Wochen die Zugfestigkeit des Cement-Kalkmörtels erreicht wird, dagegen steht er in
                              									der Druckfestigkeit hinter Portland-Cement zurück. Die dritte Rubrik erweist, daſs
                              									beim Erhärten im Freien der Portland-Cement und der Cement-Kalkmörtel dem
                              									Traſsmörtel und Puzzolan-Cement weit überlegen sind. Dasselbe ergibt sich auch aus der
                              									vierten Rubrik. Während Portland-Cement beim Erhärten an der Luft eine höhere
                              									Festigkeit erlangt als beim Erhärten im Wasser, verhält sich Traſs und
                              									Puzzolan-Cement gerade umgekehrt.
                           Auch die folgende Versuchsreihe, bei welcher Rheinsand, der durch ein Sieb von fünf
                              									Maschen auf den Quadratcentimeter gesiebt war, verwendet wurde, zeigt den
                              									Unterschied der verschiedenen Mörtelarten.
                           Wenn man die Zahlen der Tabelle II bei Erhärtung an der Luft im Zimmer mit den Zahlen
                              									der Tabelle I bei Erhärtung im Freien vergleicht, so ergibt sich, daſs nach 4 Wochen
                              									bei Erhärtung im Zimmer die Festigkeit bei allen vier Mörtelarten höher ausfällt als
                              									bei Erhärtung im Freien. Dies hat jedenfalls seinen Grund in dem langsamen und
                              									gleichmäſsigen Austrocknen an der Zimmerluft.
                           Das Verhalten der Mörtel bei Festigkeitsprüfungen mit 3 Th.
                           Tabelle I.
                           
                              
                                 Mörtelmischung in
                                    											Gewichtstheilen
                                 Normenprobe
                                 Zugfestigkeit in k für 1qcm
                                 
                              
                                 BindezeitStunden
                                 Festigkeitnach 28 Tagenk für
                                    											1qc
                                 Im Wasser erhärtet.Geprüft nach
                                    											Wochen
                                 Nach 24 Stunden ins Freie.Geprüft
                                    											nach Wochen
                                 1 Woche im Wasser, dannins
                                    											Freie.Geprüft nach Wochen
                                 
                              
                                 Zug
                                 Druck
                                 1
                                 4
                                 13
                                 26
                                 1
                                 4
                                 13
                                 26
                                 1
                                 4
                                 13
                                 26
                                 
                              
                                 Portland-Cement A 1 : 3 Sand *Puzzolan-    „      I  1 :
                                    											3   „Portland-     „      A 1 : 6   „       + 1/2
                                    											Kalkhydrat
                                   812–
                                 21,420,8–
                                   208,81105,6–
                                 17,412,5  8,6
                                 21,420,813,0
                                 28,221,816,9
                                   28,4123,919,8
                                 16,8  4,9  8,9
                                 29,111,015,5
                                 28,312,218,4
                                 33,516,322,3
                                 18,112,2  9,0
                                 24,014,114,8
                                 33,320,223,3
                                 32,719,326,4
                                 
                              
                                 Trassmörtel1 Vol. Trass, 1 Vol. Kalkhydrat1   „   
                                    											Sand
                                 –
                                 –
                                 –
                                   1,8
                                 10,7
                                 14,8
                                 19,3
                                   1,8
                                   6,5
                                 12,1
                                 14,8
                                   2,0
                                   7,1
                                 12,4
                                 13,9
                                 
                              
                                 Portland-Cement B** 1 : 3 SandPuzzolan-    „      II 1 :
                                    											3 Sand
                                 3  2,5
                                 21,020,7
                                 211,2136,8
                                 17,514,4
                                 21,020,7
                                 22,722,3
                                 28,2  23,41
                                 16,1  6,1
                                 27,612,2
                                 25,510,6
                                 35,4  15,91
                                 17,613,7
                                 22,112,6
                                 30,317,6
                                 33,919,0
                                 
                              
                           Zu * und **. Die Probekörper derselben Versuchsreihe, welche für die Erhärtung im
                              									Freien bestimmt waren, kamen gleichzeitig ins Freie und befanden sich daher bis zur
                              									Prüfung stets unter gleichen Witterungsverhältnissen.
                           Sämmtliche Mörtelmischungen wurden mit Normalsand hergestellt, hatten gleiche normale
                              									Consistenz und wurden mit dem Böhmischen Apparat eingeschlagen (150 Schläge mit dem
                              									Hammer von 2k). – Die beobachteten vorübergehenden
                              									Rückgänge in der Festigkeit sind die Folge von Regenwetter am Erhärtungstermin.
                           
                           Tabelle II.
                           
                              
                                 Mörtelmischung in Gewichtstheilen
                                 4 Wochen in Wasser erhärtet
                                 1 Woche in Wasser 3 Wochen Luft
                                 
                              
                                 Zug
                                 Druck
                                 Zug
                                 Druck
                                 
                              
                                 Portland-Cement 1 : 3 Rheinsand
                                 22,1
                                 242,0
                                 38,4
                                 318,0
                                 
                              
                                       „            „      1 : 6       „     + ½
                                    											Kalkhydrat
                                 17,1
                                 152,0
                                 24,3
                                 226,0
                                 
                              
                                 Puzzolan-Cement 1 : 3 Rheinsand
                                 23,5
                                 130,0
                                 19,3
                                 132,0
                                 
                              
                                 Traſsmörtel: 1 Vol. Traſs, 1 Vol. Kalk,     1 Vol.
                                    											Rheinsand
                                 10,7
                                   77,6
                                 11,2
                                   81,6
                                 
                              
                           Sand läſst keinen Rückschluſs ziehen auf das Verhalten
                              									fetterer Mischungen, z.B. mit 1 Th. Sand. Es ist charakteristisch, daſs die
                              									specifisch leichteren Bindemittel (Roman-Cement, Traſsmörtel, Puzzolan-Cement
                              									u.s.w.) bei gleichem Arbeitsaufwande und gleicher Consistenz der Mörtel mit 1 Th.
                              									Sand beträchtlich weniger dichte Probestücke geben als mit 3 Th. Sand, während der
                              									schwere Portland-Cement mit 1 Th. Sand gleich dichte, oder sogar dichtere
                              									Probestücke liefert als mit 3 Th. Sand. In der folgenden Tabelle ist das Gewicht der
                              									Würfel von 50qc Fläche angegeben, die mit dem Böhme'schen Hammerapparate bei 150 Schlägen hergestellt
                              									wurden.
                           
                              
                                 
                                 1 : 3 Sand
                                 1 : 1 Sand
                                 
                              
                                 Portland-Cement I       „           „     
                                    											IIRoman-       „
                                 801g,0807g,5757g,5
                                 811g,5807g,5716g,0
                                 
                              
                                 Puzzolan-   „       I       „          „       II
                                 807g,5796g,0
                                 750g,5740g,0
                                 
                              
                                 Traſsmörtel: ⅔ Traſs, ⅓ Kalk
                                 759g,5
                                 684g,5
                                 
                              
                           In diesen Dichtigkeitsverhältnissen scheint der Grund zu liegen, warum die specifisch
                              									leichteren Bindemittel in fetten Mischungen sich ungünstiger verhalten, als man nach
                              									der Normenprobe mit 3 Th. Sand erwarten sollte. Die Erfahrung hat gezeigt, daſs die
                              									leichteren Bindemittel in fetteren Mischungen, wie sie angewendet werden müssen,
                              									wenn es sich um Wetterbeständigkeit handelt, sich weniger widerstandsfähig erweisen,
                              									als man nach der Festigkeitsprobe glauben sollte.
                           Aus all diesen Thatsachen geht deutlich hervor, daſs die Normen für Portland-Cement
                              									nicht dazu dienen können, andere hydraulische Bindemittel unter einander auf ihren
                              									Werth zu vergleichen.
                           Dr. Schumann erinnert an seinen Bericht über Schlacken-
                              									und Puzzolan-Cement (vgl. 1886 261 529) und bemerkt, daſs
                              									die Fabrik Thale jetzt in eine Actiengesellschaft
                              									umgewandelt worden ist und ihr Fabrikat unter dem Namen Victoria-Cement in den Handel bringt. Die Behauptung, Puzzolan-Cement von
                              									Braunschweig übertreffe an Festigkeit bedeutend die Portland-Cemente, ist darauf
                              									zurückzuführen, daſs besondere, sehr fein gemahlene Proben von Puzzolan-Cement mit
                              									grob gemahlenen Portland-Cementen verglichen werden.
                           
                           Schumann untersuchte daher sechs aus diesen Fabriken
                              									bezogene Proben und fand die Zugfestigkeit von 20,4k/qc bis 24,8k/qc und die Druckfestigkeit in den
                              									Grenzen von 105,6 bis 218k/qc. Da diese Resultate das ganze Verhalten der
                              									Cemente nicht charakterisiren, wurden die Versuche weiter ausgedehnt. Die Prüfung
                              									auf Festigkeit geschah mit Mischungen von 1 Cement : 1 Sand und 1 Cement : 3 Sand.
                              									Alle Proben wurden normengemäſs eingeschlagen.
                           Tabelle I.
                           
                              
                                 Cementsorte
                                 1 Cement : 3 Sand
                                 1 Cement: 1 Sand
                                 
                              
                                 4 WochenWasser
                                 1 Woche Wasser3 Wochen Luft
                                 4 WochenWasser
                                 1 Woche Wasser3 Wochen Luft
                                 
                              
                                 Zug
                                 Druck
                                 Zug
                                 Druck
                                 Zug
                                 Druck
                                 Zug
                                 Druck
                                 
                              
                                 Portland-Cement IPuzzolan-    „      I
                                 20,821,2
                                 240,0142,0
                                 31,315,0
                                 306,0152,0
                                 27,625,1
                                 344,0184,0
                                 47,820,9
                                 428,0210,0
                                 
                              
                                 Portland-Cement IIPuzzolan-     „     II
                                 24,024,8
                                 280,0218,0
                                 33,822,1
                                 360,0234,0
                                 32,132,5
                                 372,0274,0
                                 51,232,3
                                 500,0340,0
                                 
                              
                           Aus dieser Tabelle sind folgende Schluſsfolgerungen zu ziehen: Bei den
                              									Portland-Cementen I und II, welche in der Mischung 1 Cement : 3 Sand im Wasser
                              									bezieh. die gleiche Zugfestigkeit haben wie die Puzzolan-Cemente I und II, ist die
                              									Druckfestigkeit um 60 bis 100k höher, bei der
                              									Mischung 1 Cement : 1 Sand aber um 100 bis 160k
                              									als bei Puzzolan-Cementen. Beim Erhärten an der Luft ist der Portland-Cement
                              									überlegen:
                           
                              
                                 bei
                                 1 : 3
                                 im
                                 Zug
                                 um
                                 11
                                 bis
                                 16k,
                                 im
                                 Druck
                                 um
                                 130
                                 bis
                                 150k
                                 
                              
                                 „
                                 1 : 1
                                 „
                                 „
                                 „
                                 19
                                 „
                                 27k,
                                 „
                                 „
                                 „
                                 160
                                 „
                                 220k.
                                 
                              
                           Es wurde ferner die Adhäsion und der Einfluſs des Frostes auf die beiden Cemente
                              									geprüft. Die bei – 3° C. der Luft ausgesetzten Probekörper von Puzzolan-Cement
                              									zeigten Risse. In der folgenden Tabelle sind die Resultate weiterer Versuche
                              									zusammengestellt. Die Probekörper wurden nach 24 Stunden ins Freie gesetzt; erst
                              									nach 3 Tagen fiel das Thermometer unter Null. Während der Erhärtung trat abwechselnd
                              									Thau- und Frostwetter ein.
                           
                              
                                 Mörtelmischung
                                    											inGewichtstheilen
                                 Festigkeit nach 28 Tagen
                                 Bemerkungen.
                                 
                              
                                 im Wasser
                                 im Freien
                                 
                              
                                 Zug
                                 Druck
                                 Zug
                                 Druck
                                 
                              
                                 Portland-Cement I1 : 3
                                    											RheinsandPuzzolan-Cement I1 : 3 Rheinsand
                                 22,123,5
                                 242,0130,0
                                 21,812,7
                                 250,6  82,6
                                 Nach 4 Tagen tratder erste Frost ein.
                                 
                              
                                 Portland-Cement II1 : 3
                                    											RheinsandPuzzolan-Cement II1 : 3 Rheinsand
                                 25,626,4
                                 292,0210,0
                                 22,915,7
                                 224,0104,0
                                 Nach 3 Tagen dererste Frost.
                                 
                              
                           
                           Verputze aus Puzzolan-Cement werden viel leichter rissig als solche aus
                              									Portland-Cement, ebenso nützen sich Platten des ersteren Materials leichter ab als
                              									die des letzteren. Schlacken- oder Puzzolan-Cement ist eben ein Gemisch aus Schlacke
                              									und Kalk, in welchem die Kalkmoleküle neben den Schlackentheilchen liegen und erst
                              									durch andauernde Berührung mit Wasser zur Wirkung gelangen, dagegen Portland-Cement
                              									ein auf feurigem Wege gebildeter homogener Körper, der seine Erhärtungsfähigkeit
                              									entwickelt, sobald er nur einmal den nöthigen Wasserzusatz erhält. Puzzolan-Mörtel
                              									aus Schlacke und Kalk zeigt groſse Aehnlichkeit mit einem anderen Puzzolan-Mörtel,
                              									nämlich dem Mörtel aus Traſs und Kalk. Vom Traſs-Mörtel ist es ja längst bekannt,
                              									daſs er an der Luft schlechter erhärtet als im Wasser.
                           R. Bosse vertheidigt den Puzzolan-Cement (Thonindustrie-Zeitung, 1887 Nr. 33 und 34).
                           
                        
                           
                              Volumenveränderung und Schäden.
                              
                           Die Volumenbeständigkeit hydraulischer Bindemittel
                              									bespricht L. Tetmajer (Bericht über die Nomenclatur und
                                 										Prüfungsbestimmungen hydraulischer Bindemittel). Absolut volumenbeständige
                              									Bindemittel existiren überhaupt nicht. Alle dehnen sich im Wasser etwas aus und
                              									contrahiren an der Luft. Nur solche Methoden der Prüfung, die diesem Umstände
                              									Rechnung tragen, sind brauchbar, andere, wie z.B. die manchmal noch gebrauchten
                              									Glasproben, bei welchen dickwandige Gefäſse mit einem entsprechend consistenten Brei
                              									des Bindemittels angefüllt und bei Luft- oder Wasserlagerung beobachtet werden, zu
                              									verwerfen. Die gröſsten Schäden werden durch das Treiben der Cemente veranlaſst. Man
                              									unterscheidet das Lufttreiben und das Wassertreiben der Bindemittel.
                           Das Lufttreiben kommt bei scharf gebrannten Cementen vor und besteht in einem durch
                              									Kohlensäureaufnahme begleiteten, von auſsen nach innen zunehmenden Zerfallen des
                              									Materials.
                           Zwei Cemente, die sich ein Jahr lang unter Wasser gut gehalten hatten, nachher, der
                              									Luft ausgesetzt, zu treiben begannen, hatten folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 
                                 A
                                 
                                 
                                 B
                                 
                                 
                              
                                 SiO2
                                 19,73
                                 Proc.
                                 
                                 20,16
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Al2O3
                                   8,40
                                 „
                                 
                                   6,19
                                 „
                                 
                              
                                 Fe2O3
                                   3,42
                                 „
                                 
                                   2,90
                                 „
                                 
                              
                                 CaO
                                 61,63
                                 „
                                 
                                 62,28
                                 „
                                 
                              
                                 CaCO3
                                 Spur
                                 „
                                 
                                 –
                                 
                                 
                              
                                 CaSO4
                                   3,16
                                 „
                                 
                                 –
                                 
                                 
                              
                                 MgO
                                   1,95
                                 „
                                 
                                   3,76
                                 „
                                 
                              
                                 H2O
                                   1,63
                                 „
                                 H2OCO2
                                   3,05
                                 „
                                 
                              
                                 SO3
                                 –
                                 „
                                 
                                   0,75
                                 „
                                 
                              
                           Eine Probe von A (Kuchen von 12 auf 12cm) war 2
                              									Jahre nach der Verarbeitung mürbe und bröcklig geworden. Dr. Treadwell constatirte in den abgebröckelten Körnchen 8,75 Proc. CO2. – B, ein künstlicher Portland-Cement, erwies sich anfangs als
                              									schwach, hatte aber nach 84 Tagen die Zugfestigkeit 22k/qc. Nach etwa 1½ Jahren begann ein an
                              									der Luft gelassener Würfel abzusondern.
                           Ein nach 3 monatlicher Luftlagerung treibender Cement hat folgende Zusammensetzung:
                              										SiO2 21,85 Proc., Al2O3 7,20, Fe2O3 2,82, CaO 60,42, MgO 0,83, CaSO4 1,93, CaCO3 1,34,
                              										H2O 2,13 Proc. – Nach 3 monatlicher Lagerung im
                              									Sack zeigte derselbe Cement die Zusammensetzung: SiO2 21,47, Al2O3 6,97, Fe2O3 2,73, CaO 54,93, MgO 0,81, CaSO4 1,85,
                              										CaCO3 7,52, H2O
                              									2,66 Proc. Der Cement war also degenerirt; aus solchem degenerirten Cemente
                              									angefertigte Platten erwiesen sich volumbeständig. Unter Wasser zeigte auch der
                              									nicht degenerirte Cement normales Verhalten.
                           Die über das Lufttreiben angebahnten Nachforschungen haben übereinstimmend dargethan,
                              									daſs der Grund der Erscheinungen nicht in der chemischen Zusammensetzung, sondern in
                              									der unvollkommenen Aufbereitung des Rohmaterials, in der ungenügenden Homogenität,
                              									der ungenügend innigen Mischung der Rohmaterialien, verbunden mit unvollkommener
                              									Aufschlieſsung des Silicats im Feuer zu suchen ist, wodurch Producte entstehen, die
                              									in ihrem Verhalten mit den thonerdereichen, kalkarmen Portland-Cementen manche
                              									Aehnlichkeit besitzen. – Macht man das Mehl solcher Cemente mit Wasser an, so tritt
                              									eine Dissociation der im Feuer gebildeten Verbindungen ein, wobei sich
                              									wahrscheinlich labile Hydrosilicate und Kalkaluminate bilden, die, wie Le Chatelier zeigte, schon bei einer relativ niedrigen
                              									Temperatur einen Theil ihres Wassergehaltes verlieren, zerfallen und durch
                              									Hinzutritt der Kohlensäure möglicher Weise auch zersetzt werden können. Unter Wasser
                              									sind derartige Verbindungen ganz beständig. Aber auch der freie Aetzkalk übt
                              									innerhalb gewisser Grenzen keinen schädlichen Einfluſs auf die Wassererhärtung; im
                              									Gegentheil, die nur allmählich und unter gleichmäſsigem Gedeihen sich löschenden
                              									todtgebrannten Aetzkalkpartikelchen werden zunächst eine intermolekulare Verdichtung
                              									der colloidalen Stoffe des Bindemittels bewirken und dadurch nicht unwesentlich zur
                              									Verfestigung desselben beitragen. Solche Cemente sind unter Wasser gewöhnlich
                              									steinhart und erlangen eine ungewöhnliche Festigkeit. Nur wenn der Gehalt an freiem
                              									Aetzkalk gewisse Grenzen überschreitet, treten in der in Versteinerung begriffenen
                              									Cementmasse Spannungen auf, die, und zwar je nach Umständen, schon nach wenigen
                              									Tagen der Wasserlagerung die gefürchteten Treibschäden
                                 										echter Kalktreiber erzeugen. (Ausgeruhte, d.h. degenerirte Cemente sind
                              									meist sehr kräftige Mörtelbildner; bei ihrer Verwendung ist aber Vorsicht geboten.)
                              									Aehnliche Wirkungen kann auch die freie Magnesia hervorrufen, nur löschen sich
                              									todtgebrannte Magnesiatheilchen langsamer als die todtgebrannten Kalktheilchen. –
                              									Die Lufttreiber werden, mit Wasser angemacht, tadellos erhärten. Ihre Grundmasse
                              									verliert indessen nach einiger Zeit an der Luft zufolge Wasserverlust ihre Cohäsion, sie wird mürbe,
                              									brüchig und schlieſslich auch rissig. Der nunmehr bloſsgelegte Kalk kann aus der
                              									Luft Kohlensäure und Wasser aufnehmen, die Kohlensäure scheint aber keinen activen
                              									Antheil an der Zersetzung zu nehmen. – Da viele Cemente in Wasser und an feuchter
                              									Luft ein tadelloses Verhalten zeigen, an trockener Luft aber zerfallen, ist (nach
                              										Tetmajer) die deutsche Plattenprobe einseitig und
                              									unzulänglich.
                           Das Wassertreiben der hydraulischen Bindemittel kann
                              									hervorgerufen werden:
                           a) Durch übermäſsigen Gehalt an Stoffen, die durch Oxydation und nachträgliche
                              									Wasseraufnahme eine Volumenvergröſserung erfahren. Hierher gehören angeblich die
                              									Sulfide, insbesondere das Sulfid des Kalkes, welches sich in ein basisches
                              									Kalksulfat (Ca2SO5 +
                              										7H2O) verwandeln soll. Sulfide können in
                              									Portland- und Schlacken-Cement vorkommen. In hydraulischen Kalken und Roman-Cementen
                              									reicht die Brandtemperatur in der Regel nicht auf die zur Bildung des Kalksulfids
                              									CaS erforderliche Höhe. Bei Hochofenschlacken konnte selbst bei dreijähriger
                              									Beobachtungsdauer eine schädliche Wirkung des Sulfids im Betrage bis auf + 5 Proc.
                              									nicht beobachtet werden. In Portland-Cementen sollen die Sulfide schon bei 1 Proc.
                              									Gehalt schädlich wirken.
                           b) Durch grobes Korn, ungenügende Homogenität und fehlerhaften Brand des
                              									Rohmateriales oder mangelhafte Behandlung des gebrannten Materiales. Das treibende
                              									Agens ist hier das freie, durch eine Haut von Kalkferrat umgebene Aetzkalkkorn,
                              									welches sein Volumen vergröſsert.
                           c) Bei entsprechend feinem Korne, inniger Mischung und normalem Brande des
                              									Rohmateriales durch überflüssigen Gehalt an quellungsfähigen Stoffen. Hierher gehört
                              									der Kalk, die Magnesia, der wasserfreie Gyps, möglicher Weise auch andere
                              									Colloidbildner. Schädliche Gypswirkungen kommen selten vor. Der überschüssige Kalk
                              									wird durch die englische Darrprobe u.s.w. angezeigt, die Normenprobe gibt
                              									gleichzeitig das Gypstreiben zu erkennen, während die beschleunigten Proben das
                              									Gypstreiben nicht markiren, weil sie seine Wassersättigung hindern (Thonindustrie-Zeitung, Bd. 11 S. 443 und 455).
                           Das Verhalten des Portland-Cementes am Stephans-Dome in
                                 										Wien wurde von Dr. W. Michaëlis im Bautechniker, 1889, besprochen. Der verwendete Cement
                              									war vor etwa 30 Jahren aus zuverlässiger Quelle in England bezogen worden. Einzelne
                              									Bruchstücke davon kamen dem Verfasser durch Vermittelung des Stadtbaudirektors Franz Berger in Wien zu. Das Material zeigte normalen
                              									Habitus, einzelne Stücke waren bräunlich verfärbt, andere lieſsen weiſse
                              									warzenförmige Efflorescenzen erkennen, die aus kohlensaurem und schwefelsaurem Kalke
                              									bestanden. Alle Stücke hatten gute Steinhärte erlangt. Die Analyse der von
                              									Gesteintheilen befreiten Stücke wurde in folgender Weise ausgeführt: Ein Theil der Stücke (a) wurde nur
                              									auf Trockenverlust bei 100 bis 110° C. und auf den Glühverlust bei Gelbglut geprüft,
                              									ein anderer Theil auf Trockengehalt, Glühverlust und Kohlensäuregehalt geprüft. Von
                              									dem Muster a wurde nach dem Glühen (wodurch der Cement weich und mürbe wird) der
                              									äuſsere Theil durch vorsichtiges Schaben abgetrennt und zur Analyse I verwendet: der
                              									innerste Kern davon zur Analyse II, eine weitere Partie Stücke zur Pauschanalyse III
                              									und der Rest zur Analyse IV verwendet.
                           a und b zeigten folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 
                                 a
                                 b
                                 
                              
                                 
                                 Procente
                                 
                              
                                 Wasser bei 100 bis 110° C
                                     3,113
                                     2,916
                                 
                              
                                 Glühverlust bei etwa 800° C.
                                   22,758
                                 –
                                 
                              
                                         „           „     „  1000° C.
                                     5,889
                                   5,69
                                 
                              
                                 CO2
                                 –
                                 25,65
                                 
                              
                                 SiO3
                                 15,79
                                 15,28
                                 
                              
                                 Unaufgeschlossener Rest
                                   0,41
                                   0,44
                                 
                              
                                 Al2O3
                                   6,31
                                   5,78
                                 
                              
                                 Fe2O3
                                   2,29
                                   2,21
                                 
                              
                                 CaO
                                 41,24
                                 39,81
                                 
                              
                                 MgO
                                   0,68
                                   0,65
                                 
                              
                                 SO3
                                   0,82
                                   0,81
                                 
                              
                                 MnO, K2O, Na2O
                                 nicht best.
                                 nicht best.
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                   99,115
                                   99,252.
                                 
                              
                           Die Theile I, II, III, IV hatten nach dem Glühen folgende
                              									Zusammensetzung in Proc.
                           
                              
                                 
                                 I
                                 II
                                 III
                                 IV
                                 
                              
                                 SiO2Unaufgeschlossener
                                    												RestAl2O3Fe2O3CaOMgOSO3Mn, K2O
                                 22,5  0,7  7,8  3,461,1  1,0  2,0nicht
                                    											best.
                                 23,6  1,1  8,9  3,560,1  0,9  0,9nicht
                                    											best.
                                 22,9  0,1  9,1  3,261,2  1,0  1,5nicht
                                    											best.
                                 23,36  0,9  8,1  3,260,6  1,2  1,8nicht
                                    											best.
                                 
                              
                                 
                                     98,711
                                     99,096
                                     99,207
                                     99,462
                                 
                              
                           Der verwendete Cement hatte demnach auf 1 Gew.-Th. Silicate 1,71 Gew.-Th. Kalkerde.,
                              										war also der chemischen Zusammensetzung nach kein
                                 										Treiber. Interessant ist die Erscheinung, daſs der Cement an der Luft
                              									beinahe vollständig durch Kohlensäure zersetzt worden war. Der gefundenen
                              									Kohlensäure entsprechen 31,7 Proc. Kalkerde, es bleiben demnach nur 7,5 Proc.
                              									Kalkerde, oder nahe 20 Proc. des Kalkgehaltes an SiO2 und Al2O3 gebunden. Die durch die Einwirkung der Kohlensäure freigewordenen
                              									Hydrate des Kalkes und der Kieselsäure werden nun durch Wasserverlust an der Luft
                              									schwinden, zur Bildung von Rissen Veranlassung geben, in die Wasser und Eis
                              									eindringen können, so daſs Gelegenheit zu weiterer Zerstörung geboten ist.
                           Nach Ansicht des Verfassers war der gröſste Fehler der, daſs zur Herstellung der
                              									Güsse reiner Cement verwendet wurde. Auch Mörtel in fetter Mischung trägt den
                              									Keim des Zerfallens in sich. Die Schwindung derartiger
                              									Cemente oder Mörtel ist die Ursache des Zerfalles.
                           Auch in der letzten Versammlung des Vereins deutscher Portland-Cementfabrikanten 1889
                              									sind die Cementschäden am Stephans-Dome einer Discussion unterworfen worden. R. Dyckerhoff hatte von Herrn Dombaumeister v. Schmidt zwei Werkstücke erhalten, die aus je zwei
                              									durch Dübel verbundenen Theilen von ziemlich porösem Kalksteine bestanden. Die auf
                              									wasser- und kohlensäurefreien Cement umgerechnete Analyse von R. Fresenius ergab im Wesentlichen dasselbe Resultat
                              									wie die oben angeführten Analysen. Dyckerhoff spricht
                              									sich über den Fall etwa folgender Weise aus: Der Cementmörtel zwischen den
                              									Werkstücken und dem Dübel zeigt zwar Risse, aber nicht netzförmige Risse, wie sie
                              									bei treibendem Cemente immer beobachtet werden. Die Risse waren wohl durch Einfluſs
                              									der Witterung auf den Mörtel entstanden und konnten sich im Laufe der Zeit
                              									erweitern, wie dies bei reinem Cement stets der Fall ist. Im vorliegenden Falle, wo
                              									der Mörtel dünnflüssig vergossen wurde, ist die Neigung zum Schwinden besonders
                              									stark, und es löste sich daher auch der Mörtel vom Steine los. In Folge dessen
                              									konnte durch die Fugen und den porösen Stein Wasser in die Risse des Mörtels bis ins
                              									Innere der Werkstücke eindringen, und der Frost sprengte dann mit der Zeit die
                              									Steine. Wenn die Sprengung der Steine durch Ausdehnung des Portland-Cementes
                              									hervorgerufen worden wäre, so wäre dies schon in der ersten Woche geschehen. Die
                              									Zerstörung der Werkstücke würde nicht eingetreten sein, wenn man zum Vergieſsen
                              									Mörtel aus 1 Th. Cement und 1 bis 2 Th. Sand genommen hätte. Portland-Cement ohne Sandzusatz darf nicht verarbeitet werden, wenn man
                                 										wetterbeständige Mörtel erhalten will.
                           Prof. Hauenschild in Aarau, der seiner Zeit die beim
                              									Stephansthurme verwendeten Materialien geprüft hat, ist der Ansicht, daſs der Stein die Schuld an der Zerstörung trägt und nicht
                              									der Cement. Dieser Stein ist nicht ein Sandstein, sondern weicher Nulliporenkalk der
                              									sogen. Eggenburger Schichten, der eine Porosität von 17 Proc. und darüber besitzt.
                              									Wenn derselbe nun eine Unterbrechung seiner Porosität erleidet, durch eine
                              									Unterlage, bestehend aus einer Cementfuge, so kann folgender Fall eintreten: Bei
                              									Durchnässung durch Regen kann das Wasser von der Fläche aus, die den Cement bildet,
                              									schwerer verdunsten, es ist eine Durchfeuchtung der Cementfuge vorhanden. Tritt nun
                              									während dieser Zeit Frost ein, so können sich dort sehr leicht Spalten bilden gerade
                              									in Folge des Cementgusses. – Wäre der Cement nicht rein, sondern porös, mager
                              									verwendet worden, so wäre eine derartige Schädigung vielleicht nicht
                              									eingetreten.
                           
                        
                           
                              Einfluſs fremder Bestandtheile auf Portland-Cement.
                              
                           Die Plattenfabrikanten sind häufig mit dem ihnen gelieferten Cemente unzufrieden; die
                              									Platten bekommen manchmal Risse und zeigen andere Defecte, selbst wenn der
                              									gelieferte Cement nachweislich ein guter war. Nach F.
                                 										Kawalewski ist an diesen Uebelständen nicht immer der Cement, sondern
                              									häufig die zur Verzierung der Platte zugesetzte Farbe schuld. Schädliche Einflüsse der Farbenzusätze bei der
                                 										Cementplattenfabrikation können z.B. hervorgerufen werden durch einen nicht
                              									unbeträchtlichen Schwefelsäuregehalt der Farbe. Verfasser fand in einer rothen
                              									Farbe, die bis zu 17 Proc. dem Plattensatze zugesetzt wurde, 22 Proc. Schwefelsäure.
                              									Die damit hergestellten Platten waren bald unbrauchbar geworden, wodurch der Fabrik
                              									ein groſser Schaden entstand. Der verwendete Cement, dem ursprünglich die Schuld an
                              									dem Verderbnisse beigemessen wurde, war von vorzüglicher Qualität und bestand alle
                              									damit angestellten Proben. Die Treibschäden sind auf die Bildung von Gyps
                              									zurückzuführen.
                           Verfasser theilt hierauf seine langjährigen Erfahrungen über Gypstreiben mit. Das Gypstreiben äuſsert sich anders als das Kalktreiben.
                              									Der starke Gypstreiber ist im Entstehen dem unschädlichen ganz gleich. Nach einigen
                              									Tagen Wasserlagerung bildet sich ein Netz von Haarrissen, das aber nicht, wie beim
                              									Kalktreiber, an der scharfen Kante seinen Anfang nimmt. Der unschädliche Gypstreiber
                              									hat ganz feine Risse, die häufig erst kenntlich werden, wenn man die heiſs
                              									getrocknete Platte in Wasser taucht. Nach dem Verdunsten des Wassers kommen die
                              									Risse zum Vorscheine. Solche Proben mit feinem Haarnetze sind im Kerne gesund und
                              									können hohe Festigkeit aufweisen. Bei den Normenproben (1 Cement : 3 Sand) treten
                              									diese Erscheinungen nicht auf. Zur Unterscheidung der Kalktreiber von Gypstreibern
                              									kocht oder glüht man die Proben je nach dem Alter derselben eine Zeitlang. Lag ein
                              									Kalktreiben vor, so wird auch der innere, gesunde Theil mürbe, war es ein
                              									Gypstreiben, so wird der Kern vollständig gesund erhalten bleiben. Solche Proben
                              									sind nothwendig für diejenigen, welche Schwefelsäurebestimmungen nicht ausführen
                              									können, wie die meisten Plattenfabrikanten.
                           Die schädlichen Wirkungen stark magnesiahaltiger Cemente
                              									sind mehrmals Gegenstand eingehender Erörterungen geworden. In den Comptes rendues de l'Académie des Sciences vom Jahre
                              									1886 theilt Lechartier mit, daſs bei einer Anzahl von
                              									Cementarbeiten sehr spät eingetretenes Treiben seinen Grund in einem hohen
                              									Magnesiagehalte des scharf gebrannten Cementes gehabt habe. Die betreffenden Cemente
                              									dehnten sich bei sehr groſser Härte später so stark aus, daſs u.a. starke
                              									Granitsteine gesprengt wurden. Die Zerstörung von drei im westlichen Frankreich
                              									ausgeführten Eisenbahnbrücken, zu welchen Cement aus derselben Fabrik verwendet
                              									wurde, ist ebenfalls auf den hohen Magnesiagehalt zurückzuführen; das Dehnen und
                              									Treiben wurde erst nach Jahresfrist beobachtet (Thonindustrie-Zeitung, Bd. 10 Nr. 44). Die Analysen ergaben einen Gehalt
                              									von 16 bis 28 Proc. MgO.
                           
                           Dyckerhoff berichtet ferner in der 10. Generalversammlung des Vereins deutscher
                                 										Cementfabrikanten über Mittheilungen des Ingenieurs Hayter in der Civil Institution, 1887. Hayter hatte eine Betonmauer von 25 Fuſs Höhe
                              									ausgeführt, die sich nach einiger Zeit um 2½ Zoll gehoben hatte. Eine andere
                              									Betonmauer von 16 Fuſs Dicke hatte sich um ½ bis 1¼ Zoll gehoben. Der Cement war vor
                              									der Verarbeitung geprüft worden und hatte die vorgeschriebenen Prüfungen bestanden.
                              									Die chemische Untersuchung ergab, daſs der Cement gröſsere Mengen von Magnesia
                              									enthielt; nach Angabe des Analytikers war wahrscheinlich dolomitischer Kalk zur
                              									Herstellung verwendet worden.
                           Auf Veranlassung von Dyckerhoff wurden Proben der Mörtel, die am
                                 										Justizgebäude in Kassel so groſse Treibschäden verursacht hatten, und
                              									solche von der groſsen Kirche in Kassel von Fresenius
                              									analysirt. Die Analyse erweist, daſs der von Kohlensäure und Wasser freie Cement in
                              									100 Theilen enthielt:
                           
                              
                                 
                                 a) Justizgebäude
                                 b) Groſse Kirche
                                 
                              
                                 Gesammt-Kieselsäure
                                 24,3
                                 Proc.
                                 19,2
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Eisenoxyd und Thonerde
                                   9,1
                                 „
                                 11,1
                                 „
                                 
                              
                                 Kalk
                                 39,4
                                 „
                                 41,1
                                 „
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 27,1
                                 „
                                 28,4
                                 „
                                 
                              
                           Der an dem Justizgebäude in Kassel verwendete Cement, welcher zu dem bekannten
                              									Ministerialerlasse vom 9. September 1885 Veranlassung gegeben hatte, war also gar
                              									kein Portland-Cement gewesen! Dyckerhoff zeigt an
                              									diesen und anderen Beispielen, daſs die Normenprobe nur für Portland-Cemente, nicht
                              									aber für anders zusammengesetzte Cemente angewendet werden dürfe.
                           Dyckerhoff hat weitere Versuche über die Wirkung der
                              									Magnesia in Cementen angestellt und darüber in der 11.
                                 										Generalversammlung des Vereins deutscher Cementfabrikanten am 24. und 25.
                              									Februar 1888 berichtet. Ein Gemenge aus 62,15 Proc. kohlensaurem Kalke, 17,2 Proc.
                              									kohlensaurer Magnesia und 20,65 Proc. thonigem Rückstände, entsprechend 12,9 Proc.
                              									Magnesia im gebrannten Cemente, wurde zur Sinterung gebrannt, dann so fein gemahlen,
                              									daſs ein 900-Maschensieb 3,7 Proc. Rückstand hinterlieſs, und mit 3 Th. Sand in
                              									bekannter Weise geprüft. Die Zugfestigkeit betrug nach
                           
                              
                                 1
                                 4
                                 13
                                 26
                                   52    Wochen
                                 
                              
                                 17,4
                                 21,4
                                 21,8
                                 22,5
                                 15,6k/qc.
                                 
                              
                           Nach 4 Wochen hatte also der Cement normale Festigkeit erlangt, die von der 26. Woche
                              									an continuirlich sank, so daſs nach einem Jahre die Festigkeit unter die
                              									7-Tagefestigkeit zurückgegangen war. In dieser Zeit machte sich auch eine
                              									auffallende Dehnung des Cementes bemerkbar. – Frühere Untersuchungen von Schumann hatten ergeben, daſs 10cm lange Prismen aus Portland-Cementmörtel (1 : 3)
                              									sich allmählich Ausdehnen, und zwar in folgendem Maſse:
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 Portland-Cement
                                 Magnesia-Cement
                                 
                              
                                 Von
                                   0
                                 bis
                                   1
                                 Woche
                                 0,0123
                                 0,0077
                                 
                              
                                 „
                                   1
                                 „
                                   4
                                 Wochen
                                 0,0051
                                 0,0081
                                 
                              
                                 „
                                   4
                                 „
                                 13
                                 „
                                 0,0025
                                 0,0103
                                 
                              
                                 „
                                 13
                                 „
                                 26
                                 „
                                 0,0029
                                 0,0123
                                 
                              
                                 „
                                 26
                                 „
                                 52
                                 „
                                 0,0072
                                 0,0597
                                 
                              
                           Vergleicht man diese Ausdehnungen mit den Ergebnissen der bezieh. Untersuchungen mit
                              									Magnesia-Cementmörtel, so ergibt sich, daſs die Dehnung des letzteren anfangs nicht
                              									höher ist, als bei Portland-Cement, bald aber bedeutend mehr zunimmt, und nach einem
                              									Jahre etwa das 13fache, der 7tägigen Ausdehnung erreicht. Auffallend ist die starke
                              									Dehnung in der Zeit von 26 auf 52 Wochen, sie ist in diesem Zeitraume 8mal so stark
                              									als bei Portland-Cement, und jedenfalls die Ursache der abnehmenden Zugfestigkeit. –
                              									Durch Ersatz eines Theiles des kohlensauren Kalkes in der Rohmischung durch Dolomit
                              									wurden ferner Cemente hergestellt, die 5 bis 28 Proc. Magnesia enthielten. Die nach
                              									Normen mit diesen Cementen ausgeführten Versuche ergaben, daſs nach 4 Monaten weder
                              									an den Luftproben noch an den Wasserproben Treiberscheinungen wahrzunehmen waren. Es
                              									kann also die schädliche Wirkung der Magnesia selbst bei einem Gehalte bis zu 28
                              									Proc. nach der Normenprobe nicht erkannt werden. Dieser gibt sich auch durch die
                              									Darrprobe nicht zu erkennen. Die gesinterten Cemente mit hohem Magnesiagehalte sind
                              									eben keine Portland-Cemente und können nach deren Prüfungsweisen nicht beurtheilt
                              									werden. Es wäre daher zu empfehlen, einen bestimmten Höchstgehalt der
                              									Portland-Cemente an Magnesia festzustellen; 2,9 Proc. MgO haben bis jetzt keine
                              									schlechten Eigenschaften gezeigt. In nicht bis zur Sinterung gebrannten Cementen,
                              									sogen. Roman-Cementen, scheint die Magnesia diese schädlichen Wirkungen nicht zu
                              									haben.
                           Auch in Frankreich wurde der Einfluſs der Magnesia
                              									eingehend studirt. Lechartier hat denselben durch 8
                              									Jahre an verschiedenen Bauobjekten studirt.
                           Während bei 400° C. entwässerte Magnesia nach kurzer Zeit mit Wasser ein Hydrat
                              									bildet, geschieht dies bei stark gebrannter Magnesia erst nach langer Zeit. Diese
                              									Erscheinung erklärt die Verderbniſs der Mörtel; die Cemente sind Gemenge von
                              									Portland mit Magnesia (Thonindustrie-Zeitung, Bd. 12 S.
                              									299 und 565).
                           Candlot, der Verfasser des Werkes über Portland-Cement,
                              									kam bei seinen Studien über die verzögernde Wirkung des Meerwassers auf das Abbinden der Cemente zur Ueberzeugung, daſs die Kalksalze und insbesondere das Chlorcalcium die
                              									Ursache des langsameren Abbindens sei. – Kochsalzauflösungen (1 bis 5 Proc.) zeigten
                              									keinen bemerkenswerthen Einfluſs auf die Bindezeit. Chlormagnesium (10g auf 1l Wasser)
                              									verlangsamt wie Meerwasser das Abbinden der Cemente; dieses Salz wird in Berührung
                              									mit Cement sofort in Chlorcalcium und Magnesia umgesetzt. Mit Chlorcalcium hat sich Candlot eingehender beschäftigt. Wider Erwarten hat
                              									sich gezeigt, daſs die Bindezeit des Cementes mit der Menge des Salzes bis zu einem
                              									gewissen Höhepunkte zunimmt, dann aber rasch abnimmt.
                           
                              
                                 Gehalt an CaCl2 in 1l
                                 0
                                 2
                                 5
                                 10
                                 20
                                 40
                                 60
                                 100
                                 200
                                 300g
                                 
                              
                                 Abbindezeit
                                 0h25
                                 1h
                                 10h
                                 10h
                                 12
                                 8
                                 6
                                 0h20'
                                 9'
                                 8'
                                 
                              
                           Bei diesem Cemente zeigt sich ein Maximum im Anwachsen der Bindezeit bei 20g auf 1l, bei
                              									anderen Cementen lag es zwischen 10 und 40g für
                              										1l. Unter 60g sieht man die Bildung hexagonaler Tafeln von Kalkhydrat, die Reactionen
                              									sind dieselben wie mit Süſswasser, die Chlorverbindung spielt keine chemische Rolle.
                              									Ueber 100g sieht man aber die Bildung langer
                              									Nadeln von Calciumoxychlorid; damit im Zusammenhange steht die schroffe
                              									Beschleunigung im Abbinden zwischen 60 und 100g
                              									von 6 Stunden auf 20 Minuten. Durch Löslichkeitsbestimmung des Kalkes im Wasser kam
                              										Candlot zu folgenden Resultaten:
                           
                              
                                 Gewicht d. CaCl2 in 1l
                                 0
                                 15
                                 36
                                 61
                                 100
                                 
                              
                                 Gewicht d. CaO (gelöst) in 1l
                                 1,298
                                 1,003
                                 1,032
                                 1,121
                                 1,312
                                 
                              
                           Die Löslichkeit schwankt also in demselben Sinne wie die Abbindezeit.
                           Da diese Erscheinungen industrielle Verwerthung zulassen, wurde Candlot für seine Arbeiten von der Société d'encouragement pour l'industrie nationale
                              									durch einen Preis ausgezeichnet (Thonindustrie-Zeitung,
                              									1889 Bd. 13 S. 346).
                           C. Heinzel macht darauf aufmerksam, daſs er
                              									hygroskopische Salze, besonders Chlorcalcium, schon seit einigen Jahren zum
                              									Langsammachen der Cemente anwendet (Thonindustrie-Zeitung, 1889 Bd. 13 S. 373).
                           A. Rinne sucht die Wirkung des
                                 										Chlorcalciums auf Cement zu erklären (Thonindustrie-Zeitung, 1889 Bd. 13 S. 405). Die Erscheinung des Abbindens
                              									kommt nur colloiden Körpern zu und besteht darin, daſs dieselben beim Niedersinken
                              									im Wasser dank ihrer halbflüssigen Oberflächenbeschaffenheit und ihrer immensen
                              									Feinheit, welche an die molekulare grenzt, sich ohne Zwischenräume zu einer harten,
                              									festen Masse abzusetzen vermögen. Der colloide Zustand wird begünstigt durch
                              									alkalische Reaction, aufgehoben durch saure, und die Gegenwart von Salzen. Ein
                              									festes Absetzen beim Schlämmen des Ultramarins oder Thons, was weiter nichts als
                              									Abbinden ist, ist bei Gegenwart von Salzen unmöglich. Setzt man zu aufgeschlämmtem
                              									Ultramarin etwas Chlorcalcium, so setzt sich derselbe bald als flockiger
                              									Niederschlag ab. In ähnlicher Weise wirkt nach Rinne,
                              									den colloiden Zustand der Spaltungsproducte des Cementes mit Wasser aufhebend, das
                              									Chlorcalcium auf Cement. Verfasser ist der Ansicht, daſs chemische Reactionen,
                              									theilweise Aufhebung der alkalischen Reaction, vielleicht die Bildung von
                              									Calciumoxychlorid, die schon Ditte und Candlot beobachtet haben, die Ursache dieser
                              									Erscheinungen ist.
                           
                           Die Beobachtung Candlot's,
                              									daſs Chlorcalcium in concentrirterer Lösung eine Beschleunigung der Bindezeit
                              									hervorruft, beruht nach Rinne auf einem Irrthume.
                              									Verfasser vermuthet, daſs Candlot von den concentrirten
                              									Lösungen beim Anrühren mit Cement zu wenig in Anwendung gebracht hat, indem z.B. ein
                              									Cement, der 33 Proc. Wasser braucht, um einen nicht allzu dickflüssigen Brei
                              									abzugeben, einen Zusatz von 40 Proc. einer 20 procentigen Chlorcalciumlösung bedarf,
                              									um mit derselben Wassermenge versehen zu werden, abgesehen von der wasserbindenden
                              									Eigenschaft des Calciumchlorids.
                           W. Michaëlis vertheidigt den Zusatz von richtig
                              									gewählter, fein gemahlener Schlacke zu Portland-Cement. Portland-Cement von bester
                              									Qualität, der jedwede Probe auf Volumenbeständigkeit u.s.w. bestand, wurde mit
                              									Schlackencompositionen bis zu 25 Proc. versetzt und die Erhärtungsweise dieser
                              									Gemische mit der des reinen Cementes verglichen. Die Beobachtungen erstreckten sich
                              									auf die Zeitdauer von 5 Jahren. Die Zug- bezieh. Druckfestigkeit der Proben mit
                              									gemischtem Cement übertrifft die des reinen Cementes. (Analysen des Schlacken- und
                              									des Portland-Cementes, sowie Zahlenangaben siehe in der Originalabhandlung Wochenblatt für Baukunde, sowie Thonindustrie-Zeitung, 1888 S. 534.)
                           R. Zsigmondy.