| Titel: | Ueber die Fäulniss. Gesichtspunkte über den Bau von Eishäusern, Eisschiffen, -schränken, -gruben u.s.w. zur Conservirung von Fleisch und anderen fäulnissfähigen Stoffen; von Professor Dr. Walther Hempel. | 
| Fundstelle: | Band 274, Jahrgang 1889, S. 83 | 
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                        Ueber die Fäulniſs. Gesichtspunkte über den Bau
                           								von Eishäusern, Eisschiffen, -schränken, -gruben u.s.w. zur Conservirung von Fleisch und
                           								anderen fäulniſsfähigen Stoffen; von Professor Dr. Walther Hempel.
                        Ein Vortrag, gehalten in der Gesellschaft für
                              								Natur- und Heilkunde in Dresden.
                        Mit Abbildungen.
                        Hempel, über die Fäulniſs.
                        
                     
                        
                           Von der Erkenntniſs ausgehend, daſs die Anhäufung in Zersetzung begriffener
                              									organischer Materien in einem bewiesenen Zusammenhange steht mit dem Auftreten
                              									gewisser Krankheiten, hat der Fäulniſsprozeſs ein hervorragendes Interesse nicht nur
                              									für den Landwirth, sondern auch für den Mediciner.
                           Der Zerfall der durch das Leben der Pflanzen und Thiere immerfort producirten
                              									hochatomisirten chemischen Verbindungen gehört zu den Naturnothwendigkeiten, weil
                              									anderenfalls, logischer Weise, aus Mangel an neuem Material das Leben zum Aufhören
                              									kommen müſste. Ebenso wie sich unter dem Einflüsse des lebenden Thieres oder der
                              									Pflanze der Aufbau der organischen Körper mit verhältniſsmäſsig geringer
                              									Temperaturerhöhung vollzieht, so ist es auch beim Zerfall unter der Mitwirkung organisirter
                              									Wesen; während dagegen dem Chemiker die Synthese und Analyse der Körper bis jetzt in
                              									vielen Fällen nur unter Anwendung sehr bedeutender Temperatursteigerungen möglich
                              									ist.
                           Es ist kein Zweifel, daſs hierbei entweder bis jetzt völlig unbekannte Naturkräfte in
                              									Frage kommen, oder daſs man es zum Wenigsten mit Wirkungen der bekannten Kräfte zu
                              									thun hat, über die die Wissenschaft bis jetzt keinen Aufschluſs zu geben vermag.
                           Eine Reihe derartiger Prozesse sind Gegenstand der sorgfältigsten wissenschaftlichen
                              									Untersuchungen gewesen; die allerhervorragendsten Männer haben sich damit
                              									beschäftigt. Ich denke dabei an die wundervollen Arbeiten, welche über die
                              									Gährungserscheinungen ausgeführt worden sind.
                           Von der Alkohol-, Essig-, Milchsäure-, Buttersäure-, Cellulosegährung kennt man nicht
                              									nur die Organismen, welche die Gährung hervorrufen, man kennt auch auſserdem eine
                              									ganze Reihe von Zwischenproducten, welche bei dem Zerfalle der organischen Körper
                              									gebildet werden.
                           Anders liegt es mit der Fäulniſs. Ein weites Gebiet ist für den Forscher noch mehr
                              									oder weniger unerschlossen.
                           Es ist kein Zweifel, daſs zum Zustandekommen der Fäulniſs kleinste Organismen nöthig
                              									sind. Es sind bereits eine groſse Zahl dieser kleinsten organisirten Wesen von den
                              									Zoologen und Botanikern beschrieben. Sehr mangelhaft bekannt sind jedoch die
                              									Zwischenproducte. Als Endproducte treten die einfachsten chemischen Verbindungen
                              									auf: Ammoniak, Kohlensäure, Schwefelwasserstoff, Sumpfgas, Wasserstoff und
                              									Wasser.
                           Es ist wohl bekannt, daſs der Fäulniſsprozeſs in der harmlosesten Weise, unter
                              									Entwickelung von etwas Gestank, sich abspielen kann; andererseits ist aber sicher,
                              									daſs unter gewissen Umständen sehr starke Gifte, die Leichenalkaloide (auch Ptomaine
                              									genannt), erzeugt werden, welche als rein chemische Substanzen dem thierischen Leben
                              									gefährlich sind. Viel bedeutungsvoller ist jedoch, daſs die faulenden Massen
                              									Erziehungsanstalten sind für die mannigfaltigsten organisirten Krankheitskeime.
                           Es ist darum wichtig, die Bedingungen zu kennen, unter welchen die Fäulniſs zu Stande
                              									kommt, und diejenigen, unter welchen dieselbe aufgehoben werden kann.
                           In lebenden Theilen von Thieren oder Pflanzen trifft man niemals Fäulniſs, die erste
                              									Bedingung ist der Tod des Thieres oder der Pflanze, zum Wenigsten eines Theiles
                              									derselben.
                           In unsterilisirter feuchter Luft tritt immer Fäulniſs ein, wenn die abgestorbenen
                              									Theile bei mittlerer Temperatur zwischen 0 bis 60° sich selbst überlassen
                              									werden.
                           Früher hat man versucht, einen bestimmten Unterschied zwischen Verfaulen und Verwesen
                              									zu machen. In Wirklichkeit handelt es sich aber um dieselben Prozesse. Nach dem gewöhnlichen
                              									Sprachgebrauche spricht man von Fäulniſs, wenn die Massen stark stinken, man spricht
                              									von Vermodern, wenn sie den bekannten modrigen Geruch haben.
                           Es tritt immer stinkende Fäulniſs ein, wenn Proteïnsubstanzen sich zersetzen,
                              									hingegen tritt der modrige Geruch auf, wenn Stickstoff- und schwefelfreie Körper
                              									zerfallen.
                           In allen Fällen spielt sich nebenbei der Lebensprozeſs kleinster Organismen ab.
                           Das Studium der Formen und Lebensbedingungen dieser kleinsten organisirten Gebilde
                              									hat wunderbaren Aufschluſs gegeben über die Natur einer ganzen Anzahl von
                              									Krankheiten, so daſs die Heilung der Krankheiten bis zu einem gewissen Grade möglich
                              									ist, wenn es gelingt, den Bakterien, Mikrokokken, Bacillen ihre Lebensbedingungen zu
                              									rauben.
                           Von diesem Gesichtspunkte aus ist es bedeutungsvoll, die Bedingungen zu kennen, unter
                              									welchen die Zersetzung organischer Massen aufgehoben wird. Es ist dies die Grundlage
                              									für die sogen. antiseptische Behandlung, welcher die Medicin, speciell die
                              									Chirurgie, so glänzende Resultate verdankt. Es bildet dies andererseits die
                              									Grundlage für die hochwichtige Industrie der Conservirung der Nahrungsmittel.
                           Betrachten wir die Mittel, welche die Fäulniſs verhindern, so finden wir, daſs
                              									dieselben theils mechanisch-physikalischer, theils chemischer Art sind. In allen
                              									Fällen handelt es sich darum, die kleinsten Organismen zu tödten, oder doch
                              									wenigstens ihre Fortpflanzung unmöglich zu machen.
                           An mechanisch-physikalischen Mitteln werden angewendet:
                           1) Absoluter Abschluſs der vorher sterilisirten Massen gegen das Eindringen der
                              									kleinsten Organismen.
                           2) Kälte.
                           3) Hitze.
                           4) Trockenheit.
                           5) Concurrenz verschiedenartiger Organismen unter einander.
                           Als chemisch wirkende Mittel können unzählig viele verschiedene Substanzen dienen; es
                              									sind jedoch nur eine beschränkte Anzahl im Brauche, da man mit Recht verlangt, daſs
                              									diese Chemikalien zwar Gift für die Bakterien sind, aber den menschlichen Organismus
                              									nicht schädlich beeinflussen.
                           Obgleich mit jedem der genannten Mittel die Conservirung fäulniſsfähiger Massen
                              									möglich ist, wendet man doch sehr oft mehrere derselben zu gleicher Zeit an, weil
                              									die Wahrscheinlichkeit dadurch um so gröſser wird, daſs man den Zweck auch wirklich
                              									erreicht, da der Durchführung der fraglichen Operationen oft genug sehr bedeutende
                              									technische Schwierigkeiten entgegenstehen.
                           Es ist das Verdienst Appert's, eine Methode gefunden zu haben, welche in einfachster Weise durch
                              									vollkommenen Abschluſs gegen die kleinsten Organismen zu conserviren gestattet. Nach seinem
                              									Vorgange werden jetzt Tausende von Portionen von Fleisch und Gemüsen in Blech-,
                              									Glas-, Thonbüchsen alljährlich zur Aufbewahrung gebracht. Nach Appert'scher Methode werden die fraglichen Speisen wie
                              									gewöhnlich zum Essen vorbereitet und dann in dem Aufbewahrungsgefäſse luftdicht
                              									eingeschlossen. Hierauf wird das Gefäſs für längere Zeit in siedendes Wasser
                              									gebracht. Vorausgesetzt, daſs der Inhalt des Gefaſses durch und durch die
                              									Siedetemperatur des Wassers erreicht hatte, so halten sich dann derartig
                              									hergestellte Conserven unbeschränkte Zeit. Vor einigen Jahren habe ich im
                              									Laboratorium eine Büchse mit Fleisch geöffnet, welche als Muster von der 1. Londoner
                              									Weltausstellung vorhanden war, die also länger als 25 Jahre in der
                              									chemisch-technischen Sammlung gestanden hatte. Der Inhalt erwies sich als völlig
                              									genieſsbar.
                           Bei dieser Art der Conservirung werden durch die Siedetemperatur des Wassers die
                              									kleinsten Organismen getödtet, der luftdichte Verschluſs hindert den Zutritt
                              									frischer Fäulniſskeime.
                           Auf der conservirenden Wirkung der Kälte beruht die Anwendung des Eises und der
                              									Kältemaschinen, Es findet dies seine Begründung in der Thatsache, daſs alles
                              									organische Leben erlischt, wenn die Temperatur zum Gefrierpunkte des Wassers
                              									herabsinkt.
                           Das organische Leben ist aber nicht nur an gewisse Temperaturgrenzen – 0 bis 60° –
                              									sondern auch an gewisse Concentrationen der die Lebensfunctionen vermittelnden
                              									Flüssigkeiten gebunden. Sind die in Frage kommenden Lösungen zu verdünnt, so ist das
                              									Leben gehindert, sind sie zu concentrirt, so tritt der Tod ein. Es ist dies ein
                              									allgemeines Gesetz, welches für alle Stoffe gilt, die in dem Kreislaufe des Lebens
                              									gebraucht werden und für die höchst entwickelten Thiere ebenso maſsgebend ist wie
                              									für die kleinsten Organismen.
                           So ist z.B. Alkohol in groſser Verdünnung, als Bier oder Wein, ein treffliches
                              									Genuſsmittel, in stärkerer Concentration, als Schnaps, ein starkes Reizmittel und
                              									als absoluter Alkohol ein starkes Gift.
                           Eine verdünnte Zuckerlösung ist eine treffliche Nährflüssigkeit für Hefe und
                              									Spaltpilze, eine concentrirte Zuckerlösung ist ein Gift für dieselben. Es beruht
                              									hierauf das Einlegen von Früchten in Zucker.
                           Das Gleiche gilt vom Essig. In verdünnter Essigsäure gedeiht der Essigpilz, in
                              									concentrirter stirbt er ab.
                           Fleischflüssigkeit verdirbt schnell an der Luft; sie fängt an zu faulen. Nach dem
                              									Eindicken als Fleischextract fault sie nicht mehr. Sie fault nicht, weil die
                              									Salzlösungen dann so concentrirt sind, daſs die Bakterien darin sterben.
                           Hierher gehört auch eine Erscheinung, die man als Mumification bezeichnet.
                              									Bekanntlich gibt es eine Anzahl Orte auf der Erde, wo Leichen nicht faulen. Im Dome
                              									zu Bremen ist eine Capelle, wo etwa ein Dutzend Leichen seit Jahrhunderten liegen, die nicht
                              									verfault sind. In dem Hospiz auf dem groſsen St. Bernhard stellt man die Leichen der
                              									beim Paſsübergange Verunglückten in einem Hause einfach auf, sie verwesen nicht. Es
                              									ist ferner eine Thatsache, daſs man im Engadin in der Schweiz Fleisch, indem man es
                              									auf dem Dachboden luftig aufhängt, aufbewahren kann; es vertrocknet, fault aber
                              									nicht. Aehnliches geschieht in Südamerika und auf Grönland.
                           Ich habe darüber nachgedacht, wie die Conservirung in diesen Fällen ohne Anwendung
                              									irgend welcher Chemikalien zu Stande kommt, und Versuche angestellt, die die Sache
                              									völlig klar legen.
                           Ein Stück Rindfleisch ward in fünf Theile zerschnitten, hierauf wurde:
                           Stück 1 in einem Zimmer von 18 bis 20° C. Lufttemperatur sich selbst überlassen;
                           Stück 2 im gleichen Raume in eine Schale gelegt, in welcher sich ganz wenig Wasser
                              									befand;
                           Stück 3 in einem gewöhnlichen Laboratoriumsexsiccator (einer luftdicht schlieſsenden
                              									Büchse, in welcher sich zum Austrocknen von Substanzen etwas Schwefelsäure befindet)
                              									über Schwefelsäure im gleichen Raume aufbewahrt;
                           Stück 4 in einem Exsiccator im luftleeren Raume über Schwefelsäure im gleichen Raume
                              									aufbewahrt;
                           Stück 5 in demselben Raume so frei in der Luft aufgehängt, daſs es sich in der Nähe
                              									der Pole einer Influenzelektrisir-Maschine befand, welche gestattete, durch stille
                              									Entladung den Sauerstoff der Luft zu ozonisiren. Die Elektrisirmaschine wurde
                              									mittels eines Wassermotors Tag und Nacht in Bewegung gehalten.
                           Nach 8 Tagen waren die Stücke 1 und 2 in vollständiger Fäulniſs, so daſs dieselben
                              									wegen des unerträglichen Geruches, den sie verbreiteten, aus dem Laboratorium
                              									entfernt werden muſsten.
                           Stück 3 zeigte schwache Fäulniſs, während 4 und 5 stark ausgetrocknet waren, hingegen
                              									nicht die geringste Spur eines fauligen Geruches wahrnehmen lieſsen.
                           Die Versuche 1 bis 4 bestätigen die allgemein bekannte Beobachtung, daſs feuchte
                              									Gegenden und Orte für die Entwickelung von Krankheitskeimen unter übrigens gleichen
                              									Bedingungen viel günstiger sind als trockene.
                           Genau so, wie sich die Fäulniſsbakterien beim Versuche 1 und 2 in wenigen Tagen in
                              									rapidester Weise entwickelten, so werden auch andere niedere Organismen bei
                              									genügender Feuchtigkeit gedeihen, wie das an versumpften Plätzen und in feuchten
                              									Wohnungen ja auch erfahrungsmäſsig der Fall ist. Es ist zur Genüge bekannt, daſs die
                              									Malaria in trockenen Jahren ab-, in feuchten zunimmt. Fleisch ist um so
                              									fäulniſsfähiger, je wasserhaltiger es ist, darum gehen die Leichen von
                              									wassersüchtigen Thieren in so kurzer Zeit in Fäulniſs über.
                           
                           Umgekehrt tritt keine Fäulniſs mehr ein, wenn die Verdampfung des in den
                              									fäulniſsfähigen Stoffen enthaltenen Wassers genügend stark stattfindet. Es kann dies
                              									leicht erreicht werden in ganz trockener Luft, besonders wenn dieselbe gleichzeitig
                              									bewegt wird.
                           Hieraus erklärt sich, warum Orte, an denen es mit Leichtigkeit gelingt, Fleisch ohne
                              									Fäulniſserscheinung aufzubewahren, auch die Heilung gewisser Krankheiten
                              									gestatten.
                           Wie schon erwähnt, ist es einerseits möglich, im Engadin Fleisch an der Luft durch
                              									einfache Trocknung zu conserviren, es ist andererseits aber weltbekannt, daſs die
                              									gleiche Gegend – Davos – Tausenden von Schwindsüchtigen Heilung gebracht hat. Die
                              									meteorologischen Beobachtungen lehren, vorausgesetzt, daſs man sie nur richtig
                              									deutet, daſs Davos eine Trockenanstalt ersten Ranges ist, abgesehen von vielen
                              									anderen Verhältnissen, die natürlich in glücklichster Weise bei der Heilung von
                              									Schwindsüchtigen mit einwirken werden.
                           Vergleicht man die meteorologischen Tabellen von Davos mit denen anderer Orte, so
                              									findet man, daſs der relative Feuchtigkeitsgehalt nicht sehr verschieden ist von der
                              									einer groſsen Anzahl anderer Plätze; die relative Feuchtigkeit erscheint durchaus
                              									nicht besonders gering. Zieht man aber gleichzeitig die Temperaturbeobachtungen mit
                              									in Betracht, so sieht man, daſs daselbst ganz eigenthümliche Verhältnisse herrschen.
                              									Es ist eine Thatsache, daſs in Davos das Thermometer sehr oft in der Nacht tief
                              									sinkt (15 bis 20° Kälte), am Tage aber durch die intensive Sonnenwirkung so hoch
                              									steigt, daſs die Schwerkranken in der Sonne im Freien sitzen können. An solchen
                              									Tagen zeigen die Thermometer im Schatten mehrere Grad Kälte, in der Sonne oft 20°
                              									Wärme und mehr. Da nun bekanntlich die meteorologischen Beobachtungen immer im
                              									Schatten gemacht werden, so ist es ganz klar, daſs dieselben in Davos nicht den
                              									Zustand der Atmosphäre angeben, unter welchem die Kranken sich befinden. Es wird
                              									z.B. Luft, die bei 2° Kälte einen mittleren relativen Feuchtigkeitsgehalt zeigt, bei
                              									einer Erwärmung durch die Sonne auf 20° Wärme auſserordentlich trocken werden.
                              									Wollte man nach dieser Richtung hin vergleichende Versuche machen, so müſste man die
                              									trocknende Wirkung messen, welche die Luft in verschiedenen Gegenden ausübt, wobei
                              									es sehr maſsgebend sein wird, daſs in so hoch gelegener Ort wie Davos auch eine viel
                              									dünnere Luft hat, so daſs die Verhältnisse eine gewisse Aehnlichkeit haben mit denen
                              									des Versuches 4 im luftleer gemachten Exsiccator.
                           Man würde vergleichende Werthe bekommen, wenn man beobachtete, wie viel Wasser in
                              									einer gewissen Zeit unter übrigens gleichen Umständen an verschiedenen Orten
                              									verdampft wird.
                           Es ist vielfach behauptet worden, die alten Egypter hätten sich im Besitze von einer
                              									Einbalsamirungsmethode befunden, die den heute angewendeten bedeutend überlegen
                              									gewesen wäre. Zieht man jedoch die eben entwickelten Gesichtspunkte in Betracht, so hat es
                              									durchaus nichts Wunderbares, daſs die Einbalsamirung in Egypten unter Anwendung von
                              									Balsamen in einfachster Weise möglich war. Ein so weit südlich gelegenes, trockenes
                              									Land wie Egypten bietet an sich die Bedingungen für die Erhaltung von Leichen, wozu
                              									noch kommt, daſs dieses alte Volk die Sitte hatte, die Leichen in luftigen Raumen
                              									aufzubewahren, nicht in enge Kästen einzuschlieſsen, wie wir es thun.
                           Es scheint mir ferner unzweifelhaft, daſs auch bei dem Räuchern von Fleisch, Wurst,
                              									Fischen u.s.w. die fraglichen Körper viel weniger durch die Wirkung der im Rauch
                              									enthaltenen empyreumatischen Stoffe, als vielmehr durch den Trockenprozeſs
                              									conservirt werden.
                           In all den angeführten Fällen hört der Fäulniſsprozeſs auf, sobald die Salzlösungen,
                              									die im Fleische enthalten sind, sich so weit concentrirt haben, daſs die Bakterien
                              									nicht mehr darin leben können.
                           Hieraus erhellt, daſs es ganz unnöthig ist, zum Conserviren von Nahrungsmitteln
                              									irgend welche Chemikalien anzuwenden, deren Nebenwirkungen auf den menschlichen
                              									Organismus sich einer vollständigen Beurtheilung entziehen. Mittels Kälte, Hitze und
                              									Trockenheit kann der fragliche Prozeſs in der vollkommensten Weise erreicht
                              									werden.
                           Unter gewissen Umständen kann die Concurrenz verschiedenartiger Organismen zur
                              									Conservirung benutzt werden. So kann man Fleisch wochenlang vor dem Verderben
                              									bewahren, indem man es in Buttermilch einlegt. Aehnlich wirkt auch Essig, wenn auch
                              									weniger günstig. Es werden dadurch die Lebensbedingungen der Milchsäurebakterien
                              									oder des Essigpilzes hergestellt, was die Entwickelung der Fäulniſsbakterien
                              									beeinträchtigt.
                           Veranlaſst durch die Resultate des Versuches 5 habe ich eine ganze Reihe von
                              									Experimenten gemacht, welche zeigen, in welch eminentem Grade der Sauerstoff der
                              									Luft und das Ozon die Eigenschaft haben, die Fäulniſs zu verhindern. Dieselben haben
                              									dabei vor irgend welchen anderen chemisch wirkenden Substanzen den unschätzbaren
                              									Vorzug, daſs bei ihrer Anwendung keinerlei Stoffe entstehen können, die nicht an
                              									sich schon in groſsen Massen im Thierkörper vorhanden sind. Es läſst sich zeigen,
                              									daſs überall da, wo ein genügender Ueberschuſs an Sauerstoff oder Ozon vorhanden
                              									ist, die Entwickelung der kleinsten Organismen gehemmt wird, wie folgende Versuche
                              									lehren:
                           Versuche 6 und 7. In einen lose bedeckten Cylinder wurden menschliche Fäces, Urin und
                              									Wasser gebracht, so daſs man eine Flüssigkeit erhielt, wie sie sich in einem
                              									Water-Closet bildet. Dieselbe wurde bei einer Temperatur von 20° C. sich selbst
                              									überlassen. Nach 8 Tagen befand sie sich in sehr starker Fäulniſs, was sich durch
                              									einen entsetzlichen Geruch zu erkennen gab.
                           Eine ganz gleiche Flüssigkeit in einer offenen Schale bei derselben Temperatur, durch Einblasen von
                              									Luft in fortwährender Berührung mit Sauerstoff gehalten, zeigte keine stinkende
                              									Fäulniſs.
                           Es ist dies eine wichtige Thatsache, weil sie lehrt, daſs man mittels genügender
                              									Ventilation der Aborte und Gruben den üblen Geruch derselben vermeiden kann.
                           Versuch 8. In einem Glaskasten wurden ein groſses Stück Rindfleisch und mehrere
                              									Seefische so aufgehängt, daſs sich dieselben unter dem Einflüsse von Ozon befanden,
                              									welches durch die stille Entladung einer Influenzelektrisirmaschine erzeugt ward.
                              									Der Glaskasten wurde durch einen Schornstein ventilirt und durch mehrere Schalen,
                              									gefüllt mit concentrirter Schwefelsäure, trocken gehalten. Die Temperatur betrug
                              									etwa 180° C.
                           Nach Verlauf von 3 Wochen war noch keine stinkende Fäulniſs zu beobachten.
                           Versuch 9. Zwei Schöpsenkeulen wurden in ganz gleicher Weise behandelt. Nach 14 Tagen
                              									ward die eine derselben gebraten und gegessen, sie erwies sich als vollkommen
                              									wohlschmeckend, hatte keine Spur eines Fäulniſsgeschmackes. Wohingegen ein anderes
                              									Stück Fleisch, welches zu gleicher Zeit in dem Laboratorium einfach frei aufgehängt
                              									wurde, schon nach 8 Tagen in entsetzlichste Fäulniſs übergegangen war. Die zweite
                              									Schöpsenkeule ward nach 14 Tagen auf dem Dachboden des Laboratoriums aufgehängt und
                              									hat sich da 9 Monate lang vollständig gehalten; natürlich ist sie stark
                              									vertrocknet.
                           Um zu entscheiden, ob das Ozon unter den gegebenen Verhältnissen die Eigenschaft hat,
                              									die Bakterien zu tödten, wurden eine Reihe von Versuchen gemacht.
                           Versuche 10 bis 20. Aus Gelatine wurden Nährlösungen hergestellt, diese durch
                              									Erhitzen sterilisirt. Hierauf wurden mittels eines Glasstabes Tropfen einer in
                              									starker Fäulniſs befindlichen Flüssigkeit in eine ozonhaltige Atmosphäre gebracht
                              									und längere Zeit darin gelassen. (Die Zeitdauer schwankte von 5 Minuten bis zu 1
                              									Stunde.)
                           Diese Tropfen, in die Nährflüssigkeiten gebracht, riefen bei allen Versuchen Fäulniſs
                              									hervor.
                           Der Sauerstoff und das Ozon sind also nicht eigentliche Gifte für die
                              									Fäulniſsbakterien, sondern wirken nur hemmend auf deren Entwickelung.
                           Die Bakterien scheinen eine gewisse Quantität Sauerstoff zu ihrer Entwicklung zu
                              									brauchen, sie gedeihen gut bei mäſsigem Sauerstoffgehalte der sie umgebenden
                              									Flüssigkeit. Die Verhältnisse sind analog wie bei den höheren Thieren, die ja auch
                              									in reinem Sauerstoffe schnell sterben, sich aber in verdünntem Sauerstoffe, wie er
                              									in der Luft gegeben ist, wohl befinden.
                           Die Erscheinung, daſs die Bakterien sich in einer stark gelüfteten Flüssigkeit nicht
                              									mehr weiter entwickeln, erklärt sich aus der Thatsache, daſs das Wasser den Sauerstoff
                              									und Stickstoff in einem anderen Verhältnisse zu absorbiren vermag, als es in der
                              									Luft vorhanden ist. Während die Luft 20,93 Proc. Sauerstoff und 79,07 Proc.
                              									Stickstoff enthält, absorbirt Wasser ein Gasgemisch, welches ungefähr 35 Proc.
                              									Sauerstoff und 65 Proc. Stickstoff hat.
                           Es ist demnach in mit Sauerstoff gesättigtem Wasser derselbe so concentrirt, daſs er
                              									die Lebensthätigkeit der Bakterien hemmt.
                           Hieraus erklärt sich, warum eine ausgiebige Ventilation so nothwendig für die
                              									Erhaltung der Gesundheit von Menschen und höheren Thieren ist.
                           Es findet dies seine Begründung in dem Umstände, daſs nur bei einem gewissen
                              									Luftwechsel Flüssigkeiten sich vollständig mit Sauerstoff sättigen. Sind in einer
                              									Flüssigkeit Bakterien, so ist es ohne Weiteres verständlich, daſs bei geringem
                              									Luftwechsel die Sauerstoffzufuhr ungenügend ist, so daſs im Inneren derselben
                              									Verhältnisse herrschen, welche der Entwickelung der Bakterien günstig sind.
                           Es ist darum mit Recht von den Hygienikern vorgeschlagen worden, den Sauerstoffgehalt
                              									eines Wassers als Maſsstab für die Reinheit desselben zu benutzen. Im Gebirgsbache,
                              									welcher durch Tausende von Stürzen in inniger Berührung mit der Luft bleibt, können
                              									sich keine Bakterien entwickeln, es ist zu viel Sauerstoff vorhanden.
                           Es ist wohl bekannt, daſs Holz in stehenden Gewässern fault, während es sich in rasch
                              									flieſsendem Wasser Jahrhunderte lang hält. Jeder Landwirth weiſs, daſs sich Milch in
                              									luftigen Kellern in offenen Schalen länger aufbewahren läſst als in geschlossenen
                              									Flaschen. Das Ofenloch und der im Freien hängende Fliegenschrank sind bessere
                              									Aufbewahrungsflecke für Fleisch als der viel kältere, aber abgeschlossene
                              									Keller.
                           Der Bauverständige weiſs, daſs der Hausschwamm nicht gedeiht, wo Zugluft vorhanden
                              									ist.
                           Die Chirurgen benutzen als eines der wirksamsten Mittel, um faulige Eiterungen zu
                              									umgehen, die Drainage der Wunden. Es tritt nie stinkende Fäulniſs ein an Wunden, die
                              									der Luft ausgesetzt sind. Es gibt stinkende Füſse, aber nicht stinkende Hände. Es
                              									ist darum das wirksamste Mittel, um übelriechende Füſse zu vermeiden, nicht
                              									luftdichte Schuhe, sondern Sandalen zu tragen.
                           Energisches Lüften von Betten und Zimmern verhütet Krankheiten. Es würde der Mühe
                              									werth sein zu versuchen, ob man bei Diphtheritis nicht durch Anwendung einer
                              									doppelrohrigen Canüle, welche das künstliche Einblasen von Luft gestattet, die Pilz
                              									Wucherungen in der energischsten Weise bekämpfen könnte.
                           In all den genannten Fällen ist natürlich die austrocknende Wirkung, welche bewegte
                              									Luft ausübt, von nicht zu unterschätzender Bedeutung.
                           
                           Die angeführten Thatsachen lassen mit Leichtigkeit die Gesichtspunkte erkennen,
                              									welche für die Construction von Fleischconservirungsräumen maſsgebend sind,
                              									merkwürdiger Weise aber nirgends angewendet werden.
                           Die gebräuchlichen Eisschränke, Eishäuser und -schiffe sind durchgängig falsch gebaut
                              									und erfüllen darum ihren Zweck nur mangelhaft. Während im Winter und Herbst, selbst
                              									wenn die äuſsere Lufttemperatur noch relativ hoch ist, nicht die geringste
                              									Schwierigkeit existirt, Fleisch längere Zeit in gutem Zustande aufzubewahren, findet
                              									man, daſs im Sommer sehr oft verdorbenes Fleisch zum Verkauf kommt, obgleich man
                              									durch Anwendung von Eis und Kältemaschinen die Temperatur viel niedriger hält, als
                              									zur Conservirung nöthig ist.
                           Es ist ferner eine allgemein bekannte Thatsache, daſs das herrliche Fleisch, welches
                              									im gefrorenen Zustande aus Australien herüber gebracht wird und in den London-Docks
                              									bei einer Temperatur von mehreren Graden Kälte aufbewahrt wird, sofort verdirbt,
                              									sobald man es aufthaut.
                           Der Grund für die angegebene Erscheinung liegt darin, daſs durch die Art der
                              									Aufbewahrung das Fleisch oberflächlich mit Wasser übersättigt ist, sich darum in dem
                              									Zustande eines wassersüchtigen Thierkörpers befindet, der ja auch sofort nach dem
                              									Eintritt des Todes in Fäulniſs übergeht. Es ist selbstverständlich, daſs genau so
                              									wie ein Glas, welches mit einer kalten Flüssigkeit gefüllt ist, im Sommer mit Wasser
                              									bethaut, auch ein Stück Fleisch, welches stark abgekühlt wird, beim Hinzutreten von
                              									Luft Feuchtigkeit aus derselben auf sich niederschlagen muſs. Die Thatsache ist,
                              									daſs die Eisschränke gewöhnlich im Innern von Thauwasser ganz naſs sind und daſs
                              									Eiskammern nach Art der London-Docks sich im Innern über und über mit
                              									Schneekrystallen überziehen.
                           Um Fleisch zu conserviren, muſs man es nicht oberflächlich anfeuchten, wie es in den
                              									gebräuchlichen Eisschränken und Eishäusern bei jedem Zutritt frischer Luft
                              									geschieht, sondern abtrocknen, denn oberflächlich trockenes Fleisch ist überhaupt
                              									nicht mehr fäulniſsfähig.
                           Man wird mit der gröſsten Leichtigkeit eine vollkommene Conservirung von Fleisch
                              									erreichen, wenn man Kälte, Trockenheit und Sauerstoff zu gleicher Zeit wirken
                              									läſst.
                           Aus Furcht, die Temperatur möchte im Conservirungsraum etwas zu hoch steigen, hat man
                              									gewöhnlich gar keine oder doch ganz ungenügende Ventilation in demselben, und doch
                              									ist es viel weniger nöthig, daſs der Raum sehr kalt, als daſs er luftig und trocken
                              									sei.
                           Fig. 1 zeigt die Einrichtung, welche einem
                              									Eisschranke gegeben werden muſs, um den fraglichen Zweck zu erreichen.
                           Der Schrank ist ganz wie gewöhnlich zu construiren, es sind jedoch unten an den
                              									Thüren (a, a) und oben im Deckel (b, b) groſse Löcher anzubringen, welche der Luft freien
                              									Durchzug gestatten.
                           
                           Um den Fliegen den Eintritt zu verwehren, sind die Oeffnungen mit Drahtgewebe zu
                              									überspannen. Der eigentliche Eisbehälter muſs vollkommen luftdicht von dem Innern
                              									des Schrankes abgeschlossen sein, weil sonst die Luft desselben Wasser von dem Eis
                              									aufnehmen kann. Um die Luft im Innern trocken zu erhalten, stellt man über die
                              									Oeffnungen b, b Kästen von der Einrichtung, welche aus
                              										Fig. 2 ersichtlich ist.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 274, S. 92
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 274, S. 92
                              
                           Diese Kästen passen auf die Ventilationsöffnungen des Eisschrankes und haben im
                              									Innern eine Scheidewand, welche zur Aufnahme eines flachen Glas- oder Thonkastens
                              										c dient. Dieser Kasten wird entweder mit gebranntem
                              									Kalk oder mit concentrirter Schwefelsäure gefüllt. Durch die Oeffnungen d stehen die Kästen mit der äuſseren Luft in
                              									Communication. Da die Luft im Eisschranke durch die Abkühlung schwerer wird, so
                              									findet eine continuirliche Strömung derselben von b
                              									nach a aus statt.
                           Sind die Kästen A aufgesetzt, so wird die eintretende
                              									Luft getrocknet, da der Kalk oder die Schwefelsäure die Feuchtigkeit der Luft
                              									absorbiren. Es würde unpraktisch sein, die Trockenmittel direkt in den Eisschrank zu
                              									bringen, da bei der Wasserabsorption Wärme frei wird, welche den Eisschrank
                              									unnöthiger Weise in seiner Temperatur etwas erhöhen würde.
                           Bei groſsen Eishäusern, welche zur Aufbewahrung von Fleisch dienen sollen, wird es
                              									besser sein, die Luft nicht chemisch, sondern durch Abkühlung zu trocknen. Man wird
                              									dann zweckmäſsig so verfahren, daſs man 2 Räume herstellt, einen zur Erzeugung
                              									kalter trockener Luft und einen zur Aufbewahrung des Fleisches.
                           Fig. 3 zeigt eine schematische Darstellung einer
                              									derartigen Einrichtung.
                           A ist der Conservirungsraum, B dient zur Erzeugung der kalten trockenen Luft. In B wird Eis gelagert oder noch besser ein System von
                              									Röhren aufgestellt, welches durch eine Kälteerzeugungsmaschine sehr stark abgekühlt wird. Die
                              									frische Luft tritt bei a ein, kühlt sich ab, scheidet
                              									dadurch ihr Wasser aus, welches sich in der Pfanne C
                              									sammelt. Die kalte Luft tritt dann durch den Kanal b
                              									und c an dem Boden von A
                              									ein, wo sie die zu conservirenden Fleischstücke kühlt; indem sie sich dadurch
                              									erwärmt, wird sie relativ trocken, da ja die Capacität der Luft, Wasser aufzunehmen,
                              									mit der Temperaturerhöhung wächst. Die Luft tritt schlieſslich bei d wieder aus.
                           Es wird eine Frage des Preises sein, ob man nicht auch hier lieber Schwefelsäure zum
                              									Trocknen verwenden soll.
                           Die Schwefelsäure müſste dann von Zeit zu Zeit durch Verdampfen wieder concentrirt
                              									werden.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 274, S. 93
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 274, S. 93
                              
                           Fig. 4 zeigt den Querschnitt eines
                              									Ventilationseisschrankes, bei welchem die Luft durch Abkühlung getrocknet wird. Es
                              									bezeichnet:
                           
                              A Raum zur Aufbewahrung von Fleisch u.s.w.
                              B Eiskasten.
                              C Wasserkasten.
                              D1D2
                                 										Ventilationsöffnungen, mit Drahtnetz überspannt.
                              D2 hat einen Schieber, um die Ventilation regeln zu können.
                              E Isolirschicht, am besten aus einer starken Glasplatte
                                 										herzustellen.
                              J Tropfkante.
                              K Hahn zum Ablassen des Schmelzwassers.
                              
                           Die Luft tritt continuirlich bei D1 ein, kühlt sich am Eise, streicht durch den
                              									Siebboden F, gelangt über das Schmelzwasser im Gefäſse
                              										C (C ist mit Wärmeschutzmasse von der Glasplatte
                              										E isolirt) durch den Schlitz H nach dem Eisschranke A
                              									und tritt durch D2
                              									wieder aus. Die Wände des Kühlraumes A sind nicht aus
                              									Blech, sondern aus Marmorplatten oder Glas hergestellt, mit Wärmenichtleitern
                              									umgeben.
                           Vorausgesetzt, daſs man nur recht groſse Stücke Fleisch anwendet, so bildet sich
                              									oberflächlich eine fäulniſsunfähige, trockene Hülle, während das Innere derselben noch ganz
                              									saftig und frisch ist, wenn man das Fleisch nicht gar zu lange Zeit hängen
                              									läſst.
                           Da ein Stück gesundes Fleisch niemals von innen nach auſsen fault, sondern der
                              									Fäulniſsprozeſs stets von auſsen nach innen vor sich geht, so genügt es für die
                              									Conservirung vollständig, wenn nur die Oberfläche fäulniſsunfähig ist, das Innere
                              									hält sich von selbst.
                           Es muſs als durchaus verwerflich angesehen werden, wenn Fleisch mit wässerigen
                              									Lösungen irgend welcher antiseptischen Substanzen zum Zwecke der Conservirung
                              									behandelt wird, da ja gerade das Wasser das Fleisch fäulniſsfähig macht.
                           Der Grund, warum der uralte Prozeſs des Räucherns so vollkommene Resultate gibt,
                              									liegt darin, daſs bei demselben nur Gase zur Wirkung kommen, welche wegen ihrer
                              									leichten Beweglichkeit die Oberfläche der Stücke in der gleichmäſsigsten Weise
                              									treffen.
                           Es ist aber auch unter Anwendung anderer Gase, welche nicht wie der Rauch dem Fleisch
                              									einen specifischen Geschmack verleihen, möglich, Fleisch zu conserviren.
                           In erster Linie Ozon, ferner Salpetersäuredampf, Untersalpetersäure, Chlor,
                              									unterchlorige Säure lassen sich ganz gut als Conservirungsmittel anwenden, wie
                              									nachfolgende Versuche gelehrt haben:
                           Versuch 21. Ein Stück Rindfleisch von 3k Gewicht,
                              									in trockener Luft über rauchender Salpetersäure bei einer Temperatur von 18° C.
                              									aufgehängt, zeigte nach 10 Tagen noch keine Spur eines Fäulniſsgeruches. Das
                              									Fleisch, hierauf auf dem Dachboden des Laboratoriums aufgehängt, war nach 9 Monaten
                              									stark eingetrocknet, aber nicht im Geringsten verfault.
                           Versuch 22. Als Gegenversuch ein Stück Rindfleisch von 2k Gewicht, einfach über Schwefelsäure aufgehängt, zeigte nach 5 Tagen sehr
                              									starke stinkende Fäulniſs.
                           Versuch 23. Eine Kalbskeule von 6650g Gewicht, in
                              									trockener Luft von 18° C. aufgehängt, welcher continuirlich etwas Untersalpetersäure
                              									beigemischt wurde, zeigte nach 9 Tagen noch keine Spur von Fäulniſs. Das Fleisch,
                              									hierauf auf den Dachboden des Laboratoriums gebracht, war nach 9 Monaten stark
                              									eingetrocknet, aber nicht verdorben.
                           Versuch 24. Ein Stück Kalbfleisch von 2650g
                              									Gewicht, in trockener Luft von 18° C. aufgehängt, welcher continuirlich etwas Chlor
                              									und unterchlorige Säure (durch Auftropfen von Salzsäure auf Chlorkalk erhalten)
                              									beigemengt wurde, aufgehängt, zeigte nach 6 Tagen keine Fäulniſs. Hierauf auf den
                              									Dachboden gebracht, erwies es sich nach 9 Monaten wohl erhalten.
                           Versuch 25. Eine Kalbskeule von 6500g Gewicht wurde
                              									in starkem Luftzuge bei etwa 18° C. über Schwefelsäure aufgehängt; nach Verlauf von
                              									10 Tagen auf den Dachboden des Laboratoriums gebracht. Das Stück zeigte nach 10
                              									Tagen einen ganz schwachen Fäulniſsgeruch, wie es altschlachtenes Fleisch im Sommer in den
                              									Fleischläden zu haben pflegt. Der Fäulniſsgeruch verlor sich jedoch später
                              									vollständig. Nach 5 Monaten wog die Keule 3300g.
                              									Sie wurde hierauf 16 Tage in Buttermilch in einem Keller eingelegt und dann gebraten
                              									und gegessen. Durch das Einlegen in Buttermilch hatte die Keule ein Gewicht von
                              										4850g erhalten. Das Fleisch schmeckte wie
                              									Sauerbraten, war aber wohlschmeckend. –
                           Die vorstehend entwickelten Grundsätze haben natürlich nicht nur für die Conservirung
                              									von Fleisch, sondern ebenso für die Conservirung aller möglichen anderen Stoffe
                              									Gültigkeit.
                           So sollte man Eier nicht in dumpfigem Stroh verpackt transportiren, sondern in
                              									Drahtgestellen hängend, welche der Luft allseitigen Zutritt gestatten.
                           Es ist kein Zweifel, daſs die Anwendung von kalter, trockener und bewegter Luft das
                              									Verderben der Nahrungsmittel mit Leichtigkeit zu vermeiden gestattet