| Titel: | Ein neues Verfahren zur Nutzbarmachung des Sauerstoffs der Luft und die demselben zu Grunde liegenden Verbindungen; von Dr. Georg Kassner in Breslau. | 
| Autor: | Georg Kaſsner | 
| Fundstelle: | Band 274, Jahrgang 1889, S. 226 | 
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                        Ein neues Verfahren zur Nutzbarmachung des
                           								Sauerstoffs der Luft und die demselben zu Grunde liegenden Verbindungen; von Dr. Georg
                              								Kaſsner in Breslau.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 183 d.
                           								Bd.)
                        Neues Verfahren zur Nutzbarmachung des Sauerstoffs.
                        
                     
                        
                           V. Anhaltspunkte für die Verwendung
                                 										der drei Körper in der Technik.
                              								
                           Die so vielseitigen Eigenschaften der drei neuen Verbindungen Ca2PbO4, Sr2PbO4 und Ba2PbO4 sprechen nun
                              									auch für eine umfangreiche Verwendung derselben. In erster Linie wird freilich nur
                              									der bleisaure Kalk in Betracht kommen müssen, weil er am leichtesten zu erhalten
                              									ist, den geringsten Materialwerth besitzt und am meisten Sauerstoff enthält, beträgt
                              									ja doch sein Gehalt an Bleisuperoxyd 68 Proc. seines Gewichtes und der an
                              									disponiblem Sauerstoffe 4,56 Proc.
                           
                              a) Verwendung des bleisauren
                                    											Calciums.
                                 									
                              Wenngleich die Untersuchungen über den Gegenstand noch nicht abgeschlossen sind,
                                 										so lassen sich doch bereits jetzt verschiedentliche Verwendungen ins Auge
                                 										fassen. Man wird aber hierbei 1) eine direkte Benützung des Körpers und 2) eine
                                 										solche unterscheiden müssen, behufs deren das bleisaure Calcium zuvor in seine
                                 										Componenten Bleisuperoxyd und Calciumhydrat bezieh. Calciumcarbonat gespalten
                                 										worden ist.
                              In unzerlegtem Zustande repräsentirt der bleisaure Kalk gewissermaſsen
                                 										Bleisuperoxyd in statu nascendi, namentlich sobald man das Präparat in irgend
                                 										einer Mischung mit Säuren, am billigsten mit Kohlensäure behandelt. In allen den
                                 										Mischungen also, wo eine schwache und allmählich eintretende Oxydationswirkung
                                 										erwünscht wird, dürfte daher das Präparat direkt Anwendung finden.
                              Daher auch wohl in der Glasindustrie zur Erzeugung
                                 										blei- und kalkhaltiger Gläser, in welcher es mit Vortheil die bisher zu diesem
                                 										Zwecke benützte Mennige verdrängen dürfte, zumal ja deren disponibler
                                 										Sauerstoff, um dessentwillen ja gerade diese Form des Bleies angewendet wird,
                                 										noch nicht halb so viel beträgt als im bleisauren Calcium.
                              
                              Die ausgedehnteste Verwendung wird aber jedenfalls das Calciumplumbat indirekt, also in zerlegtem
                                    											Zustande erfahren, bei dem ja das eine seiner Spaltungsprodukte stets
                                 										das Bleisuperoxyd ist. Man kann diese Zerlegung durch vielerlei Substanzen und
                                 										unter mancherlei Combinationen bewirken, z.B. durch Wasser und Wasserdampf unter
                                 										mehrfachem Atmosphärendrucke, durch Kohlensäure, durch Mono- und Bicarbonate,
                                 										durch Ammonsalze und schlieſslich durch starke Säuren, wie Essigsäure,
                                 										Salpetersäure, Schwefelsäure u.s.w. Es wird daher wesentlich darauf ankommen,
                                 										welche Nebenproducte gewünscht werden, da wir oben sahen, daſs bei der Zerlegung
                                 										mit Säuren incl. Kohlensäure die betreffenden Calciumsalze, bei der Zerlegung
                                 										mit Monocarbonaten der Alkalien ätzende Laugen, bei der Spaltung mit bloſsem
                                 										Wasser bei höherer Temperatur und unter Druck das Hydrat des Calciums
                                 										entstehen.
                              Es eignet sich daher das Calciumplumbat in erster Linie zur Darstellung von Bleisuperoxyd mit Hilfe von
                                 										Salpetersäure, Essigsäure u.s.w., wenn man nebenher noch Calciumnitrat,
                                 										Calciumacetat u.s.w. erhalten will.
                              Indessen wird wohl die wichtigste Zerlegungsart die mittels der Kohlensäure, den
                                 										Mono- oder Bicarbonaten der Alkalien, sowie des Ammoniums sein müssen, wenn es
                                 										sich nicht darum handelt, das Bleisuperoxyd als solches zu isoliren, sondern nur
                                 										darum, dessen oxydirende Kraft auszunützen. Denn so wie das Bleisuperoxyd selbst
                                 										wirken auch alle dasselbe enthaltenen Mischungen, wobei man den Vortheil hat,
                                 										bei der unter Einführung von Kohlensäure vorgenommenen Oxydation lauter
                                 										unlösliche Körper, nämlich Bleicarbonat und Calciumcarbonat, zu erhalten, welche
                                 										von der zu oxydirenden Flüssigkeit leicht getrennt und für sich bald wieder
                                 										aufgearbeitet, d.h. zu bleisaurem Calcium regenerirt werden können. Denn da wegen der Unlöslichkeit der bei der
                                 										Oxydationswirkung entstandenen Nebenproducte das im
                                    											bleisauren Kalke vorhandene Atomverhältniſs zwischen Calcium und Blei nicht
                                    											gestört worden ist, beide kohlensaure Verbindungen aber beim Erhitzen
                                 										zu den betreffenden Oxyden werden, so muſs beim Zutritte der Luft in der
                                 										Glühhitze aus diesen Nebenproducten wieder die ursprüngliche Verbindung
                                 										entstehen, was in der That der Fall ist.
                              Das beste und idealste Beispiel einer unter solchen Umständen, d.h. unter
                                 										Einleiten von Kohlensäure, mit dem bleisauren Kalke auszuführenden Oxydation,
                                 										nachdem derselbe in angegebener Weise in Bleisuperoxyd und Calciumcarbonat
                                 										zerlegt worden ist, bietet die Ueberführung des gelben
                                    											Blutlaugensalzes in rothes. Diese Umwandlung gelang nur in kürzester
                                 										Zeit und mit wenig mehr als der berechneten Menge des braunen
                                 										bleisuperoxydhaltigen Gemisches so vollständig, daſs die erhaltene Lauge nach
                                 										dem Ansäuern mit Eisenchlorid keine blaue, sondern nur eine rein braune Färbung
                                 										gab. Das Ferrocyankalium konnte dabei sowohl in verdünnter als möglichst
                                 										concentrirter Lösung angewendet werden, nur muſste man Sorge tragen, das in
                                 										Folge nachstehender Reaction frei werdende Aetzkali und Bleioxyd durch Einleiten
                                 										von Kohlensäure in die Carbonate zu verwandeln.
                              
                                 
                                    2 Fe(CN)2(KCN)4 + 2 CaCO3 + PbO2 =
                                    
                                 
                                    zersetzter bleisaurer Kalk
                                    
                                 
                                    Fe2(CN)6(KCN)6
                                       												+ K2O + PbO + 2CaCO3.
                                    
                                 
                              Bei Gegenwart von freiem Aetzkali ist nämlich die Ueberführung des gelben in
                                 										rothes Blutlaugensalz keine vollständige, ja bei gröſserem Ueberschusse von
                                 										Kalilauge kann bekanntlich sogar vorhandenes Bleioxyd durch Ferricyankalium in
                                 										Bleisuperoxyd verwandelt werden.
                              Dagegen ist kohlensaures Kalium, in welches also das durch die Oxydationswirkung
                                 										des Bleisuperoxydes nach obiger Gleichung gebildete Kaliumoxyd bezieh.
                                 										Kaliumhydrat durch Einleiten von Kohlensäure übergeführt wird, kein Hinderniſs
                                 										für die Umwandlung.
                              Man gewinnt demnach bei der Bereitung des Ferricyankaliums mit Hilfe des
                                 										bleisauren Calciums als Nebenproduct
                                    											Kaliumcarbonat, welches einen höheren Werth besitzt, als das nach dem
                                 										Chlorirungsverfahren gebildete Chlorkalium. Auſserdem ist die Gefahr einer
                                 										theilweisen Zerstörung des Ferricyankaliums, wie dieselbe bei der Anwendung von
                                 										Chlor leicht eintritt, nicht vorhanden, und zum Schlusse ist das reducirte, d.h.
                                 										in ein Gemisch von Calcium- und Bleicarbonat verwandelte Präparat nach dem
                                 										leicht ausführbaren Auswaschen rasch wieder zu
                                    											regeneriren. Es geschieht dies einfach durch Erhitzen des Gemisches bei
                                 										Zutritt der Luft bis zur Rothglut, wobei die Masse in angegebener Weise gerührt
                                 										werden muſs.
                              Man wird gestehen müssen, daſs die von mir angegebene Weise der Herstellung des
                                 										Ferricyankaliums die denkbar einfachste und beste ist und in ihren Kosten selbst
                                 										das billige Chlor noch unterbietet. Denn da die Ueberführung des Sauerstoffes
                                 										der Luft in eine leicht zersetzbare Form, nämlich in die des bleisauren
                                 										Calciums, nur mit Hilfe der Steinkohle erfolgt, Chlor aber nach dem neuesten
                                 										Verfahren auch nur auf solchem Wege gewonnen werden kann, so muſs die direkte
                                 										Benützung des Sauerstoffes der Luft zu dem vorliegenden Oxydationszwecke
                                 										billiger zu stehen kommen als der Umweg durch das Chlor.
                              Die Bereitung des rothen Blutlaugensalzes wird hier ganz besonders deswegen in so
                                 										ausführlicher Weise behandelt, weil es bekanntlich ein vorzügliches
                                 										Oxydationsmittel für viele Körper bildet und auch neuerdings in der organischen
                                 										Chemie mancherlei Anwendung erfahren hat. Es äuſsert seine Wirkung namentlich in
                                 										einer Lösung, welche freies Aetzkali oder Aetznatron, und zwar so viel davon
                                 										enthält, daſs es sich mit diesen in die betreffenden Ferrocyanverbindungen
                                 										zurückverwandeln kann. Mit einer solchen alkalischen Ferrocyanlösung ist man im
                                 										Stande, Chromhydroxyd in Chromsäure, Bleioxyd in Bleisuperoxyd, Manganoxydul in Mangansuperoxyd
                                 										zu verwandeln und viele andere Oxydationen mehr auszuführen; auch wirkt eine
                                 										derartige Lösung stark bleichend auf
                                 										Pflanzenfasern, indem sie darin dem Wasserstoffsuperoxyde gleichkommt.
                              Das in der Oxydations- und Bleich Wirkung erschöpfte Bad kann aber, wie oben
                                 										gezeigt, leicht und rasch wieder durch bloſses Kochen mit zersetztem bleisaurem
                                 										Calcium unter Einleiten von Kohlensäure zu einer Ferricyankaliumlösung
                                 										aufgearbeitet werden u.s.f. Es kann somit der hohe Preis, welcher einer
                                 										umfangreicheren Anwendung des Ferricyankaliums bisher im Wege stand, von jetzt
                                 										ab kein Hinderniſs mehr für eine umfassendere Benützung dieses Oxydationsmittels
                                 										sein. – Aus allen diesen Gründen und namentlich deswegen, weil das rothe
                                 										Blutlaugensalz bei dieser abwechselnden Reduction und Oxydation theoretisch gar
                                 										keinen, praktisch nur einen sehr geringfügigen Substanzverlust erleidet;
                                 										erscheint mir das Ferricyankalium als ein vorzügliches
                                    											Mittel, den wirksamen Sauerstoff des bleisauren Calciums auf solche Körper
                                    											zu übertragen, bei welchen die direkte Einwirkung des Calciumplumbates aus
                                    											wichtigen Gründen ausgeschlossen werden muſs.
                              Endlich ist das bleisaure Calcium, wenn auch nicht direkt, so doch in zersetztem
                                 										Zustande, wie ich fand, recht gut geeignet zur
                                    											Darstellung von Sauerstoff im Groſsen, und zwar stützt sich die
                                 										Möglichkeit seiner Anwendung zu diesem Zwecke auf folgende zwei Thatsachen.
                              Erstens gibt Bleisuperoxyd bei einer noch weit unter der Rothglut liegenden
                                 										Temperatur seinen ganzen disponiblen Sauerstoff (das zweite Atom) ab und
                                 										zweitens vermag Calciumcarbonat bei demselben Hitzegrade, selbst in inniger
                                 										Mischung mit Bleioxyd oder Bleisuperoxyd, noch keine Kohlensäure abzutreten.
                              Wenn man daher das durch Erwärmen mit Alkali-Bi- oder Monocarbonat in
                                 										Bleisuperoxyd und kohlensauren Kalk zersetzte Calciumplumbat bis auf eine
                                 										gewisse Temperatur erhitzt, so wird zunächst aller disponibler Sauerstoff
                                 										entweichen und das Bleisuperoxyd dabei in Bleioxyd übergehen, welches nun mit
                                 										dem noch unzersetzten Calciumcarbonat gemischt bleibt. Dieses Gemenge kann dann
                                 										ohne Weiteres durch stärkeres Erhitzen und Hinüberleiten von atmosphärischer
                                 										Luft wieder in bleisauren Kalk verwandelt werden, welcher nach seiner Zerlegung
                                 										von Neuem zur Darstellung von Sauerstoff dienen kann u.s.f. – Bei meinen
                                 										Versuchen fand ich, daſs die Erhitzung des zersetzten bleisauren Calciums am
                                 										besten und gleichmäſsigsten durch überhitzten Wasserdampf erfolgt, der zu diesem
                                 										Zwecke freilich nicht mit Wasserstoffgas beladen sein darf. Man hat bei der
                                 										Anwendung des überhitzten Wasserdampfes noch den besonderen Vortheil, aus dem
                                 										Apparate alle atmosphärische Luft herauszubekommen, bevor sich der Sauerstoff
                                 										entwickelt und diesen bis auf den letzten Cubikcentimeter auffangen zu
                                 										können.
                              Ich fand auch, daſs es zweckmäſsig ist, das Gemisch von Bleisuperoxyd und Calciumcarbonat nicht in
                                 										Pulverform, sondern in groben Stücken anzuwenden, um dem überhitzten Wasserdampf
                                 										überall ungehinderten Durchtritt zu gestatten.
                              Derartige Stücke erhält man leicht, wenn man das zersetzte Calciumplumbat beim
                                 										Decantiren und Auswaschen der löslichen Alkalien sich in Folge seiner eigenen
                                 										Schwere oder durch Pressung recht fest zusammenlagern läſst, worauf es immer
                                 										noch etwas feucht erscheint und sich dann ohne Schwierigkeit in beliebig groſse
                                 										Stücke bringen läſst. Diese können dann in dem Entwickelungsapparat durch den
                                 										überhitzten Dampf noch völlig getrocknet werden, bevor sie ihren Sauerstoff
                                 										abgeben.
                              Umgekehrt zerfallen die vom Sauerstoffe befreiten, an ihrer hellgelben Farbe
                                 										kenntlichen Stücke sehr leicht wieder zu Pulver, wie dies zum Zwecke der
                                 										Regenerirung des bleisauren Calciums gerade erwünscht ist.
                              Recapituliren wir das über die Darstellung des Sauerstoffes Gesagte, so erkennt
                                 										man, daſs mit der Gewinnung des werthvollen Gases auch die von Aetzkali bezieh.
                                 										Aetznatron Hand in Hand geht. Denn das Kochen des bleisauren Kalkes mit den
                                 										Lösungen der Monocarbonate, bei welchem nach obigen Ausführungen als
                                 										Nebenproducte kaustische Laugen entstehen, bietet das Mittel, um das
                                 										Calciumplumbat zur Abgabe von Sauerstoff vorzubereiten.
                              
                           
                              b) Verwendung des bleisauren
                                    											Strontiums und Baryums.
                                 									
                              Obwohl beide Körper ganz dieselben Erscheinungen zeigen und analoge Producte
                                 										geben wie das bleisaure Calcium, so wird doch ihre Verwendung eine viel
                                 										beschränktere sein müssen als die jenes Körpers. Der Grund hierfür liegt eben in
                                 										der gröſseren Schwierigkeit ihrer Darstellung, der dazu erforderlichen stärkeren
                                 										Hitze, dem höheren Werthe des Materials, aus welchem sie bestehen, und
                                 										schlieſslich ihrem geringeren Sauerstoffgehalte, eine Folge des hohen
                                 										Molekulargewichtes.
                              Indessen sei doch auf eine Umsetzung hingewiesen, durch welche sie beide dem
                                 										bleisauren Calcium überlegen sind. Läſst man nämlich auf die beiden Verbindungen
                                 										Wasser von höherer Temperatur, z.B. von etwa 150° C., d.h. also unter mehrfachem
                                 										Atmosphärendrucke wirken, so tritt auch bei ihnen eine Zersetzung in
                                 										Bleisuperoxyd und in die Hydrate und zwar des Strontiums und des Baryums ein.
                                 										Während man nun wegen der Schwerlöslichkeit des bei der analogen Behandlung des
                                 										Calciumplumbates erhaltenen Calciumhydrates an eine Trennung beider
                                 										Bestandtheile nicht denken konnte, läſst sie sich hier ohne Schwierigkeit
                                 										ausführen.
                              Man erhält daher durch bloſses Ausziehen des Reactionsgemisches mit heiſsem
                                 										Wasser auf der einen Seite Bleisuperoxyd, auf der anderen Strontiumhydrat
                                 										bezieh. Baryumhydrat.
                              Meines Erachtens wird daher die Darstellung des bleisauren Strontiums und Baryums
                                 										nur zu dem Zwecke einen gröſseren Umfang nehmen können, wenn man die Absicht
                                 										hat, gröſsere Quantitäten von Strontium- und Baryumhydrat zu gewinnen, wenn also
                                 										das Bleisuperoxyd dabei gewissermaſsen nur als Nebenproduct gilt, dessen Werth
                                 										allerdings die Kosten der Bereitung stark vermindern dürften.
                              Wie auch bereits früher gezeigt, bietet sich also in dem Bleioxyde bezieh. in
                                 										dessen Sauerstoff anziehender Kraft ein vorzügliches Mittel, um die sonst nur
                                 										sehr schwer auszutreibende Kohlensäure des Strontium- und Baryumcarbonates zu
                                 										entfernen, von dem man wohl jetzt vielfache Anwendung machen wird. –
                              Ich muſs hier an dieser Stelle noch mit einigen Worten auf einen Umstand zu
                                 										sprechen kommen, welcher dem sachverständigen Leser wohl längst aufgestoſsen und
                                 										ihm zu mehreren Fragen Veranlassung gegeben haben wird. Wenn nämlich auch bei
                                 										sorgfältiger Bereitung, namentlich des bleisauren Calciums, alles Bleioxyd in
                                 										Bleisäure verwandelt werden kann, so daſs das Product weder an verdünnte Säuren,
                                 										noch beim Kochen mit Alkalilauge etwas davon, selbst nicht Spuren, abgibt, so
                                 										wird es sich doch bei der Darstellung im Groſsen zuweilen ereignen, daſs geringe
                                 										Mengen unverbundenen Bleioxydes den betreffenden Präparaten beigemischt
                                 										bleiben.
                              Es ist nun auch ersichtlich, daſs diese geringen Antheile bei der Darstellung von
                                 										kaustischen Laugen oder der Hydrate des Strontiums und Baryums nach dem zuletzt
                                 										erwähnten Verfahren in diese übergehen und sie verunreinigen müssen. Da eine
                                 										solche Beimischung, selbst geringer Mengen von Blei, eines giftigen Körpers,
                                 										einer umfassenden Verwendung der besprochenen Laugen und Hydrate entgegenstehen
                                 										müſste, so ist es geboten, dasselbe vorher zu entfernen.
                              Wir haben nun, dies zu erreichen, ein vortreffliches Mittel in dem
                                 										Schwefelwasserstoffe oder in den löslichen Schwefel Verbindungen, von welchen
                                 										man jenen bleihaltigen Flüssigkeiten ein vorher durch Analyse leicht zu
                                 										ermittelndes Quantum zuzusetzen haben wird, worauf man nach geschehener Mischung
                                 										das gefällte Schwefelblei ruhig absetzen läſst.
                              Die klaren, bleifreien Flüssigkeiten können dann ohne Weiteres zu den
                                 										verschiedenen Zwecken verarbeitet werden.
                              Zum Ausfällen des Bleies aus Kalilauge würde man demnach am besten
                                 										Schwefelkalium, zu seiner Entfernung aus Baryumhydratlösung Schwefelbaryum, aus
                                 										Strontiumhydratlösung Schwefelstrontium anwenden.
                              Aber auch auf einem anderen Wege läſst sich das Blei beseitigen, nämlich durch
                                 										Elektrolyse, indem man einen elektrischen Strom durch die Flüssigkeiten leitet,
                                 										durch welchen sämmtliches Blei an der Anode als unlösliches Superoxyd abgelagert
                                 										wird.
                              Somit bietet die Entfernung des Bleies, dessen Anwesenheit in den fraglichen
                                 										Flüssigkeiten wohl Manchem bedenklich vorgekommen sein mochte, keine
                                 										Schwierigkeit.
                              
                           
                              (Schluſs folgt.)