| Titel: | Paul Simon's Walzverfahren zur Herstellung von Tafel- und Spiegelglas; von Dr. Emil Tscheuschner. | 
| Autor: | Emil Tscheuschner | 
| Fundstelle: | Band 274, Jahrgang 1889, S. 247 | 
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                        Paul Simon's Walzverfahren zur Herstellung von
                           								Tafel- und Spiegelglas; von Dr. Emil Tscheuschner.
                        Mit Abbildungen.
                        Simon's Walzverfahren zur Herstellung von Tafelglas.
                        
                     
                        
                           Seit der groſsen von Lucas de Nehou gegen das Ende des
                              									17. Jahrhunderts hervorgerufenen Umwälzung in der Fabrikation des Spiegelglases
                              									durch Einführung des Gieſsverfahrens in diese hat die Erzeugung von Glastafeln,
                              									sofern man die formgebende Behandlungsweise ausschlieſslich im Auge behält, nichts
                              									Neues aufzuweisen, obschon es an älteren und jüngeren Vorschlägen hierzu keineswegs
                              									mangelt. In diesen letzteren tritt insbesondere mehrfach die Idee zu Tage, das Glas
                              									in dem zähflüssigen, plastischen Zustande, in welchem die bei höherer Temperatur
                              									gebildete und geläuterte Schmelze durch mäſsige Abkühlung übergeführt werden kann
                              									und in welchem sie, wie in der Tafelglasfabrikation, auch auf dem gesammten Gebiete
                              									der Hohlglasfabrikation durch das Blasen zur Verarbeitung gelangt, zu Platten von
                              									beliebiger Flächenausdehnung und Stärke auszurecken, indem man dasselbe in ähnlicher
                              									Weise, wie dies bei der Herstellung von Metallblechen der Fall, nach und nach eine
                              									Reihe rotirender Walzenpaare mit allmählich abnehmenden Walzenabständen passiren
                              									läſst. Schon G. Mackay wollte 1854 zu dem Ende mehrere
                              									Walzenpaare mit wagerecht neben einander liegenden Walzen anwenden, auf deren
                              									oberstes das flüssige Glas ausgegossen werden sollte, um alsdann durch die senkrecht
                              									und parallel darunter liegenden, immer enger gestellten und dementsprechend
                              									schneller rotirenden Paare als bildsame Platte aufgenommen und weiter gestreckt zu
                              									werden. Ein ähnliches Verfahren schlug ferner Imbert
                              									1859 und Flamm 1866 vor, nur wollte der erstere das
                              									geschmolzene Material aus dem über die obersten Walzen geführten Hafen nach
                              									Entfernung eines im Boden desselben befindlichen Stöpsels ausflieſsen lassen,
                              									während der letztere, hierin schon den der jetzigen Wanne zu Grunde liegenden
                              									Gedanken andeutend, den ganzen Ofen zu einem einzigen hochstehenden Hafen
                              									gestaltete, aus dessen centraler Bodenöffnung das Glas ausflieſsen sollte, während
                              									in einer ringförmigen Vertiefung der Bodenperipherie etwaige Verunreinigungen
                              									zurückblieben. Weiterhin lieſs sich E. Picard in
                              									Brüssel 1887 eine Ausglühgalerie zum continuirlichen Kühlen eines Glasbandes von
                              									unbegrenzter Länge patentiren (D. R. P. Nr. 42036), welch letzteres gleichfalls
                              									durch einen Walzapparat gebildet wird. Zu dem Ende ist nach Fig. 1 unmittelbar über einem Walzenpaare WW, dessen Achsen parallel in einer Wagerechtebene liegen, ein
                              									Einguſstrichter T angeordnet, welcher in dem Maſse mit
                              									flüssigem Glase aus einem Wannenofen B gespeist wird,
                              									wie er andererseits dasselbe an die Walzen abgibt.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 274, S. 248
                              
                           Das aus den letzteren nach unten hin austretende Glasband wird
                              									von einer Anzahl von Führungsrollenpaaren rr
                              									aufgenommen, welche derart in einem Viertelskreisbogen liegen, daſs die parallelen
                              									Achslinien jeden Paares in eine Radialebene fallen. Nachdem das Glasband zwischen
                              									diesen Rollenpaaren einen Viertelskreis durchlaufen, gelangt es auf einen langen,
                              									von dicht neben einander in einer sehr wenig geneigten Ebene liegenden Tragrollen
                              									gebildeten Vorschubtisch der Kühlgalerie K, aus deren
                              									hinterem Ende erkaltet austretend es in Platten zerschnitten wird. Die Glasbahn wird
                              									beim Passiren der Galerie durch Richtwalzen W1 von etwaigen Wellen befreit und durch
                              									riemengetriebene Zugwalzen W2 fortbewegt.
                           
                           Der praktischen Durchführung aller dieser Vorschläge steht indessen von vornherein
                              									ein Umstand entgegen, welchen die Urheber jener nicht genügend berücksichtigt haben.
                              									Es läſst sich nämlich das Glas in demjenigen Zustande der Bildsamkeit, in welchem es
                              									zur Erzielung brauchbarer Glastafeln auf die Walzen gebracht werden muſs, mittels
                              									glatter Cylinder nicht verarbeiten, da es von den letzteren nicht mitgenommen wird,
                              									sondern in ähnlicher Weise, wie man dies auch bei Stücken fetten weichen Thones
                              									beobachten kann, nach ihrer Krümmung sich formend, auf ihnen spielt. Ist aber das
                              									Glas so weich, daſs es hinreichend tief in den Zwischenraum der Walzen eintritt, um
                              									von diesen erfaſst und nachgezogen zu werden, so erhält man Platten von jener stark
                              									rauhen Oberfläche des gegossenen und mit der Walze ausgebreiteten Spiegelglases,
                              									weil die weiche Masse unterhalb der Linie des stärksten Druckes beständig aus den
                              									Walzen hervorquillt.
                           Die bedeutenden ökonomischen Vortheile, welche für die Spiegel- und eventuell auch
                              									für die Tafelglasfabrikation sich ergeben muſsten, wenn es gelingen würde, beide
                              									Glassorten in der gedachten Weise zu erzeugen, veranlaſsten Paul Simon in Sulzbach-Saarbrücken zu einer Reihe von Versuchen zur
                              									Ermittelung eines zum Ziele führenden Verfahrens, und es fand derselbe endlich ein
                              									solches in der Anwendung längsgewellter parallel und wagerecht neben einander
                              									liegender Walzen, welche, durch Zahnräder entsprechend gekuppelt, bei der Drehung
                              									stets gleichen Durchgangsraum für die zu erzeugende Glastafel zwischen sich frei
                              									lassen. Derartige Walzen erfassen das Glas ohne Weiteres, mag ihnen dieses in
                              									Gestalt starker, gegossener und entsprechend erkalteter Blöcke, wie in Fig. 2, aus einem Fülltrichter, wie in Fig. 1, oder direkt von dem Boden einer Schmelzwanne
                              									zugeführt werden, indem sie gleichzeitig in den beiden letzteren Fällen den
                              									vielleicht zu trägen Zufluſs des Glases durch ihre kräftige Zugwirkung wirksam
                              									ergänzen. Sind die Walzen aus sorgfältig polirtem Metalle gefertigt, laufen sie bei
                              									genauer Profilirung und Lagerung, sowie unter dem Einflüsse exact gearbeiteter
                              									Kuppelzahnräder durchaus ruhig und gleichen Abstand einhaltend, sind sie
                              									entsprechend vorgewärmt und zur Verhütung eines jeden Anhaftens der weichen
                              									Glasmasse mit einem äuſserst dünnen Ueberzuge von Kohlenstaub, Oel, Wachs, Harz o.
                              									dgl. versehen, wie dies in gleicher Weise auch bei den Formen für Preſsglas der
                              									Fall, so lassen sich mit nur einem Paare derselben selbst dicke Guſsblöcke zu etwa
                              										1cm starken Tafeln von fast untadelhaft
                              									blanker Oberfläche auswalzen, die von einem unter den Walzen hinfahrenden Wagen
                              									aufgenommen, beim Ablegen auf diesen von etwaigen Wellen durch eine Streckwalze
                              									befreit und in den Kühlofen geschoben werden können.
                           Geht hiernach die Herstellung starker Spiegelgläser nach dem Simon'schen Verfahren in einfachster Weise von statten, so gewinnt das
                              									letztere in noch höherem Maſse an Interesse durch eine sinnreiche Erweiterung, welche seine Anwendung
                              									zur Erzeugung von schwachem Tafelglase in so vorzüglicher Weise ermöglicht, daſs man
                              									mit ziemlicher Bestimmtheit die gänzliche Verdrängung der jetzt üblichen
                              									Fabrikationsmethode des Streckens geblasener Walzen voraussagen darf. Ein weiteres
                              									Auswalzen der von dem ersten Walzenpaare gelieferten starken Platte durch ein
                              									zweites, vielleicht gar noch ein drittes senkrecht unter jenem in gewissem Abstande
                              									angeordnetes Paar mit engerer Durchgangsöffnung verbietet sich schon aus dem Grunde,
                              									weil das mehr und mehr erstarrende Glas eine weitere Pressung nicht erfahren könnte,
                              									ohne gleichzeitig eine solche Einbuſse an Glanz und Glätte zu erleiden, vermöge
                              									deren es zur Fensterverglasung durchaus unbrauchbar werden würde. Diese Erwägungen
                              									veranlaſsten Simon, das weitere Ausstrecken der
                              									Glasbahn zwar auch mit Hilfe von Walzen, aber unter Benutzung eines von denselben
                              									ausgeübten, der Ausdehnung des Glases beim Blasen in seiner Wirkung ähnelnden Zuges
                              									an Stelle des Druckes sich vollziehen zu lassen. Wollte man lediglich durch die
                              									Druckwirkung der Walzen die Streckung bewirken, so müſste die Umfangsgeschwindigkeit
                              									des zweiten Paares genau in demselben Verhältnisse diejenige des ersten Paares
                              									übertreffen, als beim Durchgange der Glasbahn durch das erstere deren Stärke
                              									vermindert werden, ihre Länge demnach zunehmen würde. Indem nun Simon die Umfangsgeschwindigkeit des zweiten Paares
                              									über jenes Verhältniſs hinaus um ein Gewisses vermehrt und somit den Walzen die
                              									Fähigkeit verleiht, eine Glasbahn von gröſserer Länge fortzuführen, als sie diese
                              									durch bloſses Auswalzen der beständig von oben her kommenden Glasmenge erzeugen,
                              									läſst er in dem zwischen beiden Walzenpaaren befindlichen Theile der Glasbahn eine
                              									Spannung entstehen, vermöge deren jene sich in ihrer ganzen Breite bis zur Deckung
                              									des vorhandenen Mancos auszieht.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 274, S. 250
                              
                           Da aber das letztere bei der Arbeit in jedem Augenblicke aufs
                              									Neue entsteht, so bleibt die Spannung constant und die Glasbahn wird daher
                              									fortwährend gleichmäſsig ausgezogen. In Folge dessen nimmt nach Fig. 2 die aus den oberen Walzen, den Preſswalzen,
                              									austretende weiche Masse schnell an Stärke ab, und hierbei in gleichem Maſse sich abkühlend, gewinnt
                              									sie bald solche Consistenz, daſs sie der vorhandenen Spannung zu widerstehen vermag
                              									und daher nicht mehr weiter ausgezogen wird, sondern die erlangte Stärke beibehält.
                              									Wie also beim Spinnen des Glases die Dicke des Fadens von dem mehr oder minder
                              									reichlichen Nachschmelzen des Glasstäbchens und der Umfangsgeschwindigkeit des
                              									Haspels abhängt, so wird auch bei dem Simon'schen
                              									Walzverfahren die Stärke der erhaltenen Glasbahn bei annähernd gleicher Consistenz
                              									des auf die Walzen gebrachten Glases durch das Verhältniſs zwischen den
                              									Umfangsgeschwindigkeiten der oberen Preſs- und der unteren Zugwalzen bedingt werden.
                              									Bei der Construction der Walzwerke muſs daher unbedingt dafür Sorge getragen werden,
                              									daſs dieses Verhältniſs auch während des Ganges schnell und leicht beliebig sich
                              									innerhalb gewisser Grenzen variiren lasse, und es wird bei dem geringen Aufwände von
                              									mechanischer Arbeit, welcher von den Zugwalzen verlangt wird, dieser Anforderung
                              									ohne Schwierigkeit entsprochen werden können. Bei dem schnellen Passiren der weichen
                              									Glasmasse durch die Preſswalzen wird deren blanke Oberfläche wenig oder gar nicht
                              									alterirt und selbst kleine Unebenheiten, welche sich bilden, verschwinden alsbald
                              									wieder bei dem nachfolgenden Ausziehen, analog etwa dem Vorgange bei der Herstellung
                              									von Flaschen mit gerieftem Halse, bei welcher die dem Posten auf der Riffelplatte
                              									eingedrückten Einkerbungen an den wenig aufgetriebenen Theilen des Halses fast
                              									unverändert sich erhalten, während sie auf dem anschlieſsenden Conus mehr und mehr
                              									sich verflachen und an dem weiten Bauche der Flasche gänzlich verschwinden. Durch
                              									das Ausziehen wird demnach das Glas völlig blank und transparent erhalten, wie beim
                              									Blasen der Tafelglaswalzen durch den Luftdruck, oder, in noch näher liegendem
                              									Vergleiche, wie bei der Mondglasfabrikation durch die Wirkung der
                              									Centrifugalkraft.
                           In der vorstehenden Beschreibung des Prozesses liegt gleichzeitig die Erklärung für
                              									den Umstand, daſs die Stärke der ausgezogenen Glasbahn um ein Weniges geringer
                              									ausfällt, als der Abstand der Zugwalzen beträgt, das Glas gleitet daher anstandslos
                              									durch die letzteren hindurch, auf deren Wellen nur so viel Halt findend, als zur
                              									gleichmäſsigen Fortführung erforderlich ist, von diesen aber in Bezug auf die
                              									tadellose Beschaffenheit seiner Oberfläche keineswegs schädlich beeinfluſst. Diese
                              									Wirkung der Walzen findet indessen eine nicht unwesentliche Unterstützung in einer
                              									eigenthümlichen Wulstbildung an den beiden Rändern der Glasbahn, vermöge deren die
                              									letztere etwa den in Fig. 3 gezeichneten Querschnitt
                              									annimmt. Diese Wülste werden von den Walzen erfaſst und sichern eine durchaus
                              									gleichmäſsige Streckung des Glases, wie sie andererseits nicht minder wichtig sind
                              									für die Führung der Glasbahn selbst. Die Entstehung dieser Wülste will Simon, einer mir gewordenen Mittheilung zufolge, in der
                              									Weise erklären, daſs „das von oben kommende Glas, sobald es erfaſst wird,
                                 										nirgends adhärirend, von der Mitte her gleichmäſsig laufend, in jedem Momente
                                 										seine Stützpunkte zu verlieren scheine, bis zu den Enden, wo das fortwährend
                                 											10mm stark aufkommende Glas alsdann stets
                                 										gleichmäſsig nachgezogen wird, während es, nicht genügend, den Abstand (der
                                 										Walzen nämlich) auszufüllen, in der Mitte fortwährend seinen Halt verliert“.
                              									Ich gebe diese mir nicht ganz verständliche Erklärung kritiklos wieder, bemerke
                              									aber, daſs man sich durch einen, von einem befreundeten Glastechniker angegebenen,
                              									sehr einfachen Versuch von der Entstehung der Wülste leicht p überzeugen kann.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 274, S. 252
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 274, S. 252
                              
                           Führt man nämlich ein Hefteisen tief in geschmolzenes Glas
                              									ein, faſst die an demselben haftende Masse, nachdem sie durch Abkühlung die nöthige
                              									Zähigkeit erlangt, mit einer breiten Flachzange und zieht sie nach Fig. 4 von dem Eisen ab, so bilden sich auch hier zu
                              									beiden Seiten die Wülste in ganz ähnlicher Weise wie beim Ausziehen mittels des Simon'schen Walzapparates, während das zwischenliegende
                              									Glasband durchaus eben ist. Die Wülste geben gleichzeitig Gelegenheit, den groſsen
                              									Fortschritt zu würdigen, welcher durch das Simon'sche
                              									Verfahren erreicht ist, indem sie in überzeugendster Weise den Unterschied zwischen
                              									ausgezogenem und gewalztem Glase vor Augen führen. Während nämlich, wie schon
                              									hervorgehoben, die Glasbahn, welche Simon bis zu 2m Breite herstellen will, durchaus blank und
                              									transparent bleibt, so weit sie, ohne eine Pressung zu erleiden, durch die Walzen
                              									gleitet, werden die übrigens nur ganz schmalen Ränder, die in der Stärke des
                              									Walzenabstandes aus den Wülsten gepreſst werden, rauh und undurchsichtig. Es erhellt
                              									hieraus gleichzeitig die Nothwendigkeit sehr genauer Profilirung, Lagerung und
                              									Montirung der Walzen, so daſs bei der Rotation der letzteren die freie
                              									Durchgangsöffnung unverändert bleibt; denn wenn die letztere in Folge irgend eines
                              									Fehlers veränderlich würde und zeitweilig unter das Mate der Glasstärke herabginge,
                              									so würde sich dieses alsbald in rauhen, undurchsichtigen Stellen der Glasoberfläche
                              									markiren, wie solche ja auch beim Preſsglase beobachtet werden können. Eine
                              									zuverlässige, leicht zu handhabende Stellvorrichtung zum Reguliren der
                              									Durchgangsöffnung wird daher gleichfalls nicht entbehrt werden können, wenn man
                              									eines tadellosen Functionirens des Apparates gewiſs sein will. Andererseits aber
                              									wird man von der, die blanke Oberfläche der Glasbahn sehr gleichmäſsig vernichtenden
                              									Wirkung einer etwas zu engen Durchgangsöffnung nützlichsten Gebrauch bei der
                              									Erzeugung von Kathedralglas machen können.
                           Ueber die weitere Behandlung der ausgewalzten oder vielmehr ausgezogenen Glastafeln
                              									bemerkt die Patentschrift, daſs dieselben entweder, wie bekannt, zwischen zwei
                              									Lineale gepreſst, abgetrennt und aufgehängt, oder auf eine schiefe Ebene, ein Band
                              									ohne Ende, auf Rollen, oder endlich auf einen unter den Walzen hinfahrenden Wagen
                              									abgelegt werden können, um sodann in den Kühlofen zu gelangen. Ich bin indessen
                              									ermächtigt, hinzuzufügen, daſs Simon die in Fig. 5 skizzirte Einrichtung auszuführen beabsichtigt.
                              									Zwischen zwei mit breiten Einfahrten versehenen 5 bis 10m langen Streck- und Kühlöfen S und S1 ist der
                              									Walzenapparat W eingebaut, unter welchem der
                              									Ablegewagen TT auf einem Geleise hin und her fährt.
                              									Sobald die von oben her aus den Ausziehwalzen austretende Glasbahn das vordere Ende
                              									des bereits im Vorgehen begriffenen Wagens erreicht, wird sie an dieses nach Fig. 2 angepreſst und legt sich nun bei entsprechender
                              									Geschwindigkeit des Wagens als ebene Tafel auf den Wagentisch auf. Ist der Wagen am
                              									Ende des Streckofens angekommen, so wird die auf demselben liegende Glasbahn auf
                              									Bänke B herübergezogen, um dort geglättet zu werden,
                              									während der Wagen seinen Rücklauf vollführt und die nächste Glasbahn in den
                              									gegenüberliegenden Streckofen transportirt. Beide Strecköfen sind bei GG mit Gasfeuerung versehen.
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 274, S. 253
                              
                           Das vorstehend in groſsen Umrissen skizzirte Simon'sche
                              									Verfahren zur Herstellung von Tafel- und Spiegelglas, welches in Deutschland (unter
                              									Nr. 49538), Belgien und Frankreich bereits patentirt worden, während die Patentirung
                              									in Oesterreich-Ungarn, England und Nordamerika demnächst zu erwarten ist, schlieſst
                              									gleichzeitig auch die Erzeugung von perforirtem Glase zu Ventilationszwecken unter
                              									Anwendung einer an ihrer Peripherie mit Stiften oder Hohlstanzen besetzten Walze in
                              									sich. Die Walzen haben in diesem Falle solchen Abstand, daſs die Stanzen der einen
                              									den Umfang der anderen gerade berühren und somit die durchpassirende Glasbahn
                              									durchlochen. Es wird sich empfehlen, zu diesem Zwecke ein besonderes cylindrisches
                              									Walzenpaar in den Apparat einzuschalten. Ferner lassen sich auch A. Fenner's unzerbrechliche Glasplatten mit
                              									eingepreſstem Geflechte (D. R. P. Nr. 46278) mit Hilfe des Simon'schen Apparates gewinnen, wenn man das Drahtgeflecht nach Fig. 6 von einem seitlich gelagerten Haspel aus
                              									gleichzeitig mit der Glasbahn zwischen die unteren Walzen einführt und den Abstand
                              									der letzteren, sowie deren Umlaufsgeschwindigkeit so wählt, daſs sie pressend auf
                              									die Glasbahn wirken und dieser somit das Drahtgeflecht incorporiren.
                           
                              
                              Fig. 6., Bd. 274, S. 254
                              
                           Das Simon'sche Verfahren zur Herstellung von Tafel- und
                              									Spiegelglas bezeichnet unzweifelhaft die genial ersonnene Lösung einer viel
                              									umworbenen Aufgabe. Es beseitigt endgültig die bei den übermäſsig gesteigerten
                              									Ansprüchen an die Gröſse der Glastafeln Gesundheit und Leben in bedenklichster Weise
                              									gefährdende Arbeit der Walzenbläser und stellt trotzdem, selbst wenn man zur
                              									Bedienung und Ueberwachung des Apparates eine Belegschaft von sechs Mann
                              									erforderlich erachtet, eine Ersparniſs von 0,25 M. für den Quadratmeter Glas in
                              									Aussicht. Möge daher dem Erfinder recht bald Gelegenheit geboten werden, seine
                              									jedenfalls sehr beachtenswerthen Ideen zu verwirklichen.