| Titel: | Bergbau, Aufbereitung und Hüttenwesen auf der Deutschen Allgemeinen Ausstellung für Unfallverhütung. | 
| Fundstelle: | Band 274, Jahrgang 1889, S. 360 | 
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                        Bergbau, Aufbereitung und Hüttenwesen auf der
                           								Deutschen Allgemeinen Ausstellung für Unfallverhütung.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 305 d.
                           								Bd.)
                        Deutsche Allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung in
                           								Berlin.
                        
                     
                        
                           B) Hüttenwesen. Die durch den Bergbau geförderten
                              									Kupferschiefer Werden auf den Rohhütten bei Eisleben, Helbra, Leimbach und Hettstedt
                              									zunächst behufs Entfernung des Bitumen- und Kohlensäuregehaltes in Haufen gebrannt
                              									und alsdann in Hochöfen auf Kupferrohstein verschmolzen. Dieser enthält 40 bis 45
                              									Proc. Cu, 0,20 bis 0,25 Proc. Ag und wird in Kilns zu Eckardt-Hütte bei Leimbach und
                              									Kupferkammer-Hütte bei Hettstedt abgeröstet, wobei die SO2 in Bleikammern zu Schwefelsäure verarbeitet wird.
                           Die weitere Schmelzung des gerösteten Rohsteines geschieht auf den Spurhütten Eckardt
                              									und Kupferkammer in Flammöfen und liefert einen Spur- oder Concentrationsstein von rund 75 Proc.
                              									Kupfer und 0,45 Proc. Silber.
                           Der in Stücke von Faustgröſse zerschlagene Spurstein wird alsdann in Kugelmühlen fein
                              									gemahlen und auf der Entsilberungsanstalt zu Gottesbelohnungshütte bei Hettstedt
                              									nach dem Ziervogel'schen Prozesse entsilbert. Das
                              									hierbei fallende Silber wird in Barren gegossen und kommt in dieser Form in den
                              									Handel. Aus den entsilberten Rückständen erfolgt endlich auf der Kupferhütte zu
                              									Gottesbelohnung die Darstellung des Kupferraffinades in Flammöfen. Auſserdem werden
                              									auf der Saigerhütte bei Hettstedt noch die vom Raffiniren der Rückstände fallenden
                              									Krätzen zu Walzraffinad verarbeitet. Endlich wird in der elektrolytischen Anstalt
                              									auf Oberhütte bei Eisleben chemisch reines Kupfer in Plattenform erzeugt.
                           Die vorstehend erwähnten Hochöfen, Kilns und Kugelmühlen sind durch Modelle auf der
                              									Ausstellung vertreten, nämlich:
                           7) Modell eines Hochofens und Gichtverschluſs an demselben. Um die Ofenarbeiter vor
                              									dem Einathmen der schädlichen Gichtgase (Stickstoff, Kohlensäure, 8 bis 25 Proc.
                              									Kohlenoxyd, Koks- und Kupferschieferkläre, Metalle und Metalloxyde) möglichst zu
                              									schützen, läſst man dieselben durch schmiedeeiserne Gasabführungsrohre unterhalb der
                              									Gichtverschlüsse in Flugstaubkammern treten, in welchen die Gase möglichst zur Ruhe
                              									kommen, abgekühlt, und von den mechanisch mitgerissenen Theilchen befreit werden.
                              									Die so gereinigten Gase leitet man unter die Feuerungen der Dampfkessel, um das CO
                              									zu CO2 zu verbrennen.
                           8) Modell eines Kilnsofens und Gichtverschluſs an demselben. Die beim Rohsteinrösten
                              									sich bildenden Gase (SO2) entweichen seit etwa 20
                              									Jahren nicht mehr in die Atmosphäre, sondern werden Bleikammern zugeführt.
                           Nachdem der Rohstein in würfelförmige Stücke von 30 bis 50mm zerschlagen ist, wobei die Arbeiter
                              									Drahtbrillen zum Schütze der Augen tragen, gelangt derselbe in Schachtöfen (Kilns)
                              									von fast 10l Fassungsraum, deren tägliche Leistung
                              									je 0,85 bis 1t,50 beträgt.
                           Gewöhnlich bildet eine Röstofengruppe zwei Reihen von je sechs bis neun dicht an
                              									einander stoſsender Kilns, welche unmittelbar unter den Ofengewölben durch Schlitze
                              									mit einander so in Verbindung stehen, daſs die Röstdämpfe von einem Ofen zum anderen
                              									übertreten und dann durch einen gemeinschaftlichen stehenden Kanal entweder den
                              									Bleikammern direkt zugehen oder zuvor durch einen Gloverthurm geleitet werden.
                              									Brennmaterial wird nur beim Anhängen der Kilns benutzt.
                           Der groſsen Neigung des Rohsteins zur Klotzbildung, welche die Abschwefelung stört
                              									und die Bearbeitung der Oefen erschwert, wird theils durch einen angemessenen Zusatz
                              									von Rost zum Rohstein, theils durch genau bemessenen Luftzutritt und langsame
                              									Fortbewegung der Röstgase mit Erfolg entgegengetreten, letztere enthalten bei normaler Röstung 4
                              									bis 5 Proc. SO2.
                           Das Ziehen des spurgaren Rostes, sowie das Aufgeben frischer Röstposten wiederholt
                              									sich bei der Abröstung bis zur gewöhnlichen Spurreife von 12 zu 12, bei der
                              									Darstellung von Extrarost für die Bottomarbeit von 18 zu 18 Stunden, sonst sind die
                              									Kilns geschlossen, d.h. die Thüren werden gut verstrichen und nur im untersten Thore
                              									bleibt ein Loch von 3cm Durchmesser für den
                              									Luftzutritt mehr oder weniger geöffnet.
                           Beim Füllen und Ziehen der Oefen haben die Arbeiter von Dämpfen nicht zu leiden.
                              									Zunächst erfolgen diese beiden Arbeiten nie gleichzeitig. Auſserdem zieht auch beim
                              									Entladen des spurreifen Rostes und dem Niederarbeiten der Ofenfüllung die äuſsere
                              									Luft in den Ofen ein und verhindert das Austreten von Röstgasen, während ein auf dem
                              									Ofen befindlicher Fülltrichter das Einlassen der frischen Röstpost vermittelt, es
                              									gleitet beim Heben der Verschluſsglocke der Stein von der steilen Trichterwandung
                              									rasch in den Ofen hinab, und bereits nach wenigen stunden wird schon wieder die
                              									Füllöffnung von der Glocke umschlossen.
                           Bei den neueren Ofenanlagen ist sogar der Fülltrichter mit einer Doppelglocke so
                              									verschlossen, daſs auch während des Einlassens der Röstpost Dämpfe durch die
                              									Füllöffnung nicht entweichen können.
                           Zu Kupferkammer-Hütte und zu Eckardt-Hütte sind im Ganzen 116 Kilns, 8
                              									Bleikammersysteme mit 34432cbm,18 Volumen, 8 Gay-Lussac-Thürme und 5 Gloverthürme vorhanden.
                           Die Bleikammerarbeit unterscheidet sich von der allgemein üblichen in keiner
                              									Weise.
                           9) Modell einer Kugelmühle zum Mahlen des Spursteines auf Gottesbelohnungshütte. Der
                              									behufs der Ziervogel'schen Silberextraction in Mehlform
                              									überzuführende Spurstein mit 75 Proc. Cu, welcher früher in Mahlgängen unter
                              									Entwickelung von viel Staub zerkleinert wurde, wird in Kugelmühlen zerkleinert.
                           Bei dem von Brückner und Gebrüder Sachsenberg construirten geflossenen Apparate enthält die
                              									Mantelfläche, auf welcher etwa 500k der im Inneren
                              									der rotirenden Trommel befindlichen Stahlkugeln abrollen, Schlitze oder Löcher,
                              									durch welche das Mahlgut von gewisser Gröſse dann in eine andere Abtheilung fallen
                              									kann, welche durch einen Mantel von Siebzeug geschlossen ist. Hier findet durch die
                              									Rotation zugleich ein Absieben des fertigen Mehles statt, während die Grobe durch
                              									einen besonderen schraubenförmigen Gang nochmals in die Mahlabtheilung zurückgeführt
                              									wird. Das Mehl wird unter vollständigem Verschlusse einem Elevator zugeführt, der es
                              									in einen gröſseren eisernen Vorrathskasten hebt. Die Hütte besitzt fünf Kugelmühlen,
                              									deren jede eine Leistungsfähigkeit von 500 bis 600k in der Stunde hat und etwa 12  Betriebskraft beansprucht.
                           
                           Nachdem das so hergestellte Mehl einem Vorrösten unterworfen ist, muſs es nochmals
                              									gemahlen werden, da durch die Hitze ein Zusammenbacken stattgefunden hat, welches
                              									dem weiteren Verfahren der Entsilberung sehr schadet. Auch hier hat sich die
                              									Kugelmühle als der beste Apparat erwiesen, die Zerkleinerung und das Absieben in
                              									einem geschlossenen Raume vorzunehmen. Es sind hierzu drei Mühlen in Thätigkeit. Da
                              									man es aber hier von vornherein mit einem stark staubförmigen Material zu thun hat,
                              									welches auf den menschlichen Organismus noch viel unangenehmer einwirkt als der
                              									Staub des Spursteinmehles, so muſste man den Kugelmühlen hier noch einen
                              									Staubcollector zufügen, welcher mit einem Aufsaugetrichter über der Aufgabeöffnung
                              									der Kugelmühle in Verbindung steht und so allen Staub aufsaugt, welcher sich beim
                              									Einwerfen in die Mühle erhebt.
                           Man hat den Staubcollector von Kreiss in Hamburg
                              									gewählt. Derselbe enthält in einem geschlossenen Kasten ein rotirendes Filter mit
                              									sehr groſser Filterfläche in Verbindung mit einem Doppelventilator. Der an der
                              									Filterfläche anhängende Staub wird selbsthätig abgeklopft und in einem Trichter
                              									gesammelt, während die gereinigte Luft durch ein Röhrchen aus dem Inneren der
                              									Filtertrommel ins Freie geführt wird. (Weiteres über Kugelmühlen siehe Schluſsnummer
                              									des Berichtes.)
                           Auſser den unter 1) bis 9) besprochenen in Modellen erläuterten Gegenständen ist
                              									noch
                           10) die Umladeeinrichtung auf Bahnhof Mansfeld, selbsthätiges Kippersystem der
                              									Gutehoffnungshütte, durch welches zehn Doppelwaggons à 200 Centner in einer Stunde
                              									umgeladen werden können, in Modell dargestellt. Ferner sind durch Zeichnungen
                           11) der unter Nr. 9 genannte Kreiss'sche
                              									Staubcollector,
                           12) die Einrichtungen der Gasbeleuchtung auf Gottesbelohnungshütte,
                           13) das Knappschaftslazareth und die Badeanstalt in Eisleben,
                           14) das Arbeiterbad auf Gottesbelohnungshütte, sowie
                           15) Schlaf- und Familienhäuser und
                           16) Aborteinrichtungen erläutert.
                           Endlich ist 17) noch eine graphische Darstellung der Mansfeld'schen Kupfer- und Silberproduction, der Verkaufspreise für die
                              									Tonne Kupfer und das Kilogramm Silber und der Arbeiterzahl in den Jahren 1788 bis
                              									1888 vorhanden.
                           In den von der Direction herausgegebenen Erläuterungen werden auch noch Mittheilungen
                              									gemacht über Signale bei der Schachtförderung, Telegraphen- und Telephonanlagen,
                              									Beleuchtung der Betriebsstätten mit elektrischem Lichte, Centralweichenstellapparate
                              									zur Sicherung des Bahnhofsverkehres, Einführung von Kaffee als Getränk, sowie über
                              									Wohlfahrtseinrichtungen (Knappschaftsverein, Roggenbonification,
                              									Unterstützungsfonds, Dörrien'sche Darlehenskasse,
                              									Sparkasse, Knappschatts-Berufsgenossenschaft) für die Arbeiter.
                           
                           Schlieſslich sei noch erwähnt, daſs die Production im J. 1888 271581,18 Centner
                              									Raffinad-Kupfer, 157392,4 Centner Feinsilber und 332420 Centner Schwefelsäure von
                              									50° B. betrug.
                           Am Schlusse des Jahres 1888 fanden durch den Betrieb der Mansfeld'schen Werke unmittelbar 54859 Personen ihren Unterhalt, wobei
                              									Beamte, Monatslöhner und Boten nicht mitgerechnet sind.
                           
                        
                           8) Mechernicher
                                 										Bergwerks-Actien-Verein.
                              								
                           Der Verein besitzt unter anderem eine vorzügliche Aufbereitung und eine mustergültige
                              									Hüttenanlage. Die Aufbereitungsanstalten bestehen aus zwei Vorwäschen und einem
                              									Pochwerke. In den beiden mit den Schachtanlagen auf „Schafsberg“ und
                              										„Virginia“ verbundenen Vorwäschen wird der in der Grube gewonnene und in
                              									diesen Anlagen zu Tage geförderte, 1 bis 3 Proc. Blei enthaltende Knottensandstein
                              									auf eine Menge verschiedenartiger Apparate geführt und hier bis zu 20 bis 24 Proc.
                              									Bleigehalt, sogen. Knotten, ein kleiner Theil, die feinkörnige Masse, auch bis zu 50
                              									Proc. Bleigehalt angereichert. Form und Ausstattung der Apparate sind an dem
                              									ausgestellten Modelle von der Vorwäsche „Schafsberg“ – 1/15 der
                              									natürlichen Gröſse – in ihren Einzelheiten dargestellt. Die Anlage ist meistens in
                              									Eisen construirt, die Wände und das Dach mit Zinkblech bekleidet, Gänge, Treppen,
                              									Fuſsböden u. dgl. geräumig und stark. Alle Zugänge sind mit Gitterthüren versehen.
                              									Wenn nun auch an den einzelnen Apparaten zahlreiche Schutzvorrichtungen vorhanden
                              									sind, so ist doch vorzugsweise die Anlage in ihrer Gesammtheit als eine
                              									Schutzeinrichtung im Groſsen anzusehen (vgl. Clausthaler Aufbereitung S. 200).
                           Ein Gleiches gilt von der Blei- und Silberhütte, welche in drei Theile, eine
                              									Röstofen-, Hochöfen- und Entsilberungsanlage zerfällt.
                           Die Röstofenanlage besteht nach der beigegebenen, von der Direktion verfaſsten
                              									Beschreibung in einer 322m langen und 16m breiten luftigen Halle, deren hintere Wand
                              									geschlossen, während die vordere von groſsen Bogenöffnungen durchbrochen ist. Das
                              									Dach ist an der Firste auf der ganzen Länge des Gebäudes hin durchbrochen. In dieser
                              									gepflasterten Halle sind 18 doppelsöhlige Flammofen neben einander aufgestellt. Der
                              									Vorplatz wird durch elektrische Lampen, das Gebäude selbst durch Gaslicht
                              									erleuchtet. Die Hüttengase werden durch einen Kanal, an den sich
                              									Condensationskammern von 10015cbm Inhalt
                              									anschlieſsen und zwei Kamine in der Höhe von 66 bezieh. 75m anschlieſsen, in die Atmosphäre geführt.
                           Die Hochöfen- und Entsilberungsanlage befindet sich in einem Gebäude 39m,5 nördlich der Röstanlage und umfaſst eine
                              									bebaute Fläche von 5315qm. Sie ist mit der
                              									Röstofenanlage durch ein Netz von schmalspurige Bahnen verbunden, welches unter
                              									einer, auf guſseisernen Säulen Senden, normalspurigen Hochbahn, auf welcher die
                              									Anfuhr des Verhüttungsmaterials stattfindet, hinführt. 10m,8 über dieser Hochbahn befindet sich die zur Anfuhr des Kalksteines
                              									dienende Drahtseilbahn. Die Einrichtung und Eintheilung ist an dem ausgestellten
                              									Profilrisse näher zu ersehen. Die Bauart des Hochofengebäudes ist ähnlich der des
                              									Röstgebäudes, die hintere Wand geschlossen, die vordere und der Dachstuhl
                              									durchbrochen. Ebenso ist der Vorplatz vor den Hochöfen mit elektrischer, im Inneren
                              									derselben mit Gasbeleuchtung versehen, dagegen ist in der Abtheilung für die
                              									Entsilberung auch das Innere der an das Hochofengebäude anschlieſsenden Halle, in
                              									welcher die Kessel für die Entsilberung aufgestellt sind, mit elektrischen Lampen
                              									bei Dunkelheit erleuchtet. Insgesammt sind acht Siemens'sche Differentiallampen von je 350 Kerzenstärken aufgestellt. Die
                              									Hochöfen werden durch Chargirtrichter beschickt, unterhalb deren Einmündung in den
                              									Ofen der Flugstaub von einem weiten Kanäle aufgenommen, durch ein
                              									Condensationskammersystem von 23900cbm Hohlraum
                              									geführt und durch die hierin zahlreich eingehangenen Platten von Eisenblech zum
                              									Niederschlagen gebracht wird (vgl. D. R. P. Nr. 17513, 20666 und 26006). Das hiermit
                              									dem Abzüge der Gase bereitete Hinderniſs wird durch einen am Ende der Kammern
                              									hergestellten 134m,6 hohen Kamin wirksam
                              									beseitigt.
                           Die Gewölbe der Kammern sind mit zahlreichen Luftlöchern versehen, die während des
                              									Betriebes der Hochöfen mit eisernen Platten geschlossen, beim Reinigen der Kammern
                              									aber geöffnet werden, um frische Luft einzuführen. Das Reinigen der Eisenplatten von
                              									dem Flugstaube geschieht mit einer besonderen Vorrichtung, welche auſserhalb der
                              									Kanäle in Function gesetzt wird, bevor diese geöffnet werden. Diese Einrichtung
                              									bildet einen wichtigen Zweig der Gewerbehygiene für die Bleihütte und deren
                              									Umgebung, indem der in früherer Zeit durch den Kamin fortgeführte und in gröſserer
                              									oder geringerer Entfernung von demselben niederschlagende bleihaltige Flugstaub in
                              									den Kammern bis auf ein kleines Maſs zurückgehalten wird, dabei aber Gase in den
                              									Hüttenräumen kaum nachzuweisen sind. Ein kleiner Theil des Systems ist an einem
                              									zweiten ausgestellten Modelle veranschaulicht.
                           
                              (Schluſs folgt.)