| Titel: | Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. | 
| Autor: | C. J. Lintner | 
| Fundstelle: | Band 274, Jahrgang 1889, S. 424 | 
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                        Ueber Fortschritte in der
                           								Bierbrauerei.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 376 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildung.
                        Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei.
                        
                     
                        
                           II. Würze.
                              								
                           Ueber einen praktischen Vergleichsversuch betreffend den
                                 										Kohlenverbrauch mit direktem Feuer und Dampfkochung im Sudhause berichtet
                              										W. Goslich (Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6
                              									S. 701). Der Versuch wurde ausgeführt in der Schöneberger Schloſsbrauerei in Berlin
                              									mit einer Dampfpfanne, welche für eine Brauerei in Buenos-Ayres bestimmt, von dem
                              									Fabrikanten F. W. Pest zur Verfügung gestellt
                              									wurde.
                           Ueber die Art der Versuchsanstellung auf den Originalbericht verweisend, mögen hier
                              									die Ergebnisse angeführt werden, wie dieselben W.
                                 										Goslich selbst zusammenfaſste:
                           1) In dem alten Sudhause werden jetzt sowohl mit der Maischals auch mit der
                              									Bierpfanne so wenig Kohlen verbraucht, wie ich noch nicht Gelegenheit gehabt habe,
                              									nachzuweisen.
                           Wenn man die beiden verwendeten Kohlensorten umrechnet auf böhmische Braunkohlen von
                              									5000 W.-E., so werden für das Maischekochen 652k
                              									und für das Würzekochen 548k, zusammen 1200k gebraucht. Da zu dem Sude 2500k (50 Centner) Malz verarbeitet werden, kommen auf
                              										100k Malz 50k Kohle. Im Durchschnitt gebrauchen die Brauereien nach der Statistik der
                              										Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin
                              										94k Kohle für 100k Malz.
                           2) Trotz dieser wenigen Kohlen, welche zum direkten Feuern der Pfanne nöthig sind,
                              									ist der Kohlen verbrauch der Dampfpfanne noch wesentlich geringer.
                           Die zum Dampfsud verfeuerten Kohlen, ebenfalls auf böhmische Kohlen von 5000 W.-E.
                              									umgerechnet, ergeben für das Maischekochen 633k
                              									und für das Würzekochen 372k, zusammen 1005k.
                           Für 100k Malz werden also 41k Kohlen gebraucht; dies ist noch eine Ersparniſs
                              									von 18 Proc.
                           Gegenüber dem Kohlenverbrauche der Durchschnittsbrauereien ist eine Ersparniſs von 56
                              									Proc. durch Dampfkochung nachgewiesen.
                           
                           Ueber die Beschaffenheit der bei dem vorstehenden Versuche
                                 										erzielten Biere berichtet O. Reinke l. c. S.
                              									902. Bezüglich der Beschreibung des Maische- und Würzekochverfahrens auf das
                              									Original verweisend, möge hier folgendes mitgetheilt werden: Die Zeitdauer des
                              									Sudprozesses war nach dem Dampfverfahren etwas gröſser, bedingt durch die Neuheit
                              									der Manipulationen. Die Biere kochten sich mit Hopfen gleich gut, die Ausbeute war
                              									in allen Fällen gleich hoch (65 Proc. vom Malze). Die Biere wurden mittels
                              									Berieselungskühlapparates bis auf 3½° R. (3,9° C.) gekühlt, erhielten auf 1hl etwa ⅔l
                              									dickbreiiger Hefe derselben Art, erwärmten sich im Gährkeller bis auf 5¾° R. (7,2°
                              									C.) und wurden nach 12 Tagen bei einem gleichen Vergährungsgrad von 49 Proc. mit
                              										3½° R. (3,90 C.) in den Lagerkeller übergeführt.
                              									Die Krausen-, sowie Deckenbildung war bei dem Dampfbier etwas leichter. Der Zeug war
                              									bei dem Feuerbier straff und kurz, beim Dampfbier kurz, aber mehr suppig.
                           Die Biere wurden im Lagerkeller in den gleichen Abtheilungen auf frisch gepichte
                              									Fässer gefüllt und gelangten nach 48 Tagen zur Ausgabe. Die chemischen Analysen der
                              									Würzen und Biere ergaben keine nennenswerthen Unterschiede.
                           Zur Feststellung etwaiger feinerer Unterschiede im Geschmacke wurden die Biere in
                              									verschiedenen Ausschanklokalen der Brauerei verzapft. Aeuſserungen über abweichenden
                              									Geschmack wurden seitens des consumirenden Publikums nicht laut.
                           Ferner wurden einer gröſseren Gesellschaft von Brauereidirigenten, Braumeistern,
                              									Fabrikanten und sonstigen Interessenten die gleichmäſsig verzapften Biere zwecks
                              									Geschmackprüfung ohne specielle Bezeichnung, jedoch durch Zeichen unterschieden,
                              									vorgesetzt.
                           Von 43 Kostenden haben 3 das Feuerbier richtig, 14 dagegen falsch bezeichnet, während
                              									26 sich der näheren Angabe enthielten. 8 bezeichneten das Feuerbier als feiner, 13
                              									dasselbe als weniger fein. Die Kostprobe ergab somit deutlich genug, daſs
                              									thatsächlich kein Unterschied im Geschmacke des Dampfbieres und des Feuerbieres
                              									bestand, entgegen einem weit verbreiteten Vorurtheil, wonach die Dampfbiere weniger
                              									vollmundig sein sollen.
                           
                        
                           III. Gährung.
                              								
                           Bemerkungen zu Foth's Abhandlung
                                 										über den Einfluſs der Kohlensäure auf die Gährthätigkeit der Hefe von Just. Chr. Holm (Zeitschrift für das gesammte
                                 										Brauwesen, 1889 Bd. 12 S. 301). Holm kritisirt
                              									die Foth'schen Versuche (1887 265 273) und sucht darzuthun, daſs die Schluſsfolgerungen Foth's unrichtig sind. In der Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 844, hält Foth seine Beweisführung aufrecht. Nachdem Holm kein neues experimentelles Material beibringt,
                              									jedoch Versuche in Aussicht stellt, welche im physiologischen Laboratorium
                              									Carlsbergs ausgeführt werden sollen, so begnügen wir uns hier vorläufig mit dem
                              									Hinweis auf die angeführten Auseinandersetzungen.
                           
                           Ueber Heferassen und Vergährungsgrad von E. W. L–d. (Svenska
                                 										Bryggarföreningens Månadsblad; referirt in Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S. 823). Man hat angenommen, daſs
                              									eine hoch oder niedrig vergährende Hefe ihre Eigenschaften in ungleichen
                              									Nährlösungen oder mit anderen Worten in verschiedenen Brauereien beibehält, insofern
                              									dort die Würze aus lichtem Malze hergestellt wird; daſs dies aber nicht immer der
                              									Fall ist, konnte L. während der diesjährigen
                              									Braucampagne beobachten. Die bekannte reinkultivirte Carlsberger Rasse I hat in allen dem Verfasser bekannten Brauereien stets
                              									einen höheren, die Rasse II einen niedrigeren Vergährungsgrad ergeben; aber auch ein
                              									entgegengesetztes Verhalten hat stattgefunden.
                           Der Verlauf einiger Parallelgährungen mit Würze hergestellt aus lichtem, bei 60° R.
                              									abgedarrtem Malz war folgender: Zwei Schankbiergebräue wurden auf je zwei
                              									Gährbottiche vertheilt und mit den oben genannten Hefen angestellt, welche beide
                              									zweimal abgewässert wurden. Unter Zusatz der gleichen Hefemenge und sonst gleichen
                              									Verhältnissen verlief die Hauptgährung folgendermaſsen:
                           
                              
                                 
                                 Gebräu vom 18. Oktober
                                 vom 25. October 1888
                                 
                              
                                 
                                 Rasse I
                                 Rasse II
                                 Rasse I
                                 Rasse II
                                 
                              
                                 
                                 Proc. Balling
                                 Proc. Balling
                                 
                              
                                 Ursprünglicher Extractgehalt
                                 13,2
                                 13,2
                                 13,0
                                 13,0
                                 
                              
                                 Saccharometeranzeige
                                   6,7
                                   5,1
                                   7,1
                                   5,5
                                 
                              
                                 Scheinbarer Vergährungsgrad
                                 49,2
                                 61,4
                                 45,4
                                 57,7
                                 
                              
                                 Differenz
                                 12,2
                                 12,3
                                 
                              
                           Die Hauptgährung wurde als beendet angesehen, als das Saccharometer nur noch eine
                              									geringe Verminderung des Extractgehaltes, höchstens 0,2 bis 0,3 Proc. Ball, von
                              									einem Tag zum anderen anzeigte.
                           Die äuſseren Gährungserscheinungen behielten im Uebrigen ihre für die bezeichneten
                              									Rassen eigenthümlichen Merkmale bei: unebene, niedrige und mit kahlen Stellen
                              									versehene Kräusenbildung bei I und ebene,
                              									auſsergewöhnlich hohe, sowie besonders schöne Kräusenbildung bei II.
                           Eine bekannte Annahme ist auch, daſs eine niedrig vergährende Hefe im Allgemeinen die
                              									Temperatur der Würze während der Hauptgährung nicht in dem Grade zu erhöhen vermag,
                              									wie eine stark vergährende unter sonst gleichen Verhältnissen. Dieses Verhalten
                              									zeigte sich auch hier; denn in dem mit Rasse II angestellten Bottich stieg die
                              									Temperatur 1 bis 1½° R. (1,2 bis 1,9° C.) höher als in dem mit Rasse I angestellten.
                           Apparat zum Sterilisiren von Filtermasse, sowie zum Waschen
                                 										und Aufziehen der Hefe von Julius
                                 									Grözinger-Reutlingen (D. R. P. Nr. 48501 vom 20. September 1888). Derselbe
                              									besteht aus einem kupfernen, innen verzinnten Gefäſse, welches auf eisernen Füſsen
                              									ruht und mit einem kupfernen Deckel durch Bügelschrauben hermetisch verschlossen
                              									ist.
                           
                           Um Luft und Dampf zur Verminderung des Drucks ablassen zu können, hat der Deckel
                              									einen Lufthahn und ein Sicherheitsventil.
                           Im Inneren des Apparates ist eine lösbare bogenförmige Scheidewand derart angeordnet,
                              									daſs dieselbe das Gefäſs nach einer Richtung stark verengt und durch ihre Form der
                              									zu waschenden und zu sterilisirenden Filtermasse eine gewisse Richtung zur
                              									fortwährenden, zwangsläufigen Kreisbewegung gibt. Im Boden des Gefäſses ist ein
                              									Rohrgebläse von neuer und eigenthümlicher Construction angeordnet. In einer Art
                              									Mundstück mit conischem Auslauf ist ein mehrgängiges Gewinde (Züge) eingeschnitten.
                              									Der offene Raum des Mundstücks ist durch einen lose in ihm liegenden Metallkegel
                              									ausgefüllt, so daſs durchströmender Dampf, heiſse Luft oder überhitztes Wasser,
                              									indem sie den Kegel an die Wandungen des Mundstückes pressen, nur die
                              									eingeschnittenen Züge passiren können und so in eine rotirende Bewegung
                              									gerathen.
                           Die in dem Gefäſse befindliche Filtermasse wird ebenfalls durch den einströmenden
                              									Dampf u.s.w. in eine rotirende Bewegung gebracht und über die Scheidewand gehoben;
                              									sie fällt zurück und macht auf diese Weise einen beliebig lange dauernden Kreislauf
                              									durch, während dessen sie wiederholt mit dem einströmenden Sterilisirungs- oder
                              									Waschmittel in Berührung kommt.
                           Das in der Filtermasse enthaltene Wasser kann schlieſslich durch ein in das Gefäſs
                              									gelegtes und durch mehrere Filzschichten beliebig verdichtetes Sieb abgelassen
                              									werden, ohne daſs ein Verlust an Filtermasse entsteht; die Entfernung des Wassers
                              									kann durch Luftdruck beschleunigt werden.
                           Der Apparat läſst sich, wenn man in das Rührgebläse kalte Luft oder kaltes Wasser
                              									bringt, angeblich auch zum Waschen und Lüften von Hefe benutzen (vgl. Allgemeine Brauer- und Hopfenzeitung, 1889 Bd. 29 S.
                              									1793).
                           
                        
                           IV. Bier.
                              								
                           Ueber die Fehlergrenze der abgekürzten Formel zur Berechnung
                                 										den ursprünglichen Extractgehaltes von Dr. Holzner
                                 										(Zeitschrift für das gerammte Brauwesen, 1889 Bd. 12 S. 277). Die von Balling abgeleitete Formel zur Berechnung des
                              									Extractgehaltes der angestellten Würze nach den Hauptbestand theilen der gegohrenen
                              									Flüssigkeit lautet bekanntlich
                              										e=\frac{\varepsilon+2,0665\,A}{1+0,010665\,A}.
                           In dieser Formel bezeichnet e den ursprünglichen Extract
                              									in Gewichtsprocenten, ε den wahren Extractrest des
                              									Bieres (ohne Kohlensäure), A die
                              									Alkoholgewichtsprocente.
                           Sehr häufig wird die abgekürzte Formel e = ε +2 A angewendet.
                           Holzner zeigt nun, wie bei Anwendung der abgekürzten
                              									Formel der Fehler x zu berechnen ist und, daſs derselbe
                              									nicht eine constante Gröſse, sondern eine Function von ε und A ist, da aber ε selbst wieder von A abhängt, so kann x
                              									als eine Function des procentischen Alkoholgehaltes allein betrachtet werden.
                           Es ist somit unmöglich durch eine einfache Correctur den Fehler, welchen die
                              									abgekürzte Formel enthält, zu eliminiren. Man kann nur einen mittleren Werth
                              									berechnen, indem man für ε und A verschiedene Gröſsen setzt. In diesem Falle ist aber das Einfachste, die
                              									Resultate nach der ursprünglichen und nach der abgekürzten Formel mit einander zu
                              									vergleichen.
                           Holzner findet nun, daſs man bei Lagerbieren einen
                              									ziemlich genauen Näherungswerth erhält, wenn man x ==
                              									0,3 oder e = ε + 2 A – 0,3 setzt.
                           Aehnliche Mittelwerthe für x lassen sich bei anderen
                              									Biersorten berechnen, z.B. x = 0,2 für 12 procentige
                              									Winterbiere, x = 0,11 für 10 procentige Biere, H = 0,45 für 16 procentige Biere u.s.f.
                           Bei sehr schwachen Bieren wird x additiv. Da aber hier
                              									der absolute Werth sehr klein ist, so kann er ganz auſser Beachtung bleiben.
                           Ein neues Verfahren der Glycerinbestimmung in Wein und
                                 										Bier von Hans Graf v.
                                 										Törring (Zeitschrift für angewandte Chemie, 1889 S. 362, vgl. auch l. c. S.
                              									110; Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1889 Bd.
                              									12 S. 330). Nach einer eingehenden Kritik der bisher üblichen
                              									Glycerinbestimmungsmethoden beschreibt Törring das neue
                              									Verfahren, welches sich im Biere und in Weinen von mehr als 5 Proc. Extract
                              									folgendermaſsen gestaltet:
                           50cc Bier bezieh. 15cc Wein werden auf dem Wasserbade auf etwa 10cc eingeengt, nach der Abkühlung 15g
                              									gebrannter Gyps allmählich hinzugefügt; die zu erhärten beginnende Masse wird gut
                              									verrührt und das schlieſslich erhaltene Pulver im Heberextractionsapparate – also
                              									heiſs – sechs Stunden lang mit absolutem Alkohol ausgelaugt.
                           Statt dessen empfiehlt es sich auch 50cc Bier (beim
                              									Wein 15cc direkt ohne vorausgehende Einengung) auf
                              									dem Wasserbade auf etwa 20cc einzuengen und diese
                              									in zwei Filtrirpapierstreifen von je 50cm Länge
                              									und 6cm Breite (wie bei der Adam'schen Fettbestimmungsmethode gebräuchliche)
                              									aufzunehmen. Die Streifen werden zu diesem Zwecke durch die in einer möglichst
                              									flachen Porzellanschale befindliche Flüssigkeit hindurchgezogen, bis alles
                              									aufgesogen ist, hierauf wird der Rückstand noch mit etwas Wasser aufgenommen und der
                              									Prozeſs des Durchziehens wiederholt. Die Streifen werden bei 40° getrocknet,
                              									zusammengerollt, in eine Papierhülse gesteckt und mittels absoluten Alkohols im
                              									Heberextractionsapparate vier Stunden ausgelaugt. Der alkoholische Auszug wird
                              									hierauf unter Zusatz von 15 bis 25cc Wasser –
                              									letzteres um eine Glycerinverflüchtigung zu verhindern – bis zur völligen Verjagung
                              									des Alkohols erhitzt und die erhaltene nun wässerige Glycerin u.a. enthaltende
                              									Lösung der Destillation unterworfen.
                           Bei Weinen von unter 5 Proc. Extractgehalt vereinfacht sich das Verfahren dadurch, daſs die eben
                              									beschriebene Reinigung nicht nothwendig ist. Es ist hierbei nur der Alkohol völlig
                              									zu entfernen.
                           Die Destillationsvorrichtung (Textfigur) besteht aus einer vor der Lampe geblasenen
                              									etwa 100cc fassenden Retorte mit Tubulus, welche
                              									in einem passenden kleinen Luftbade von Eisenblech ruht. Der Retortenhals ist
                              									mittels Kautschukstöpsels mit dem erweiterten Rohrstücke eines Liebig'schen Kühlers verbunden (äuſseres Wasserrohr
                              									etwa 16cm lang). Die Erweiterung hat die in der
                              									Nebenfigur angegebene Form, um ein ungehindertes Abflieſsen des in geringer Menge
                              									auftretenden Destillates zu ermöglichen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 274, S. 429
                              
                           Das nach abwärts gebogene untere Endstück des Kühlrohres ist mittels
                              									Kautschukstöpsels mit einem als Vorlage dienenden starkwandigen Erlenmeyer'schen Kölbchen verbunden, welches
                              									andererseits durch ein Knierohr mit der Wasserluftpumpe in Verbindung steht;
                              									zwischen beiden ist ein Quecksilbermanometer eingeschaltet. Die Wasserluftpumpe
                              									muſsdie Luftverdünnung bis auf die Tension des Wasserdampfes herstellen können.
                           Nachdem die wässerige Rohglycerinlösung durch den Tubulus in die Retorte gefüllt ist,
                              									wird dieselbe mit einem der Länge nach durchbohrten weichen Kork verschlossen, in
                              									dessen Bohrung ein mit Vaselin eingefettetes zugespitztes Glasstäbchen steckt. Man
                              									destillirt zuerst ohne Anwendung des Vacuums das Wasser bei 150 bis 170° ab, dann im
                              									Vacuum bei 190 bis 210° das Glycerin, welches meist innerhalb einer Stunde
                              									übergeht.
                           Um die nach beendigter Destillation im Retortenhalse und im Kühlrohre haftenden
                              									Glycerinreste in die Vorlage zu bringen, läſst man durch die Bohrung des Korkes mit
                              									einer Pipette 3 bis 4cc Wasser in die Retorte
                              									flieſsen und destillirt ohne Vacuum und nach Entfernung des Kühlwassers bei 150 bis
                              									170° weiter. Sollten trotzdem noch Spuren von Glycerin zurückbleiben, so nimmt man
                              									die Spritzflasche zu Hilfe.
                           Das schwach gelblich gefärbte, etwa 10 bis 11cc
                              									betragende Destillat wird in der Vorlage Dach Diez behandelt, indem die
                              									nicht mehr als 0g,2 Glycerin enthaltende 0,5 bis
                              									1,0 procentige Glycerinlösung mit 5cc
                              									Benzoylchlorid und 35cc 10 procentiger Natronlauge
                              									unter wiederholter Abkühlung längere Zeit kräftig geschüttelt wird, bis das
                              									ausgeschiedene Glycerinbenzoat hart geworden ist. Um die angegebenen
                              									Concentrationsverhältnisse einhalten zu können, wird der Vorlagekolben tarirt und
                              									das Destillat gewogen bezieh. durch Verdampfen auf dem Wasserbade oder durch
                              									Wasserzugabe die Flüssigkeitsmenge geregelt. Die hart
                              									gewordene Masse wird schlieſslich nach dem Zerreiben in der alkalischen Flüssigkeit
                              									auf einem gewogenen Filter gesammelt, mit Wasser gewaschen und nach 2 bis 3 Stunden
                              									bei 100° getrocknet.
                           Zur Berechnung des Glycerins aus dem Estergemenge findet die Diez'sche (von Törring bestätigte)
                              									Verhältniſszahl Anwendung, nach welcher 0,385 Benzoat = 0,1 Glycerin.
                           Bei der Destillation von Bier gehen zuweilen geringe Mengen einer in heiſsem Alkohol
                              									und Aether löslichen, in Wasser unlöslichen sich fettig anfühlenden Substanz über.
                              									Das Destillat muſs, da diese Substanz die Esterbildung stört, in diesem Falle
                              									filtrirt werden.
                           Mit der Destillation combinirt gibt die Diez'sche
                              									Methode richtige Werthe. Ohne dieselbe kann sie bei Bier wegen der sonst schwierig
                              									zu entfernenden Kohlenhydrate nicht angewendet werden. Vier Biere einerseits nach
                              									der Destillationsmethode (A), andererseits nach der in den „Vereinbarungen der bayerischen Vertreter der angewandten Chemie“
                              									(Berlin 1885, Julius Springer) angegebenen Methode (B)
                              									untersucht, gaben folgende Werthe:
                           
                              
                                 
                                 
                                 Glycerinprocente
                                 
                                 
                              
                                 Herkunft des Bieres
                                 Alkohol
                                 A
                                 B
                                 In Wasser lösl.Theil von B
                                 
                              
                                 Münchener
                                 Pschorr-Schenkbier
                                 I
                                 4,12
                                 0,105
                                 0,105
                                 0,0036
                                 
                              
                                 „
                                        „             „
                                 II
                                 3,95
                                 0,101
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 „
                                 Weiſsbier (Schramm)
                                 3,75
                                 0,194
                                 0,084
                                 0,060
                                 
                              
                                 „
                                 Spaten-Exportbier
                                 
                                 5,46
                                 0,118
                                 0,062
                                 0,042
                                 
                              
                           Nimmt man die nach der Destillationsmethode erhaltenen Zahlen als richtige an, so
                              									zeigt es sich, daſs bei der Methode B ein groſser Theil des vorhandenen Glycerins
                              									nicht zur Wägung kommt, also während der Operation verloren geht, daſs aber dieser
                              									Fehler theilweise (einmal sogar völlig) durch den Gehalt des „Glycerins“ an
                              									verunreinigenden Substanzen ausgeglichen wird. Dieser Fehler haftet bekanntlich den
                              									meisten der übrigen Glycerinbestimmungsmethoden an.
                           Wenn auch streng genommen nicht in diesen Bericht gehörig, mögen noch 5 Weinanalysen
                              									hier Platz finden:
                           
                              
                                 
                                 Herkunft des Weines
                                 Extract
                                 Alkohol
                                 Glycerin
                                 
                              
                                 direkt destillirt
                                     Deidesheimer    Bordeaux
                                 1,9692,266
                                 9,0010,52
                                 0,59000,5848
                                 
                              
                                 nach erfolgter Extraction
                                     Boxbeutel    Marsala    Malaga
                                 2,3255,61915,680
                                 11,0017,619,2
                                 0,87260,77520,7535
                                 
                              
                           
                           Ueber das Vorkommen von schwefliger Säure im Biere von
                              										F. Pfeifer. Vorläufige Mittheilung (Zeitschrift für das gesammte Brauwesen, 1889 Bd. 12 S.
                              									345). Verfasser kommt bei seinen Versuchen zu folgenden Schluſsfolgerungen:
                           1) Die im Biere vorkommende schweflige Säure stammt nur zum geringsten Theile vom
                              									geschwefelten Hopfen, wenn von diesem überhaupt etwas ins Bier übergeht.
                           2) Dieselbe scheint vielmehr ein Gährungsproduct (?) zu sein und tritt als solches
                              									sowohl in gährenden Bierwürzen, wie auch in gährenden Zuckerlösungen auf.
                           3) Die Menge von schwefliger Säure in gährenden Flüssigkeiten nimmt mit dem
                              									Fortschreiten der Gährung zu.
                           Unter dem Titel „Zur wissenschaftlichen Regelung der Bier frage“ veröffentlicht J. Samelson in der Chemiker-Zeitung, 1889 Bd. 13 S. 757, einen Aufsatz, in welchem er auf
                              									Grund von 30 in seinem Laboratorium ausgeführten (mehr oder weniger unrichtigen)
                              									Bieranalysen eine Reihe von Forderungen für die Beurtheilung der Biere aufstellte
                              									und zwar sollen dieselben sich gründen auf den Vergährungsgrad, den Säuregehalt, den
                              									Glyceringehalt, den Aschengehalt, den Phosphorsäuregehalt (!). In dem ganzen
                              									Aufsatze, wie namentlich in seinen Forderungen für die Beschaffenheit der Biere
                              									bekundet Samelson, daſs er nur wenig vertraut ist mit
                              									der Bierbrauerei und dem Wesen des Bieres. Thatsächlich existirt eine Bierfrage im
                              									Sinne Samelson's überhaupt nicht und wir können Windisch nur vollkommen beipflichten, wenn er in einer
                              									durchaus sachgemäſsen Kritik des Samelson'schen
                              									Aufsatzes (Wochenschrift für Brauerei, 1889 Bd. 6 S.
                              									805) sagt: „Die Verschiedenheit und wechselnde Beschaffenheit der Rohmaterialien,
                                 										die doch mit maſsgebend ist für die Zusammensetzung des fertigen Productes, die
                                 										verschiedenartigste Behandlungsweise der Rohmaterialien im Brennereibetriebe vom
                                 										Weichstock bis zum Lagerfaſs, die auſserordentlich vielen Sorten Bier, die
                                 										heutzutage hergestellt werden und sich von einander durch ganz charakteristische
                                 										Eigenschaften unterscheiden, verbieten es jedem mit der Brauerei nur
                                 										einigermaſsen Vertrauten von selbst „das Bier“ bezüglich seiner Reinheit
                                 										und Verkehrszulässigkeit in enge Grenzen zu zwängen, die sehr leicht nach der
                                 										einen und anderen Seite hin überschritten werden können.“
                           Eine im letzten Berichte in Aussicht gestellte Mittheilung über Apparate der Berliner Ausstellung zur Verhütung der
                                 										Infection in der Brauerei ist durch einen eingehenden Bericht des Herrn Prof. F.
                                 										Schwarz (1889 274 65 und 123), auf den hiemit
                              									verwiesen wird, erledigt worden.
                           C. J. Lintner.