| Titel: | Bernhard Enzmann's Telephon-Relais für Morseschrift. | 
| Fundstelle: | Band 275, Jahrgang 1890, S. 26 | 
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                        Bernhard Enzmann's Telephon-Relais für
                           								Morseschrift.
                        Mit Abbildungen.
                        Enzmann's Telephon-Relais für Morseschrift.
                        
                     
                        
                           Während man bei der sonst üblichen Erzeugung von Morse-Schrift jedes Morse-Elementarzeichen (Punkt
                              									oder Strich) durch ein einziges Strompaar erzeugt, und dabei in den Schreibapparaten
                              									der erste Strom des Paares den schreibenden Theil an den Papierstreifen heranbewegt,
                              									der zweite aber ihn in seine Ruhelage zurückführt, wogegen in den Morse-Klopfern die
                              									beiden Ströme die Anziehung und die Losreiſsung des polarisirten Ankers eines
                              									Elektromagnetes veranlassen und dadurch zwei knackende Töne, die den Anfang und das
                              									Ende des Zeichens markiren, und für ein geübtes Ohr (ebenso leicht unterscheidbar
                              									sind, wie das Knacken bei jeder Schlieſsung und jeder Unterbrechung eines durch die
                              									Rollen eines Telephons gesendeten Stromes, verwendet der Vorstand der kaiserl.
                              									brasilianischen Telegraphenwerkstatt, Bernhard Enzmann
                              									in Rio de Janeiro, zum Niederschreiben von Morse-Zeichen auf einen Papierstreifen mittels seines in Deutschland (D. R. P.
                              									Kl. 21 Nr. 49421 vom 18. August 1888) und in anderen Ländern patentirten
                              									Telephon-Relais für jedes Elementarzeichen eine Reihe von elektroelektrischen
                              									Inductionsströmen, deren Dauer der zum Niederschreiben des Zeichens erforderlichen
                              									Zeit gleicht.Vgl. u.a.: E. Gray's Harmonischer Telegraph,
                                    											1875 218 529. 1877 225
                                    											* 46, W. Cooke's Telephonischer Wecker, 1878
                                    												229 * 268. Edison,
                                       												Wiley Smith und Gilliland, Zugstelegraph, 1886 259 548. J. P. Zigang's
                                       												Elektrische Trompete, 1887 264 492. Ader, 1888 269
                                    											611.
                           
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 275, S. 27
                              
                           Im empfangenden Amte läſst Enzmann die Wechselströme in
                              									einem Telephon-Relais wirken, von welchem Fig. 1
                              									einen Schnitt zeigt. Auf den beiden Polen des an der Rückwand mittels der Schraube
                              										P befestigten aufrechten Hufeisenmagnetes S aus Stahl sitzen neben einander die Kerne zweier
                              									Elektromagnetspulen, welche mittels zweier Klemmen V in
                              									die Telegraphenleitung eingeschaltet werden. Vor den freien Kernenden ist die runde
                              									Eisenplatte Q im Gehäuse befestigt, welche die durch
                              									die Spulen laufenden Wechselströme in Schwingungen versetzen. Am Gehäuse ist ferner
                              									oben ein kleiner, leicht um seine Achse schwingender Winkelhebel s angebracht; dieser legt sich mit seiner Spitze gegen
                              									die Platte Q an, und es wird der Druck, womit dies
                              									geschieht, mittels einer Stellschraube q regulirt und
                              									nach Befinden durch ein kleines, hinter q aufgestecktes
                              									Messinggewicht; an der Contactstelle sind s und Q mit Platin belegt. Während nun die Platte Q schwingt und der Hebel s
                              									durch sie ebenfalls zu Schwingungen angeregt wird, ist natürlich der Contact
                              									zwischen Q und s weniger
                              									innig, als während beide ruhig an einander gepreſst sind. Wenn daher von zwei andern
                              									Klemmen aus ein Localstrom durch Q und s geleitet wird, so wird derselbe durch die aus der
                              									Linie ankommenden Wechselstromfolgen ganz merklich geschwächt. Würde man daher in
                              									den Localstromkreis einen auf Ruhestrom arbeitenden Morse einschalten, so würde derselbe die durch die längeren und kürzeren
                              									Wechselstromfolgen telegraphirten Zeichen niederschreiben. Enzmann benutzt aber das Relais in etwas anderer Weise. Er verwendet im
                              									Localstromkreise einen Arbeitsstrom-Morse, und stellt
                              									zu dessen Elektromagnetrollen einen Nebenschluſs her, in welchen er die Platte Q und den Hebel s legt;
                              									wenn dann die Schwingungen der Platte den Widerstand im Nebenschlusse ansehnlich
                              									erhöhen, so wächst die Stärke des durch die Rollen gehenden Stromzweiges, und der
                              										Morse wird schreiben.Eine ähnliche Anordnung und die nämliche Localschaltung hat F. van Rysselberghe für seinen phonischen
                                    											Rufapparat gewählt, der auch mit Wechselströmen arbeitet. Vgl. E. Buel's Téléphonie et Télégraphie
                                       												simultanées, Brüssel 1885 S. 153 und Taf. V und VI. – Nach einer
                                    											Bemerkung in Lumière Electrique, Bd. 33 S. 328,
                                    											hat auch Sieur eine gleiche Localschaltung
                                    											vorgeschlagen.
                           Die Batterie, welche den Strom für den Morse liefert,
                              									wird zugleich – und zwar
                              									ebenfalls nur im Localschlusse – zur Erzeugung der Wechselströme benutzt; es ist
                              									dazu nur ein einfacher Kurbelumschalter nöthig. Die Batterie wird dann nämlich durch
                              									die primäre Wickelung eines Inductors geschlossen, welcher mit einem Wagner'schen Hammer ausgerüstet ist; der Hammer löst
                              									daher den Localstrom in eine kürzere oder längere Folge von Stromstöſsen auf, und
                              									letztere erregen in der secundären Wickelung des Inductors Wechselstrompaare, welche
                              									der Telegraphenleitung zugeführt werden.
                           Durch diese doppelte Verwendung der Batterie und den Umstand, daſs dieselbe stets nur
                              									im Localschlusse arbeitet, wird eine bedeutende Ersparniſs erzielt. Bei der
                              									Empfindlichkeit des Telephon-Relais kann man für eine Linie von 100 bis 500 Ohm
                              									Widerstand gut mit 2 bis 8 groſsen Meidinger-Elementen
                              									auskommen.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 275, S. 28
                              
                           Im gebenden Amte benutzt Enzmann einen gewöhnlichen Morse-Taster H (Fig. 2), auf dessen Grundbrette jedoch noch zwei
                              									Messingfedern f1 und
                              										f2 angebracht sind,
                              									die von links und rechts her unter den Tasterhebel U
                              									reichen und beim Niederdrücken dieses Hebels durch die in denselben eingesetzte, am
                              									unteren Ende mit einem isolirenden Stifte ausgerüstete Schraube q mit einander in Berührung gebracht werden, bevor der
                              									Hebel den Arbeitscontact a erreicht.
                           Fig. 2 zeigt (nach der Zeitschrift für Elektrotechnik, 1889 * S. 521) die Gesammtanordnung eines
                              									Amtes. In seiner Ruhelage auf c schaltet H den Elektromagnet M des
                              									Telephon-Relais R in die Leitung L ein. Steht die Kurbel des Umschalters U auf G, so wird mittels
                              									der Drähte g, g, g die Batterie B durch die primäre Wickelung des Inductors J
                              									und den am Inductor angebrachten Selbstunterbrecher k
                              									geschlossen, sobald beim Niederdrücken des Tasterhebels H die Schraube q die beiden Federn f1 und f2 auf einander legt.
                              									Erreicht gleich darauf H den Arbeitscontact a, so ist für die in der secundären Wickelung von J erzeugten Wechselströme der geschlossene Stromweg LHaJE hergestellt. Bei jedem Niederdrücken des
                              									Tasterhebels H sendet also der Taster T eine Folge von Wechselströmen in die Leitung, deren
                              									Dauer der Zeit des Niederdrückens entspricht.
                           Wenn nun im empfangenden Amte die Kurbel des Umschalters U ebenfalls auf G steht, so bietet der dort
                              									auf dem Ruhecontacte c liegende Tasterhebel H den aus L ankommenden
                              									Wechselströmen zwar einen Weg durch die Rollen des Telephon-Elektromagnetes M zur Erde M; eine
                              									Schlieſsung der im empfangenden Amte befindlichen Batterie kann aber nicht
                              									eintreten, und deshalb kann auch im empfangenden Amte das Telephon R nur ähnlich wie ein Klopfer wirken, und wird nur Töne
                              									erzeugen, deren Länge von der Dauer des Niederdrückens des Tasters im gebenden Amte
                              									abhängt. Es werden also diese Töne – abweichend von der bekannten, durch das bereits
                              									erwähnte Knacken im Telephon bewirkten Beförderung von hörbaren Morse-Zeichen – je nach ihrer Länge die Morse-Punkte und -Striche ersetzen.
                           Ist dagegen im empfangenden Amte die Kurbel des Umschalters auf N gestellt, so ist dadurch die Batterie B mittels der Drähte n, n
                              									durch den Morse-Apparat A
                              									geschlossen und zugleich zu den Elektromagnetrollen desselben noch eine
                              									Nebenschlieſsung v, v hergestellt, in welcher die
                              									Platte Q des Telephon-Relais R und der auf derselben ruhende Winkelhebel s
                              									liegt. Der Morse A wird daher schreiben, so bald und so
                              									lange eine aus der Linie L ankommende Wechselstromfolge
                              									die Platte Q in Schwingungen versetzt und in dem
                              									Stromzweige v, v den Widerstand so erhöht, daſs der
                              									Elektromagnet des Morse A seinen Anker anzuziehen
                              									vermag.
                           Natürlich könnte an Stelle des Morse A auch irgend ein
                              									anderer Zeichenempfänger benutzt werden, welcher sich für die von Enzmann gewählte Localschaltung eignet.