| Titel: | Ueber Dampfkessel; von Prof. H. Gollner in Prag. | 
| Autor: | H. Gollner | 
| Fundstelle: | Band 275, Jahrgang 1890, S. 60 | 
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                        Ueber Dampfkessel; von Prof. H. Gollner in
                           								Prag.
                        (Fortsetzung des Berichtes Bd. 269 * S.
                           								481.)
                        Mit Abbildungen.
                        Gollner, über Dampfkessel.
                        
                     
                        
                           Die Neuerungen auf dem Gebiete der Construction und Ausnützung der sogen. Sicherheitsarmatur für Dampfkessel, deren
                              									Einzeleinrichtungen theils durch gesetzliche Bestimmungen, theils durch die
                              									Forderungen des praktischen Kesselbetriebes hinsichtlich ihrer Art und Anzahl
                              									festgestellt sind, lassen das anerkennenswerthe Bestreben nachweisen, die nöthigen
                              									Armaturstücke derart auszubilden, daſs diese die gröſstmögliche Einfachheit in der
                              									Anordnung und Ausführung sowie für die Verwendung selbst zeigen, wodurch auch der
                              									Grad der Sicherheit für den Betrieb und Bestand des damit versehenen Dampfkessels
                              									wesentlich erhöht wird. In dem gekennzeichneten Bestreben mag auch die so vielfach nachzuweisende Absicht
                              									begründet sein, gewisse Einrichtungen, die bestimmt zur sogen. Sicherheitsarmatur
                              									der Dampfkessel zu zählen sind, nämlich die „Speisevorrichtungen“ mit
                              									selbsthätiger Wirkungsweise auszustatten, um derart der unverläſslichen, daher
                              									unsicheren Wartung durch den Kesselheizer entbehren zu können. Die Erfahrung spricht
                              									im Allgemeinen gegen derartige Einrichtungen, und
                              									empfiehlt die Regelung der Speisewasserzuführung für Dampfkessel durch einen
                              									entsprechend vorgebildeten und erprobten Heizer.
                           Es muſs sichergestellt werden, daſs einige der in die Praxis eingeführten bezüglichen
                              									Einrichtungen eine entschiedene Klarheit wie Einfachheit ihres Entwurfes und ihrer
                              									Ausführung zeigen, so daſs die Annahme eines gesicherten selbsthätigen Betriebes
                              									ganz begründet erscheint; dies gilt insbesondere von jenen Einrichtungen, welche
                              									noch eine Reinigung des Speisewassers zu vermitteln im Stande sind, wobei also noch
                              									die Voraussetzung begründet ist, daſs durch den eigentlichen
                              										„Speiseregulator“ lediglich gereinigtes Wasser strömt, wodurch die
                              									Sicherheit der regelmäſsigen Wirkungsweise der Gesammteinrichtung zweifelsohne
                              									wesentlich erhöht wird.
                           In Hinsicht der Ventile wäre auf Neuerungen für Sicherheits-, und Reducirventile
                              									hinzuweisen, die im Folgenden zunächst hervorgehoben werden sollen.
                           American Machinist vom 13. November 1886 theilt ein
                              									eigenthümliches Verhalten eines Sicherheitsventils mit, welches an einem alten
                              									Locomotivkessel angeordnet war, mehr als 10 Jahre im Gebrauche stand. Der Hebel des
                              									Ventils und das Belastungsgewicht desselben waren für 8at Kesselspannung bestimmt worden; die regelmäſsige Belastung des Ventils
                              									bezieh. die Stellung des Gewichtes entsprach einem Kesselüberdrucke von 4at, welcher auch erhalten werden sollte. Nachdem
                              									der Kessel neuerdings in Betrieb gesetzt wurde, zeigte sich nach zwei bis
                              									dreiwöchentlichem Gebrauche desselben folgende auffällige Erscheinung am Ventile.
                              									Der Ventilhebel nahm die höchste Lage an, das Belastungsgewicht befand sich auf der
                              									Marke des Ventilhebels, entsprechend dem Kesselüberdrucke von 8at, während am Ventil selbst nur ein geringer
                              									Dampfverlust wahrgenommen werden konnte. Der Wasserstand im Kessel war ein normaler.
                              									Der Hebel des Sicherheitsventils konnte nunmehr ohne groſse Kraftanstrengung in
                              									seine regelmäſsige Lage niedergedrückt werden, doch kaum freigelassen, kehrte er
                              									langsam in seine frühere äuſserste Lage zurück, ohne daſs eine Zunahme der schon
                              									früher bemerkten Dampfausströmung zunächst dem Ventile wahrgenommen werden konnte.
                              									Dieses Experiment wurde mehrere Male wiederholt und stets dasselbe Resultat erzielt.
                              									Nun wurde das Sicherheitsventil nach gänzlicher Auſserbetriebsetzung des
                              									Dampfkessels abgenommen und genau untersucht. Es ergab sich, daſs der Ventilsitz
                              									nicht genügend fest in den zugehörigen Stutzen des
                              									Ventilgehäuses eingepaſst war; dadurch war möglich, daſs selbst der regelmäſsige Dampfüberdruck
                              									das Ventil sammt dem Ventilsitze, also auch den Ventilhebel trotz dessen gröſster
                              									Belastung erheben konnte, bis der letztere durch seine Führungsstütze aufgehalten
                              									wurde.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 275, S. 62
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 275, S. 62
                              
                           Engineering (Juli 1887) berichtet über ein von Schäffer und Budenberg in Manchester ausgeführtes
                              									verbessertes Reductionsventil (Fig. 1 und 2). Dasselbe besteht im Wesentlichen aus dem
                              									Kolbenventil K, welches durch die Feder f auf seinen Sitz gedrückt und mittels des Handrädchens
                              										h bewegt werden kann. Dieses Kolbenventil
                              									vermittelt den gewünschten Spannungsabfall des zu
                              									leitenden Dampfes, welcher eben durch das Reductionsventil erreicht werden soll. Ein
                              									zweiter Hauptbestandtheil der ganzen Einrichtung ist das eigenthümlich ausgebildete
                              									Absperrventil A, welches mittels des Handrädchens H bethätigt wird. Durch A
                              									wird gleichsam die Dampfmenge geregelt, welche mit
                              									einer entsprechend verminderten Spannung durch das
                              									Ventil flieſsen soll. Ein Manometer M zeigt den
                              									erreichten Spannungsabfall an. Es ist zu bemerken, daſs die Bewegung des Kolbens K mittels L auf ein sogen.
                              										„Rotations“-Ventil übertragen wird, welches als drehbarer Sitz des
                              									Ventils A angesehen werden kann. In diesem Drehsitze,
                              									wie in der in der Richtung der Achse des Ventils A
                              									verschiebbaren Ventilhaube sind rechteckige Oeffnungen angeordnet, welche sowohl
                              									durch Drehung des Ventilsitzes, d. i. durch Bewegung des Kolbens K, als auch durch Verschiebung der Ventilhaube mittels
                              										H vergröſsert bezieh. verkleinert werden können.
                              									Ist K in seiner tiefsten Lage, B ganz nach links zurückgezogen, so findet kein Spannungsfall statt, die bezeichneten Oeffnungen im Ventilsitze und
                              									Haube stimmen dann hinsichtlich ihrer Lage völlig überein, die gröſste Dampfmenge flieſst durch das Ventil; durch Erhebung von K und gleichzeitige Bethätigung von H in der Richtung nach rechts wird einerseits, und zwar
                              									in Folge der Verengung der bezeichneten Kanäle in der Richtung des Umfanges, die
                              										Dampfdrosselung erzielt, andererseits durch
                              									Verkürzung der Kanallängen die Menge des mit
                              									verminderter Spannung durch das Ventil flieſsenden Leitungsdampfes geregelt. Der
                              									Schluſs des Absperrventils bedingt bei beliebigen Stellungen von K die Abstellung des Dampfabflusses. Das in Fig. 1 und 2
                              									vorgeführte „Reductions“-Ventil ist befähigt noch zufriedenstellend zu
                              									wirken, wenn auch nur sehr geringe Dampfmengen durchgeleitet werden sollen.
                           Ueber die in neuester Zeit ausgeführten Vervollkommnungen auf dem Gebiete der sogen.
                              									feineren Sicherheitsarmatur für Dampfkessel, ferner über die in Anwendung kommenden
                              									Schutzvorrichtungen für Wasserstandsanzeiger spricht sich Ingenieur G. Jellinek im Praktischen
                                 										Maschinen-Constructeur, 1887 20. Jahrg. S. 9 u. f., in sehr ausführlicher
                              									und durchaus sachgemäſser Weise aus. Die kritischen Bemerkungen über ältere
                              									Armaturstücke werden durch Vorführung neuer und erprobter Einrichtungen besonders
                              									für die sichere Anzeige des Kesselwasserstandes und ihrer Schutzvorrichtungen
                              									ergänzt und hierbei insonderheit auf die Ausführungen von Dreyer, Rosenkranz und Droop, auf jene von Klein,
                                 										Schanzlin und Becker, ferner von Weinmann und
                                 										Lange, Strube und Lejeune u.s.w. gebührend Rücksicht genommen. Von den
                              									angegebenen zahlreichen Einrichtungen wäre jene bezüglich der Dampf- und Wasserhähne
                              									für Wasserstandsgläser mit „Schmiervorrichtung“ hervorzuheben, welche in der That eine
                              									fortschrittliche Entwickelung aufweist, welche sich bewährte, weiters die
                              									Einrichtung der sogen. Probirhähne zu nennen, mittels welcher diese
                              									Wasserstandszeiger behufs sicherer Erkennung des augenblicklichen
                              									Kesselwasserstandes mit einer Dreheinrichtung um ihre Längsachse, d. i. mit einem
                              									drehbaren „Heberrohr“ versehen sind.
                           The Engineer, 1887 Bd. 63, berichtet über ein von Eddington und Stevenson von Chelmford eingeführtes
                              									Wasserstandsglas mit Wasserstandshähnen, welches in folgenden Hinsichten
                              									vortheilhaft erscheint. Die Einrichtung, für feststehende und bewegliche Dampfkessel
                              									erprobt, läſst nach Fig. 3 erkennen, daſs 1) zwischen
                              									dem Glase und der mit dem Kessel zu verbindenden Hahnflansche der übliche
                              										„Hals“ fehlt, wodurch einerseits das Glas näher an den Kessel gebracht
                              									wird, andererseits die gewöhnliche Verschwächung wichtiger Querschnitte vermieden
                              									und hierdurch die Festigkeit der ganzen Einrichtung wesentlich erhöht wird; daſs 2)
                              									der ganze Apparat aus einem Stücke hergestellt ist,
                              									wodurch eine völlige Uebereinstimmung der Achsen der Stopfbüchsen erreicht und die
                              									Hauptursache des Glasbruches vermieden wird; daſs 3) das Glas in einfachster Weise
                              									eingespannt werden kann, wodurch auch die Anzahl der Bestandtheile der ganzen
                              									Einrichtung verringert wird; daſs 4) durch die eigenartige Anordnung des unteren Wasserweges und wegen
                              									des Fehlens der üblichen Flanschen der Stand des Wassers erkannt werden kann, bis
                              									derselbe unter die Oeffnung a in der Kessel wand
                              									gesunken ist; daſs die erforderlichen Kanäle überhaupt sehr kurz und daher um so
                              									sicherer sind, sowie die Einstellung der ganzen Einrichtung an verschiedene Kessel
                              									in der kürzesten Zeit und mit den einfachsten Mitteln möglich ist.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 275, S. 64
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 275, S. 64
                              
                           Es möge noch die im American Machinist, 7. Mai 1887,
                              									beschriebene, von der Reliance Gauge Company in
                              									Cleveland ausgeführte Sicherheits-Wasserstandssäule mit Schwimmer und Signalpfeife
                              									genannt werden, welche bestimmt ist, den niederst zulässigen Wasserstand im Kessel
                              									nach auſsen durch Tönen anzuzeigen. Diese Wasserstandszeiger sind noch mit dem
                              									Standglase, sowie mit zwei bis drei Probirhähnen ausgerüstet.
                           Die Anwendung von Glimmerstreifen statt des gewöhnlichen cylindrischen Glases für
                              									Wasserstandszeiger kennzeichnet die dem Thomas H. Check
                              									in Chattanooga (Tenn.) patentirte Einrichtung.
                           Glaser's Annalen für Gewerbe und
                                 										Bauwesen theilt in Nr. 232, Februar 1887, eine von der Actiengesellschaft
                              										Schäffer und Walker in Berlin ausgeführte
                              									Schutzvorrichtung für Federmanometer mit, deren Einrichtung aus Fig. 4 zu ersehen ist. Die beiden Behälter A und B sind durch die
                              									Oeffnung C in Verbindung gesetzt, bei D tritt der Dampfdruck ein, bei E wird das Manometer (oder Vacuummeter) befestigt. Die ganze Einrichtung
                              									hat, wie sofort ersichtlich, den Zweck zu erreichen, daſs die in den Leitungen und
                              									Gefäſsen vorkommenden, sich oft sehr rasch entwickelnden Druckschwankungen ohne Stoſs auf die eigentliche Manometereinrichtung
                              									übertragen werden.
                           Der Techniker, 1887 S. 34, führt noch eine eigenartige
                              									aber sehr empfehlenswerthe Schutzvorrichtung für verschiedene Armaturtheile, wie
                              									Wasserstandsgläser, Manometer u.s.w. an, die unter dem Namen „Mackedon's Sicherheitsstutzen und Ventil“
                              									bekannt und durch Fig. 5 dargestellt ist. Die
                              									Hauptbestandtheile sind das Ventil v sammt Gestänge,
                              									die Schraube s, die Muffe A, der Kniestutzen S. Die Einrichtung hat den
                              									Zweck, das Einsetzen der einzelnen Armaturtheile ohne Dampfverlust zu vermitteln. Die Wirkungsweise
                              									der Mackedon'schen Einrichtung ist folgende, wenn etwa
                              									ein Manometer abgenommen und ersetzt werden soll. Kniestutzen S mit s wird aus A etwas herausgeschraubt, bis Ventil v an seinen Sitz gelangt dasselbe wird sodann durch den
                              									Dampfdruck dichtend festgehalten; nun wird s entfernt,
                              									dann kann S vollständig abgeschraubt werden, ohne daſs
                              									ein Dampfverlust eintritt (Mackedon Safeti Plug and Valve
                                 										Co., Chicago).
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 275, S. 65
                              
                           Auf dem Gebiete der sogen. Speiseregulatoren für
                              									Dampfkessel sind zahlreiche Neuerungen zu verzeichnen, welche das begründete
                              									Bestreben zeigen, die Einrichtungen in möglichster Einfachheit herzustellen und
                              									derart die Sicherheit ihrer selbsthätigen Wirkungsweise so zu erhöhen, daſs bei
                              									sachgemäſser Wirkung durchaus zuverlässige Einrichtungen gewonnen werden. Wie die
                              									verschiedenen Vorschläge für die Construction derselben und einschlägigen
                              									Versuchsergebnisse erkennen lassen, ist der Gedanke der selbsthätigen Speisung eines
                              									Dampfkessels bei Veränderung eines bestimmten Wasserstandes im Kessel mit Vortheil
                              									zu verwirklichen. Alle hierher gehörigen Einrichtungen zeigen als nothwendige
                              									Hauptbestandtheile 1) eine in irgend einer Form ausgebildete Speisepumpe
                              									(Dampf-Stoſspumpe, Injector u. dgl.), ferner 2) einen gewissen Zwischenapparat,
                              									welcher durch die Aenderung des regelmäſsigen Wasserstandes im Kessel angeregt, auf
                              									Bethätigung oder Abstellung der bezeichneten Speisevorrichtung rückwirkt. In den
                              									meisten Fällen ist der sub 2 gekennzeichnete Hauptbestandtheil durch einen Schwimmer
                              									gegeben, welcher der Einwirkung des veränderlichen Wasserstandes unmittelbar
                              									ausgesetzt ist; auſser den Schwimmern kommen auch sogen. „Dehnrohre“ und
                              									besondere „Dampfentwickler“, welche in der Höhe des mittleren Wasserstandes
                              									eines selbsthätig zu speisenden Dampfkessels angeordnet sind, zur Verwendung.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)