| Titel: | Die Fabrikation der Aluminium-Company zu Oldbury bei Birmingham. | 
| Autor: | Leo | 
| Fundstelle: | Band 275, Jahrgang 1890, S. 323 | 
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                        Die Fabrikation der Aluminium-Company zu Oldbury
                              								bei Birmingham.Auszug aus einem Vortrage des Prof. H. Roscoe in
                                 											„the Royal Institution of Great Britain“ im Mai 1889.
                           							
                        Fabrikation der Aluminium-Company zu Oldbury.
                        
                     
                        
                           Es hat im Laufe dieses Jahrhunderts der Mühe und Arbeit zahlreicher Chemiker bedurft,
                              									um das zu ermitteln und festzustellen, was man heute bezüglich des Metalles
                              										„Aluminium“ kennt, und die Metallurgie desselben auf ihren heutigen Stand
                              									zu erheben.
                           Schon im J. 1807 versuchte Davy mit Hilfe des
                              									elektrischen Stromes Aluminiumoxyd zu reduciren; leider vergebens. Oerstedt, ein Däne, machte 1824 auf die Möglichkeit
                              									aufmerksam, daſs das Metall durch Behandlung seines Chlorids mit einem Alkalimetalle
                              									erzeugt werden könne; diesen Fingerzeig benutzte Wähler
                              									1827 und noch vollständiger verfolgte er ihn 1845. Bunsen zeigte 1854 die Darstellung des Aluminiums auf elektrolytischem
                              									Wege, aber erst Henry St. Claire Deville stellte
                              									dasselbe so rein und in solcher Menge dar, daſs seine werthvollen Eigenschaften zu
                              									erkennen und zu schätzen waren. Ein Block dieses silberweiſsen Thonmetalles gehörte
                              									im J. 1855 zu den Wundern der Chemie in der Ausstellung zu Paris. Nach dieser Zeit
                              									traten die Arbeiten englischer und amerikanischer Chemiker und Metallurgen in die
                              									Erscheinung.
                           
                           Der von Oerstedt erfundene, von Wähler benutzte und von Deville modificirte
                              									Prozeſs blieb bis heute im Prinzipe unverändert: das Metall wird wie früher durch
                              									Reduction des Doppelchlorids AlNaCl4 mit
                              									metallischem Natrium unter Zusatz von Kryolith erzeugt. Es ist deshalb nicht gerade
                              									eine neue Reaction, über die man heute sprechen kann, es sind vielmehr nur die
                              									Verbesserungen gegen die altbekannte.
                           Um zu erkennen, wie groſs die Fortschritte gegen 1855, als das Pfund Aluminiummetall
                              									für 48 Pfd. Sterl. verkauft wurde, sind, bedarf es nur zu erfahren, daſs dasselbe
                              									heute von der Aluminium-Company in ihrer Fabrik zu
                              									Oldbury, nahe Birmingham, tonnenweis producirt und zum Preise von 20 Schilling das
                              									Pfund verkauft wird.
                           Die dem amerikanischen Metallurgen Castner zu
                              									verdankenden Verbesserungen sind von höchster Wichtigkeit für die
                              									Aluminiumdarstellung und man darf das ganze Verfahren daher jetzt mit Recht mit dem
                              									Namen: Deville-Castner-Prozeſs belegen.
                           Bis zum Jahre 1887 überstieg die Jahresproduction an Aluminium wahrscheinlich 10000
                              									Pfd. nicht. Zur Darstellung dieses Quantums muſsten etwa 100000 Pfd. Doppelchlorid
                              									und 40000 Pfd. Natrium fabricirt werden. Diese Zahlen setzen die Bedeutung der von
                              									der Aluminium-Company ins Leben gerufenen Unternehmung
                              									ins hellste Licht: dieselbe vermag im Jahre 100000 Pfd. Aluminium zu produciren;
                              									dazu aber sind erforderlich und von ihr zu erzeugen: 400000 Pfd. Natrium, 800000
                              									Pfd. Chlor und 1000000 Pfd. Doppelchlorid, und zwar müssen diese Stoffe zu sehr
                              									niedrigen Selbstkosten dargestellt werden, wenn die Compagnie beim Pfundpreise von
                              									20 Schill, für das Aluminium mit Gewinn arbeiten soll.
                           Ihre Fabrikanlagen überdecken eine Fläche von 22000qm und zerfallen in fünf Abtheilungen: für Darstellung von Natrium, von
                              									Chlor, von Doppelchlorid, von Aluminium und endlich für die Gieſserei, Walzerei,
                              									Mühlen u.s.w.
                           Ein ganz verwickelter chemischer Prozeſs wird in dieser Fabrik auf eine Reihe ganz
                              									einfacher Operationen zurückgeführt und jede derselben verläuft völlig unabhängig
                              									von den anderen, bis zuletzt alle Materialien bei der Darstellung des Aluminiums
                              									selbst zusammen gebracht werden.
                           Die erste, erfolgreichste Verbesserung – der Prozeſs Castner
                                 										– bezieht sich auf die Darstellung des Natriums: durch sie wurde erreicht,
                              									das Natrium billiger und in groſser Menge nahezu ohne Gefahr herzustellen. Vom
                              									praktischen Standpunkte aus betrachtet, besteht der Castner-Prozeſs in der Erhitzung geschmolzenen Natriumhydroxydes mit
                              									Kohle, während dasselbe im völlig flüssigen Zustande
                              									sich befindet. Vor Einführung des Castner-Prozesses
                              									muſste man besondere Vorsichtsmaſsregeln beobachten, um sich gegen ein wirkliches
                              									Schmelzen des Gemenges sicher zu stellen; fand ein solches statt, so trennten sich
                              									das Alkali und der
                              									reducirende Stoff von einander. Hatte man somit eine ungeschmolzene Masse zu
                              									erhitzen, so erforderte deren Reduction die Anwendung einer viel gröſseren Hitze. Um
                              									die erforderliche Temperatur bis in die Mitte der Masse vordringen zu lassen, ohne
                              									den Behälter, in welchem sich dieselbe befand, zu schmelzen, durften letztere nur
                              									kleine Abmessungen besitzen. Der neue Prozeſs umgeht dies, denn das Alkali gelangt
                              									in völlig flüssiger Form in direkte Berührung mit der Kohle und in Folge dessen kann
                              									die Reduction bei verhältniſsmäſsig niedriger Temperatur und in groſsen Gefäſsen
                              									bewerkstelligt werden.Die ältere Methode erforderte eine Temperatur von 1400 bis 1500° C, der Castner-Prozeſs nur 800 bis
                                    									1000°.
                           Die stattfindende Reaction kann wie folgt ausgedrückt werden: 3NaOH + C = Na2CO3 + 3H + Na.
                           Es sind eiförmige Gefäſse, in welchen das Gemenge von Alkali und reducirendem Stoff
                              									erhitzt wird, im weitesten Theile 18 Zoll weit und 3 Fuſs hoch. Sie sind in zwei
                              									Hälften getheilt: die untere hat die Form eines Tiegels, die obere aber einen
                              									senkrechten Hals mit seitlich aus demselben hervortretendem hohlen Rohre. Diesen
                              									oberen Theil nennt man die Haube. Beim Beginne der Operation werden diese Hauben aus
                              									dem warmen Raume durch Oeffnungen im Boden in den erhitzten Ofen gebracht und in
                              									solcher Stellung befestigt, daſs der hohle Arm (Rohr) aus dem Ofen hervorragt.
                              									Unterhalb jeder Oeffnung im Ofenboden befindet sich eine hydraulische
                              									Hebevorrichtung mit einer Platte, auf welche der in den Ofen zu bringende Tiegel
                              									gestellt wird, und welche, gehoben, die Oeffnung im Boden des Ofens vollständig
                              									schlieſst.
                           Mitsammt der Platte gehoben, treten Oberkante des Tiegels und Unterkante der Haube
                              									dicht an einander, bilden einen luftdichten Verschluſs und es können nun Gas und
                              									Dampf nur mehr durch den zu diesem Zweck angebrachten hohlen Arm der Haube
                              									entweichen.
                           Reduction und Destillation – als erstmalige Operation betrachtet – erfordern etwa
                              									zwei Stunden Zeit. Sind diese verlaufen, so senkt man die Tiegel herab, nimmt sie
                              									mit Hilfe von Radzangen von den Platten, bringt sie zu einer Grube und legt sie um.
                              									Das Residuum wird ausgeleert, der noch warme Tiegel zum Ofen zurückgebracht, nachdem
                              									er auf dem Rückwege dahin mit Alkali und Reductionsmaterial aufs Neue gefüllt worden
                              									ist, und mittels der hydraulischen Hebevorrichtung in seine vorherige Stellung und
                              									in die Verbindung mit der Haube emporgehoben. Zu allen diesen Manipulationen werden
                              									nur 7 Minuten verbraucht, nach ihrem Ablaufe hat jeder Ofen seine fünf Tiegel wieder
                              									zurück und da diese den gröſsten Theil ihrer Wärme behielten, so erfordert nun jede
                              									weitere Reduction und Destillation nur mehr 70 Minuten anstatt der erstmaligen 2
                              									Stunden.
                           Die vorhandenen vier Oefen der ersten Fabrikabtheilung zu Oldbury werden wechselweise geleert und
                              									wiederbesetzt, so daſs die Operation eine continuirliche ist.
                           An den aus dem Ofen hervorragenden Rohrarmen der Tiegelhauben sind Condensatoren
                              									eigenthümlicher Form angebracht, die speciell für diesen Prozeſs construirt wurden
                              									und die sich von den früher benutzten sehr wesentlich unterscheiden. Sie halten im
                              									Durchmesser etwa 5 Zoll und sind nahezu 3 Fuſs lang; im Boden, bei 20 Zoll vom
                              									Auslaufe, sind dieselben mit einer kleinen Oeffnung versehen und ihr Boden ist so
                              									geneigt, daſs das aus dem Dampfe condensirte Metall in ein unmittelbar unter dieser
                              									Oeffnung stehendes Gefäſs niederrinnt. Die nicht verdichteten Gase entweichen am
                              									anderen Ende des Condensators, welcher efne mit Thürverschluſs versehene
                              									Beobachtungsöffnung hat. Während der Herausnahme und Wiederbeschickung der Tiegel
                              									werden auch jene Sammelgefäſse vom destillirten Metalle entleert bezieh. durch leere
                              									ersetzt. Durchschnittlich enthält jedes derselben 6 Pfd. Natrium; man führt
                              									dieselben zur Gieſserei, wo das Metall umgeschmolzen und in groſse Blöcke für die
                              									Zwecke der Fabrikation oder in kleinere Stäbe gegossen wird.
                           Es wird besondere Sorgfalt darauf verwendet, die Temperatur in den Oefen auf etwa
                              									1000° C. zu erhalten, und Gas- und Luftventile werden sorgsamst regulirt, damit die
                              									Temperatur im Ofen eine möglichst gleichmäſsige bleibe. Die Hauben der Tiegel
                              									verbleiben während der ganzen Woche im Ofen, die Tiegel bis sie verschlissen sind,
                              									worauf sie durch andere ersetzt werden, ohne daſs der Ofenbetrieb dabei unterbrochen
                              									würde. Der Ofen im Betriebe erfordert jede 70 Minuten 250 Pfd. Natriumhydroxyd,
                              									liefert in derselben Zeit 30 Pfd. metallisches Natrium und gegen 240 Pfd. rohes
                              									Natriumcarbonat. Letzteres ergibt, auf gewöhnliche Weise mit Kalk behandelt, zwei
                              									Drittel des ursprünglichen Quantums Natriumhydroxyd. Das gegossene Natrium wird
                              									unter Kerosinöl in groſsen Behältern aufbewahrt, welche mehrere Tonnen aufzunehmen
                              									vermögen; dieselben sind in Räumen aufgestellt, die feuer- und wassersicher
                              									sind.
                           Derjenige Theil der Oldbury-Fabrik, in welchem die Fabrikation von Chlor betrieben
                              									wird, steht mit der anstoſsenden Fabrik der Herren Gebrüder
                                 										Chance durch ein groſses Guttapercharohr in Verbindung, durch welches in
                              									Intervallen Chlorwasserstoffsäure in groſse Cisternen läuft, von denen sie nach
                              									Erfordern der Fabrikation zugeführt wird. Die Erzeugung von Chlor ist zur
                              									Darstellung des Chlorids nöthig, welche in bisher gewohnter Weise sich vollzieht.
                              									Man erhitzt Chlorwasserstoffsäure und Manganhyperoxyd zusammen, wobei sich Chlorgas
                              									unter Aufschäumen entwickelt. Dieses wird durch Bleirohre zu groſsen, innen mit Blei
                              									ausgekleideten Gasometern geleitet und darin aufbewahrt.
                           Die Materialien zur Chlorerzeugung werden zusammen in groſse Behälter eingetragen,
                              									die aus Sandsteinblöcken aufgeführt sind, deren Fugen mit Kautschuk ausgefüllt
                              									wurden; die Erhitzung erfolgt durch Einleitung von Dampf.
                           Wegen der Schwierigkeit, einen regelmäſsigen Zulauf von Chlor unter constantem Druck
                              									bei direkter Entnahme aus den Behältern einzuhalten, muſste man vier groſse
                              									Gasometer aufführen, um die 30 Retorten, in welchen das Doppelchlorid hergestellt
                              									wird, nach Bedarf regulirt, damit zu versehen. Jeder dieser Gasometer faſst 30000l und ist innen ganz mit Blei, dem einzigen
                              									Metalle, welches dem Angriffe des Chlors widersteht, ausgekleidet. Die Gasometer
                              									werden der Reihe nach aus den Behältern gefüllt und was man an Chlor braucht, wird
                              									direkt unter gleichmäſsigem Druck vom Gasometer genommen. Ist derselbe geleert, so
                              									erfolgt Umsteuerung der Ventile, man entnimmt von einem zweiten und füllt den eben
                              									geleerten wieder aus den Chlorentwickelungsbehaltern.
                           Zwölf groſse Regenerativgasöfen, jeder besetzt mit fünf Thonretorten von etwa 3m Länge und wagerecht gelegt, dienen zur
                              									Erhitzung. Die Retorten sind mit dem Gemenge geladen, aus welchem das Doppelchlorid
                              									erzeugt wird.
                           Je sechs Oefen stehen auf den beiden Seiten eines mitten durch das Gebäude gelegten
                              									freien Ganges von etwa 16m Breite und 80m Länge. Ueber diesem centralen Gange ist ein
                              									Tragwerk für das groſse Bleirohr aufgeführt, welches das Chlorgas aus den Gasometern
                              									den Retorten zuführt. Unmittelbar über jeder Retorte ist am Hauptrohre ein Ventil
                              									angebracht, mittels dessen die Zuleitung des Gases durch ein Rohr zur Retorte
                              									regulirt wird.
                           Diese Ventile sind von besonderer Form und so construirt, daſs das Chlor eine
                              									Flüssigkeitssäule von bestimmter Höhe durchströmen muſs, die nicht allein unter
                              									einem gewissen Drucke und in bestimmter Zeit eine bekannte Gasmenge durchgehen
                              									läſst, sondern auch den Rücktritt des Gases aus der Retorte ins Rohr verhindert,
                              									falls plötzlich eine Druckvergröſserung in der Retorte stattfinden sollte.
                           Die Retortenladung besteht aus zusammengemahlenem Aluminiumoxyd, Chlornatrium und
                              									Holzkohle. Man feuchtet dieses Gemenge mit Wasser an, um eine partielle Lösung des
                              									Chlornatriums herbeizuführen, und formt dieselbe unter Anwendung einer den
                              									Drainrohrpressen ähnlichen Maschine in massive Cylinder, die in Stücken von etwa
                              										8cm Länge geschnitten und über den Oefen zum
                              									Trocknen aufgestapelt werden. Nach Verlauf einiger Stunden sind dieselben so
                              									erhärtet, daſs man mit ihnen manipuliren kann, und nun sind sie für den Verbrauch in
                              									den Retorten fertig.
                           Soll der Prozeſs gelingen, so müssen die Materialien im richtigen Verhältnisse zu
                              									einander gemischt, muſs die Temperatur des Ofens, die Zufuhr von Chlor in gegebener
                              									Zeit und die Construction der Retorten die richtige sein.
                           
                           Haben die Retorten die passende Temperatur angenommen, so werden dieselben mit den
                              									vorher beschriebenen Gemengestücken ganz gefüllt, die Oeffnungen an den Vorderseiten
                              									werden geschlossen und man läſst sie etwa 4 Stunden in Ruhe, in welcher Zeit das
                              									Wasser des Aluminiumoxyds völlig ausgetrieben ist. Man öffnet nun die Ventile am
                              									Chlorrohre und läſst das Gas in die gefüllte Retorte eintreten.
                           Auf der Rückseite jeder Retorte und mit dieser durch ein Thonrohr verbunden ist ein
                              									Verdichtungsraum aus Ziegelsteinen aufgeführt. Dieser Raum ist mit Oeffnungen oder
                              									Thüren versehen und hart am Thonrohre mit einem kleinen Rauchfange verbunden, durch
                              									welchen die nicht condensirten Gase zum groſsen Schornsteine abgeführt werden.
                              									Anfänglich wird das gesammte Chlor absorbirt, welches der Retorte zugeführt wird,
                              									und lediglich Kohlenoxyd entweicht aus dem offenen Verdichtungsraume.
                           Nach Verlauf einiger Zeit beginnt ein dichter Rauch sich hier zu entwickeln, nun
                              									werden die Oeffnungen des Verdichtungsraumes geschlossen und das Verbindungsrohr
                              									zwischen Verdichtungsraum und Rauchfang leitet den nicht verdichteten Rauch zum
                              									Schornstein.
                           Die Reaction vollzieht sich nach der Gleichung:
                           6Cl + Al2O3 + 2NaCl + 3C = 2AlNaCl4 + 3CO.
                           Chlor wird in wechselnder Menge während etwa 72 Stunden eingeleitet und behufs
                              									Controlle des Ganges der Destillation wird der Verdichtungsraum von Zeit zu Zeit
                              									geöffnet. Nach Verlauf der genannten Zeit werden die Chlorventile geschlossen und
                              									wird der Verdichtungsraum hinter dem Ofen geöffnet. Das rohe Doppelchlorid, welches
                              									in den Retorten destillirt wird, verdichtet sich im Rohre und tropft in den
                              									Verdichtungsraum hinab, wo es zu unregelmäſsigen Massen erstarrt.
                           Die Production einer Batterie von fünf Retorten beläuft sich auf 1600 bis 1800 Pfd.,
                              									fast gleich dem theoretischen Quantum. Nach Entfernung des Chlorids aus dem
                              									Verdichtungsraume werden die Retorten vorn geöffnet, vom Residuum entleert, welches
                              									aus wenig Aluminiumoxyd, Kochsalz und Holzkohle besteht und zu neuem Gebrauch im
                              									bestimmten Verhältnisse wieder dem neuen Materiale zugemischt wird, und wieder
                              									geladen. Die wöchentliche Production eines Ofens an Chlorid beträgt gegen 3500 Pfd.
                              									und mit zehn derselben, die stets im Betriebe stehen, können im Jahre 1500000 Pfd.
                              									dargestellt werden. In Folge des Eisengehaltes der benutzten Materialien und des
                              									Retortenthones enthält das destillirte Chlorid stets mehr oder weniger von diesem
                              									Metalle in Form von Eisenchlorür oder Eisenchlorid. Da zur Reduction 10 Pfd. Chlorid
                              									auf 1 Pfd. Aluminium erforderlich sind, so läſst sich wohl einsehen, welchen
                              									wesentlichen Einfluſs ein kleiner Procentgehalt an Eisen im Chlorid auf die Qualität
                              									des hergestellten Metalles ausübt: trotz gröſster Vorsicht kann man Chlorid in
                              									groſser Menge nicht mit einem 0,3 Proc. untersteigenden Eisengehalt produciren.
                           
                           Das rohe Doppelchlorid, wie man es jetzt in der Fabrik nennt, ist im hohen Grade
                              									geneigt, zu zerflieſsen, und es wechselt in der Farbe von hellgelb bis dunkelroth.
                              									Der Unterschied der Färbung wird nicht sowohl vom Eisengehalte an sich, als vom
                              									Verhältniſs der Menge von Eisenchlorür und Eisenchlorid zu einander bedingt und
                              									obschon eine Probe ganz dunkel oder sehr hell sein kann, wird sie doch nur wenig
                              									Eisen enthalten, wenn es als Chlorid, aber viel, wenn es als Chlorür darin vorhanden
                              									ist.
                           Auch bei aller Vorsicht enthält das rohe Doppelchlorid durchschnittlich 0,4 Proc.
                              									Eisen; Metall daraus hergestellt, enthält nie unter etwa 5 Proc., und da diese
                              									Verunreinigung die Eigenschaften des Aluminiums hochgradig beeinträchtigt, wenn es
                              									zu Draht ausgezogen oder verwalzt werden soll, so muſs das Metall, welches auf diese
                              									Weise erzeugt wird, raffinirt werden.
                           Dies wurde von Castner und seinem Assistenten Cullen mit Erfolg gethan soweit, daſs der Eisengehalt
                              									bis auf etwa 2 Proc. herabgebracht wurde. Dieser Prozeſs war indessen schwierig und
                              									erforderte aufmerksamste Behandlung; er wurde aber bald durch Castner ganz überflüssig gemacht, der eine Reinigung
                              									des Doppelchlorids vor der Reduction erfand.
                           Das gereinigte oder reine Doppelchlorid ist von Farbe völlig weiſs und weit minder
                              									geneigt zu zerflieſsen als das gefärbte, so daſs es wohl gestattet ist, zu
                              									schlieſsen, daſs jene wenig angenehme Eigenschaft namentlich durch die Anwesenheit
                              									von Eisenchlorid bedingt werde. Groſse Mengen von bis zu 1,5 Proc. Eisen oder 150
                              									Pfd. in 10 000 Pfd. enthaltendem Chlorid werden in wenigen Minuten vollständig
                              									eisenfrei gemacht, so daſs, während die Substanz vor der Reinigung zur Herstellung
                              									von Aluminium wegen ihres Eisengehaltes ganz untauglich war, dieselbe nach derselben
                              									nur noch 1 Pfd. Eisen auf 10000 Pfd. Chlorid, also 0,01 Proc. Eisen enthält. Das
                              									Verfahren ist auſserordentlich einfach und vertheuert das Endproduct kaum merklich.
                              									Nach der Behandlung wird das reine Chlorid in groſsen Eisentöpfen geschmolzen und in
                              									Behälter entleert, welche denen gleichen, welche zur Aufbewahrung des Natriumoxydes
                              									dienen.
                           Es wird allgemein für unmöglich gehalten, das Eisen aus dem wasserfreien
                              									Doppelchlorid AlNaCl4 zu entfernen und wenige
                              									Chemiker, wenn überhaupt solche, werden rein weiſses Doppelchlorid gesehen
                              									haben.
                           Die Erzeugung des Aluminiums erfolgt in einem groſsen Reverberirofen mit schrägem
                              									Herd von gegen 2m ins Geviert. Die Befeuerung
                              									findet von der Vorderseite aus statt, in welcher mehrere Oeffnungen in verschiedener
                              									Höhe angebracht sind. Das reine Chlorid wird mit Kryolith im Verhältnisse von 2 : 1
                              									zusammen gemahlen und auf einem Gestelle über dem Ofen aufgehäuft. Das Natrium
                              									gelangt in groſsen Blöcken in eine Maschine, welche einer Tabakschneide gleicht, und
                              										wird auf ihr in
                              									dünne Scheiben geschnitten, welche ebenfalls auf das Gestelle über dem
                              									Reductionsofen kommen.
                           Beide Materialien werden nun behufs guter Mischung mit einander in eine rotirende
                              									Trommel hinabgebracht, und diese wird alsdann in der Weise wieder entleert, daſs ihr
                              									Inhalt in einen Wagen auf einer Schienenbahn gleich darunter fällt.
                           Hat der Ofen die verlangte Temperatur angenommen, so werden seine sämmtlichen Züge
                              									verschlossen, um den Zutritt der Luft auszuschlieſsen und auch das Heizgas wird
                              									abgesperrt. Der vorher erwähnte Wagen wird alsdann soweit auf das Gewölbe des Ofens
                              									geschoben, bis er über dem Mittelpunkte des Herdes sich befindet. Das Ofengewölbe
                              									ist mit groſsen Trichtern versehen, durch welche die Ladung des Wagens schnellst
                              									möglich in den Ofen eingeführt wird. Die Reaction beginnt fast augenblicklich und
                              									die ganze Masse kommt schnell in Fluſs. Nach Verlauf einer bestimmten Zeit läſst man
                              									das Heizgas wieder zu und die Masse wird während etwa 2 Stunden in mäſsiger
                              									Temperatur erhalten. Nach Ablauf dieser Zeit wird abgestochen und das flieſsende
                              									Metall strömt silberweiſs in die Formen. Ist der Ofen von Metall und Schlacken
                              									entleert, so wird er aufs Neue gefüllt; er faſst gegen 1200 Pfd. reines Chlorid, 600
                              									Pfd. Kryolith und 350 Pfd. Natrium und man sticht daraus 115 bis 120 Pfd. Aluminium
                              									ab.
                           Zur Fabrikation einer Tonne Aluminium sind erforderlich:
                           
                              
                                 Metallisches Natrium
                                   6300
                                 Pfd.
                                 
                              
                                 AlNaCl4
                                 22400
                                 „
                                 
                              
                                 Kryolith
                                   8000
                                 „
                                 
                              
                                 Kohle
                                         8t
                                 
                                 
                              
                           Um 6300 Pfd. Natrium herzustellen, bedarf man:
                           
                              
                                 NaOH
                                 44000
                                 Pfd.
                                 
                              
                                 Karbid
                                   7000
                                 „
                                 
                              
                                 Zum Tiegelguſs
                                         7t,5 Kohlen
                                 
                              
                                 Kohle
                                       75t
                                 
                              
                           Das Karbid wird erzeugt durch Zusammenbrennen von Pech und Feilspähnen. Es hat sich
                              									als vortheilhafter herausgestellt, das Natriumhydroxyd damit anstatt mit Kohle zu
                              									mischen. Zu 7000 Pfd. Karbid werden 12000 Pfd. Pech und 1000 Pfd. Eisenfeilspähne
                              									erfordert.
                           Zur Production von 22400 Pfd. AlNaCl4 sind
                              									nöthig:
                           
                              
                                 NaCl
                                   8000
                                 Pfd.
                                 
                              
                                 Aluminiumhydroxyd
                                 11000
                                 „
                                 
                              
                                 Chlorgas
                                 15000
                                 „
                                 
                              
                                 Kohle
                                     180t
                                 
                                 
                              
                           und zu der von 15000 Pfd. Chlorgas:
                           
                              
                                 Chlorwasserstoffsäure
                                 180000
                                 Pfd.
                                 
                              
                                 Kalksteinmehl
                                   45000
                                 „
                                 
                              
                                 Ca(OH)2
                                   30000
                                 „
                                 
                              
                                 Verlust an Manganhyperoxyd
                                     1000
                                 „
                                 
                              
                           (Vgl. 1889 271 * 129 und 272 * 391).
                           Dr. Leo.