| Titel: | Dreicylindrige Compoundmaschine der französischen Nordbahn. | 
| Autor: | Fr. | 
| Fundstelle: | Band 275, Jahrgang 1890, S. 587 | 
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                        Dreicylindrige Compoundmaschine der französischen
                           								Nordbahn.
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									30.
                        Dreicylindrige Compoundmaschine der französischen
                           								Ostbahn.
                        
                     
                        
                           Die vorzüglichen Resultate, welche die französische Nordbahn mit einer
                              									viercylindrigen Compoundlocomotive erzielte, waren die Veranlassung, eingehende
                              									Versuche auch mit einer dreicylindrigen, für gemischte Züge bestimmten
                              									Verbundlocomotive anzustellen.
                           Die zu dem Zwecke in der Centralwerkstätte der Nordbahn zu La Chapelle nach den
                              									neuesten Erfahrungen erbaute, am 1. August 1887 in Dienst gestellte Locomotive Nr.
                              									3. 101, d.h. nach der eigenartigen Bezeichnungsweise der Locomotiven der Nordbahn:
                              									Nr. 101 mit drei gekuppelten Achsen, hat den Erwartungen, namentlich in Bezug auf
                              									Leistungsfähigkeit vollständig entsprochen.
                           Die der Revue industrielle, 1890 * S. 21, entnommenen
                              									Abbildungen (Fig.
                                 										1 bis 3 Taf. 30) zeigen die mit einem inneren Hochdruckcylinder, zwei auſsen
                              									liegenden Niederdruckcylindern und beweglichem Vordergestelle ausgerüstete, auf der
                              									vorjährigen Weltausstellung in Paris ausgestellte Locomotive mit ihren
                              									Hauptabmessungen. Sie unterscheidet sich von den, hauptsächlich zur Beförderung
                              									gemischter Züge dienenden, mit acht gekuppelten Rädern versehenen Maschinen der
                              									Nordbahn, zunächst durch gröſsere Durchmesser ihrer Räder, sodann durch eine erhöhte
                              									Spannung des Kesseldampfes, welche 14k
                              									beträgt.
                           Die Kolben der in gleicher Höhe liegenden drei Cylinder arbeiten auf ein und dieselbe Treibachse,
                              									deren mittlere Kröpfung mit den auſsen liegenden Kurbeln einen Winkel von 90°
                              									bildet.
                           Die Niederdruckcylinder von je 500mm Durchmesser
                              									sind mit einer an den Maschinen der Nordbahn bereits vielfach zur Anwendung
                              									gelangten Steuerung nach dem Systeme Walschärt
                              									ausgerüstet; die Umsteuerung erfolgte durch Schraube und Handrad. Die zur Verwendung
                              									gekommenen Trick'schen Kanalschieber gleiten auf
                              									Platten, die wegen ihrer groſsen Fläche und in Anbetracht des hohen Druckes, dem sie
                              									bei direkter Zuführung des hochgespannten Kesseldampfes ausgesetzt sind, aus
                              									Schmiedeeisen bestehen.
                           Der Hochdruckcylinder von 432mm Bohrung ist von
                              									einem mit frischem Kesseldampfe geheizten Mantel umgeben und mit dem
                              									Zwischenbehälter aus einem Stück gegossen; letzterer ist durch Rohre mit den
                              									Niederdruckcylindern verbunden.
                           Die mit der vorerwähnten viercylindrigen Verbundlocomotive angestellten Versuche
                              									hatten ergeben, daſs hohe constante Compressionen des Dampfes in den
                              									Hochdruckcylindern für die Leistungsfähigkeit der Maschine nicht besonders
                              									vortheilhaft sind; deshalb erhielt der Hochdruckcylinder der Maschine Nr. 3. 101,
                              									namentlich auch noch in Berücksichtigung des erheblich höheren Druckes, mit welchem
                              									bei dieser Maschine der Dampf in den Zwischenbehälter entweicht, eine
                              									Doppelschiebersteuerung nach dem Systeme Meyer, welche
                              									die Dauer der Compression nach dem jedesmaligen Füllungsverhältniſs regelt und auch
                              									direktes Einströmen von Kesseldampf in die beiden Niederdruckcylinder zuläſst, so
                              									daſs die Maschine dann wie eine gewöhnliche Locomotive arbeiten kann.
                           Der ohne Zwischenschaltung einer Coulisse von einem Excenter mitgenommene
                              									Grundschieber dieser Steuerung ist, wie aus Fig. 2 und 3 Taf. 30 ersichtlich, mit
                              									zwei Dampfdurchlaſskanälen versehen, welche auf der unteren, dem Schieberspiegel
                              									gleitenden Fläche rechteckig ausgebildet, auf dem Rücken des Schiebers in der
                              									Längsachse des Cylinders getheilt und mit im Verhältniſs
                              										\frac{1}{2} gegen die unteren Kanalkanten geneigten
                              									Innenkanten versehen sind.
                           Der Expansionsschieber bewegt sich auf dem Rücken des Grundschiebers und die Form
                              									seiner ebenen Gleitfläche entspricht den schrägen Kanten der Durchlaſskanäle des
                              									letzteren, die er ohne Aenderung des Schieberhubes früher oder später schlieſst.
                           Dies wird in ähnlicher Weise wie bei der Rider-Steuerung
                              									durch eine vom Führerstande aus mittels Hebel regulirbare Querbewegung des
                              									Grundschiebers erreicht, der zu dem Zwecke auſser einem entsprechend breiteren
                              									Führungsrahmen noch von einem zweiten darüber liegenden Rahmen gefaſst wird, dessen
                              									innere, in der Richtung der Cylinderachse gemessene Weite um den Betrag des
                              									Excenterhubes gröſser
                              									ist, als der Schieber, so daſs letzterer sich ungehindert hin und her bewegen
                              									kann.
                           Zu Folge der schrägen Kanten der Durchlaſskanäle im Grundschieber kommt der von einem
                              									gegen die Kurbel um 180° verdrehten Excenter bewegte Expansionsschieber beim Beginne
                              									des Kolbenhubes den Durchlaſskanälen, die er schlieſsen soll, um denjenigen Betrag
                              									näher, um welchen der Grundschieber nach rechts bewegt worden ist.
                           Um einen möglichst groſsen Durchgangsquerschnitt beim Beginne der Dampfeinströmung zu
                              									erhalten, ist der Expansionsschieber, ähnlich wie ein Trick'scher Schieber, noch mit einem Innenkanale versehen.
                           Auch die Kanten des im Schieberspiegel liegenden Ausströmkanals sind, wie Fig. 3 Taf. 30
                              									veranschaulicht, ebenso wie die entsprechenden, Ausströmung und Compression
                              									regelnden Kanten des Grundschiebers nicht parallel der
                              									Cylinderachse, sondern gegen diese geneigt ausgeführt; je nach der Querbewegung des
                              									Grundschiebers ändert sich demnach die innere Ueberdeckung und damit das
                              									Compressionsverhältniſs.
                           Bringt man den Schieber auf die linke Seite der Maschine, so erhält man je nach der
                              									Gröſse der Bewegung in Folge späteren Schlieſsens seiner Durchlaſskanäle durch den
                              									Expansionsschieber auch gröſsere Cylinderfüllungen, bis schlieſslich in der
                              									Endstellung desselben die Kanäle überhaupt nicht mehr vollständig zum Schluſs
                              									kommen, sondern etwas geöffnet bleiben.
                           In der äuſsersten Rechtslage des Schiebers tritt der Dampf nicht nur in den linken Einströmkanal des Hochdruckcylinders, sondern
                              									auch durch seinen linken Durchlaſskanal in die Ausströmöffnung des Cylinders und
                              									darauf in den rechten Einströmkanal des letzteren, so
                              									daſs der Kolben von beiden Seiten Dampf erhält und vollständig entlastet wird; der
                              									frische Kesseldampf geht dann direkt durch den Zwischenbehälter in die
                              									Niederdruckcylinder. Grund- und Expansionsschieber hatten ursprünglich einen
                              									gleichen Hub von 80mm, indeſs zeigten die
                              									abgenommenen Diagramme während der Einströmperiode ein so bedeutendes Sinken der
                              									Dampfspannung, daſs es vortheilhaft erschien, den Hub des Expansionsschiebers auf
                              										110mm zu vergröſsern.
                           Gegenüber der Steuerung mit nur einem Cylinder hat diese Steuerung noch den Vortheil,
                              									ein schnelles bezieh. weites Oeffnen der Dampfeinlaſskanäle auch bei kleineren
                              									Füllungen zu bewirken, so daſs ein schleichender Dampfeintritt bezieh. starke
                              									Drosselung des einströmenden Dampfes nicht stattfinden kann.
                           Für den Rückwärtsgang der Maschine muſs der Grundschieber stets in die äuſserste
                              									Rechtslage gebracht werden, damit der Dampf direkt in die Niederdruckcylinder
                              									strömen kann; die Locomotive kann in diesem Falle nicht als Verbundmaschine
                              									arbeiten.
                           Die Leistungsfähigkeit der Locomotive Nr. 3. 101 ist in Folge des erhöhten
                              									Dampfdruckes und in Anbetracht der Möglichkeit, die Kolben der groſsen Cylinder direkt mit
                              									hochgespanntem Dampfe zu treiben, eine bedeutende.
                           Bei einer Füllung des Hochdruckcylinders von 62 Proc. besitzt die Maschine eine
                              									theoretische Zugkraft von 9440k und bei einem
                              									Wirkungsgrad von 65 Proc. eine effective Zugkraft von 6130k: mit dem Adhäsionsgewicht von 40t,6 ergibt sich ein Adhäsionsverhältniſs von
                              										\frac{6130}{40600}=\frac{1}{6,6}.
                           Es wird angegeben, daſs diese Locomotive auf der Steigung von 5mm einen Zug von 628t mit einer anhaltenden Geschwindigkeit von 20km in der Stunde bewegte; die Zugkraft betrug hierbei im Mittel 4500k und die am Tender-Zughaken gemessene verbrauchte
                              									Arbeit 330 , während sich nach den abgenommenen Diagrammen eine indicirte
                              									mittlere Arbeit von 417  herausstellte. Nachstehend folgen noch einige
                              									unerwähnte Hauptconstructionsverhältnisse der Maschine:
                           
                              
                                 Rostfläche
                                 2,174 × 0,962 =
                                     2,091qm
                                 
                                 
                              
                                 Heizfläche in den Siederöhren
                                 104,50qm
                                 
                                 
                              
                                         „        „  der Feuerbüchse
                                     9,30qm
                                 
                                 
                              
                                 Gesammtheizfläche
                                 113,80qm
                                 
                                 
                              
                                 Aeuſserer Durchmesser der Siederöhren
                                   45mm
                                 
                                 
                              
                                 Anzahl der Siederöhren
                                 208
                                 
                                 
                              
                                 Länge    „           „
                                     4,000m
                                 
                                 
                              
                                 Durchmesser der Drehgestell-Laufräder
                                     1,010m
                                 
                                 
                              
                                          „            „   Treib- und
                                    											Kuppelräder
                                     1,650m
                                 
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 700mm
                                 
                                 
                              
                                 Leergewicht
                                   43,650t
                                 
                                 
                              
                                 Gesammt-Dienstgewicht
                                   47,400t
                                 
                                 
                              
                           Die Lastvertheilung ist folgende:
                           
                              
                                 Drehgestell (erste Achse)
                                   6800k
                                 Dienstgewicht
                                 
                              
                                 Zweite Achse
                                 13400k
                                 „
                                 
                              
                                 Dritte       „     (Treibachse)
                                 14000k
                                 „
                                 
                              
                                 Vierte      „
                                 13200k
                                 „
                                 
                              
                           
                              
                                 Fr.
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
