| Titel: | Ueber ein englisches Förderseil; untersucht von Prof. H. Gollner. | 
| Autor: | H. Gollner | 
| Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 23 | 
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                        Ueber ein englisches Förderseil; untersucht von
                           								Prof. H. Gollner.
                        Mit Abbildungen.
                        Gollner, über ein englisches Förderseil.
                        
                     
                        
                           Die Generaldirektion der a. p. Buschtehrader Eisenbahn veranlaſste neben einer
                              									Abänderung der Fördereinrichtungen der westlichen Trümer des Franz-Josef-Schachtes
                              									bei Kladno den Einbau von neuen Flachseilen für die Material- und
                              									Mannschaftförderung daselbst, welche von den St.-Lawrence-Drahtseilwerken der Firma
                              										J. und W. Smith in Newcastle on Tyne, England
                              									(General-Vertretung William A. Stone in Prag),
                              									geliefert wurden.
                           Laut Erlasses des k. k. Revier-Bergamtes in Prag vom 23. Juli 1889 wurde die
                              									angesuchte Benützung der neuen Förderseile bis zur vierten Bausohle bei einer
                              									Totalbelastung von 4880k für die
                              									Materialbeförderung und von 3255k (5 Mann)
                              									Maximalbelastung für die Menschenförderung, angesichts der hiernach resultirenden
                              									8,2 bezieh. 10,3 fachen Sicherheit, im Sinne des Punktes 2 der allgemeinen
                              									Vorschrift der k. k. Berghauptmannschaft für Böhmen vom 14. Mai 1874, genehmigt,
                              									insofern und insolange die Lastmomente auch für die östlichen Fördertrümer
                              									ungeändert bleiben.
                           
                           Das fachmännische Urtheil beruhte auf der Annahme jener Festigkeit für das
                              									Seilmaterial, welche Guſsstahldraht guter Qualität zu haben pflegt (Kzat = 12000), und wurde schlieſslich die Forderung
                              									gestellt, die Festigkeitsverhältnisse der neuen Seile untersuchen zu lassen, um auf
                              									Grund der erzielten Ergebnisse das Weitere bekannt gaben zu können.
                           Ueber die erprobte Festigkeit von Guſsstahldrähten für Förderseile, ferner über die
                              									zulässige Inanspruchnahme fertiger Guſsstahldrahtseile für gleiche Zwecke liegt
                              									nunmehr ein befriedigend übereinstimmendes Material vor, welches noch durch die
                              									verschiedenen ortsüblichen Annahmen betreffend die Festigkeit von
                              									Guſsstahlseildrähten ergänzt werden soll.
                           Nach dem Berichte von M. L. Aguillon (Annales des Mines,
                              									1881) wird die bezeichnete Festigkeit (kzat)
                              									angenommen:
                           In Frankreich (wo 1881 Guſsstahlseile noch Ausnahmen waren) kzat =
                              									11200 bis 12000.
                           In Belgien rechnet man kzat= 11500 bis 12000; in England, wo
                              									rund 90 Proc. der Förderseile aus Guſsstahldraht gefertigt waren, nimmt man an:
                           für weichen Tiegelguſs kzat = 12200,
                           für den feinsten Tiegelguſs, d. i. für Plough-Stahl; kzat = 18500.
                           
                              
                                 In
                                 Saarbrücken
                                 für
                                 weiche Stahldrahtsorten:
                                 kzat = 11400 bis 12000,
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 „
                                 harten Tiegelguſsdraht:
                                 kzat = 13000.
                                 
                              
                           In Westfalen wird für dasselbe Drahtmaterial vorausgesetzt: kzat =
                              									11500.
                           Felten und Guilleaume (Köln und Mülheim) geben an für
                              									dasselbe Material: kzat = 12000 bis 13000.
                           Eine im J. 1883 im hiesigen mechanisch-technischen Laboratorium durchgeführte
                              									Untersuchung von drei Sorten hartgezogener Seildrähte rheinischer und englischer
                              									Herkunft ergab folgende mittlere Resultate:
                           
                              
                                 
                                 Sorte
                                 
                                 Drahtstärke Tmm,
                                 Festigkeit kzat
                                 Querschnitts-verminderung
                                 
                              
                                 hartgezogen
                                 123
                                 Felten und
                                       											Guilleaumein Kölnengl. Herkunft
                                 2,302,182,00
                                 166361661019510
                                 20,218,132,2
                                 Proc.„„
                                 
                              
                           Von jeder dieser Sorten wurden über Antrag der k. k. Bergdirektion in Přibram vier
                              									Proben erledigt, deren Einzelergebnisse gut übereinstimmten.
                           Für die Inanspruchnahme fertiger Betriebsseile aus
                              									Stahldrähten wird vielfach empfohlen (kz
                              									+ kb) = ktat = 3000 (etwa 4fache Bruchsicherheit, wenn auf
                              									die Verminderung der Festigkeit durch die Herstellung des Seiles aus den Litzen und
                              									dieser aus den Drähten keine Rücksicht genommen wird). Im Grenzfalle erreicht die
                              									totale zulässige Inanspruchnahme Ktat = 3500 (d. i.
                              									etwa 3,4fache Bruchsicherheit unter obiger Voraussetzung).
                           
                           Im Oberbergamtsbezirk Dortmund (1881) wird für die Zuginanspruchnahme (kzat)i für die Biegungsinanspruchnahme (kbat)} und für die totale Inanspruchnahme des
                              									fertigen Guſsstahldrahtseiles (ktat) angenommen
                              									und zwar für
                           
                              
                                 weiche
                                 Guſsstahlseile
                                 : kzat = 1198,
                                 kbat= 1653,
                                 ktat = 2829,
                                 für
                                 
                              
                                 harte
                                 „
                                 : kzat =   751,
                                 kbat=2062,
                                 ktat = 2813,
                                 „
                                 
                              
                                 englische
                                 „
                                 : kzat = 1055,
                                 kbat = 2475,
                                 ktat = 3530.
                                 
                                 
                              
                           Zur Klarstellung der Elasticität und Festigkeit des für die Franz-Josef-Schachtanlage
                              									verwendeten neuen Förderseiles wurde dem mechanisch-technischen Laboratorium der
                              									Prager deutschen technischen Hochschule ein Seilstück, 700mm lang, zur Verfügung gestellt.
                           Das für die Erprobung bestimmte Förderseil war ein Band(Flach)seil von 70mm Breite, 13mm
                              									mittlerer Dicke; es enthielt 8 Rundseile von je etwa 10mm äuſserem Durchmesser. Jedes Rundseil bestand aus 4 Litzen zu 7 Drähte
                              									von je 1mm,4 Stärke, so daſs das vollständige Seil
                              									7 × 4 × 8 = 224 Drähten enthielt. Die vorgefundenen 6 Bindedrähte, aus ausgeglühtem
                              									Schweiſseisen, hatten je 1mm,8 Durchmesser. Die 4
                              									Litzen für ein Rundseil waren rechts, die Rundseile links gedreht. Weder die
                              									Rundseile noch die Litzen enthielten Hanfseelen, waren aber sehr gut getheert.
                           Das Flachseil wurde vorsichtig seiner Bindedrähte entledigt und sodann in seine 8
                              									Rundseile zerlegt, von welchen vier für die
                              									Elasticitäts- und Festigkeitsprobe vorbereitet wurden. Die restlichen Rundseile
                              									wurden in ihre Litzen zerlegt und von diesen 16 Litzen vier aus verschiedenen Rundseilen für die Untersuchung vorbereitet. Die
                              									erübrigenden 12 Litzen, in ihre Drähte aufgelöst, gaben das eigentliche
                              									Drahtmaterial für die Erprobung im hartgezogenen und
                              										ausgeglühten Zustande und für die Biege- wie Verwindungsprobe. Es wurden schlieſslich 6 hartgezogene Drähte, welche verschiedenen Litzen angehörten, die wieder
                              									verschiedenen Rundseilen entnommen waren, einer umfassenden Dehnungs- und Zerreiſsprobe unterzogen;
                              									dieselben Proben wurden noch mit 3 ausgeglühten
                              									Seildrähten (aus verschiedenen Litzen), sowie mit zwei Bindedrähten des Flachseiles
                              									erledigt für die Durchführung der Biege- und Verwindungsproben wurden zusammen 30
                              									Drähte in verschiedenen mechanischen Zuständen vorbereitet.
                           Es wurden hiernach 50 Proc. der im Flachseile enthaltenen Rundseile, 20 Proc. der
                              									noch verfügbaren Litzen, endlich 30 Proc. der noch in den Rundseil- und Litzenproben
                              									vorhandenen Seildrähte der Erprobung unterzogen, und der Rest des Probematerials in
                              									Reserve gehalten.
                           Für die gute Durchführung der umfassenden Dehnungs- und Zerreiſsversuche war eine
                              									wesentliche Vorbedingung in der sachgemäſsen Fassung der Drahtenden und in dem genau
                              									centrischen Einbaue der gefaſsten Enden in die Festigkeitsprobirmaschine
                              									gelegen.
                           
                           Die für Eisendrähte mit Erfolg angewendete Methode der Anwendung von unten mit einer
                              									Kugelfläche versehenen Schrumpfringen, die über die Drahtenden derart gezogen
                              									wurden, daſs noch eine Nietkopfbildung aus dem äuſsersten Drahtende möglich war,
                              									konnte mit Rücksicht auf den hartgezogenen Zustand der Stahldrähte nicht verwerthet
                              									werden, und muſste daher auf eine andere Fassungsart übergegangen werden. Nach Fig. 1 wurden für jedes Drahtende zwei Backen aus
                              									Hartmetall angewendet, welche an den gegen einander liegenden Flächen in der aus
                              									derselben Figur ersichtlichen Weise profilirt waren. Die Form und Entwickelung der
                              									gerundeten Rillen soll erreichen lassen, daſs eine Streckung des Probedrahtes im
                              									Bereiche seiner Lagerung zwischen den Metallbacken durch die Wirkung der Zugkraft
                              									verhindert werde. Dies gilt hauptsächlich von den äuſseren Partien der
                              									Fassungsstrecke, für welche bestimmt jede Dehnung und bleibende Streckung des
                              									daselbst gelagerten Drahtes ausgeschlossen ist.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 276, S. 26
                              
                           Mit Rücksicht auf die ausgeführte Verflachung und die stetig wachsende Entfernung der
                              									gerundeten Rillen gegen das untere Ende der Metallbacken nimmt die Inanspruchnahme
                              									des noch gefaſsten Drahtendes durch die Zugkraft allmählich zu, da die Reibung
                              									zwischen Draht und den Backen stetig abnimmt, so daſs eine allmählich wachsende
                              									Inanspruchnahme des Drahtes durch die Zugkraft von auſsen nach innen gegen den
                              									freien Drahtquerschnitt hin gesichert ist, wodurch eben ein Reiſsen des Probedrahtes
                              									in der Fassungsstelle mit befriedigender Sicherheit vermieden wird.
                           Nachdem der Draht zwischen den Metallbacken centrisch gelagert ist, werden diese
                              									gegenseitig verschraubt und endlich mit ihren Keilflächen gegen einstellbare
                              									Stahlbacken des sogen. Zugkopfes gelegt. Es ergibt sich, daſs eine solche Fassung
                              									der Drahtenden erreicht ist, welche in ihrer Wirkung insofern selbsthätig ist, als
                              									mit Zunahme der Zugkraft auch die Pressung der Metallbacken gegen den centrisch in
                              									diesen gelagerten Probedraht zunimmt.
                           Die genaue axiale Einstellung des Drahtes in die Zugachse der Maschine unterliegt bei
                              									Anwendung der vorhandenen Hilfstheile (Beilagen) keinerlei Schwierigkeit, und kann
                              									diese wichtige Bedingung genau erfüllt werden.
                           Der Erfolg dieser Fassungseinrichtung war dadurch gesichert, daſs von den 25
                              									Probedrähten nur 2 innerhalb der Fassungsstelle rissen.
                           Die Deformationen der Bindedrähte, ferner die geglühten und hartgezogenen Seildrähte
                              									wurden durch die Aufnahme von Dehnungscurven sichergestellt. Diese lassen den
                              									Einfluſs des Glühens hartgezogener Stahldrähte auf deren mechanische Eigenschaften
                              									ausgezeichnet erkennen und stellen auch den Unterschied des Verhaltens der weichen Bindedrähte und der
                              									Stahldrähte in beiden Zuständen (geglüht und hartgezogen) bei Dehnungen bis zur
                              									Streckgrenze und darüber vollkommen klar. Die Dehnungen eines hartgezogenen
                              									Seildrahtes (Versuch Nr. 1693) sind aus folgender Zusammenstellung zu ersehen:
                           
                              
                                 BelastungenPk
                                 Stand des Meſs-instrumentes
                                 DehnungΔl in
                                    											cm
                                 BelastungenPk
                                 Stand des Meſs-instrumentes
                                 DehnungΔl in
                                    											cm
                                 
                              
                                 –
                                 47,4
                                 –
                                 160
                                  46,15
                                   0,125
                                 
                              
                                   20
                                 47,3
                                 0,01
                                 170
                                 46,0
                                 0,14
                                 
                              
                                   40
                                 47,2
                                 0,02
                                 180
                                 45,8
                                 0,16
                                 
                              
                                   60
                                 47,1
                                 0,03
                                 185
                                 45,7
                                 0,17
                                 
                              
                                    801
                                 47,0
                                 0,04
                                 190
                                 45,6
                                 0,18
                                 
                              
                                 100
                                 46,8
                                 0,06
                                 195
                                 45,4
                                 0,20
                                 
                              
                                 120
                                 46,6
                                 0,08
                                 200
                                 45,1
                                 0,23
                                 
                              
                                   1402
                                 46,4
                                 0,10
                                  2053
                                 44,6
                                 0,28
                                 
                              
                                 150
                                 46,3
                                 0,11
                                 4
                                    											Bruchdehnung = 1,4 Proc.
                                 
                              
                           1 Elasticitätsgrenze für
                              									Zug.
                           2 Streckgrenze.
                           3 Festigkeitsgrenze.
                           4 Die Bruchdehnung erscheint für
                              									Versuch Nr. 1693 auffällig gering; sie betrug in drei anderen Fällen 1,5 Proc., 1,4
                              									Proc. und 1,9 Proc. bei der Gebrauchslänge l = 20cm,0.
                           Die Ergebnisse der umfassenden Zerreiſsproben mit den verschiedenen Drähten sind in
                              									der Tabelle I S. 28 zusammengestellt.
                           Die wichtigsten Resultate in dieser Tabelle sind jene, welche für die hartgezogenen Seildrähte ermittelt wurden. Diese sind
                              									ihren Mittelwerthen nach, rund:
                           
                              
                                 Zugelasticitätsgrenze (5844at,1), rund
                                   5900at
                                 
                              
                                 Zugelasticitätsmodulus (2497000at), rund
                                   2500000at
                                 
                              
                                 Streckgrenze (9945at,9),
                                    											rund
                                 10000at
                                 
                              
                                 Zugfestigkeit (13961at,0),
                                    											rund
                                 14000at
                                 
                              
                                 Verhältniſsmäſsige Querschnittsänderung
                                 52,0 Proc.
                                 
                              
                                 Specifisches Arbeitmodulus an der Elasticitätsgrenze (7kcm,05)
                                 7kcm,0
                                 
                              
                           Sie lassen als Material einen harten feinen Tiegelguſsstahl von hoher Zugfestigkeit
                              									erkennen, der eine sehr günstig gelegene Elasticitätsgrenze für Zug, einen normalen
                              									Zugelasticitätsmodulus und eine noch hoch entwickelte Contractionsfähigkeit besitzt;
                              									wegen des Bruches fast sämmtlicher Probedrähte auſserhalb der Gebrauchslänge (l = 20cm,0) konnte
                              									nur in wenigen Fällen die Bruchdehnung nachgewiesen werden.
                           Von besonderem Interesse ist die Veränderung der wichtigsten mechanischen
                              									Eigenschaften des hartgezogenen Drahtmaterials durch ein vorsichtiges Ausglühen und
                              									nachheriges allmähliches Abkühlen auf die Lufttemperatur.
                           Aus dem für die ausgeglühten Seildrähte ermittelten Durchschnittsergebnisse und
                              									zwar:
                           
                           Tabelle I (Draht-Zerreiſsproben).
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 276, S. 28
                              Versuchs-Nr.; Art der Probedrähte;
                                 										Elasticitätsgrenze; Verhältniſsmäſsige elastische Dehnung; Mittlerer
                                 										Elasticitätsmodulus; Arbeitsmodul; Streckgrenze; Festigkeitsgrenze;
                                 										Zugfestigkeit; Verhältniſswerth; Querschnittsverminderung; Anmerkungen;
                                 										Rindedrähte; Mittelwerthe; Geglühte Seildrähte; Hartgezogene Seildrähte; Bruch
                                 										auſserhalb der Probelänge; Oberfläche durch Verwendung verletzt; Drahtstärke;
                                 										Querschnitt; Sehr kräftige Contraction; Bruchlinie regelmäſig; Sehr starke
                                 										Contraction; Rand abgescheert; Bruch im Einspannkopfe; Bruchlinie unregelmäſsig;
                                 										Bruch auſserhalb der Probelänge; Rand abgescheert
                              
                           
                           
                              
                                 Zugelasticitätsgrenze (3679at,6), rund
                                 3680at,0
                                 
                              
                                 Zugelasticitätsmodulus (1385000at)
                                 1385000at
                                 
                              
                                 Streckgrenze (3679at,6),
                                    											rund
                                 3680at,0
                                 
                              
                                 Zugfestigkeit (5346at,3),
                                    											rund
                                 5350at,0
                                 
                              
                                 Verhältniſsmäſsige Querschnittsverminderung (73,5
                                    											Proc.)
                                 73,0 Proc.
                                 
                              
                                 Specifischer Arbeitsmodulus an der Elasticitätsgrenze (4kcm,924)
                                 5kcm,0
                                 
                              
                           ergibt sich, daſs durch die Operation des Ausglühens folgende
                              									Werthe wesentlich gesunken sind, und zwar:
                           
                              
                                 Zugelasticitätsgrenze um
                                 37,6
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Zugelasticitätsmodulus um 44,6 Proc., die Streckgrenze
                                    											um
                                 63,2
                                 „
                                 
                              
                                 Zugfestigkeit um
                                 61,7
                                 „
                                 
                              
                                 Specifischer Arbeitsmodulus an der Elasticitätsgrenze um
                                    											rund
                                 30
                                 „
                                 
                              
                           daſs ferner die verhältniſsmäſsige Querschnittsverminderung
                              									sich erhöhte um 40 Proc., woraus die Wichtigkeit der
                              									Verwendung von hartgezogenen Drähten für die Seilherstellung hervorgeht.
                           Die Ergebnisse der Zugproben mit den Eisenbindedrähten sind insofern hervorzuheben,
                              									als dieselben nachweisen, daſs für diese das richtige Material, d. i. solches von
                              									entsprechender Festigkeit (3838at,5), und
                              									Zähigkeit gewählt wurde, welche mechanischen Eigenschaften trotz der bedeutenden
                              									Inanspruchnahme der Drähte sowohl bei ihrer Verwendung, als auch bei ihrer
                              									Entfernung aus dem Flachseile zum Zwecke ihrer Untersuchung noch im befriedigenden
                              									Maſse erhalten blieben. Die kennzeichnenden Werthe als Maſs der mechanischen
                              									Eigenschaften sind durchschnittlich:
                           
                              
                                 Zugelasticitätsgrenze (1771at,7), rund
                                 1772at,0
                                 
                              
                                 Zugelasticitätsmodulus (1595000at), rund
                                 1600000at
                                 
                              
                                 Streckgrenze (2952at,8),
                                    											rund
                                 3000at,0
                                 
                              
                                 Zugfestigkeit (3838at,5),
                                    											rund
                                 3840at,0
                                 
                              
                                 Verhältniſsmäſsige Querschnittsverminderung (69,1
                                    											Proc.)
                                 70,0 Proc.
                                 
                              
                                 Specifischer Arbeitsmodulus an der Elasticitätsgrenze (0kcm,997)
                                 1kcm,0
                                 
                              
                           Zur vollständigen Sicherstellung der Qualität des Seil- und Bindedrahtmaterials
                              									wurden auſser den Zerreiſsproben noch Biege- und Verwindungsproben durchgeführt.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 276, S. 29
                              
                           Bei den Biegeproben mit den Seildrähten im hartgezogenen
                              									und ausgeglühten Zustande, sowie mit den Bindedrähten wurde ein besonderer
                              									Biegehebel angewendet, dessen Einrichtung aus der Darstellung in Fig. 2 zu ersehen ist. Der Probedraht wird zwischen
                              									zwei Stahlbacken derart eingeklemmt, daſs er zugleich durch die im Hebelansatze a vorbereiteten Oeffnungen gezogen werden kann. Die
                              									Stahlbacken weisen auf der einen, inneren Seite eine Abrundung der einen Ecke ihrer
                              									rechteckigen Querschnitte auf, deren Krümmungsradius genau 2mm,5 beträgt, so daſs die Probedrähte (im Sinne
                              									der Beschlüsse der Münchener und Dresdener Conferenz) um einen Dorn von 5mm Durchmesser gebogen werden. Auf der anderen
                              									Seile der Stahlbacken sind die scharfen Ecken ihrer Profile belassen, um auch
                              									Biegeversuche um scharfe Kanten durchführen zu können.
                           Die mit einander verschraubten Stahlbacken werden an der einen Seite mit einer
                              									Klammer k armirt, welche den Drehzapfen für den
                              									Handhebel enthält. Die Einstellung der richtigen Lage dieses Hebels sammt der
                              									Klammer k bei Versuchen mit Drähten von verschiedenen
                              									Stärken und zwar derart, daſs eine reine Biegung der Drähte um einen Dorn von 5mm hervorgerufen wird, wobei der Biegewinkel von
                              									der Mittelstellung des Hebels aus nach rechts und links je 90° beträgt, ist in
                              									durchaus einfacher und sicherer Weise mit Hilfe einer angebrachten Skala möglich.
                              									Der Biegehebel wird in einen Schraubstock geklemmt.
                           Durch den Biegeversuch soll die Anzahl (n) der
                              									Abbiegungen des Probedrahtes um je 180°, bis zum Bruche, sichergestellt werden.
                           Die Ergebnisse der Drahtbiegeproben mit den Seil- und Bindedrähten sind in der
                              									Tabelle II zusammengestellt. Um das Verhalten der hartgezogenen Seildrähte bei
                              									Abbiegung um eine scharfe Kante festzustellen, wurden 3 Versuche erledigt; sie
                              									ergaben das übereinstimmende Resultat, daſs die bezeichneten Drähte schon nach einer
                              									1,5fachen Abbiegung um 180° brechen.
                           Tabelle II (Draht-Biegeproben).
                           
                              
                                 Art derProbedrähteBindedrähted = 0cm,18
                                 Versuchs-Nr.n(bis zum Bruche)
                                 169918,5
                                 170016,5
                                 170115,5
                                 Mittel-werth16,8
                                 Control-versuch16,5
                                 
                              
                                 AusgeglühteSeildrähted = 0cm,14
                                 Versuchs-Nr.n(bis zum Bruche)
                                 170521,5
                                 170622,5
                                 170721,5
                                 170825,5
                                 170929,5
                                 
                              
                                 Versuchs-Nr.n(bis zum Bruche)
                                 171023,5
                                 171122,5
                                 171220,0
                                 Mittel-werth23,3
                                 Control-versuch24,5
                                 
                              
                                 HartgezogeneSeildrähted = 0cm,14
                                 Versuchs-Nr.n(bis zum Bruche)
                                 171413,5
                                 171514,0
                                 171612,5
                                 171715,5
                                 171816,5
                                 
                              
                                 Versuchs-Nr.n(bis zum Bruche)
                                 171916,5
                                 172011,5
                                 172113,5
                                 172214,5
                                 17236,0
                                 
                              
                                 Versuchs-Nr.n
                                 Controlversuche
                                 Mittel-werth
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 (bis zum Bruche)
                                 15,5
                                 15,5
                                 
                                    14,4
                                    
                                 –
                                 –
                                 
                              
                           Nach den mittleren Ergebnissen der in der Tabelle II zusammengestellten
                              									Drahtbiegeproben erträgt:
                           Der schmiedeeiserne, weichgeglühte Bindedraht
                              									durchschnittlich 16,8 Abbiegungen um je 180° um den Dorn von 5mm Durchmesser und zwar trotz seiner
                              									auſserordentlichen Inanspruchnahme als Bindedraht, dessen Oberfläche an vielen
                              									Stellen stark verletzt erschien, und ungeachtet der mit der Lösung vom Flachseile
                              									verbundenen wiederholten bleibenden Abbiegungen, woraus auf die vorzügliche Qualität
                              									des Materials desselben geschlossen werden muſs.
                           Der hartgezogene Seildraht aus Tiegelguſsstahl verträgt durchschnittlich 14,4fache
                              									Hin- und Herbiegung um einen Dorn von 5mm
                              									Durchmesser, welche Zahl aus 12 Versuchen abgeleitet wurde, und der die schon früher
                              									hervorgehobene Biegezahl n = 1,5 für die Abbiegung um
                              									eine scharfe Kante gegenüber gestellt werde. Aus diesem Vergleiche geht hervor, daſs
                              									die Biegefähigkeit des hartgezogenen Drahtes um scharfe
                              									Kanten nur mehr 10 Proc. jener über einen Dorn von 5mm Durchmesser ist.
                           Die Biegefähigkeit des hartgezogenen Seildrahtes aus Tiegelguſsstahl, ausgedrückt
                              									durch n = 14,4, ist ein wichtiger Beleg für die schon
                              									anläſslich der Feststellung der im Mittel erreichbaren verhältniſsmäſsigen
                              									Querschnittsverminderung (52 Proc.) hervorgehobene hoch entwickelte Zähigkeit dieses
                              									Materials.
                           Die geglühten Seildrähte lassen durchschnittlich n =
                              									23,3 Hin- und Herbiegungen zu; es tritt daher durch die Operation des Ausglühens des
                              									Guſsstahldrahtes im hartgezogenen Zustande eine Erhöhung der Biegefähigkeit um 62
                              									Proc. ein, während schon früher eine Erhöhung der verhältniſsmäſsigen
                              									Querschnittsverminderung um 40 Proc. nachgewiesen werden konnte.
                           Ein weiterer, wichtiger Beitrag zur Klarstellung der Qualität des Seildrahtmaterials
                              									wird durch die Ergebnisse der Verwindungsversuche mit denselben geliefert. Zur
                              									Durchführung derselben stehen zwei Vorrichtungen zur Verfügung, welche die
                              									Unsicherheit der sogen. Handversuche völlig ausschlieſsen, und sich im Wesentlichen
                              									dadurch unterscheiden, daſs bei der ersten Vorrichtung
                              									der Verwindungsversuch behufs Sicherstellung der Anzahl von Verwindungen um je 360°
                              									bis zum Bruche unter gleichzeitiger Inanspruchnahme der Zugfestigkeit des
                              									Probedrahtes durchgeführt wird, während die zweite
                              									Vorrichtung auch zum Nachweise der gröſsten Inanspruchnahme des Drahtmaterials auf
                              									Drehung im Momente des Bruches unter gleichzeitiger Angabe der Anzahl (nt) Verwindungen um je
                              									360° verwerthet wird.
                           Beide Versuchsmethoden haben ihre Berechtigung, und wurde in dem vorliegenden Falle
                              									die erste und jedenfalls wesentlich ungünstigere Erprobungsweise angewendet und für
                              									die Probedrähte eine Gebrauchslänge von 10cm
                              									eingehalten.
                           
                              
                                 (Schluſs folgt.)