| Titel: | Ueber Dampfkessel; von Prof. H. Gollner in Prag. | 
| Autor: | H. Gollner | 
| Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 217 | 
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                        Ueber Dampfkessel; von Prof. H. Gollner in Prag.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 163 d.
                           								Bd.)
                        Gollner, über Dampfkessel.
                        
                     
                        
                           Bei Feststellung der Dimensionen der Dampfkesselnietungen soll auf die unvermeidliche
                              									Verschwächung der Kesselbleche in Folge der Corrosion, mechanischen Reinigung und
                              									durch den Einfluſs der Heizgase Rücksicht genommen werden. Die Nietung ist für eine
                              									schätzungsweise etwas vergröſserte Blechstärke zu construiren, so daſs für die neue
                              									Nietung das Verhältniſs (t-d)\,\delta\,:\,\frac{d^2\,\pi}{4}
                              									entsprechend vergröſsert erscheint. Diese Vergröſserung ist derart zu wählen, daſs
                              									sich nach eingetretenem Verschleiſse des Bleches die günstigsten
                              									Festigkeitsverhältnisse für die Nietung ergeben.
                           Aus den Versuchen von Kennedy geht auch die Wichtigkeit
                              									der Anwendung gröſstmöglicher Nietbolzen mit kräftig
                              									entwickelten Enden und Köpfen hervor, deren Grenzdimensionen durch die Nietmethode
                              									(Hand- und Maschinen-Nietung) gegeben sind.
                           Die eben skizzirten Ergebnisse der Versuche mit ausgeführten Nietungen setzen voraus,
                              									daſs die Nietlöcher durch Bohren hergestellt sind und
                              									daſs für die verwendeten weichen Stahlbleche (Fluſseisen) ein specifischer
                              									Auflagedruck für die Nietlochleibung pmaxat = 6500
                              									eintreten dürfe.
                           Unwin bemiſst diesen specifischen Stauchdruck für
                              									Schweiſseisenbleche mit pmaxat = 6300, während Gerber unter gleichen Verhältnissen den. Grenzwerth pat = 2500 ermittelt.
                              									Nach einschlägigen Versuchen von Tetmajer wird die
                              									sogen. Quetsch- oder Stauchgrenze für Schweiſs- und Fluſseisenbleche
                              									durchschnittlich bei pat = 2500 erreicht, daher auch die mittlere
                              									Pressung gegen die Nietlochleibung bei normalen Nietmaterialien den Werth von
                              										2500at nicht überschreiten soll.
                           Auf die Constructionsverhältnisse der Nietung hat aber nicht nur der zulässige mittlere specifische Druck pat, sondern auch die Festigkeit des
                              									Bleches und des Nietmateriales in der Verbindung selbst
                              									einen maſsgebenden Einfluſs.
                           Die Festigkeit des Bleches wird durch die Lochungsmethode für die Nietlöcher abgeändert und es ist wesentlich, den
                              									Einfluſs der Lochungsmethode festzustellen, weil die Festigkeit des gelochten Bleches für die Festigkeit der ganzen Nietverbindung maſsgebend ist.
                           Für Schweiſseisenbleche liegen diesbezüglich zahlreiche Versuchsergebnisse nach Tetmajer, Unwin, Barba, Tresca u.a. vor, welche
                              									erkennen lassen, daſs:
                           1) das Schweiſseisenblech durch Stanzen an Festigkeit
                              									verliert; der Festigkeitsverlust nimmt zu mit der Naturhärte des Materiales, ebenso
                              									mit abnehmender Qualität (Gleichartigkeit) desselben, ferner mit zunehmender
                              									Blechstärke und endlich mit abnehmendem Werthe des Verhältnisses (d : δ); für d = δ erreicht für bestes
                              									Schweiſseisenblech der Festigkeitsverlust 20 Proc.;
                           2) der procentische Festigkeitsverlust des Schweiſseisens durch Stanzen mit δ wächst und auch von dem Werthe des Verhältnisses l : d abhängig ist, wenn
                              										l die Länge der Lochnaht bezeichnet. Für d = Const., nimmt der
                              									Festigkeitsverlust mit wachsendem Abstande der Löcher zu.
                           
                           Das Fluſseisenblech ist gegen den Einfluſs des Stanzens wesentlich empfindlicher und
                              									sind die Festigkeitsänderungen regelmäſsig.
                           Versuche bestätigen, daſs:
                           3) das Schweiſseisenblech durch das Stanzen am
                              									Lochumfange zusammengedrückt und daher spröde wird, daher auch daselbst reiſsen
                              									muſs, bevor die mittlere Zugfestigkeit des Materiales erreicht ist;
                           4) durch Ausglühen gestanzter Bleche der
                              									Festigkeitsverlust entweder ganz oder theilweise aufgehoben werden kann; durch
                              									dieses Glühen kann ein Gewinn an Festigkeit um 10 bis 15 Proc. erreicht werden,
                              									desgleichen durch Ausreiben der gestanzten Löcher;
                           5) durch das Bohren der Löcher kein nachweisbarer
                              									Festigkeitsverlust des Schweiſseisenbleches entsteht; gebohrte Lamellen zeigen im
                              									bestehenden Materialstege (zwischen den Löchern) durchschnittlich eine 8procentige
                              									Festigkeitserhöhung; durch Ausglühen der gebohrten
                              									Schweiſseisenbleche kann eine weitere Steigerung der Festigkeit erzielt werden; der
                              									Gewinn beträgt etwa bis 10 Proc.; das Ausreiben der
                              									gebohrten Löcher ist ohne Nutzen, das Ausfeilen
                              									derselben für die Erhöhung der Festigkeit vortheilhaft.
                           Der specifische Auflagedruck; pat, die effectiv zulässige Inanspruchnahme ksat des Nietmateriales in gestanzten und gebohrten
                              									Nietlöchern haben einen maſsgebenden Einfluſs für die Gröſse (dcm) als
                              									Nietlochweite, welche für δ in cm gewählt wird:
                           
                              
                                 für
                                 Ueberplattungs-Nietungen
                                 
                                    d=\sqrt{5\,\delta}-0^{cm},2
                                    
                                 
                              
                                 „
                                 Ueberlaschungs-      „
                                 
                                    d=\sqrt{5\,\delta}-0^{cm},5.
                                    
                                 
                              
                           Tetmajer entwickelt in seiner Baumechanik (II. Theil, 1.
                              									Hälfte) auf Grund direkter Festigkeitsversuche, unter Beachtung der Festigkeitsänderungen der nach verschiedenen
                              									Lochungsmethoden für die Nietung vorbereiteten Bleche aus Schweiſs- und Fluſseisen,
                              									sowie der effectiven zulässigen Inanspruchnahme der verschiedenen Nietmaterialien,
                              									die Beziehung zwischen den Hauptgröſsen der ein- und mehrfachen Ueberlappungs- und
                              									Ueberlaschungs-Nietungen für Dampfkessel und zwar t, d,
                                 										δ unter Benutzung einer aus den Versuchen abgeleiteten Erfahrungszahl η, welche eine Function der Zugfestigkeit und der
                              									Scherfestigkeit für Blech und Niet in der
                              									Nietverbindung und der Art der Vernietung selbst ist, und findet die allgemeine
                              									Formel:
                           t=\eta\,.\,\left(\frac{d^2}{\delta}\right)+d
                              									und für den Wirkungsgrad
                           der Nietung allgemein:
                              										\varphi=\mu\,.\,\left(\frac{t-d}{t}\right).
                           Die Werthe von η für Dampfkessel-Nietungen aus
                              									Schweiſseisen und Fluſseisen (für Blech und Niet bei gleicher Sicherheit für beide)
                              									sind aus folgender Tabelle zu ersehen:
                           
                           
                              
                                 Art der Vernietung
                                 Art der Lochung
                                 
                              
                                 gestanzt
                                 gestanzt undausgeriebenoder
                                    											gebohrtRänderstumpf
                                 gebohrt
                                 gestanzt
                                 gestanzt undausgeriebenoder
                                    											gebohrtRänderstumpf
                                 gebohrt
                                 
                              
                                 
                                 Blech und Niet ausSchweiſseisen
                                 Blech und Niet ausFluſseisen
                                 
                              
                                 Einfache Ueberlappungs-    Nietung
                                 0,94
                                 0,82
                                 0,78
                                 –
                                 0,76
                                 0,73
                                 
                              
                                 Zweifache Ueberlappungs-    Nietung mit versetzten Nieten
                                 1,80
                                 1,51
                                 1,44
                                 –
                                 1,44
                                 1,37
                                 
                              
                                 Einfache Laschen-Nietung
                                 1,69
                                 1,40
                                 1,33
                                 –
                                 1,39
                                 1,33
                                 
                              
                                 Zweifache Laschen-Nietung
                                 3,38
                                 2,80
                                 2,66
                                 –
                                 2,78
                                 2,66
                                 
                              
                           Die Erfahrungszahl μ zur Berechnung des Wirkungsgrades
                              										φ einer Vernietung nimmt nach Tetmajer's Ermittelungen für die Hauptformen der
                              									Dampfkessel-Nietungen mit besonderer Rücksichtnahme auf die Art des Blechmateriales
                              									die in der folgenden Tabelle zusammengespellten Werthe an, an welche noch zwei
                              									Gröſsen angeschlossen seien, welche für die sachgemäſse Ausführung der verschiedenen
                              									Vernietungen von Wichtigkeit sind und sich beziehen a) auf den sogen. Randabstand (e) der Nieten
                              									d. i. die Entfernung des Nietbolzen-Mittels vom Blechrande und b) auf die Entfernung
                              									der Reihen einer zweifachen Vernietung, welche mit (e') bezeichnet sei.
                           
                              
                                 Art der Vernietung
                                 Werthe
                                 Schweiſseisen
                                 Fluſseisen
                                 
                              
                                 Löcher ge-stantzt
                                 Löcher ge-stanzt undausgeriebenoder
                                    											gebohrt
                                 Löcher ge-stanzt
                                 Löcher ge-stanzt undausgeriebenoder
                                    											gebohrt
                                 
                              
                                 Einfache
                                    											Ueberlappungs-Nietung
                                 
                                    μ
                                    
                                    e
                                    
                                 0,77 2,0 d
                                 0,88 2,0 d
                                 –2,0 d
                                 1,00 2,0 d
                                 
                              
                                 Einfache Laschen-Nietung
                                 
                                    μ
                                    
                                    e
                                    
                                 0,85 2,0 d
                                 1,03 2,0 d
                                 –2,0 d
                                 1,10 2,0 d
                                 
                              
                                 Doppelte Ueberlappungs-Nietung mit
                                    											versetzten Nieten
                                 
                                    μ
                                    
                                    e
                                    
                                    e'
                                    
                                 0,80 1,6 d  0,55 t
                                 0,95 1,5 d  0,50 t
                                 –1,6 d–
                                 1,06 1,5 d0,5
                                    												t
                                 
                              
                                 Doppelte Laschen-Nietungmit
                                    											versetzten Nieten
                                 μee'
                                 0,85 1,6 d  0,55 t
                                 1,03 1,5 d  0,50 t
                                 –1,6 d–
                                 1,10 1,5 d0,5
                                    												t
                                 
                              
                           Anmerkung:
                           
                              „Für eine einfache Ueberlappungs-Nietung, für welche Blech und Niet aus Fluſseisen
                                 										vorausgesetzt ist, wobei kzat = 4340 und
                                 											ksat = 3720 angenommen sei, würden sich nach der
                                 										bisher üblichen Theorie der Dampfkessel-Nietungen unter der Annahme, daſs ks
                                 										= kz sei, daſs d = 10mm und d : δ = 2 gesetzt sei, folgende Resultate ergeben,
                                 										welchen jene nach den Versuchen von Kennedy, sowie
                                 										nach den Ermittelungen und Angaben von Tetmajer
                                 										angeschlossen seien:
                              
                           
                           
                              
                                 
                                    Daten:
                                    Theorie
                                    
                                       Kennedy
                                       
                                    
                                       Tetmajer
                                       
                                    
                                 
                                    
                                       δ
                                       
                                    10,0
                                    10,0
                                    10,0
                                    
                                 
                                    
                                       d
                                       
                                    20,0
                                    22,8
                                    20,3
                                    
                                 
                                    
                                       \frac{d}{\delta}
                                       
                                        2,00
                                        2,28
                                       2,03
                                    
                                 
                                    
                                       \frac{t}{\delta}
                                       
                                       5,14
                                        5,38
                                       4,90
                                    
                                 
                                    
                                       φ
                                       
                                        0,611
                                         0,629
                                         0,590
                                    
                                 
                                    *
                                       													\frac{(t-d)\,\delta}{\frac{d^2\,\pi}{4}}
                                        1,000
                                         0,690
                                         0,913
                                    
                                 
                                    **
                                       													D=\frac{1}{\left(\frac{t}{d}\right)-1}
                                        0,637
                                        0,591
                                         0,690
                                    
                                 
                              
                           
                              Der Werth * in vorletzter Colonne bezeichnet das Verhältniſs des für die
                                 										Niettheilung t sich ergebenden Blech- und
                                 										Nietquerschnittes, der Werth ** der letzten Colonne das relative Maſs der
                                 										Dichtungsfähigkeit der Nietung; es wird D = d : (t –
                                    											d) oder D=1\,:\,\left(\frac{t}{d}-1\right) und wird
                                 										dieser Werth D für t =
                                    											d, d.h. bei vollständigem Schlusse der Nietfuge durch die Nietbolzen
                                 										selbst, (Grenzfall): D = ∞.“
                              
                           
                              
                                 (Schluſs folgt.)