| Titel: | F. J. Patten's elektrischer Motor in Wechselstromleitungen. | 
| Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 325 | 
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                        F. J. Patten's elektrischer Motor in
                           								Wechselstromleitungen.
                        Patten's elektrischer Motor in Wechselstromleitungen.
                        
                     
                        
                           Am 10. September 1889 hat Lieutenant F. Jarvis Patten in dem American
                                    										Institute of Electrical Engineers in New York einen (in den Transactions des Institute, Bd. 6 * S. 388, zugleich mit der sich an den Vortrag
                              									anknüpfenden umfänglichen Besprechung abgedruckten und auch in dem New Yorker Electrical Engineer, Bd. 8 * S. 424, wiedergegebenen)
                              									Vortrag über die Anordnung eines elektrischen Motors gehalten, welcher in eine
                              									Wechselstromleitung eingeschaltet werden soll. Der Motor muſs unabhängig von dem
                              									Gange des Stromerzeugers, also der Anzahl der Stromwechsel in der Minute angehen, er
                              									darf sich nur in einerlei Richtung umdrehen, trotz der Stromwechsel; seine
                              									Umdrehungszahl soll nicht nothwendig mit der des Stromerzeugers übereinstimmen
                              									müssen; die Stromwechsel sollen bei der Normalgeschwindigkeit und der gröſsten
                              									Leistung nicht Wechsel der magnetischen Polarität in irgend einem Eisentheile im
                              									Gefolge haben; endlich soll der Motor einfach sein, ein zweipoliges Feld besitzen
                              									und einen Anker mit zusammenhängender Wickelung.
                           Wollte man einem Motor mit einem gewöhnlichen Gramme-Anker Wechselströme zuführen, so würde sich bei jedem Strom Wechsel die
                              										Polarität des Ringes
                              									umkehren und die Bewegungsrichtung müſste, wenn das Feld beständig dieselbe
                              									Polarität behielte, bei jedem Stromwechsel ebenfalls umkehren. Könnte man aber bei
                              									jedem Stromwechsel zugleich die Stellung der beiden Bürsten auf dem den Strom aus
                              									der Wechselstromleitung übernehmenden Stromsammler vertauschen, so würde sich die
                              									Polarität im Anker nicht ändern.
                           Ein solcher regelmäſsiger Wechsel der beiden Bürsten ist ganz unmöglich, dagegen kann
                              									man denselben Erfolg dadurch erzielen, daſs man jede Bürste zwar an ihrer Stelle
                              									läſst, dafür aber die Reihenfolge der einzelnen Contactstäbe des Stromsammlers
                              									bezieh. der einzelnen Windungen des Ankers und ihrer Verbindung mit den Stäben in
                              									der erforderlichen Weise ändert.
                           Sind z.B. bei einem Anker mit 8 Windungen oder Spulen im Anker für Gleichstrom die
                              									acht Stäbe 1,2, 3 . . . . 8 der Reihe nach mit den
                              									Verbindungsstellen a, b, c . . . . h der Windungen 8 und 1, 1 und 2, 2 und 3, . . . .
                              									verbunden, so würde man im Anker für Wechselströme etwa die Stäbe 1, 3, 5, 7 in ebendieser Verbindung mit a, c, e, g lassen, die Stäbe 2,
                                 										4, 6 und 8 gerader Nummer dagegen mit den
                              									ihnen im Durchmesser gegenüber liegenden Verbindungsstellen f, h, b, d der Windungen verbinden. Setzt man nun zunächst noch voraus,
                              									daſs der Stromrichtungswechsel stets in dem Augenblicke erfolgt, wenn jede Bürste
                              									von einem Stabe auf den nächsten übertritt, so wird sich trotz der Stromwechsel die
                              									magnetische Polarität in dem Ringe nicht ändern und deshalb, wenn wieder
                              									unveränderte Polarität des Feldes vorausgesetzt wird, auch nicht die Drehrichtung
                              									des Ringes. Es wird ja jetzt zugleich mit der Stromrichtung auch die Richtung
                              									gewechselt, in welcher der Strom die Windungen des Ankers durchläuft.
                           Die Gestalt der Verbindungen 1 a, 2 f, 3 c, 4 h, 5 e, 6 b, 7
                                 										g und 8 d ist dabei ganz gleichgültig und man
                              									kann sie daher auch zu Contactstäben für einen zweiten Stromsammler gestalten, von
                              									welchem man mittels zweier einander im Durchmesser gegenüber gestellter Bürsten
                              									einen Stromzweig durch die Rollen der Feldelektromagnete abnimmt. Natürlich hat
                              									dabei auch dieser Stromzweig beständig dieselbe Richtung innerhalb der
                              									Feldmagnetrollen, und deshalb ändert sich auch in den Feldmagneten die magnetische
                              									Polarität nicht, trotz der Stromwechsel in der Hauptleitung auſserhalb des
                              									Motors.
                           Der in dieser Weise ausgeführte Motor für Wechselstrombetrieb behält daher
                              									unverändert sowohl im Anker, als in den Feldmagneten die nämliche Polarität, also
                              									auch die nämliche Drehungsrichtung; ja es tritt auch kein Wechsel der Magnetpole in
                              									irgend einem Eisenstücke ein, sofern nur der Strom Wechsel allemal eintritt, wenn
                              									die Bürsten von einem Stabe auf den nächsten übertreten.
                           Wenn nun aber ein Strom Wechsel eintritt, während die Bürsten auf demselben Stabe
                              									verharren – und dies wird geschehen, so lange der Anker beim Angehen langsam läuft und sich noch nicht
                              									mit der treibenden Dynamo in Uebereinstimmung gesetzt hat – so wird doch bei jedem
                              									Strom Wechsel zugleich die Polarität im Anker und in den Feldelektromagneten in die
                              									entgegengesetzte umschlagen, dabei also der Anker seine bisherige Drehrichtung
                              									unverändert beibehalten. Geht daher der Motor selbsthätig an, so wird der Anker so
                              									lange seine Geschwindigkeit steigern, bis die Bürsten zwischen zwei auf einander
                              									folgenden Stromwechseln thatsächlich allemal über einen Stab hinstreichen; dann aber
                              									hören die Wechsel der Magnetpole im Anker und den Feldmagneten auf und der Motor
                              									läuft, sich selbst regulirend, mit unveränderlicher Geschwindigkeit und mit seiner
                              									höchsten Drehleistung.
                           Endlich kann man aber in der Zeit zwischen je zwei auf einander folgenden
                              									Stromwechseln auch gruppenweise mehr als einen Stab unter den Bürsten hinweggehen
                              									lassen, nur müssen die zu einer Gruppe gehörigen Stäbe in gleicher Weise mit den
                              									Verbindungsstellen der Windungen verbunden sein; dadurch läſst sich aber der Motor
                              									in seiner Geschwindigkeit von der stromliefernden Dynamo unabhängig machen. Hat z.B.
                              									der Anker 24 Windungen und 24 Stäbe im zweiten Stromsammler, im ersten dagegen 32
                              									Stäbe, indem 8 Gruppen von je drei leitend mit den Windungen verbundenen Stäben
                              									durch je einen nichtleitenden Stab getrennt sind, so macht der Motor je eine
                              									Umdrehung bei 8 Strom wechseln, und wenn in der Hauptleitung 16000 Stromwechsel in
                              									der Minute auftreten, so ist seine Umlaufszahl in der Minute 16000 : 8 = 2000; bei
                              									48 Stäben in Gruppen zu je drei aber würde sie 1000 sein, sie ist also von der
                              									Umlaufszahl der Dynamo nicht abhängig, braucht nicht mit ihr übereinzustimmen.
                           Die isolirten Stäbe im ersten Stromsammler können nun noch für einen weiteren Zweck
                              									verwerthet werden; sie werden nämlich mit den Enden eines Rheostaten verbunden,
                              									welcher einen Stromweg von entsprechendem Widerstände für die Wechselströme
                              									darbietet, so daſs diese beim Uebergange von einer Stabgruppe zur anderen nie ganz
                              									unterbrochen werden, zugleich aber auch gefahrvolle Kurzschlieſsungen verhindert
                              									werden, welche gelegentlich eintreten könnten, während die Bürsten auf dem ersten
                              									Stromsammler eine Brücke zwischen zwei entgegengesetzt verbundenen Gruppen von
                              									Stäben bilden.