| Titel: | Schnelllaufende Motoren für Dampfbetrieb. | 
| Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 337 | 
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                        Schnelllaufende Motoren für
                           								Dampfbetrieb.
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									18.
                        Schnelllaufende Motoren für Dampfbetrieb.
                        
                     
                        
                           Das immer mehr hervortretende Bedürfniſs, namentlich für elektrische
                              									Beleuchtungszwecke geeignete Motoren zu besitzen, welche bei möglichster
                              									Raumbeschränkung und ohne Einschaltung vieler Zwischentransmissionen eine
                              									verhältniſsmäſsig groſse Leistung entwickeln sollen, veranlaſste viele
                              									Maschinenfabrikanten, sich mit der Construction von schnelllaufenden Dampfmaschinen
                              									eingehender zu befassen, und es unterliegt keinem Zweifel, daſs bei der
                              									fortschreitenden Entwickelung der elektrischen Beleuchtung derartigen Maschinen ein
                              									weites Absatzgebiet offen steht.
                           Die in Fig. 1,
                              										2 und 3 Taf. 18
                              									dargestellte wagerechte Dampfmaschine mit einfach wirkendem Cylinder von H. Robinson in Manchester ist nach Industries, 1889 * S. 599, für hohe Tourenzahlen
                              									construirt.
                           Sie zeichnet sich durch groſse Einfachheit aus und besteht aus dem an einer Seite
                              									offenen Cylinder C, der freischwebend an dem
                              									kastenförmigen mit Deckel F geschlossenen Bette T der Maschine befestigt ist, in welchem sich Oel
                              									befindet.
                           Die in langen Lagerschalen aus Phosphorbronze laufende Kurbelwelle G ist durch eine ⌶-förmig
                              									gebildete Stahlstange M mit dem ungewöhnlich langen
                              									Kolben P verbunden, und in die genannten Schalen
                              									Angesetzte starke Oelrohre D besorgen die nöthige
                              									Schmierung und verhüten eine Mitnahme durch die Kurbelwelle; ebenso sind auch die
                              									halbcylindrischen Lagerschalen des Kurbelzapfens S
                              									durch Rohre, welche bei der Bewegung der mit Gegenwicht versehenen Kurbel in Oel
                              									tauchen, gegen Drehung geschützt.
                           Das Oel wird diesen Schalen, wie auch dem Kolben und Kolbenzapfen selbsthätig mittels
                              									zweier über der drehenden Welle W liegenden und in Oel
                              									tauchenden Ketten x und durchlöcherter Rohre Z zugeführt.
                           Der je nach der Excenterstellung während längerer oder kürzerer Dauer des Kolbenhubes
                              									in den Cylinder tretende Dampf entweicht am Ende des Hubes durch drei am unteren
                              									Theile des Cylinders sitzende cylindrische Oeffnungen E
                              									in einen gemeinschaftlichen Behälter E1, an Elchen sich das Dampfabzugsrohr
                              									anschlieſst.
                           Das (Fig. 3
                              									Taf. 18) mit Bolzen C1
                              									am Schwungrad Y drehbar befestigte Excenter O greift, um abtropfendes Oel aufnehmen zu können, über
                              									eine vorspringende Schale des Kurbelwellenlagers; in seinem ringförmigen Theile
                              									bewegt sich die mit der zugehörigen Stange aus einem Stücke gegossene excentrische
                              									Scheibe A1 und an dem
                              									der Stange gegenüberliegenden Winkelstück B1 greift eine Feder G1 an, welche mit dem um F1 drehbaren
                              									bügelförmigen Gegengewichte D1 verbunden ist; letzteres legt sich mit seinem unteren, daumenartig
                              									gebildeten Theil E2
                              									gegen das Excenter.
                           
                           Je nach der Umdrehungsgeschwindigkeit des Schwungrades entfernt sich das Gewicht D1 mehr oder weniger
                              									von der Welle und der gegen das Excenter drückende Daumen E2 bewirkt eine Drehung des letzteren, so
                              									daſs sich Voreilungswinkel und Excentricität je nach der Geschwindigkeit der
                              									Maschine einstellen.
                           Die Centrifugalkraft des Gewichtes D1 wirkt hierbei der Federspannung G1 entgegen.
                           Die Engineer, 1889 * S. 457, entnommenen Abbildungen
                              										(Fig. 4
                              									und 5 Taf. 18)
                              									stellen die mit einfach wirkenden Cylindern arbeitende senkrechte Verbundmaschine
                              									von Musgrave und Söhne in Bolton dar.
                           Der vom Kessel kommende Dampf tritt zunächst in den oberen Theil des
                              									Hochdruckcylinders und aus diesem, nach Verschluſs des Einströmkanals durch einen
                              									Kolbenschieber und erfolgter Expansion, noch vor Beendigung des Hubes durch einen
                              									geöffneten Verbindungskanal in den Niederdruckcylinder, dessen Kolben sich, weil die
                              									Kurbeln einander gegenüber stehen, seiner oberen Endstellung nähert und nach
                              									Beendigung des Hubes durch den beim Aufwärtsgange des Hochdruckkolbens entweichenden
                              									Dampf niedergedrückt wird.
                           Wenn der Niederdruckkolben einen bestimmten Theil seines Hubes zurückgelegt hat, wird
                              									der Verbindungskanal zwischen beiden Cylindern durch die Steuerungsorgane wieder
                              									geschlossen; der noch im Hochdruckcylinder verbleibende Dampf wird comprimirt und
                              									bildet für den Hochdruckkolben ein elastisches Polster, während der im
                              									Niederdruckcylinder eingeschlossene Dampf sich ausdehnt und den Kolben an das Ende
                              									seines Hubes bringt; kurz bevor letzteres erreicht ist, wird die Verbindung mit der
                              									Atmosphäre oder dem Condensator hergestellt und es entsteht im letzteren Falle im
                              									Cylinder sofort ein den Aufwärtsgang des Kolbens begünstigendes Vacuum. Um die beim
                              									Hubwechsel auftretenden Stöſse zu vermeiden, wird in dem unterhalb des groſsen
                              									Kolbens liegenden ringförmigen Raume ebenfalls ein Vacuum hergestellt, welches
                              									hinreicht, dem mit frischem Kesseldampfe wieder nach abwärts gehenden
                              									Hochdruckkolben genügenden Widerstand entgegenzusetzen.
                           Ein Centrifugalregulator wirkt unmittelbar auf das den Dampfschieber bewegende
                              									Excenter und stellt dessen Voreilungswinkel und Excentricität je nach der
                              									Geschwindigkeit der Maschine ein.
                           Die Kurbelwelle läuft in dem mit Oel angefüllten Maschinenuntertheile.
                           Fig. 6 zeigt
                              									das Indicatordiagramm einer derartigen Verbundmaschine von 6,5 und 11 Zoll
                              									Cylinderdurchmesser und 6 Zoll Hub, welche 400 Umdrehungen in der Minute machte.
                           In ähnlicher Weise arbeiten auch die von der Firma hergestellten dreifachen
                              									Expansionsmaschinen.
                           Bei der senkrechten Verbunddampfmaschine von der Jonson
                                 										Foundryand Maschine Company in New York sind, nach Maſsgabe
                              									der, Uhland's Technischer Rundschau, 1889 * S. 281,
                              									entnommenen Abbildung (Fig. 7 Taf. 18) zwei über
                              									dem Gestelle S angeordnete Cylinder vorgesehen, welche
                              									neben einander liegen, congruent sind, und von denen der eine im Schnitt dargestellt
                              									ist.
                           Der Kolben A ist nach unten zu dem Führungscylinder B ausgebildet, der gewissermaſsen die Kolbenstange
                              									bildet und in einer Stopfbüchse am Boden des Cylinders läuft; oben besitzt derselbe
                              									die Führungsstange D und die mit dem Kolben verbundene
                              									Kurbelstange greift in der Kuppel C an. Vermöge dieser
                              									Gestaltung des Kolbens dient derselbe Cylinder gleichzeitig als Hoch- und
                              									Niederdruckcylinder.
                           In der gezeichneten Stellung ist die Dampfeinströmung durch Schieber M geschlossen, der Kolben geht also nach unten und der
                              									Dampf tritt durch die Schiebersteuerung F, welche von
                              									der Excenterstange E bewegt wird, über den Cylinder,
                              									wobei der Niedergang mit einer wirksamen Kolbenfläche erfolgt, welche gleich der
                              									Differenz der Querschnitte des Cylinders und des ringförmigen Raumes unter dem
                              									Kolben ist. Nach vollendetem Niedergange versperrt der Schieber F die Verbindung der beiden Cylinderhälften und der
                              									verbrauchte Dampf tritt durch den Kanal G aus. Bei
                              									dieser Maschine sind die Kurbeln ebenfalls um 180° versetzt, wodurch sich ein
                              									gleichmäſsiger Gang ergibt, so daſs diese Construction auch zum Betreiben von
                              									Dynamomaschinen geeignet ist.
                           Industries, 1889 * S. 603, beschreibt eine für hohe
                              									Tourenzahlen bestimmte Verbundmaschine von John Fowler und
                                 										Co. in Leeds, welche flach dem Patente des Engländers Show gebaut ist und zwei im Tandemsystem angeordnete
                              									Cylinder von 7 und 12 Zoll Durchmesser bei 9 Zoll Hub besitzt.
                           Der bei S (Fig. 8 Taf. 18)
                              									eintretende hochgespannte Dampf gelangt beim Abwärtsgehen des Hochdruckkolbens H in den oberen Kanal P1 und da sich der Schieberkolben V gleichzeitig nach unten bewegt, auch durch den
                              									unteren Kanal P2 gegen
                              									die untere Fläche des Kolbens H, so daſs dieser auf
                              									beiden Seiten Dampf erhält, bis er beim Aufhub den oberen Kanal P1 wieder schlieſst;
                              									der unter dem Kolben eingeschlossene Dampf verliert in Folge seiner Expansion an
                              									Spannung und der auf der oberen Kolbenfläche herrschende Ueberdruck mildert bezieh.
                              									verhindert den beim Hubwechsel auftretenden Stoſs.
                           Der Schieberkolben V ist inzwischen so weit
                              									emporgestiegen, daſs der im Hochdruckcylinder expandirte Dampf durch P2 und P3 so lange in den
                              									Niederdruckcylinder entweichen kann, bis beim Abwärtsgange des Schieberkolbens der
                              									untere Kanal P2 wieder
                              									geschlossen wird.
                           Nach vollbrachter Arbeit geht der beim Abwärtsgehen des Kolbens im
                              									Niederdruckcylinder expandirte Dampf in den Auspuffkanal E oder bei entsprechender Stellung des zweiten Kolbenschiebers V2 durch Kanal P4 unter den Kolben L.
                           
                           Der mit dem Schwungrade verbundene Regulator X
                              									beeinfluſst mittels Stange R ein oberhalb V gelegenes Drosselventil T, so daſs der Dampf je nach der Geschwindigkeit der Maschine mit
                              									gröſserer oder geringerer Spannung unter den Hochdruckkolben H tritt.
                           Die Führung der Kolbenstange geschieht in Stopfbüchsen der unteren Cylinderdeckel und
                              									durch den gleichzeitig als Kreuzkopf dienenden Kolben Z.
                           Die Kurbelwelle bewegt sich in einem zum Theile mit Oel und Wasser angefüllten
                              									unteren Kasten.
                           Die um eine senkrechte hohle Welle rotirende Dampfmaschine von J. A. Radiguet in Paris besteht, wie die Industries, 13. December 1889, entnommenen Abbildungen
                              										(Fig. 9
                              									und 10 Taf.
                              									18) erkennen lassen, aus einer guſseisernen Scheibe A
                              									mit sechs radial laufenden cylindrischen Dampfeinströmkanälen B, deren am Umfange ausmündende Oeffnungen erweitert
                              									und durch drehbare Klappen C geschlossen sind.
                           Der von oben in die hohle Welle D eintretende Dampf
                              									gelangt je nach der Stellung des in der Mitte der Scheibe sitzenden ringförmigen
                              									Einlaſsventils K stets gleichzeitig in zwei
                              									gegenüberliegende Kanäle B und dann durch die
                              									geöffneten Klappen C in die am äuſseren Mantel F angebrachten Erweiterungen E, welche die Stelle des Cylinders einnehmen; die Anzahl der Schlitze des
                              									Einlaſsventils K entspricht den Erweiterungen E des Mantels. Der beim Austreten des Dampfes aus den
                              									Kanälen auf die Klappen ausgeübte Druck bewirkt die Drehung der Scheibe A sammt der mit ihr verbundenen Kurbelwelle um die
                              									feststehende hohle Welle D; das Ventil K schneidet dann sofort die Dampfzufuhr ab und der noch
                              									in den Kanälen befindliche Dampf drückt so lange gegen die Klappen C, bis dieselben die im Mantel gelegenen
                              									Ablaſsöffnungen M passiren; gleichzeitig gestattet das
                              									Ventil K den Dampfeintritt in zwei andere
                              									gegenüberliegende Kanäle, so daſs durch den wieder auf die Klappen C ausgeübten Druck die Scheibe zur fortgesetzten
                              									Drehbewegung veranlaſst wird.
                           Die in dem Mantel angebrachten Rollen L dienen zur
                              									Führung der Scheibe A und üben mittels zweier auf jeden
                              									ihrer Bolzen drückenden Federn einen elastischen Druck auf dieselbe aus.
                           Werden mehrere derartige Scheiben über einander angeordnet, so läſst sich eine
                              									mehrfache Expansion des Dampfes erzielen.
                           Der Motor kann auch gleich vortheilhaft mit unter Druck stehendem Wasser betrieben
                              									werden.
                           Eine Verbesserung der 1886 259 * 1 beschriebenen
                              									schnellgehenden Dampfmaschine von Davey, die wegen
                              									ihrer absoluten Sicherheit gegen Explosionsgefahr und geringen Wartung namentlich
                              									innerhalb bewohnter Räumlichkeiten weitere Verbreitung gefunden hat, zeigen die, Engineering, 1889 * S. 710, entnommenen Abbildungen
                              										(Fig. 11
                              									und 12 Taf.
                              									18).
                           Diese von Hathorn, Davey und Co. in Leeds erbauten, zur
                              									Wasserförderung bestimmten Maschinen stellen das kleinste (Fig. 11) und gröſste
                              										(Fig. 12)
                              									Modell dieses Motors dar und es waren dieselben auf dem vorjährigen von der königl. englischen landwirthschaftlichen Gesellschaft
                              									veranstalteten Windsor Show ausgestellt.
                           Die vordern guſseiserne Feuerkiste ist jetzt aus Stahlblechen zusammengesetzt und
                              									bildet bei den kleineren Motoren einen conisch abgeschrägten Cylinder, der von oben
                              									mit Brennmaterial beschickt wird, bei den gröſseren Motoren dagegen einen auf der
                              									Feuerlochseite abgeschrägten Kasten, in welchem sich mehrere Siederohre
                              									befinden.
                           Der aus Guſseisen hergestellte Kessel hat eine der Feuerkiste entsprechende Form und
                              									am oberen Theile desselben ist wieder der Dampfcylinder befestigt, dessen
                              									Kolbenstange bei dem kleinen Motor direct mit den Plungerkolben der Pumpen verbunden
                              									ist, während bei dem groſsen Motor die auf besonderem Fundament stehenden Pumpen
                              									durch ein auf der Schwungradwelle sitzendes Zahnrad betrieben werden, welches seine
                              									Bewegung von der Kolbenstange unter Zwischenschaltung eines als Kolben ausgebildeten
                              									Kreuzkopfes, sowie einer Kurbelstange erhält.
                           Der aus dem Cylinder entweichende Abdampf geht in den am Kessel angegossenen bezieh.
                              									angeschraubten Condensator (vgl. auch 1887 265 *
                              									583).
                           Eine einfach wirkende, von J. F. Blyth in London nach
                              									dem Patent Newall erbaute schnellgehende Dampfmaschine
                              									mit nur drei beweglichen Theilen besteht nach den Engineer, 1889 * S. 497, aus der in langen, auſsen mit kurzen Stopfbüchsen
                              									versehenen Lagern geführten Kurbelwelle, welche mit dem ebenfalls ungewöhnlich
                              									langen Kolben durch eine bei ihrer Drehbewegung in Oel laufende Stange verbunden
                              									ist, an deren anderem Ende das in einer Aushöhlung des Kolbens schwingende
                              									Dampfvertheilungsorgan aufgeschraubt ist. Dieses besteht aus einem von zwei
                              									rechteckigen Kanälen durchbrochenen Hohlcylinder, der je nach seiner Lage den durch
                              									ein Absperrventil einströmenden Dampf über den Kolben ziehen oder nach vollbrachter
                              									Arbeit beim Kolbenaufgange in das Auspuffrohr entweichen läſst. (Vgl. 1889 272 * 547.)
                           Die Maschinen arbeiten ganz geräuschlos und höchst ökonomisch, auch läſst sich durch
                              									einen auſsen angebrachten Reversirhebel mit Leichtigkeit die Umsteuerung der
                              									Maschine bewirken, so daſs sie auch für kleinere Dampfboote vortheilhafte Verwendung
                              									finden kann.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
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