| Titel: | Beauchamp Tower's Vorrichtung, um auf Schiffen einen von den Bewegungen des Schiffes unabhängigen Standpunkt zu schaffen. | 
| Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 355 | 
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                        Beauchamp Tower's Vorrichtung, um auf Schiffen
                           								einen von den Bewegungen des Schiffes unabhängigen Standpunkt zu schaffen.
                        Tower's Vorrichtung des festen Standpunktes.
                        
                     
                        
                           Eine interessante Anwendung des Gyroskopes machte nach Scientific American Supplement, Bd. 28 S. 11591, Beauchamp Tower, um auf einem Schiffe einen den unregelmäſsigen Bewegungen
                              									nicht folgenden ruhenden Standort für Geschütze, Scheinwerfer, Teleskope u. dgl. zu
                              									gewinnen.
                           Die betreffende Vorrichtung besteht aus einer schwingend aufgehängten Plattform,
                              									welche vier hydraulische Cylinder trägt, deren Kolben sich gegen feste Punkte der
                              									Schiffsconstruction stützen und die Plattform immer wagerecht einstellen sollen. Die
                              									Wirkung dieser Zylinder wird nämlich durch ein auf der Plattform befindliches
                              									Gyroskop geregelt, welch letzteres durch ein mittels eines Kugelzapfens frei
                              									beweglich aufgehängtes Rad gebildet wird, das um seine senkrechte Achse mit ungefähr
                              									15 Umdrehungen rotirt. Die treibende Kraft liefert hierbei Druckwasser, welches mit
                              									etwa 7at Pressung durch den hohlen Kugelzapfen
                              									zugeführt wird und, indem es in tangentialer Richtung ausströmt, das Rad antreibt.
                              									Letzteres, welches etwas oberhalb seines Schwerpunktes mittels des Kugelzapfens
                              									aufgehängt ist, behält nun in Folge seiner raschen Drehung seine wagerechte
                              									Drehungsachse bei, auch wenn die Plattform sich zu neigen beginnen sollte, und wird
                              									daher aus einer centrisch und aufwärts angebrachten Ausfluſsöffnung einen stets senkrecht gerichteten
                              									Wasserstrahl ausflieſsen lassen. Dieser trifft nun in einer Entfernung gleich dem
                              									Durchmesser der Oeffnung auf vier eng zusammengedrängte Düsen, welche mit der
                              									Plattform fest verbunden sind und von denen Leitungsrohre nach den vier
                              									hydraulischen Cylindern führen. So lange die Plattform wagerecht steht, vertheilt
                              									sich der Stoſs des Wasserstrahles gleichmäſsig auf alle vier Düsen, in den vier
                              									Cylindern herrscht daher auch gleiche Pressung. Sobald aber die Plattform sich
                              									neigt, stehen die vier Düsen nicht mehr centrisch zu dem Wasserstrahle, die
                              									Pressungen in den Druckcylindern sind jetzt ungleich und die stärker gepreſsten
                              									werden die Plattform so lange verstellen, bis die Düsen der Austrittsmündung des
                              									Strahles wieder genau gegenüberstehen, die Plattform also wagerecht steht. Letztere
                              									befindet sich also in wagerechter Lage im stabilen Gleichgewichte.
                           In Wirklichkeit bleibt die Drehungsebene des Gyroskopes und folglich auch die
                              									Plattform nicht vollkommen unbeweglich. Das Gyroskop verhält sich vielmehr wie ein
                              									conisches Pendel von auſserordentlich groſser Umlaufszeit. Bei dem auf einer kleinen
                              									Yacht hergestellten Versuchsapparate betrug z.B. die Periode 90 Secunden. Diese
                              									langsame Bewegung macht natürlich die Plattform mit, indessen dürfte dieser Umstand
                              									die Anwendbarkeit der Vorrichtung wohl kaum in Frage stellen.
                           In gröſseren Abmessungen ausgeführt, könnte eine ähnliche Einrichtung dazu dienen,
                              									die Cajüten eines Passagierdampfers unabhängig von den Bewegungen des Fahrzeuges zu
                              									machen, und so zur Verhütung der Seekrankheit beitragen, wie ein ähnlicher Versuch
                              									schon von Bessemer gemacht wurde.