| Titel: | Verwendung des Linoleums. | 
| Fundstelle: | Band 276, Jahrgang 1890, S. 360 | 
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                        Verwendung des Linoleums.
                        Verwendung des Linoleums.
                        
                     
                        
                           Ueber eine ausgedehnte Verwendung des Linoleums beim Baue des Herzog Ernst-Seminars
                              									zu Gotha macht der Groſsherzogl. Landbaumeister Günther
                              									nachstehend auszüglich wiedergegebene bemerkenswerthe Mittheilungen.
                           Es sind an besagter Stelle im Ganzen 4050qm
                              									Linoleumteppich verlegt, und zwar 3200qm auf Béton
                              									und 850qm auf Gypsestrich.
                           Mit Ausnahme der im Sockelgeschoſs des Neubaues gelegenen Wirthschaftsräume sind die
                              									Fuſsböden sämmtlicher Räume und auch die Treppen mit Linoleum belegt worden.
                              									Dasselbe, unbedruckt, ist von der Delmenhorster
                                 										Linoleumfabrik in Delmenhorst bei Bremen hergestellt worden.
                           Da bei dem genannten Neubau von vornherein die Verwendung von Korkteppich
                              									beabsichtigt wurde, so sind in Rücksicht hierauf sämmtliche Decken als flache
                              									Bétonkappen zwischen eisernen Trägern, und nur diejenige über dem zweiten Stockwerke
                              									als Balkendecke, hergestellt, da letztere gleichzeitig als Dachbalkenlage zur
                              									Aufnahme des Dachverbandes dienen sollte. Die Bétongewölbe sind wagerecht
                              									abgeglichen und glatt gestrichen, und ist hierauf der Korkteppich in der Weise
                              									aufgeklebt, daſs die ganze zu belegende Fläche mit einem starken, aus Roggenmehl und
                              									Terpentin bestehenden Kleister bestrichen wurde. An den Wänden ist ein dichter
                              									Anschluſs dadurch [erreicht worden, daſs der Korkteppich etwa 10mm unter einen 5mm hohen und 15mm tiefen Falz der
                              									Scheuerleiste geschoben wurde. Diese Anordnung empfiehlt sich deshalb, weil es
                              									erwünscht ist, daſs das Verlegen des Korkteppichs die letzte Bauarbeit ist, da sonst
                              									der Fuſsbodenbelag ungemein leiden würde. Zu gleichem Zwecke ist auch der Ofensockel
                              									ausgefalzt. Die Ofenbleche liegen mit der Oberkante des Korkteppichs bündig, haben
                              									genau die Stärke des Fuſsbodenbelags, 3mm,5, und
                              									sind vor dem Aufbringen des letzteren verlegt.
                           Die Treppen in dem Neubaue sind aus Béton zwischen eisernen Trägern hergestellt und
                              									haben zunächst 6crn starke, gegossene Trittstufen
                              									von Cementkunststein und sodann den Korkteppichbelag erhalten. Um die Ränder des
                              									Linoleums zu schützen, ist dieses in eine 3mm,5
                              									starke Vertiefung verlegt worden.
                           An der Treppenwandseite steht das Linoleum um 15cm,
                              									an der Geländerseite um 25cm, an der
                              									Trittstufenkante um 3cm zurück.
                           Vor dem Verlegen muſste die Oberfläche des Bétons, welche nach der Fertigstellung
                              									desselben und vor Beginn des Aufbringens des Belags noch von anderen Handwerkern
                              									betreten worden war, von Unebenheiten befreit werden, umdein vollständig glattes
                              									Verlegen des Korkteppichs zu ermöglichen. Dieses geschah, indem sämmtliche durch
                              									Mörtel entstandene Erhöhungen durch scharfe, etwa 10cm breite Eisen abgekratzt wurden. Gröſsere Vertiefungen, die durch herabfallende Gegenstände
                              									verursacht waren, wurden mit dünnflüssigem Gyps ausgefüllt; Vertiefungen von
                              									unbedeutendem Umfange wurden schon durch den zähen Kleister ausgefüllt.
                           Verfasser ist der Ansicht, daſs sich das Verlegen des Korkteppichs auf Bétonfuſsboden
                              									einfacher und billiger stellen wird, wenn man die Bétongewölbe nur wagerecht
                              									abgleichen, aber nicht mit Cement glatt streichen läſst; nachdem sodann alle übrigen
                              									Handwerker ihre Arbeiten in den einzelnen Räumen beendet haben, läſst man den
                              									Fuſsboden mit einer dünnen Gypsschicht abgleichen, und verschlieſst die so fertig
                              									gestellten Räume bis zum vollständigen Trocknen des Gypses, was nur sehr kurze Zeit
                              									erfordert, damit vor dem Verlegen des Korkteppichs niemand den Fuſsboden betrete. Es
                              									unterliegt keinem Zweifel, daſs man so einen vollständig tadellosen Fuſsboden
                              									erhalten wird.
                           Im Dachgeschosse ist der Belag, wie erwähnt, auf Gypsestrich verlegt worden. Ueber
                              									der, wie üblich, mit Lehm glatt gestrichenen Ausstaakung ist bis 1cm über Balkenoberkante trockener Sand aufgebracht
                              									und hierüber ein Gypsestrich von 2cm Dicke
                              									hergestellt worden, hierauf wurde der Korkteppich wie auf Cementbéton verlegt.
                           Die Bedenken, welche sich vielfach über die Verwendung des Korkteppichs verbreitet
                              									finden, und welche der Verfasser theilweise selbst gehegt hat, können durch die im
                              									vorliegenden Falle gesammelten Erfahrungen als vollständig widerlegt betrachtet
                              									werden.
                           Die Hauptbedenken sind folgende: 1) soll das Material sehr viel theurer sein, als der
                              									gewöhnlichste Holzfuſsbodenbelag, 2) soll der Korkteppich durch einen strengen und
                              									unangenehmen Geruch sich lange bemerkbar machen, und 3) soll derselbe in der
                              									Benutzung sich deswegen nicht empfehlen, weil er sehr empfindlich ist und man jeden
                              									von unreinem Fuſswerk herrührenden Staub oder Schmutz mehr bemerkt, als auf
                              									Holzfuſsboden.
                           Es ist nicht zu bestreiten, daſs ein Korkteppichfuſsboden theurer zu stehen kommt,
                              									wenn man den Belag auf einen sonst bereits fertigen Fuſsboden, also auf mit Oelfarbe
                              									gestrichenen Dielen verwendet. Wer wirthschaftlich bauen will, wird indessen, wenn
                              									er sich von den gewohnten Balkenlagen nicht trennen mag, wenigstens die Dielen und
                              									den Anstrich derselben sparen.
                           Nach einer Vergleichung der Kosten, welche sich beim Seminarbaue ergeben, stellt sich
                              									das Quadratmeter Fuſsboden von gehobelten und mit Oelfarbe gestrichenen 2mm,5 starken mit Feder und Nuth versehenen
                              									gehobelten Dielen, einschlieſslich verlegen, ölen und zweimal mit Oelfarbe zu
                              									streichen und zu lackiren zu 3,60 M., während die Kosten des Fuſsbodens mit
                              									Korkteppich auf Gypsestrich sich in folgender Weise zusammensetzen:
                           
                           
                              
                                 0cbm,02 trockenen Sand zu 6
                                    											M.
                                 0,12
                                 M.
                                 
                              
                                 1qm Sand 2cm hoch aufzubringen
                                 0,20
                                 „
                                 
                              
                                 1qm Gypsestrich mit
                                    											Beimengung von Sand    im Verhältniſs 1 : 1 herzustellen
                                 0,90
                                 „
                                 
                              
                                 1qm Korkteppich
                                    											einschlieſslich verlegen
                                 3,20
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 4,42
                                 M.
                                 
                              
                           Es stellt sich hiernach also der Belag mit Linoleum nur um 82 Pf. theurer, als der
                              									allergewöhnlichste Holzfuſsboden. Bei der Wahl von besserem Dielenbelag, als Wiener
                              									Stab- oder gar Parquet-Fuſsboden, würde sich indessen der Holzfuſsboden, sogar gegen
                              									den mit hübschen Mustern bedruckten Korkteppich (3,70 M.) um 68 Pf. bezieh. 3,68 M.
                              									theurer stellen, selbst wenn man die für Stab- und Parquet-Fuſsboden gewiſs billigen
                              									Preise von nur 5 M. bezieh. 8 M. für das Quadratmeter in Ansatz bringt.
                           Der Verfasser führt noch eine weitere Kostenvergleichsrechnung für die Herstellung
                              									von Decke und Fuſsboden eines ungefähr 36qm
                              									haltenden Raumes aus.
                           Wir wollen demselben nicht in die einzelnen Aufstellungen folgen und erwähnen nur,
                              									daſs sich als Endergebniſs der Kosten für eine Holzdecke und Holzfuſsboden 361,42 M.
                              									ergibt, während die Bétondecke zwischen eisernen Trägern mit Korkteppich sich auf
                              									405,14 M. stellt.
                           Somit ist die massive, feuersichere Decke mit Korkteppich nur um 1,21 M. für das
                              									Quadratmeter theurer, als die Holzdecke mit einfachem Dielenbelag, was im Vergleiche
                              									zu dem Vortheile, den schon allein die Feuersicherheit der Decke gewährt, nicht viel
                              									bedeuten will.
                           Sodann behält das Linoleum dauernd die schöne, reine, braune Grundfarbe, bekommt
                              									keine Risse und Fugen, wie dies bei Holzdielen nur zu häufig der Fall ist, und
                              									erspart die öfteren Anstrichkosten und Unbequemlichkeiten, welche hiermit verbunden
                              									sind.
                           Auſserdem ist nicht zu übersehen, daſs ein Belag von Korkteppich weit angenehmer als
                              									ein solcher von angestrichenen Dielen ist, da er gewissermaſsen den Teppich
                              									ersetzt.
                           Die anderen Einwürfe bedürfen kaum einer Widerlegung. Es ist wahr, daſs der
                              									Korkteppich in der ersten Zeit etwas nach Leinöl riecht; aber das ist nicht einmal
                              									so lange der Fall, wie bei einem frisch gestrichenen Fuſsboden. Bei einer
                              									reichlichen und vernünftigen Lüftung, nach wiederholtem Aufwaschen mit reinem,
                              									kaltem Wasser verliert sich der Geruch in ganz kurzer Zeit vollständig, falls nicht
                              									geringwertige Erzeugnisse verwendet wurden.
                           Der Korkteppich ist für Aufnahme von Schmutzflecken nicht empfindlicher als eine
                              									frisch gestrichene Diele. Die Empfindlichkeit tritt um so weniger auf und verliert
                              									sich um so eher, je öfter und sorgsamer Bürste, Seife und Wasser angewendet werden.
                              									Um die Reinigung leicht und schnell bewerkstelligen zu können, empfiehlt es sich,
                              									das Linoleum alle 3 bis
                              									4 Wochen mit einer aus Wachs und Terpentin bestehenden Bohnermasse zu behandeln.
                              									Diese Masse wird, nachdem das Linoleum mit lauwarmem Seifenwasser gereinigt und
                              									abgetrocknet ist, in etwas gewärmtem Zustande und in ganz geringer Menge mittels
                              									eines wollenen Tuches auf dem Linoleum gründlich verrieben, so daſs möglichst viel
                              									derselben in das Linoleum hineindringt. Alsdann reibt man das Linoleum mit einem
                              									trockenen, leinenen Tuche wieder ab, so daſs von der Masse nichts mehr auf demselben
                              									haftet, wodurch der Belag ein frisches und glänzendes Aussehen erhält und gegen
                              									Schmutzaufnahme widerstandsfähig wird. Bei gemustertem, also bedrucktem
                              									Linoleumteppich hat diese Behandlungsweise eine noch gröſsere und günstigere
                              									Wirkung, indem durch dieselbe das ganze Muster als neu erscheint und die Druckfarben
                              									sich frisch und glänzend erhalten. Diese mit farbigen Mustern, und zwar in den
                              									schönsten Parquet-, Teppich- und Steinnachahmungen, bedruckten Korkteppiche, welche
                              									nur unbedeutend theurer als die einfarbigen sind, empfehlen sich besonders für
                              									Privathäuser.
                           Die Haltbarkeit des besten Linoleums soll auf über zwanzig Jahre hinausgehen.
                           In Räumen, für die man einen geräuschlosen, warmen, gesunden, staubfreien und dabei
                              									feuersicheren Fuſsboden wünscht, wird dieser Fuſsbodenbelag als der beste der
                              									gegenwärtig bekannten besonders zu empfehlen sein.