| Titel: | Die Theerölseifenlösungen und das Lysol, ein neues Desinficiens; von C. Engler. | 
| Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 27 | 
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                        Die Theerölseifenlösungen und das Lysol, ein
                           								neues Desinficiens; von C.
                              									Engler.Nach Pharmaceutische Centralhalle, 1890 N. F. Bd. 11 Heft
                                    											31 S. 449.
                        Die Theerölseifenlösungen und das Lysol, ein neues
                           								Desinficiens.
                        
                     
                        
                           Unter den zahlreichen Desinfectionsmitteln, welche aus Lösungen von Seifen mit
                              									Steinkohlentheerölen und deren Bestandtheilen, insbesondere den Phenolen,
                              									hergestellt worden sind, müssen zwei von einander verschiedene Kategorien aus
                              									einander gehalten werden: die Lösungen der Seifen in den Theerölen und die Lösungen
                              									der Theeröle in den Seifen. Der Unterschied beider Gruppen macht sich ganz besonders
                              									in dem Verhalten dieser Lösungen gegen Wasser bemerklich; die ersteren (Seife in
                              									Theeröl) scheiden beim Verdünnen mit Wasser das Oel gröſstentheils aus und bilden
                              									Emulsionen, die letzteren (Theeröl in Seife) lassen sich dagegen mit beliebigen
                              									Mengen Wasser ohne Ausscheidung von Oel verdünnen, sie bleiben klar.
                           
                        
                           
                           1) Die Lösungen von Seifen in
                                 										Kohlenwasserstoffölen (Erdöl, Theerölen
                                 									u.s.w.).
                           Vor mehreren Jahren haben Engler und Kneis Untersuchungen begonnen und theilweise
                              										veröffentlichtD. p. J., 1887 263193., welche sich mit der Frage der Löslichkeit der Metalle in
                              									Kohlenwasserstoffen, speciell in Terpentinöl, Harzöl und Erdöl befaſsten und aus
                              									denen sich ergab, daſs diese schon früher bemerkte Löslichkeit von der Mitwirkung
                              									des Sauerstoffes der Luft abhängig ist, indem dadurch Oxydation sowohl der Oele als
                              									auch der Metalle bewirkt und so die Bildung von „Seifen“ veranlaſst wird,
                              									welche ihrerseits dann in den Kohlenwasserstoffen sich auflösen. Um die Richtigkeit
                              									dieser Annahme zu prüfen, wurde später die Löslichkeit einiger fettsauren Salze in
                              									den Kohlenwasserstoffen des Erdöls und in Terpentinöl, sowie in neuester Zeit die
                              									Löslichkeit von Metalloxyden in Erdölkohlenwasserstoffen, die mit Oelsäure versetzt
                              									sind, näher studirt.
                           Als Materialien zu diesen Untersuchungen dienten sowohl die Fraction von Elsäſser
                              									Erdöl, welche von 150 bis 250° siedet, als auch, um die Verschiedenheit des
                              									Verhaltens festzustellen, der über 250° siedende Theil jenes Oeles, als Oelsäure
                              									gewöhnliche käufliche Oelsäure, von Kahlbaum oder von
                              										Trommsdorff bezogen.
                           Die Einwirkung erfolgte, unter vorheriger Vermischung der Materialien,
                           
                              
                                 
                                 
                                 Oelsäure in g
                                 Petrol-kohlen-wasser-stoffein g
                                 Temperatur
                                 Dauer
                                 Gelöste MengeMetalloxyd
                                    											inGewichts-procenten derFlüssigkeit
                                 
                              
                                 g
                                 150/250°
                                 über250°
                                 
                              
                                 Ca(OH)2
                                   4
                                 10
                                 –
                                 100
                                 Lufttemp.
                                 einige Tage
                                   0,031 CaO
                                 
                              
                                     desgl.
                                   4
                                 10
                                 –
                                 100
                                 Wasserbad
                                 einige Stund.
                                   0,60     „
                                 
                              
                                     desgl.
                                   6
                                 10
                                 –
                                 100
                                 desgl.
                                 desgl.
                                   1,11     „
                                 
                              
                                 CaCO3
                                   4
                                 10
                                 –
                                 100
                                 desgl.
                                 desgl.
                                   0,032 CaCO3
                                 
                              
                                 Fe(OH)3, gefällt
                                    											und    bei 100° getrocknet
                                   5
                                   5
                                 –
                                 100
                                 Lufttemp.
                                 einige Tage
                                   0,60 Fe2O3
                                 
                              
                                     desgl.
                                   5
                                   5
                                 –
                                 100
                                 Wasserbad
                                 24 Stunden
                                   0,90     „
                                 
                              
                                 PbO, durch Glühen von    PbCO3
                                 20
                                 30
                                 100
                                 –
                                 Lufttemp.
                                 einige Tage
                                   6,71 PbO
                                 
                              
                                     desgl.
                                 20
                                 30
                                 100
                                 –
                                 Wasserbad
                                 24 Stunden
                                 14,13     „
                                 
                              
                                     desgl.
                                 20
                                 30
                                 –
                                 100
                                 desgl.
                                 desgl.
                                 11,73     „
                                 
                              
                                     desgl.
                                 32
                                 40
                                 100
                                 –
                                 desgl.
                                 desgl.
                                 17,59     „
                                 
                              
                                     desgl.
                                 32
                                 40
                                 –
                                 100
                                 desgl.
                                 desgl.
                                 15,50     „
                                 
                              
                                 PbO2
                                 30
                                 40
                                 –
                                 100
                                 desgl.
                                 desgl.
                                   9,47     „
                                 
                              
                                     desgl.
                                 30
                                 40
                                 –
                                 100
                                 desgl.
                                 36 Stunden
                                 11,19     „
                                 
                              
                                     desgl.
                                 30
                                 40
                                 –
                                 100
                                 desgl.
                                 48 Stunden
                                 12,65     „
                                 
                              
                                     desgl.
                                 30
                                 40
                                 –
                                 100
                                 Lufttemp.
                                 einige Tage
                                   1,44     „
                                 
                              
                                 AgOH, gefällt, luft-    trocken
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                                   0,36  Ag2O
                                 
                              
                                     desgl.
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                                 Wasserbad
                                 24 Stunden
                                   0,56     „
                                 
                              
                                 Au2O3, lufttrocken
                                 0,6
                                   2
                                 –
                                   10
                                 desgl.
                                 desgl.
                                   0,07 Au2O3
                                 
                              
                           
                           in Glaskölbchen bei gewöhnlicher Temperatur oder auf dem
                              									Wasserbade; die Bestimmung der gelösten Metalloxyde meistens durch Veraschung.
                           Die bei den Versuchen erhaltenen Resultate sind in der vorstehenden Tabelle
                              									zusammengestellt.
                           Diese Versuche ergaben eine ganz besonders starke Löslichkeit des Bleioxydes bezieh.
                              									also des gebildeten ölsauren Bleies in den Kohlenwasserstoffen und die Resultate mit
                              									geringeren Mengen von Bleioxyd sind nur nicht angeführt, weil sie werthlos sind
                              									gegenüber den bei der Steigerung der Mengen des Bleioxydes erhaltenen viel höheren
                              									Werthen.
                           Sehr oft werden die Erdölfractionen durch Aufnahme der Seifen gallertartig, beinahe
                              									fest, eine Erscheinung, die übrigens nicht neu ist, da das sogen. „feste
                                 										Erdöl“ weiter nichts ist, als ein mit etwas Aluminiumseife, Magnesiumseife
                              									u.s.w. versetztes Erdöl; auch verwendete man bekanntlich Kalkseifen schon seit
                              									langer Zeit zum Verdicken von mineralischen Schmierölen. Kurz, die Löslichkeit der
                              									Seifen in Kohlenwasserstoffölen darf als eine schon lange bekannte Thatsache
                              									bezeichnet werden.
                           Alle derartigen Lösungen scheiden beim Versetzen mit Wasser das Kohlenwasserstofföl
                              									wieder ab und nur die Seife geht, sofern sie selbst löslich ist, theilweise mit ganz
                              									geringen Mengen des Oeles in die wässerige Flüssigkeit.
                           Das Pearson'sche Kreolin (Jeyes) gehört in diese Kategorie von Lösungen, es enthält nach Th. WeilBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
                                    											1889 S. 138. 56,9 Proc. indifferente Kohlenwasserstoffe, 22,6
                              									Proc. Phenole, 0,4 Proc. Säuren, 2,4 Proc. Natrium, nach anderen AnalysenA. Henle, Archiv für
                                       												Hygiene, 1889 S. 193. dagegen sind 66,0 Proc.
                              									indifferente Kohlenwasserstoffe, 27,4 Proc. Phenole (fast ganz frei von
                              									Carbolsäure), 2,2 Proc. pyridinartige Basen und 4,4 Proc. Asche (im Wesentlichen
                              									Alkalicarbonate) darin enthalten, und wieder andere Zahlen führen R. Otto und BeckurtsPharmaceutische
                                       												Centralhalle, 1889 S. 227., BielChemiker-Zeitung, 1887 S. 1583. u.a.
                              									auf. Jedenfalls enthalten aber die Phenole dieses Kreolins wenig oder gar keine
                              									Carbolsäure, und ist dieses Gemenge als eine Lösung von Harzseife in höher siedenden
                              									Theerölen zu betrachten von nicht constanter Zusammensetzung. Vermischt man dieses
                              									Kreolin mit Wasser, so scheiden sich die Theeröle gröſstentheils wieder aus und es
                              									entsteht eine feine Emulsion. In dem wässerigen Theile dieser Emulsion muſs ein
                              									Theil der Phenole gelöst sein. Dagegen, daſs sie sämmtlich in die wässerige
                              									Seifenlösung gehen, spricht das Verhältniſs zu der Seifenmenge, sowie die
                              									Anwesenheit groſser Mengen ungelöster Kohlenwasserstoffe, die ohne Zweifel einen
                              									Theil der Phenole zurückhalten.
                           
                           Auch das Artmann'sche Kreolin scheint dieser Kategorie
                              									von Lösungen anzugehören, wenigstens scheidet es beim Verdünnen mit Wasser neutrale
                              									Kohlenwasserstofföle aus. Nach Th. WeylBerichte der deutschen
                                       												chemischen Gesellschaft, 1889 S. 138. enthält es 84,9
                              									Proc. Kohlenwasserstoffe, 3,4 Proc. Phenole, 1,5 Proc. Säuren und 0,8 Proc. Natrium,
                              									doch soll es seit einiger Zeit phenolfrei in den Handel kommen. Worauf die
                              									Emulgirbarkeit desselben beruht, ist noch nicht mit Sicherheit bekannt; der Ansicht,
                              									daſs es lediglich eine gummiartige Substanz sei, wie Henle vermuthet, möchte ich mich noch nicht ohne Weiteres anschlieſsen.
                              									Nach desselben Forschers bakteriologischen UntersuchungenArchiv für
                                       												Hygiene, 1889 S. 188. ist aber jedenfalls der
                              									Desinfectionswerth des Artmann'schen Kreolins geringer,
                              									als derjenige des Pearson'(Jeyes)schen; überhaupt ist man noch nicht ganz im Klaren darüber, auf
                              									welchem Bestandtheile des ersteren seine desinficirende Wirkung beruht.
                           In die gleiche Kategorie von desinficirenden Lösungen gehört auch das Kresolin,
                              									Littles Soluble Phenyle u.a., auch das Schenkel'sche
                              									Sapocarbol, wenn wenigstens damit ein Präparat gemeint ist, welches, wie nach der
                              									kurzen Beschreibung in der Chemiker-ZeitungChemiker-Zeitung,
                                    											1887 II S. 1229 und 1888 I S. 186. angenommen werden muſs, mit
                              									Wasser Emulsionen bildet.Ein in diesen Tagen
                                    											durch eine hiesige Apotheke von mir bezogenes „Sapocarbol“ läſst sich
                                    											allerdings mit Wasser ohne Oelausscheidung, also ohne Emulsion zu bilden,
                                    											beliebig verdünnen.Engler.
                           Als charakteristisch für alle derartigen Lösungen von Seifen (seien es Harz- oder
                              									Fettseifen) in Theerölen u.s.w. darf bezeichnet werden, daſs sie beim Verdünnen mit
                              									Wasser Emulsionen bilden und zwar erst in Folge davon, daſs das Wasser den
                              									Präparaten die Seife entzieht und eine Flüssigkeit bildet, in der sich vermöge ihrer
                              									Consistenz und ihres specifischen Gewichts die fein ausgeschiedenen Oele nur schwer
                              									und langsam zu Tröpfchen vereinigen.
                           
                        
                           2) Die Lösungen von
                                 										Kohlenwasserstoffölen und Phenolen (Theerölen)
                              										in Seifen.
                           Das W. Damann'sche D. R. P. Nr. 52129 vom 8. Mai 1889
                              									war Engler die Veranlassung, sich mit dieser Frage der
                              									Löslichkeit von Theerölen in Seifen etwas eingehender zu befassen, denn es schien
                              									damit eine Frage von groſser technischer und sanitärer Tragweite gelöst zu sein: die
                              									Möglichkeit der Ueberführung der schweren Theeröle in neutralen wasserlöslichen
                              									Zustand und die erweiterte Verwendung derselben zu Desinfectionszwecken. War es doch
                              									a priori kaum zu bezweifeln, daſs derartige Lösungen in Bezug auf ihre
                              									bakterientödtende Wirkung die Emulsionen übertreffen würden, wie dies nachträglich
                              									nun auch durch die vergleichenden Untersuchungen von M.
                                 										Schottelius über die desinficirende Wirkung des Lysols gegenüber englischem Kreolin (Pearson) dargethan worden ist.
                           Um die Richtigkeit der Angaben in dem oben bezeichneten Patent zu prüfen, wurden im
                              										Engler'schen Laboratorium eine Reihe von Lösungen
                              									nach den Angaben der Patentbeschreibung hergestellt.
                           Zur Lösung kamen verschiedene fette Oele, auch Thran und Harz, mit Theerölen, als
                              										„rohe Carbolsäure“ aus zwei benachbarten Fabriken (I und II) bezogen, und
                              									nach den vorgenommenen Bestimmungen 82 Proc. Phenole (gröſstentheils Kresole und
                              									Xylenole) enthaltend, also etwa 18 Proc. neutrale Kohlenwasserstoffe, desgleichen
                              									ein Theeröl (III) mit nur 13 Proc. Phenolen, also reich an neutralen
                              									Kohlenwasserstoffen. Die angewendeten Mischungen und die damit erhaltenen Resultate
                              									sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt, wobei noch zu bemerken ist, daſs
                              									man in der That den zur besseren Verseifung und Lösung zugesetzten Alkohol nach dem
                              									Löseprozeſs ohne Beeinträchtigung der Lösung groſsentheils wieder verjagen kann.
                           
                              
                                 
                                 A
                                 B
                                 C
                                 D
                                 E
                                 F
                                 
                              
                                 Leinöl
                                 30,8
                                 30,8
                                 30,8
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Thran
                                 –
                                 –
                                 –
                                 30,8
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Rüböl
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 30,8
                                 –
                                 
                              
                                 Colophonium
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 33,1
                                 
                              
                                 Kalilauge (1 festes Aetz-    kali: 2 Wasser)
                                 18,4
                                 18,4
                                 18,4
                                 18,4
                                 18,4
                                 30,5
                                 
                              
                                 Alkohol
                                 20,0
                                 20,0
                                 20,0
                                 20,0
                                 20,0
                                 23,2
                                 
                              
                                 Theeröl I
                                 30,8
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                        „     II
                                 –
                                 30,8
                                 –
                                 30,8
                                 30,8
                                 13,2
                                 
                              
                                        „     III
                                 –
                                 –
                                 30,8
                                 –
                                 –
                                 –
                                 
                              
                           Die erhaltenen Lösungen sind braungelb bis dunkelbraun gefärbt und beim Verdünnen mit
                              									Wasser bilden sie durchweg klare durchsichtige Flüssigkeiten; nur die Lösung C ergab
                              									beim Vermischen mit Wasser eine noch trübe Flüssigkeit, was vielleicht von etwas
                              									asphaltartiger Beimischung des rohen Theeröls III herrührt. Die Menge der letzteren
                              									Ausscheidung ist jedoch nur gering. Selbstverständlich treten bei allen Lösungen
                              									Trübungen ein, wenn man sie mit Wasserleitungsoder Brunnenwasser versetzt, da sich
                              									alsdann etwas unlösliche Kalkseife bildet.
                           Obgleich auch die Wahrnehmung dieser Löslichkeit von Theer-ölen, und insbesondere der
                              									neutralen Kohlenwasserstoffe in Seifen, gewisse Vorläufer aufzuweisen hat, so ist
                              									früher doch noch nirgends ausdrücklich darauf hingewiesen und auf ihre eminente
                              									praktische Bedeutung aufmerksam gemacht worden. Jedenfalls bilden derartige beim
                              									Vermischen mit Wasser klar bleibende Lösungen gegenüber den mit Wasser bloſs
                              									Emulsionen bildenden Präparaten einen nicht zu unterschätzenden Fortschritt.
                           
                           Vor Allem erschien es wichtig, zu untersuchen, ob die in den Theerölen enthaltenen
                              									Phenole in Salzform, also in chemisch gebundenem, oder in freiem Zustande in den
                              									Seifen enthalten seien. In dieser Beziehung gibt eigentlich schon das Verhältniſs
                              									des fetten Oeles (Leinöl, Rüböl u.s.w.) zu dem verwendeten Alkali einen ziemlich
                              									sicheren Anhaltspunkt dafür, daſs die Phenole nur in freiem Zustande vorhanden sein
                              									können, da die Menge des Aetzkalis gerade ausreicht, um das betreffende fette Oel zu
                              									verseifen. Auſserdem haben zahlreiche Versuche gelehrt, daſs man durch einen
                              									einfachen Destillationsprozeſs die gelösten Theeröle (Kohlenwasserstoffe und
                              									Phenole) wieder überdestilliren kann. Die zu diesem Behufe nach obigen Angaben
                              									hergestellten Lösungen ergaben dabei die in der zweiten Reihe der folgenden
                              									Zusammenstellung enthaltenen Mengen an Theeröl.Bei
                                    											Präparat C trat stets so heftiges Stoſsen ein, daſs die Destillation damit
                                    											nicht zu Ende geführt werden konnte. Des Vergleichs halber sind
                              									in der ersten Reihe die in dem betreffenden Präparate enthaltenen, d.h. zur
                              									Anwendung gebrachten Theerölmengen nochmals aufgeführt:
                           
                              
                                 Präparat
                                 A
                                 B
                                 D
                                 E
                                 F
                                 
                              
                                 Gelöst waren Gew.-    Proc. Theeröl
                                 30,8
                                 30,8
                                 30,8
                                 30,8
                                 13,2
                                 
                              
                                 Durch Destillation    konnten abgetrie-    ben
                                    											werden Gew.-    Proc. Oel
                                 30,2
                                 27,7
                                 29,9
                                 28,8
                                 17,0Da dieses
                                          													Präparat nach früherer Zusammenstellung Colophonium enthält, dürfte
                                          													sich die zu groſse Menge Destillat durch Bildung von
                                          													Zersetzungsproducten des Harzes erklären.
                                 
                              
                           Durch Untersuchung der übergetriebenen Oele überzeugte man sich des Weiteren davon,
                              									daſs die in den Theerölen ursprünglich vorhanden gewesenen Phenole noch in gleichem
                              									Mengenverhältnisse vorhanden waren, insoweit dies wenigstens bei derartigen
                              									Versuchen erwartet werden kann.
                           Um endlich auch noch den Einwurf, der möglicher Weise gemacht werden könnte, zu
                              									entkräften, beim Vermischen von Fett, Alkali und Phenolen treibe nach der Verseifung
                              									das Phenol die Fettsäure aus, in der Kälte seien demgemäſs die Phenole gebunden und
                              									würden nur durch den Kochprozeſs wieder durch die Fettsäuren frei gemacht, um dann
                              									überzudestilliren, wurden kalte Lösungen von Phenol-Kalium und Kresol-Kalium mit
                              									Oelsäure versetzt, wobei starke Erwärmung eintrat, ein Zeichen des chemischen
                              									Umsatzes und der Ausscheidung der Phenole, während umgekehrt neutrales ölsaures Kali
                              									von Phenol nicht in irgend merklicher Weise umgesetzt wurde.
                           Es unterliegt nach allen diesen Versuchen also keinem Zweifel, daſs die Theeröle und
                              									insbesondere auch die in denselben enthaltenen Phenole in den obigen Damann'schen Präparaten in freiem Zustande sich finden.
                           Unabhängig von Damann, jedoch nach Anmeldung des D. R.
                              									P. Nr. 52129 veröffentlichte Dr. NochtZeitschrift für
                                       												Hygiene, 1889 S. 521. Versuche über die Herstellung von
                              									Lösungen von „100procentiger“ roher Carbolsäure in Seifenflüssigkeiten und
                              									empfahl dieselben zu Desinfectionszwecken. Ob das „Sapocarbol“ schon früher
                              									in der Beschaffenheit hergestellt war, daſs es mit Wasser klar blieb, wie ein dem
                              									Verfasser in diesen Tagen unter gleicher Bezeichnung zugegangenes Präparat, ist
                              									nicht bekannt. Die Angaben Schenkel'sChemiker-Zeitung,
                                    											1887 II S. 1229 und 1888 I S. 186. lassen vermuthen, daſs man
                              									früher darunter ein mit Wasser emulgirendes Präparat verstand.
                           
                        
                           3) Das Lysol.
                           Unter der Bezeichnung „Lysol“ wird von der Firma Schülke und Mayr in Hamburg ein Präparat fabricirt, welches ohne Zweifel
                              									in die Kategorie der Lösungen von Theeröl bezieh. von einzelnen oder mehreren seiner
                              									Bestandtheile in Seife hineingehört. M.
                                 										SchotteliusMünchner Medic. Wochenschrift, 1890 Nr.
                                    										20. hat über die desinficirende Wirkung dieses Präparates
                              									Untersuchungen veröffentlicht, aus denen sich ergibt, daſs in demselben ein ganz
                              									vorzügliches neues Desinficiens vorliegt.
                           Die Engler zuerst zur Verfügung gestellten beiden Sorten
                              									von Lysol (Nr. II und III) waren dieselben, mit denen Schottelius seine Versuche durchgeführt hat und es muſste deshalb von
                              									besonderem Interesse sein, deren allgemeine Eigenschaften und Zusammensetzung kennen
                              									zu lernen.
                           Lysol II: spec. Gew. 1,0525, ist eine braune
                              									durchsichtige syrupöse Flüssigkeit, die mit Wasser verdünnt vollständig klar bleibt;
                              									rothes Lackmuspapier wird gebläut, doch enthält es keine Spur von freiem Alkali,
                              									kurz, es liegt offenbar eine Lösung von Theerölen in neutraler Seife vor.
                           Lysol III: spec. Gew. 1,038, zeigte im Uebrigen
                              									dieselben allgemeinen Eigenschaften wie Lysol II, insbesondere bildet es auch mit
                              									Wasser vollständig klare Mischungen.
                           Später wurde von der Firma Schülke und Mayr noch ein
                              									Präparat, mit „Lysolum purum“ bezeichnet, zur Verfügung gestellt, wie solches
                              									für Desinfectionszwecke fernerhin in den Handel kommen soll. Auch dieses Präparat,
                              									dessen spec. Gew. 1,042 (bei 19°) beträgt, besitzt die allgemeinen Eigenschaften der
                              									beiden ersteren, insbesondere vollständige Wasserlöslichkeit. Es ist etwas heller
                              									von Farbe und in nicht zu dicken Schichten durchsichtig.
                           Auſser der Asche wurden in den vorliegenden drei Lysolsorten die durch Destillation
                              									bis 225° neben Wasser übergehenden Oele, sowie die in den letzteren enthaltenen Phenole bestimmt, wobei
                              									sich fand, daſs dieselben so viel wie gar keine Carbolsäure, sondern nur die nächst
                              									höheren Homologen enthalten. Die Untersuchung ergab in Gewichtsprocenten:
                           
                              
                                 
                                 Asche(K2CO3)
                                 auf KOHbe-rechnet
                                 OeligesRoh-Destillat(bis
                                    											225°)
                                 Phenole(Kresole)
                                 NeutraleKohlen-wasser-stoffe(Differenz)
                                 
                              
                                 Lysol II
                                 5,91
                                 4,8
                                 46,8
                                 44,1
                                 2,7
                                 
                              
                                 Lysol III
                                 6,29
                                 5,1
                                 50,8
                                 46,2
                                 4,6
                                 
                              
                                 Lysolum purum
                                 6,52
                                 5,3
                                 51,0
                                 47,4
                                 3,6
                                 
                              
                           Da es durch die Untersuchungen A. Henle'sArchiv für
                                       												Hygiene, 1889 S. 211., Carl
                                 										Fränkel'sZeitschrift für Hygiene, 1889 S.
                                    										530. u.a. festgestellt ist, daſs den höheren Homologen der
                              									Carbolsäure, insbesondere auch den Kresolen, eine besonders stark desinficirende
                              									Wirkung zukommt, darf es als ein entschiedener Vorzug des Lysols betrachtet werden,
                              									daſs die in demselben enthaltenen Phenole fast vollständig zwischen 187 und 200°
                              									übergehen, also fast nur aus Kresolen bestehen. Ein weiterer Vorzug besteht in der
                              									vollständigen Wasserlöslichkeit des Präparates und man hat in demselben – constante
                              									Zusammensetzung vorausgesetzt – ein Desinficiens, dessen Kresolgehalt durch
                              									Verdünnen mit Wasser auf beliebige Procente gestellt werden kann. Schon HueppeBerliner Klinische Wochenschrift, 1888 Nr.
                                    											37. weist auf die Vortheile wasserlöslicher Phenolpräparate hin,
                              									desgleichen hebt Fränkela. a. O., S. 528. die Vorzüge der
                              									durch Mischen von Schwefelsäure mit Phenolen erhaltenen „sulfirten Phenole“
                              									gegenüber den in Wasser schwer-und unlöslichen Phenolen hervor. Gegenüber den
                              									Kreolinen, dem Kresolin, Littles Soluble Phenyle und ähnlichen Präparaten, welche
                              									mit Wasser nur Emulsionen bilden, muſs deshalb die vollständige Wasserlöslichkeit
                              									der Lysol-Präparate als ein entschiedener Fortschritt bezeichnet werden, denn auch
                              									die feinste Emulsion bedingt keine so feine Vertheilung, innige Berührung und
                              									Durchdringung wie die vollständige Lösung. Dabei sind, wie die weiter oben
                              									mitgetheilten Versuche beweisen, die Phenole nicht chemisch gebunden, sondern frei
                              									in den neutralen Seifen gelöst und kommen, im Gegensatze zu den löslichen Salzen der
                              									Carbolsäure und deren Homologen, mit ihrer vollen Desinfectionskraft zur Wirkung.
                              									Dies ist zweifellos auch die Ursache der überaus günstigen Resultate, welche Schottelius hinsichtlich der bakterientödtenden Wirkung
                              									des Lysols erhalten hat. Aehnliches bemerkt übrigens auch schon Fränkel über die desinficirende Kraft der in der Kälte
                              									mit Schwefelsäure vermischten Kresole; es ist nach ihm nicht die dabei vielleicht in
                              									geringer Menge entstehende Kresolsulfosäure, sondern das durch Behandlung mit
                              									Schwefelsäure wasserlöslich gemachte Kresol selbst, welches jenen hohen Effect
                              									bedingt. Vor diesen stark sauren Kresol-Schwefelsäuremischungen hat aber das Lysol jedenfalls
                              									den Vorzug voraus, daſs es das Kresol in einer neutralen Lösung enthält. Welches der
                              									drei Kresole, das Ortho-, Meta- oder Para-Kresol, in Form des Lysols die
                              									desinficirenden Eigenschaften in höchstem Grade besitzt, und ob auch und in wieweit
                              									die mitgelösten neutralen Kohlenwasserstoffe als Desinficientien mitwirken, müſste
                              									durch weitere bakteriologische Untersuchungen festgestellt werden.
                           Nach den hier mitgetheilten, im Engler'schen
                              									Laboratorium durchgeführten Versuchen über das Lysol liegt in demselben ein
                              									vollständig neues Präparat vor, welches nach seiner Darstellung, seinen
                              									Bestandtheilen und seinem gesammten chemischen Verhalten ein für die verschiedensten
                              									Zwecke brauchbares Desinfectionsmittel darstellt. In Folge seiner vollständigen
                              									Wasserlöslichkeit und seiner reinigenden Eigenschaften eignet es sich nicht bloſs
                              									als Desinficiens im engeren Sinne, sondern gleichzeitig auch zu Waschzwecken, und es
                              									zeichnet sich hierdurch vor anderen ähnlichen Desinfectionspräparaten ganz
                              									entschieden aus. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daſs den Damann'schen Präparaten eine noch ausgedehntere Verwendung bevorsteht,
                              									insbesondere ist es möglich, daſs sie auch als Antiparasitica gute Dienste leisten.
                              									Es wäre zu wünschen, daſs von landwirthschaftlich-sachverständiger Seite Versuche
                              									über die Brauchbarkeit des Lysols als Mittel gegen gewisse Pflanzenkrankheiten,
                              									wobei in erster Reihe auch an die Phyloxera zu denken wäre, angestellt würden und es
                              									mag in dieser Beziehung auf die nicht ungünstigen Resultate hingewiesen werden,
                              									welche man schon mit Erdöl erzielt hat und daſs man in dem Damann'schen Verfahren zugleich auch ein Mittel besitzt, um neutrale
                              									Kohlenwasserstofföle in wässerige Lösung zu bringen.
                           
                              
                                 (Schluſs folgt.)