| Titel: | Ueber ägyptisches Erdöl von H. Kast und Alb. Künkler. | 
| Autor: | H. Kast, Alb. Künkler | 
| Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 34 | 
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                        Ueber ägyptisches Erdöl von H. Kast und Alb. Künkler.
                        Kast und Künkler, über ägyptisches Erdöl.
                        
                     
                        
                           Es ist schon seit längerer Zeit bekannt, daſs sich in Aegypten an der Küste des
                              									Rothen Meeres bei Djebel Seit
                              									oder Gemseh, einem gegenüber der
                              									Südspitze der Halbinsel Sinai,
                              									am Eingang in den Golf von Suez unter 28° nördlicher Breite und 33° östlicher Länge
                              									von Greenwich gelegenen Küstenstriche, Erdöl in beachtenswerther Menge findet Dieses
                              									kurzweg als ägyptisches Erdöl bezeichnete Oel ist schon mehrfach Gegenstand
                              									chemisch-technischer Untersuchung gewesen. Es liegen eingehendere Untersuchungen
                              									darüber vor von Frédéric WeilMoniteur
                                       												scientifique, 1877 Bd. 19 S. 295., Robert IrvineJournal of the Society of Chemical Industry,
                                    											1887 Bd. 6 S. 130., sowie eine Correspondenz in der Zeitschrift
                              										Engineering.D. p. J. 1886 262 94
                                    											nach Engineering, 1886 Bd. 41 S.
                                    										579.
                           Weil macht keine nähere Mittheilung über die Provenienz
                              									seines Oeles. Er fand das
                              									spec. Gew. zu 0,953, eine Destillation des Rohöles ergab ihm 87,9 Proc. flüssige
                              									Destillationsproducte, 7,72 Proc. Koks und 4,38 Proc. uncondensirbare Gase, auch
                              									wurde, namentlich zu Anfang der Destillation, das Auftreten beträchtlicher Mengen
                              									von Schwefelwasserstoff constatirt. Jene 87,9 Proc. flüssiger Destillationsproducte
                              									zerlegte Weil bei einer zweiten Destillation in 26,47
                              									Proc. rohes Leuchtöl, welches schwerer als amerikanisches Leuchtöl war, und 61,43
                              									Proc. rohes Schmieröl, das sich paraffinfrei und schmierfähiger als amerikanisches
                              									Schmieröl erwies. Das Leuchtöl verlor bei der Reinigung 14 Proc; das gereinigte
                              									Product war von gelber Farbe und zeigte das spec. Gew. 0,875. Der Verlust bei der
                              									Reinigung des Schmieröles stellte sich auf 15 Proc. und das spec. Gew. des
                              									gereinigten Schmieröles wurde zu 0,923 gefunden. Der Entflammungspunkt lag für das
                              									Rohöl bei 153°, für das gereinigte Leuchtöl bei 90° und für das gereinigte Schmieröl
                              									bei 100°. Weil empfiehlt, das von ihm untersuchte Oel
                              									zur Herstellung von Schmieröl zu benutzen oder das Rohöl unter den Dampfkesseln der
                              									Marine zu verfeuern bezieh. dasselbe als Gasöl zu verwenden.
                           In der in diesem Journal 1886 262 94 mitgetheilten Notiz
                              										„Ueber Verwerthbarkeit des ägyptischen Erdöles“ ist speciell des groſsen
                              									Reichthums der Quellen von Djebel Seit gedacht und erwähnt, daſs dieses Oel in
                              									seinem spec. Gew. dem schweren in Birma sich findenden Oele am nächsten kommt, sowie
                              									daſs aus demselben nur 8 bis 10 Proc. raffinirtes Leuchtöl zu gewinnen sind.
                           Genauere Mittheilungen, auch über die Art des Vorkommens des ägyptischen Erdöles,
                              									sind aus der Publikation von Robert Irvine zu
                              									entnehmen. Nach ihm wird das Oel von Djebel Seit oder
                              										Gemseh (ungefähr 400 englische Meilen von Suez)
                              									theils aus seichten Sprudeln, theils aus tiefen Bohrlöchern gewonnen. Im J. 1887
                              									waren die Bohrungen 400 englische Fuſs in festem Thon vorgedrungen, unter welchem
                              									man auf Erdöl zu gelangen hoffte. Das von Irvine
                              									untersuchte Rohöl war von dunkelbrauner Farbe, unangenehmem, von
                              									Schwefelverbindungen herrührendem Geruch und zähflüssiger Consistenz, welche es,
                              									weil fast völlig paraffinfrei, auch bei niederer Temperatur beibehält.
                           Sein spec. Gew. bei 60° F. (15,5° C.) beträgt 0,934. Auf gewöhnliche Art gereinigt,
                              									liefert es ein Product, welches im spec. Gew. von 0,850 bis 0,950 schwankt. Brennöl
                              									fand sich in dem von Irvine untersuchten Rohöl gar
                              									nicht vor und beim Behandeln mit Schwefelsäure war ein Verlust von 50 Proc. zu
                              									constatiren. Irvine empfiehlt das ägyptische Oel zu
                              									Schmier- und Feuerungszwecken.
                           Im Anschluſs an Irvine's Mittheilungen erwähnt Hamilton, daſs er aus dem gleichen Oele 45 bis 50 Proc.
                              									vorzügliches Schmieröl erhalten habe, und Laing will es
                              									sogar gelungen sein, 70 Proc. davon zu bekommen, gleichgültig ob mit oder ohne
                              									Wasserdampf destillirt wurde.
                           
                           Von kleineren Literaturnotizen über ägyptisches bezieh. afrikanisches Erdöl sind uns
                              									noch die folgenden bekannt geworden:
                           In Perutz, Die Industrie der Mineralöle u.s.w., I. Theil
                              									1868, wird die Analyse eines afrikanischen Erdöls, welche von Tate ausgeführt ist, mitgetheilt (ohne
                              									Literaturangabe). Dieses Oel hatte ein spec. Gew. von 0,912, begann bei 82° zu
                              									destilliren und lieferte:
                           
                              
                                 Brennöl
                                 vom
                                 spec.
                                 Gew.
                                 0,835
                                   30
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Schmieröl
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0,887
                                   59,5
                                 „
                                 
                              
                                 Paraffin
                                 
                                 
                                 
                                 
                                     5,2
                                 „
                                 
                              
                                 Koks
                                 
                                 
                                 
                                 
                                     3,7
                                 „
                                 
                              
                                 Verlust
                                 
                                 
                                 
                                 
                                     1,6
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 100,0
                                 Proc.
                                 
                              
                           H. Schiff erwähnt in einer Correspondenz in den Berliner Berichten, 1874 S. 361, Vorträge über Erdöl,
                              									welche G. Bizio am venetianischen Handelsinstitut
                              									gehalten hat. Schiff entnimmt daraus die Analyse eines
                              									afrikanischen Erdöles, welche aber in Bezug auf spec. Gew. des Rohöles, Brennöles
                              									und Schmieröles, Siedepunkt des Rohöles, Ausbeute an Brennöl, Schmieröl und Paraffin
                              									so vollständig mit der zuerst angegebenen Tauschen Untersuchung übereinstimmt, daſs
                              									an der Identität beider nicht zu zweifeln ist.
                           Endlich sei noch auf eine Bemerkung in diesem Journal, 1878 228 538, wonach Livingstone in Central-Afrika
                              									stark paraffinhaltiges Erdöl gefunden haben soll, sowie auf eine Notiz (ohne
                              									Literaturangabe) im Fischer'schen Jahresbericht für chemische Technologie, 1887 S. 70,
                              									hingewiesen, nach welcher in Aegypten, in der Nähe des Baku-Sees, neue und angeblich
                              									reiche Erdöllager entdeckt seien.
                           Vor Kurzem ist durch den interessanten Aufsatz von A. Veith:
                                 											„Ueber die Geschichte der Erdölindustrie“ die Aufmerksamkeit der
                              									Interessentenkreise neuerdings auf das ägyptische Erdölvorkommen gelenkt worden. Veith sagtBerichte der österreichischen Gesellschaft zur
                                       												Förderung der chemischen Industrie, 1890 Bd. 12 Heft 1 S.
                                    										10.: „In Aegypten ist das Vorkommen von
                                    											Erdöl in den letzten zwei Jahren von allgemeinem Interesse geworden. Die
                                    											unter Schutz und mit Unterstützung der britischen Regierung ausgeführten
                                    											Bohrversuche ergaben, speciell in der Gegend von Geb-el-Said, Brunnen von
                                    											bedeutender Ertragsfähigkeit; doch scheinen die Versuche wieder ergebnislos
                                    											zu sein, da seit den letzten Monaten keine weiteren Berichte hergedrungen
                                    											sind.“Diese Bemerkung Veith's ist wohl dahin zu verstehen, daſs die
                                    											neuesten Bohrversuche doch noch nicht solche Mengen Oel ergaben, wie
                                    											anfänglich Vermuthet wurde.
                           Das Studium der über ägyptisches Erdöl vorhandenen, vorstehend kurz mitgetheilten
                              									Literatur hat uns gezeigt, daſs eine eingehende und vollständige Untersuchung dieses
                              									Oeles, welche Einblick in die Zusammensetzung und Verwendbarkeit desselben
                              									gestattet, noch nicht existirte.
                           
                           Gerne ergriffen wir deshalb die Gelegenheit zu einer solchen Prüfung des ägyptischen
                              									Oeles, welche sich uns dadurch bot, daſs uns Herr Prof. Hirzel in Leipzig-Plagwitz eine gröſsere Probe dieses Oeles gütigst zur
                              									Verfügung stellte. Wir gestatten uns, Herrn Prof. Hirzel hierfür auch an dieser Stelle unseren verbindlichsten Dank
                              									auszusprechen.
                           Leider konnte die Untersuchung dieses Erdöles, namentlich was die Qualitätsprüfung
                              									der Schmieröle bezieh. die Aufarbeitung der Residuen anlangt, nicht mit der
                              									Vollständigkeit durchgeführt werden, wie wir dies gern gethan hätten; es trägt daran
                              									die relativ geringe Quantität der uns zu Gebote gestandenen Probe (rund 7k) die Schuld. Immerhin konnten die einzelnen
                              									Versuche weit genug ausgedehnt werden, um ein Urtheil über die Eigenschaften und die
                              									Brauchbarkeit des Oeles in technischer Hinsicht zu ermöglichen. Die Probe
                              									ägyptischen Erdöles, welche wir untersuchten, war Herrn Prof. HirzelNach
                                    											gefälliger Privatmittheilung. auf Veranlassung des Ministeriums
                              									der öffentlichen Arbeiten in Cairo von Suez aus zugegangen. Das Oel befand sich in
                              									dicht schlieſsenden Blechflaschen und trug die Bezeichnung „Petrole de Gemseh.“
                           
                        
                           a) Physikalische
                                 									Eigenschaften.
                           Das von uns untersuchte Oel ist dunkelbraun, nur in ganz dünnen Schichten
                              									durchscheinend und zeigt, mit Petroläther verdünnt, grünliche Fluorescenz. Der
                              									Geruch ist erdölartig, nicht unangenehm. In Petroläther gelöst, sondert das Oel nach
                              									einiger Zeit feste Ausscheidungen ab, während solche, wenn das Oel auf Papier
                              									gestrichen und von diesem aufgesogen wird, nicht wahrnehmbar sind. Das spec. Gew.
                              									bei 17° C. ist 0,9352. Der Flammpunkt liegt bei 87°, der Entzündungspunkt bei 109°
                              									und der Siedepunkt bei 160°. Bei 17° ist das Oel zähflüssig (ähnlich dem früher bei
                              									Pechelbronn im Elsaſs gewonnenen sogen. Schachtöl) und bei – 15° noch dickflüssig.
                              									Paraffin läſst sich in der Kälte nicht ausscheiden. Die direkte
                              									Auslaufgeschwindigkeit, im Engler'schen Viscosimeter
                              									gemessen, betrug 6 Minuten 40 Secunden bei 35°.
                           
                        
                           b) Chemische
                                 									Eigenschaften.
                           Das Oel, mit Alkohol und Wasser durchgeschüttelt, gab an diese Flüssigkeiten keine
                              									Substanzen ab, welche auf Lackmuspapier reagirten. Bei der Veraschung des Oeles
                              									hinterblieben 0,12 Proc. Rückstand, bestehend aus Kalk und Eisen. Die
                              									Elementarzusammensetzung des Oeles fanden wir (Mittel aus je 2 Bestimmungen) wie
                              									folgt:
                           
                              
                                 Kohlenstoff
                                 85,85
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                 11,72
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Sauerstoff
                                 0,92
                                 „
                                 (aus der Differenz)
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 1,21
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                 0,30
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 „
                                 
                                 
                              
                           
                           Behufs Untersuchung der eventuell in dem Oel gelösten, sowie der bei der Destillation
                              									sich entwickelnden Gase hatten wir uns einen besonderen Apparat construirt, welcher
                              									gestattete, während der Destillation des Oeles auftretende Kohlensäure und
                              									schweflige Säure in Kaliapparaten aufzufangen; zur Absorption und Bestimmung des
                              									Schwefelwasserstoffes dienten ⋃-Röhren, gefüllt mit in
                              									Kupfervitriollösung getränktem Bimsstein; gasförmige Kohlenwasserstoffe sollten nach
                              									Wegnahme des Schwefelwasserstoffes, der Kohlensäure und schwefligen Säure in einem
                              										Bunsen'schen Glasgasometer über Wasser aufgefangen
                              									und gasanalytisch untersucht werden.
                           Es wurden 2 Destillationen mit 100 bezieh. 150cc
                              									des Rohöles vorgenommen; bei der zweiten Destillation wurde die Luft im ganzen
                              									Apparate durch Kohlensäure deplacirt, ohne die Absorptionsvorlagen destillirt und
                              									versucht, die sich entwickelnden Gase direkt über Wasser aufzufangen. In beiden
                              									Fällen erhitzte man das Oel, in welches ein Thermometer eintauchte, ganz allmählich
                              									bis auf 280°, wobei etwa 10 Proc. des Oeles überdestillirten. Wir konnten indessen
                              									nur die ziemlich reichliche Entwickelung von Schwefelwasserstoff bei der
                              									Destillation constatiren und auſser einer geringen Menge im Oele gelöster Luft
                              									keinerlei andere Gase beobachten.
                           Zur Bestimmung der differenten und indifferenten Kohlenwasserstoffe, welche in dem
                              									bis 310° siedenden Antheil des Oeles enthalten sind, wurden 10cc dieser bis 310° abdestillirten Fraction mit dem
                              									dreifachen Volumen concentrirter Schwefelsäure, welcher 20 Proc. rauchende
                              									Schwefelsäure zugesetzt waren, dreimal tüchtig durchgeschüttelt und vor dem letzten
                              									Durchschütteln Säure und Oel im Luftbade auf 40° erwärmt. Die Abnahme betrug
                           
                              
                                 nach
                                 dem
                                 ersten
                                 Schütteln
                                 
                                 2cc,2
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 zweiten
                                 „
                                 
                                 0cc,1
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 dritten
                                 „
                                 
                                 0cc,1
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 ––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 zusammen
                                 2cc,4,
                                 
                              
                           wonach also in dem bis 310° siedenden Antheile des Oeles
                              									enthalten sind:
                           
                              
                                   2cc,4
                                 =
                                   24 Proc.
                                 differente Kohlenwasserstoffe: Olefine, aromatischeund andere
                                    											ungesättigte Kohlenwasserstoffe.
                                 
                              
                                   7cc,6
                                 =
                                   76 Proc.
                                 indifferente Kohlenwasserstoffe: Paraffineund Naphtene.
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 10cc
                                 
                                 100 Proc.
                                 
                                 
                              
                           Ob und inwieweit Naphtene in diesen 76 Proc. indifferenten Kohlenwasserstoffen
                              									enthalten sind, läſst sich aus dem Vergleiche der Brechungsexponenten der einzelnen
                              									Oelfractionen mit den Brechungsexponenten anderer Oele folgern, deren gröſserer oder
                              									geringerer Gehalt an Naphtenen bezieh. Paraffinen bereits festgestellt ist. Die zu
                              									diesem Zwecke nachfolgend zusammengestellten Brechungsexponenten der Fractionen des
                              									pennsylvanischen und Baku-Oeles wurden uns von Herrn Dr. Schneider hier freundlichst zur Verfügung gestellt. Die gereinigten
                              									Fractionen sind in oben
                              									angegebener Weise mit einem Gemisch von concentrirter und rauchender Schwefelsäure
                              									behandelt worden.
                           Brechungsexponenten der rohen
                              									Fractionen.
                           
                              
                                 Fraction
                                 Aegyptisches Oel
                                 Baku-Oel
                                 Pennsylvanisches Oel
                                 
                              
                                 180–200°
                                 1,455
                                 1,4548
                                 1,4397
                                 
                              
                                 200–220°
                                 1,468
                                 1,4630
                                 1,4438
                                 
                              
                                 220–240°
                                 1,476
                                 1,4668
                                 1,4508
                                 
                              
                                 240–260°
                                 1,482
                                 1,4748
                                 1,4590
                                 
                              
                                 260–280°
                                 1,495
                                 1,4762
                                 1,4646
                                 
                              
                                 280–300°
                                 1,498
                                 1,4798
                                  1,4667.
                                 
                              
                           Brechungsexponenten der gereinigten
                              									Fractionen.
                           
                              
                                 Fraction
                                 Aegyptisches Oel
                                 Baku-Oel
                                 Pennsylvanisches Oel
                                 
                              
                                 180–200°
                                 1,449
                                 1,4448
                                 1,4302
                                 
                              
                                 200–220°
                                 1,457
                                 1,4510
                                 1,4363
                                 
                              
                                 220–240°
                                 1,466
                                 1,4556
                                 1,4402
                                 
                              
                                 240–260°
                                 1,470
                                 1,4592
                                 1,4450
                                 
                              
                                 260–280°
                                 1,475
                                 1,4629
                                 1,4495
                                 
                              
                                 280–300°
                                 1,479
                                 1,4670
                                  1,4550.
                                 
                              
                           Wie aus diesen Zahlen ersichtlich, steht das ägyptische Oel bezüglich seines
                              									Lichtbrechungsvermögens demjenigen von Baku sehr nahe, welches, im Gegensatze zu dem
                              									an Paraffinen sehr reichen Oel von Pennsylvanien, der Hauptsache nach aus Naphtenen
                              									besteht. Die Bestätigung der hieraus zu ziehenden Folgerung, daſs das ägyptische Oel
                              									hauptsächlich aus Naphtenen besteht, konnte mittels der Elementaranalyse der
                              									gereinigten Fractionen nicht erhalten werden, da diese auch nach der Behandlung mit der anhydridhaltigen Schwefelsäure noch Schwefel
                              									enthielten, wodurch eine auf Grund der Elementaranalyse vorzunehmende Berechnung
                              									unmöglich gemacht wird. Die Entfernung des Schwefels aber mittels rauchender
                              									Schwefelsäure allein war nicht angängig, da sich in letzterer auch die Naphtene
                              									lösen.
                           Mesitylen und Pseudocumol
                              									gelang uns nicht in dem Oele nachzuweisen. Es ist dies erklärlich, wenn man
                              									berücksichtigt, daſs unser Oel, wie erwähnt, erst bei 160° zu sieden beginnt und,
                              									wie die nachfolgende Normaldestillation erkennen läſst, bis 200° überhaupt nur 4
                              									Vol.-Proc. überdestilliren. Diejenige Fraction (150 bis 1800), welche gewöhnlich zum
                              									Nachweis des Mesitylens (Siedepunkt 164,5° bei 759mm) und des Pseudocumols (Siedepunkt 169,8° corr.) dient, ist also in
                              									diesem ägyptischen Erdöl nicht vorhanden.
                           Um zu einem Urtheil über die Mengenverhältnisse der in dem Oele enthaltenen
                              									Componenten zu gelangen, führten wir eine Normaldestillation (vgl. Engler 1888 267 * 511) aus,
                              									welche zu folgenden Ergebnissen führte:
                           
                              
                                 bis 200°
                                 4cc,0
                                     3g,5
                                 0,821
                                 spec. Gew. bei 17°
                                 
                              
                                 200–225°
                                 10cc,8
                                     9g,1
                                 0,847
                                 „
                                 
                              
                                 225–250°
                                 13cc,7
                                   11g,9
                                 0,874
                                 „
                                 
                              
                                 250–275°
                                 7cc,0
                                     6g,2
                                 0,892
                                 „
                                 
                              
                                 275–300°
                                 29cc,6
                                   26g,0
                                 0,879
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 –––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 65cc,1
                                   56g,7
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Rückstand
                                 34cc,9
                                   43g,3
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 –––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100cc,0
                                 100g,0.
                                 
                                 
                                 
                              
                           
                           Während der Destillation traten häufig, an den weiſsen Dämpfen erkennbar,
                              									Zersetzungen auf, die mit steigender Temperatur zunahmen. Der langsame Verlauf der
                              									Destillation, sowie das Nachdunkeln der Destillate lassen darauf schlieſsen, daſs
                              									letztere Zersetzungsproducte in gröſserer Menge enthalten, namentlich gilt dies für
                              									die Fraction 275–300°. Hierin dürfte wohl auch die Erklärung für die Thatsache zu
                              									finden sein, daſs das spec. Gew. dieser Fraction (0,879) sich erheblich niedriger
                              									erweist als dasjenige der nächst niedrigeren Fraction 250–275°, welches, wie aus der
                              									vorstehenden Tabelle ersichtlich, 0,892 beträgt.
                           
                        
                           c) Technische Verwerthung des
                                 										Oeles.
                           Aus einer kupfernen Blase, welche 1k,5 Rohöl
                              									faſste, wurden zunächst die leichten Oele, Leuchtöl und Mischöl, bei allmählich bis
                              									250° steigender Temperatur abdestillirt, und zwar mit Rücksicht auf die leichte
                              									Zersetzbarkeit des Oeles mittels überhitzten Wasserdampfes, der, nachdem die
                              									Temperatur in der Blase auf 200° gestiegen war, eingeleitet wurde.
                           Die Temperatur des Wasserdampfes wurde derjenigen der Blase annähernd gleich
                              									gehalten, und das Einleiten geschah durch eine bis auf den Boden der Blase
                              									reichende, mit vielen kleinen Ausströmungsöffnungen versehene Schlange, nach Art der
                              									in den Fabriken in Baku im Gebrauche stehenden. Die nach dem Abdestilliren der
                              									leichten Oele hinterbleibenden Rückstände wurden für sich verarbeitet, zunächst auf
                              									300° erhitzt und durch bei dieser Temperatur eingeleitetem Wasserdampf von ebenfalls
                              									300° die schweren Oele unter Vorlage eines Separationskühlers, welcher gleichfalls
                              									den in Baku gebräuchlichen nachgebildet ist, abgetrieben (vgl. Engler 1888 268 * 41).
                           Das Ergebniſs der Destillationen war folgendes:
                           
                              
                                 Solaröl
                                 11,3
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                                 Mischöl
                                 25,0
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Maschinenöl II
                                 16,7
                                 „
                                 
                                 
                              
                                            „        I
                                 16,7
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Cylinderöl
                                 17,0
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Koks und Verlust
                                 13,3
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 Proc.
                                 Rohöl.
                                 
                              
                           Die Oele wurden in üblicher Weise mit concentrirter Schwefelsäure und Natronlauge
                              									gereinigt, und zwar das Solaröl mit 2 Proc. Schwefelsäure, das Mischöl mit 3½ Proc.,
                              									die Maschinenöle mit 8 Proc. und das Cylinderöl mit 10 Proc; dann nacheinander mit
                              									Laugen von 1,16, 1,105 und 1,05 spec Gew. versetzt und schlieſslich mit Wasser
                              									ausgewaschen. Das Reinigen und Auswaschen der Maschinen- und Cylinderöle wurde bei
                              									einer Temperatur von 60–70° auf dem Wasserbade vorgenommen.
                           Die Eigenschaften der gereinigten Oele sind folgende:
                           
                           
                              
                                 
                                 Spec. Gew.bei 17° C.
                                 Flamm-punkt
                                 Brenn-punkt
                                 Farbe
                                 Consistenz
                                 
                              
                                 Solaröl
                                 0,841
                                   64°
                                 –
                                 gelblich
                                 –
                                 
                              
                                 Mischöl
                                 0,880
                                   95°
                                 112°
                                 gelb
                                 –
                                 
                              
                                 Maschinenöl II
                                 0,927
                                 144°
                                 170°
                                 Rothgelb
                                 bei – 10° noch flüssig
                                 
                              
                                          „          I
                                 0,949
                                 195°
                                 229°
                                 rothbraun
                                 bei 0° noch flüssigbei – 6° syrupartig
                                 
                              
                                 Cylinderöl
                                 0,955
                                 173°
                                 242°
                                 dunkelbraun
                                 bei + 15° syrupartig.
                                 
                              
                           Die Viscosität des Solaröles, welche, wie bekannt, in direkter Beziehung zu der
                              									Schnelligkeit des Aufsteigens im Docht steht, wurde in dem Engler'schen Viscosimeter für Brennöle (mit Auslaufröhre von 20mm Länge und 1mm,8 Durchmesser) ermittelt.
                           Die direkte Auslaufgeschwindigkeit bei 20° beträgt 255 Secunden, bezogen auf Wasser
                              										\frac{255}{196}=1,302. Die Bestimmung der Leuchtkraft dieses
                              									Oeles wurde auf dem Photometer von Elster unter
                              									Benutzung eines 12-Linienbrenners für Solaröle des Vereines für Mineralölindustrie
                              									in Halle a. S. vorgenommen und ergab folgendes Resultat, bezogen auf die deutsche
                              									Normal-Paraffinkerze als Einheit:
                           
                              
                                 MittlereLichtstärkein der1.
                                    											Stunde
                                 Lichtstärkeam EndedesVersuches
                                 MittlereLichtstärkeaus 11
                                    											Ab-lesungen
                                 Dauer desVersuchesStunden
                                 MittlererOelver-brauch in1
                                    											Stunde
                                 Oelver-brauch fürNormalkerzeund
                                    											Stunde
                                 Gewicht desKohlen-ringes amDocht
                                 
                              
                                 10,5
                                 9,4
                                 9,8
                                 5
                                 31g
                                 3g,2
                                 0g,015
                                 
                              
                           Das gereinigte Solaröl nimmt beim Stehen an der Luft verhältniſsmäſsig rasch wieder
                              									einen unangenehmen Geruch an.
                           Aus dem Mischöl kann durch nochmalige Destillation ein allerdings nur kleiner Theil
                              									Solaröl gewonnen und der restirende gröſsere Theil zum Verschneiden mit anderen
                              									Oelen verwandt, oder aber das ganze Mischöl als Gasöl verarbeitet werden.
                           Die Maschinen- und Cylinderöle sind nahezu geruchlos. Ihre Zähflüssigkeit konnte zwar
                              									aus Mangel an Material leider nicht bestimmt werden, doch entspricht das Maschinenöl
                              									II hinsichtlich seiner Qualität und Verwendbarkeit dem amerikanischen und russischen
                              									Spindelöle, ist aber dunkler als diese. Das Maschinenöl I dürfte dem besten
                              									russischen Maschinenöle als Ersatz für Rüböl und Olivenöl gleichzustellen sein, ist
                              									aber in der Farbe ebenfalls etwas dunkler.
                           Das Cylinderöl, welchem aus Zersetzungen hervorgegangene leichtere Oele, wie das
                              									schon an dem groſsen Abstand zwischen Flamm- und Brennpunkt ersichtlich ist,
                              									beigemengt sind und welches daher nur für kleinere Dampfmaschinen tauglich ist, kann
                              									ohne Zweifel durch entsprechend geleitete Destillation bedeutend verbessert
                              									werden.
                           Die uns zur Verfügung stehende geringe Menge an Material gestattete uns indessen
                              									nicht, eine zweite Destillation von Residuen vorzunehmen. Es sei übrigens
                              									hervorgehoben, daſs auch das Rohöl als solches zum Schmieren gewöhnlicher Maschinen,
                              									bei nicht zu schwerer Belastung Verwendung finden kann. Eine Verunreinigung der
                              									Lager wird bei der
                              									relativen Reinheit des Oeles nicht zu befürchten sein. Hierauf ist auch schon von
                              										Weil und Irvine (l.
                              									c.) aufmerksam gemacht worden.
                           Sowohl die Maschinenöle wie das Cylinderöl sind schwach paraffinhaltig, scheiden
                              									indessen in der Kälte kein Paraffin aus. Wir haben von einer quantitativen
                              									Bestimmung des Paraffins Abstand genommen, weil die gebräuchlichen Methoden zur
                              									Bestimmung des Paraffins gerade bei so dicken Oelen ungenügende Resultate liefern.
                              									(Wir werden in einer späteren Mittheilung auf diese Verhältnisse des Näheren zu
                              									sprechen kommen.)
                           Aus der vorstehenden Untersuchung ist ersichtlich, daſs sich, wie dies auch schon von
                              									Anderen beobachtet worden ist, das von uns untersuchte Oel in Folge seines geringen
                              									Gehaltes an leichten flüchtigen Bestandtheilen nicht besonders zur
                              									Brennölfabrikation eignet. Wohl aber stellt dieses Oel ein vorzügliches Material zur
                              									Gewinnung von Mineralschmierölen dar. Auf Grund der bei der Destillation gemachten
                              									Beobachtungen läſst sich erwarten, daſs, wenn mit dem Einleiten des überhitzten
                              									Wasserdampfes in die Rückstände bei niedrigerer Temperatur begonnen wird, als wir
                              									dies gethan haben, etwa bei 230° statt bei 300° und bei allmählichem Steigenlassen
                              									der Temperatur auf 300° noch günstigere Resultate hinsichtlich der Qualität der
                              									Schmieröle zu erzielen sind. Es wird auf diese Weise möglich sein, namentlich bei
                              									reichlichem Zuströmenlassen von Wasserdampf, die Zersetzungen, durch welche die
                              									Qualität speciell des Cylinderöles verringert wird, wesentlich hintanzuhalten.
                           Karlsruhe, chemisch-technisches Laboratorium
                                 										der technischen Hochschule im August 1890.