| Titel: | Glätten des Papiers und geheizte Kalanderwalzen; von Dr. E. Muth. | 
| Autor: | E. Muth | 
| Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 121 | 
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                        Glätten des Papiers und geheizte Kalanderwalzen;
                           								von Dr. E. Muth.
                        Glätten des Papiers und geheizte Kalanderwalzen.
                        
                     
                        
                           Die früher gebräuchliche Art, das Papier zwischen polirten Metallplatten zu glätten,
                              									indem mehrere Lagen zu einem Satz vereinigt zwischen 2 oder 3 Stahlwalzen
                              									durchgelassen wurden, wodurch das Papier eine starke Pressung erlitt, ist nur noch
                              									für wenige Papiersorten beibehalten, der gröſste Theil des geglätteten Papiers
                              									erhält jetzt mittels des Kalanders seine Glätte.
                           Der Bau des Kalanders soll hier als bekannt vorausgesetzt werden, und hauptsächlich
                              									die Behandlung des zu glättenden Papiers zur Sprache kommen. Bei der früher
                              									gebräuchlichen Plattensatinage war eine Vorbehandlung weniger nöthig, da die ganze
                              									Manipulation eine umständliche war, so daſs weit weniger fertig wurde, wobei das
                              									Papier schon den Abkühlungsprozeſs dadurch durchmachte, daſs es vor dem Glätten
                              									einige Zeit stehen blieb. Anders ist es bei dem Kalander; das aufgerollte Papier
                              									wird hier direkt von der Rolle abgearbeitet und die ganze Arbeit ist eine
                              									ununterbrochene. Bei den aus Stahlwalzen und Papierwalzen bestehenden Kalandern ist
                              									die Lagerung derart getroffen, daſs oben zuerst 2 Stahl walzen, welche genau auf
                              									einander geschliffen sind, als Vordruckwalzen dienen; durch diese wird das Papier
                              									zuerst geführt, während die später folgenden Walzen aus je einer Papier- und
                              									Stahlwalze bestehen. Die unterste Walze besteht aus der stärksten Stahlwalze. Diese
                              									Lagerung der Stahlwalzen auf Papierwalzen ist deshalb getroffen, um bei der Pressung
                              									des Papiers auf die Papierwalze eine etwas elastische Unterlage zu schaffen, wodurch
                              									das Papier eine glättere Oberfläche erhält. Ein weiterer Vortheil der Papierwalze
                              									ist, daſs das Papier beim Umlauf einen gröſseren Reibungswiderstand findet, der
                              									Umlauf desselben wird etwas gehemmt, und die darüber laufende Stahlwalze kann ihren
                              									ganzen Druck ausüben.
                           Die Glätte, welche dem Papier gegeben wird, hat neben dem glänzenden Aussehen als
                              									Hauptzweck, daſs die auf der Oberfläche des Papiers liegenden feinen Fasern in die
                              									Masse gepreſst werden, eine Manipulation, welche bei Post- und feinem Schreibpapier
                              									weniger nöthig ist, da bei diesen der Stoff auf klare Durchsicht gemahlen ist, also
                              									kurz und schmierig. Sehr nöthig ist das Festpressen der Fasern bei festen Papieren,
                              									welche lang gemahlenen Stoff erfordern; bei diesem Papier werden die Fasern nicht
                              									nur durch die harten Stahlfedern aufgenommen, sondern auch durch dünnflüssige Tinten
                              									beeinfluſst. Früher, als mit Gänsefedern geschrieben wurde, war man weniger
                              									genöthigt, auf angenehme Glätte zu sehen, wozu die Art der Leimung des Papiers auch
                              									beigetragen hatte, indem dieses durch die Oberflächenleimung mit einer glatten Decke
                              									überzogen war.
                           Der weitere Zweck, welchen das Satiniren verfolgt, ist der, die Oberfläche des Papiers in eine
                              									dicht geschlossene Fläche zu verwandeln, so daſs alle vorhandenen feinen Löcher
                              									geschlossen werden, wodurch das Papier widerstandsfähiger gegen die Aufnahme von
                              									Feuchtigkeit, besonders also auch leimfester wird. In Folge des bedeutenden Druckes,
                              									welchen das Papier erfahren hat, durch welchen die Zwischenräume geschlossen und die
                              									Fasern fest an einander gepreſst sind, behält dieses für später auch die nöthige
                              									Glätte; dieses ist jedoch nur möglich, wenn das Papier vor dem Glätten den nöthigen
                              									Feuchtigkeitsgrad hat, da zu viel wie zu wenig hiervon gleich nachtheilig ist. Das
                              									schwammige Papier, wie solches von der Maschine kommt, ist gewöhnlich übertrocknet,
                              									die Faser saugt mit Begierde aus der Luft Feuchtigkeit, verändert dadurch ihre
                              									Beschaffenheit und zeigt vollständig geänderte Eigenschaften. Wird zu trockenes
                              									Papier geglättet, so wird dasselbe bei allen Fehlern der Walze platzen, auch wird
                              									viel gröſserer Druck nöthig werden, um die etwas spröde Faser anzupressen, sowie
                              									auch um die feinen Oeffnungen im Papier zu schlieſsen. Wird nun zu trocken
                              									geglättetes Papier der Feuchtigkeit der Luft ausgesetzt, was der Fall ist, wenn das
                              									Packet geöffnet wird, so nimmt die Faser mit groſser Begierde Feuchtigkeit auf,
                              									verändert aber durch die Ausdehnung, welche sie hierbei erfährt, ihre Lage, und in
                              									kurzer Zeit hat dieses Papier nicht nur seinen Glanz verloren, sondern auch die
                              									Glätte und kommt dem unsatinirten Papier wieder gleich.
                           Neben der stofflichen Zusammensetzung ist deshalb der Feuchtigkeitsgehalt des Papiers
                              									Haupterforderniſs zur Erzielung von Glanz und Glätte, wenn solche von Dauer sein
                              									soll. Papier, welches zu feucht durch den Kalander geht, nimmt wohl leicht groſsen
                              									Glanz an, doch wird es sehr schlecht in der Durchsicht erscheinen; das Papier wird
                              									zerdrückt und immer auf der Oberfläche graues Aussehen haben; der Nachtheil ist
                              									ebenso groſs, als wenn das Papier zu trocken geglättet wird. Den für das Satiniren
                              									besten Feuchtigkeitsgehalt erhält das Papier, wenn dieses Zeit hat, die Feuchtigkeit
                              									aus der Luft aufzunehmen. Da diese Manipulation im Groſsen kaum durchzuführen und
                              									auſserdem zu zeitraubend wäre, so sind verschiedene Vorrichtungen geschaffen, durch
                              									welche das Papier durch Befeuchten mit Wasserstaub oder mit Dampf angefeuchtet wird,
                              									bevor es auf der Papiermaschine aufgerollt wird. Die Vorrichtung mit Dampf genügt
                              									bei sehr dünnen Papieren; Papier in der Stärke des gewöhnlichen Schreibpapiers muſs
                              									mit Wasserstaub, d.h. mit fein vertheiltem Wasser befeuchtet werden, und werden auch
                              									damit sehr gute Resultate erzielt, wenn die Papierrollen Zeit haben, einige Tage zu
                              									lagern, damit das zuerst nur auf die Oberfläche gespritzte Wasser auch ins Innere
                              									eindringen kann, das Papier also Zeit hat, zu verziehen. Die Menge des zum Feuchten
                              									nöthigen Wassers ist deshalb abhängig von der Stärke des Papiers sowie von der Art
                              									der verwendeten Stoffe; es gehört die ganze Umsicht und Erfahrung des Werkführers
                              									dazu, um die richtige Menge zu treffen. Bei zu wenig Feuchtigkeit läſst sich helfen,
                              									wenn die Papierrollen noch einige Zeit liegen können; sobald das Papier aber zu
                              									stark gefeuchtet ist und sich solches auch beim Liegen zeigt, so wird man selbst bei
                              									nur geringem Pressen immer graues und zerdrücktes Papier erhalten. Um gegen dieses
                              									Vorkommen gesichert zu sein, empfiehlt sich eine Vorrichtung am Kalander, welche
                              									sich für verschiedene Zwecke als sehr vortheilhaft bewiesen hat. Von den kleineren
                              									Stahlwalzen, welche mit den Papierwalzen zusammenlaufen, werden zwei derart
                              									eingerichtet, daſs dieselben mittels Dampf geheizt werden können.
                           Die Beschaffenheit der heizbaren Kalanderwalze darf wohl als bekannt vorausgesetzt
                              									werden.
                           Auf der einen Seite der ausgebohrten Stahlwalze ist eine Stopfbüchse in den Zapfen
                              									eingefügt, durch welche das Dampfzuleitungsrohr und das Ableitungsrohr für das
                              									Condensationswasser hinein gelegt sind. Dieses Rohr ist etwas gebogen und das Ende
                              									schräg abgeschnitten, um das Wasser besser abzusaugen. Das Dampfrohr reicht bis zu ⅔
                              									in die Stahlwalze, um auch das entgegengesetzte Ende der Walze gleichmäſsig zu
                              									erwärmen. Die Zapfenstärke der Walze darf nicht zu sehr geschwächt werden, worauf
                              									beim Einrichten der Stopfbüchse Rücksicht genommen werden muſs, da die Walze groſsen
                              									Druck auszuhalten hat, welcher sich auch auf die Zapfen überträgt.
                           Die Walzen, welche nicht nur mit dem eigenen Gewichte auf einander laufen, sondern
                              									auch durch Pressung an einander gedrückt werden, erwärmen sich durch die vorhandene
                              									Reibung: diese genügt jedoch für stärkere Papiere nicht, um, wenn das Papier zu
                              									feucht, einen Theil der Feuchtigkeit zu verdunsten. Ist jedoch eine der oberen Stahl
                              									walzen geheizt, so theilt sich die Wärme auch den beiden obersten Vorpreſswalzen
                              									mit, ein Theil der Feuchtigkeit verdunstet, und mit dem nach unten zunehmenden
                              									Drucke wird auch das Papier trockner, so daſs kein Zerdrücken oder Grauwerden des
                              									Papiers stattfindet. Dadurch, daſs von den Stahlwalzen zwei zum Heizen eingerichtet
                              									sind, hat man. das Erhitzen der Walzen ganz in der Hand, auch werden Fehler, welche
                              									die Vorpreſswalzen in dem zu feuchten Papier etwa verursachen, durch die Pressung
                              									zwischen den nachfolgenden Walzen wieder ausgeglichen. Die Gefahr, durch Glätten des
                              									Papiers Ausschuſs zu erhalten, ist durch Arbeiten mit geheizten Kalanderwalzen
                              									bedeutend herabgemindert.
                           Ein weiterer Vortheil der heizbaren Kalanderwalzen ist der, daſs das Papier in etwas
                              									feuchterem Zustande geglättet werden kann, so daſs zur Erzielung der gewünschten
                              									Glätte und des Glanzes das Papier weniger gepreſst werden muſs. Von Vortheil ist
                              									dieses bei feinstem Druckpapier, von welchem häufig hoher Glanz verlangt wird, ohne
                              									daſs es durch starke Pressung die Saugfähigkeit einbüſst.
                           
                           Sehr scharf satinirte Papiere verlieren nach vorgenommenen Proben bis zu 20 Proc. an
                              									ihrem Volumen; der Griff, welchen dieselben vor dem Satiniren haben, wird bedeutend
                              									gemindert; durch die starke Pressung leidet auſserdem die Festigkeit des Papiers.
                              									Beim Arbeiten mit geheizten Walzen und geringerer Pressung betrug die
                              									Volumverminderung des geglätteten Papiers nur gegen 8 bis 12 Proc.
                           Wenn es auch bei der Einrichtung mit geheizten Kalanderwalzen möglich wird, das
                              									Papier von der Maschine ohne vorheriges Lagern zu glätten, so sollte davon nur in
                              									Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden, die Arbeit wird alsdann besser und Ausschuſs
                              									wird weniger.
                           Bedeutender Glanz wird dem Papiere gegeben, welches mit heiſsen Kalanderwalzen
                              									geglättet ist, wenn dem Stoffe mit dem Leim etwas Stearinseife beigemengt ist.
                              									Gleiche Theile Stearin und Borax werden mit Wasser so lange erhitzt, bis sich eine
                              									milchig getrübte Masse bildet, welche nach dem Erkalten zu einer seifenartigen Masse
                              									erstarrt. Hiervon werden auf 100 Th. Stoff 0,5 bis 0,75 Th. Stearin mit Wasser
                              									vermischt und dem Stoffe mit dem Leim zugetheilt. Das Stearin, in mikroskopisch
                              									kleinste Theilchen vertheilt, schmilzt beim Durchgehen zwischen den erhitzten
                              									Glättwalzen, gibt eine glänzende Oberfläche, genau so, wie bei dem Verfahren zur
                              									Herstellung der Glanzwäsche von Kragen und Manchetten.
                           Die Behandlung des Papiers mit geheizten Glättwalzen verlangt Vorsichtsmaſsregeln für
                              									den Kalander ebenso wie für das Papier. Bei dem Kalander ist besonders darauf zu
                              									achten, daſs durch das in der Hitze dünnflüssige Fett keine Verunreinigung
                              									stattfindet, indem die Schmiere bei der schnellen Drehung der Walzen nach innen
                              									läuft und die Papierwalzen beschädigt. Hier kann abgeholfen werden, wenn die Zapfen
                              									der Kalanderwalzen auf Filzlagern laufen, welche das Oel aufsaugen und nur so viel
                              									Schmiere abgeben, als der Reibung wegen nöthig ist. Diese Lager haben sich sehr gut
                              									bewährt, nur müssen öfter neue Zwischenstücke, welche noch weich sind, eingelegt
                              									werden, und sind, wenn der Filz durch zu starke Pressung seine Saugfähigkeit
                              									verloren hat, neue Lager unterzuschieben. Um das Fortlaufen der Schmiere auf dem
                              									Zapfen nach der Walze zu verhindern, wenn wirklich zu viel von dem Filzlager
                              									abgegeben wurde, erwies sich als sehr brauchbar, wenn aus einem alten Trockenfilze
                              									eine Scheibe geschnitten und solche über den Zapfen geschoben wird, so daſs sie an
                              									die Walze direkt anliegt. Sollte Oel auf dem Zapfen weiter laufen, so nimmt der Filz
                              									dieses auf, und war eine derartige Scheibe über ½ Jahr im Gebrauche, ohne daſs
                              									Schmiere auf die Walzen lief.
                           Auch die Behandlung des Papiers erfordert etwas Umsicht; durch richtige Regulirung
                              									des Dampfes und bei dem jetzt allgemein gebräuchlichen Frictionsantriebe läſst sich
                              									der Gang des Kalanders ohne Unterbrechung ändern, so daſs etwaige Fehler sich gleich
                              									abstellen lassen.
                           
                           Die Ueberhitzung des Papiers durch die Glättwalzen macht sich nicht nur bemerkbar
                              									durch Abplatzen des Papiers und dadurch vermehrten Ausschuſs, – auch auf farbige
                              									Papiere ist diese von Einfluſs. Selbst bei der Anfertigung von etwas gebläutem
                              									Schreibpapier machte sich die Aenderung der Farbe des Papiers bemerkbar, und zwar
                              									zuerst auf der Schnittfläche, nachdem das Papier in Haufen saſs. Bei genauer
                              									Untersuchung zeigte es sich, daſs das Papier zweifarbig war, d.h. eine Seite des
                              									Bogens war dunkler als die andere, und zwar war diejenige Seite heller, welche auf
                              									der geheizten Stahl walze auflag; auch war der Unterschied in der Farbe um so
                              									gröſser, je mehr die Stahlwalze erhitzt war. Die auf der Papier walze laufende
                              									Papierseite wurde der schlechten Wärmeleitung wegen weniger erhitzt. Die Hitze
                              									selbst kann den Unterschied in der Farbe nicht verursacht haben, da das Papier mit
                              									Ultramarin gefärbt war, welches feuerbeständig ist und nicht wie Farbextracte oder
                              									Anilin durch diese zersetzt wird. Eine Erklärung für den Vorfall konnte noch nicht
                              									gefunden werden, bei richtiger Regulirung des Dampfes kann er aber verhindert
                              									werden, und soll nur das Vorkommen deshalb aufgeführt sein, damit gleich von Anfang
                              									an auf diese Möglichkeit geachtet wird.
                           Bei der Vielseitigkeit, welche der Kalander in der Technik findet, ist die Benutzung
                              									geheizter Kalanderwalzen bereits ziemlich verbreitet; in der Papierfabrikation aber,
                              									für welche vorstehende Zeilen in erster Linie bestimmt sind, dürften sie dazu
                              									beitragen, die Arbeit des Glättens zu erleichtern und
                              									das Fabrikat zu verbessern, da jedenfalls Einrichtungen dieser Art auſser für
                              									Glacépapier vereinzelt sind.
                           Nicht unerwähnt sollen die Schutzvorrichtungen an den Kalandern bleiben, welche in
                              									groſser Anzahl bei der Ausstellung in Berlin im J. 1889 ausgestellt waren, von
                              									welchen sich verschiedene durch groſse Einfachheit auszeichneten, so daſs den vielen
                              									Unfällen, welche durch Kalanderbetriebe verursacht waren, vorgebeugt sein dürfte,
                              									wenn solche nur genau nach den Angaben angebracht werden.