| Titel: | Von der Nordwestdeutschen Gewerbe- und Industrie-Ausstellung in Bremen 1890. | 
| Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 241 | 
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                        Von der Nordwestdeutschen Gewerbe- und
                           								Industrie-Ausstellung in Bremen 1890.
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 167 d.
                           								Bd.)
                        Mit Abbildungen auf Tafel
                              									15.
                        Nordwestdeutsche Gewerbe- und Industrie-Ausstellung in
                           								Bremen.
                        
                     
                        
                           Das Maschinenwesen.
                           Wie in unserer einleitenden Betrachtung dargelegt ist, war die Industrie und
                              									insbesondere das Maschinenwesen sehr mäſsig vertreten. Es kann weder von einer
                              									Vollzähligkeit der Industriebetriebe aus dem Ausstellungsgebiete, noch von einer
                              									angemessenen Vorführung des heutigen Standes unserer Maschinenindustrie gesprochen
                              									werden. Nichtsdestoweniger darf nicht übersehen werden, daſs die ausgestellten
                              									Einzelleistungen namentlich im Dampfmaschinenwesen sehr würdig waren, daſs ferner
                              									manche bisher noch nicht öffentlich gezeigte Neuerung besonders im Gasmaschinenwesen
                              									zu bemerken war. Da es aus obigen Gründen nicht gerechtfertigt erscheint, die
                              									vorgeführten Leistungen an dieser Stelle im Einzelnen näher zu erörtern, so sei
                              									unsere Besprechung auf die beobachteten neuen Erscheinungen bezieh. neuen
                              									Abänderungen beschränkt.
                           
                        
                           
                              Dampfkessel.
                              
                           Die ausgestellten Dampfkessel sind sämmtlich zum Betriebe der Dampfmaschinen und
                              									Pumpwerke für die Springbrunnen und Wasserkünste herangezogen. Dieselben sind in
                              									einem, Kesselhaus genannten, Schuppen untergebracht und müssen den Betriebsdampf
                              									theilweise sehr weit fortliefern. Wenn die Dampfmaschinen in der Ausstellung auch
                              									wenig Dampf brauchen, so ist doch der Verbrauch für die Betriebsdampfmaschine zur
                              									elektrischen Beleuchtung, für den Betrieb der die Wasserwerke speisenden gewaltigen
                              										Worthington-Pumpen sehr bedeutend, so daſs eine
                              									starke Anstrengung der Kessel augenscheinlich vorhanden ist.
                           Der gröſste Dampfkessel mit 200qm Heizfläche ist
                              									von der Düsseldorf-Ratinger Röhrenkesselfabrik vormals Dürr
                                 										und Co. geliefert. Dieser Kessel zeigt die typischen Eigenthümlichkeiten,
                              									wie sie früher hier beschrieben worden sind (vgl. 1889 274 * 115), doch weicht die allgemeine Anordnung nicht unwesentlich von
                              									der früheren ab.
                           Der Kessel hat zwei cylindrische Oberkessel von je 6m,875 Länge und 1m,5 Durchmesser, welche
                              									nur am vorderen Ende durch zwei je 1m,1 weite
                              									Stutzen mit dem gleichmäſsig unter beiden Oberkesseln liegenden, nach hinten
                              									abgeschrägten Röhrenkessel von 3m,190 Breite, 1m,2 Höhe und 5m,1 Länge in Verbindung gesetzt sind. Die Heizung bewirken drei unter dem
                              									Röhrenkessel gleichmäſsig neben einander veralte, schräge Planrostfeuerungen von je
                              										1600mm Länge und 847mm Breite. Zur Hervorbringung des Wasserumlaufes
                              									sind die 105 Röhren des
                              									Unterkessels mit Field'schen Rohreinsätzen versehen,
                              									wie dies schon früher beschrieben wurde. Beide Oberkessel, welche übrigens auch
                              									durch einen weiten Stutzen im Dampf- und Wasserraume in Verbindung stehen, sind mit
                              									einem über ihnen liegenden Dampfsammler von 700mm
                              									Durchmesser bei 6m,6 Länge durch je einen 350mm weiten Stutzen verbunden. Sämmtliche Kessel,
                              									auch der Dampfsammler, welcher noch einen Wasserabscheider enthält, sind ummauert,
                              									so daſs die Feuergase auch noch den Dampfsammler beeinflussen können. Der
                              									Betriebsdampf hat 8at Ueberdruck. Die gesammte
                              									Höhe des Kessels beläuft sich auf 5m,2 bei 4m,360 Breite und 5m,8 Länge. Der Röhrenkessel besitzt Chamottezungen zur Leitung der
                              									Feuergase.
                           Der vom Blechwalzwerk Schulz-Knaudt in Essen
                              									ausgestellte Seitrohrkessel von 60qm Heizfläche
                              									ist für 12at Ueberdruck berechnet. Der Kessel hat
                              									eine gesammte Länge von 8m,815 bei 2m,2 Durchmesser, das Wellrohr 1m,3 Durchmesser.
                           Die Eigenthümlichkeit des Kessels besteht in der Leitung der Heizgase innerhalb des
                              									nach hinten schwach verjüngten Wellrohres. Dicht hinter der Feuerbrücke des 1m,6 langen Planrostes (Innenfeuerung) liegt eine
                              									gemauerte 900mm lange Kammer, welche über der
                              									Feuerbrücke die Gase aufnimmt, um sie unterhalb der Rohrachse weiter ziehen zu
                              									lassen. Von der Kammer geht eine das Wellrohr dem Querschnitte nach in drei Theile
                              									zerlegende Mauerung, so daſs im Wellrohre drei Feuerzüge entstehen, so zwar, daſs
                              									die oberste Zunge senkrecht nach oben, die beiden anderen Zungen je im Winkel von
                              									120° nach rechts und links unten abzweigen. Durch den untersten Zug gehen die Gase
                              									bis an das Ende des Wellrohres, um dann durch den einen Seitenzug vorwärts bis an
                              									die Kammer und von hier durch den anderen Seitenzug wieder nach hinten zu gehen.
                              									Hier treten die Gase aus dem Wellrohre heraus, um nun den Auſsenkessel durch zwei
                              									weitere Unterzüge von unten zu umspülen, welche durch eine in der Längsachse des
                              									Kessels angeordnete Mauerung in bekannter Weise gebildet werden.
                           Eine neue Kesselconstruction tritt uns bei dem von der Firma Behne und Hertz in Harburg a. d. Elbe ausgestellten Kessel entgegen.
                           Der Kessel hat 57qm Heizfläche und ist mit
                              									rauchfreier Feuerung versehen.
                           Der in Fig. 1
                              									und 2
                              									dargestellte Dampfkessel ist ein senkrechter Röhrenkessel, mit in den Boden
                              									eingehängten Field'schen Röhren und durchgehenden
                              									Feuerröhren. Von den letzteren dienen einige zugleich als Ankerrohre. Der Kessel
                              									lagert auf zwei sich einander gegenüberliegenden guſseisernen Rahmen, welche, mit
                              									Thüren und Regulirschiebern versehen, im Inneren die korbrostartigen Feuerungen
                              									aufnehmen. Die Feuerung wird einerseits durch leicht auswechselbare Roststäbe und
                              									andererseits durch eine Reihe Field'scher Röhren
                              									gebildet. Die Field'schen Röhren sind mit einem
                              									Chamottemantel umzogen, welcher auſsen mit einem Blechmantel umgeben ist. Im Inneren des Kessels
                              									befindet sich ein durchbrochener Glühkörper. Zur Reinigung und Erneuerung des
                              									Glühkörpers dient eine unter der Kammer angebrachte Thür mit Schieber für den
                              									Luftzutritt. Die unteren Enden der Field'schen Röhren
                              									ragen durch eine guſseiserne Platte und sind der Reinigung und des Wasserablasses
                              									wegen mit Metallschrauben versehen. Das Speisen und Abblasen des Kessels geschieht
                              									durch einige Field-Rohre. Die Reinigung, sowie die
                              									Auswechselung der Rohre kann leicht bewerkstelligt werden und sind die Rohre
                              									dementsprechend angeordnet. Die freiliegenden Kesselmanteltheile sind mit einer
                              									Isolirmasse umkleidet. Die Constructionstheile des Kessels lassen nach jeder
                              									Richtung eine freie Bewegung zu.
                           Vom geschlossenen Einschüttrumpf gelangt der Brennstoff unter langsamer Vergasung und
                              									Vorbereitung zur Verbrennung auf den Rost, woselbst unter regelbarem Zutritte von
                              									warmer Luft aus dem Aschenfalle eine vollkommene Verbrennung stattfindet. Die
                              									Verbrennungsgase bestreichen zunächst die Field-Röhren,
                              									stoſsen dann auf den in der Kammer befindlichen Glühkörper, um unter Zuführung von
                              									Luft aus dem Aschenfalle vollkommen zu verbrennen und weiterhin durch die Feuerrohre
                              									in den Schornstein zu entweichen. Durch die gegenüberliegende Anordnung zweier
                              									senkrechter Feuerungen in Verbindung mit einem Glühkörper ist die Verbrennung eine
                              									fast rauchlose.
                           Die Gröſsenverhältnisse des ausgestellten Kessels ergeben sich in nachstehender
                              									Weise:
                           
                              
                                 148 Field-Rohre
                                 =
                                 43,956qm
                                 
                              
                                   72 Feuerrohre
                                 =
                                 11,275qm
                                 
                              
                                 Boden
                                 =
                                   1,596qm
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 Direkte Heizfläche
                                 =
                                 56,827qm
                                 
                              
                                 Indirekte    „
                                 =
                                 16,913qm
                                 
                              
                                 Totale Rostfläche
                                 =
                                   1,25qm
                                 
                              
                                 Verhältniſs der totalen Rost- zur Heiz-    fläche
                                 =
                                 1 : 45
                                 
                              
                                 Dampfraum
                                 
                                    =
                                    
                                   2,45cbm
                                 
                              
                                 Verdampfungsoberfläche
                                 =
                                   2,72qm
                                 
                              
                                 Verhältniſs von Durchgangsfläche der    Feuerrohre zur
                                    											Rostfläche
                                 =
                                 1 : 4
                                 
                              
                                 Wasserinhalt
                                 =
                                   2,523cbm
                                 
                              
                                 Betriebsdruck
                                 =
                                 8at
                                 
                              
                                 Gewicht ohne Mauerung
                                 =
                                 12500k
                                 
                              
                                       „      der           „
                                 =
                                   3400k
                                 
                              
                                 Leistung
                                 =
                                 100 
                                 
                              
                           Ohne auf die übrigen Kessel weiter einzugehen, unter denen sich übrigens noch ein
                              									Seitenwellrohrkessel der Firma Bestenbostel und Sohn in
                              									Bremen befand (65qm Heizfläche, 6at Ueberdruck, 2m Durchmesser, 8m Länge,
                              									Wellrohrdurchmesser 1200mm), sei hier die
                              									Besprechung einer rauchfreien Feuerung von Cario in
                              									Magdeburg angeschlossen, welche an einem nur mittelbar zur Ausstellung gehörigen
                              									Dampfkessel von Petry-Dereux in Düren angebracht ist.
                              									Letzterer Kessel gibt den Betriebsdampf für die Maschine der Dynamo zu einer
                              									elektrischen Eisenbahn, welche den Verkehr der Stadt Bremen nach der Ausstellung
                              									bewirkt und auf welche später noch eingegangen werden soll.
                           Die Cario-Feuerung ist in ihrer neuesten Gestalt durch
                              										Fig. 3 bis
                              										6
                              									dargestellt. Dieselbe ist von der Firma Otto Thost in
                              									Zwickau ausgeführt.
                           Die Rostflächen haben dem Böschungswinkel des Brennstoffes entsprechende Neigung nach
                              									beiden Seiten. Daraus ergibt sich eine groſse Rostfläche, wie sie für Innenfeuerung
                              									sonst kaum zu erreichen sein dürfte. Eine Kohlenthür in der Mitte und zwei
                              									Seitenthüren D an der Stirnplatte dienen zum Beschicken
                              									und Entschlacken der Feuerung in folgender Weise. Die Thüren sind zweitheilig und um
                              									einen oberen Zapfen C beweglich; eine muldenförmige
                              									Schaufel oder besser Rinne K, die an einem Ende
                              									keilförmig in eine Spitze b ausläuft, am anderen Ende
                              									mit einem Griff d versehen ist, wird mit Brennstoff
                              									gleichmäſsig angefüllt und dann auf einer dazu vorhandenen Führung B durch die Kohlenthür A
                              									in den Feuerraum hineingeschoben und oberhalb des Rostes F durch Umdrehen um die Längsachse entleert. Die Flügel der Kohlenthür
                              									gehen dabei nur so weit aus einander, als der Durchgang der Schaufel dies erzwingt,
                              									so daſs also jede überflüssige Eröffnung und damit ein Zutritt kalter Luft zur
                              									Feuerung verhindert wird. Nach dem Herausziehen der Schaufel fallen die Thüren
                              									selbsthätig zu.
                           Im Feuerraume ist in Folge des Zusammenschürens der Glutmassen die Temperatur so
                              									hoch, daſs eine Entzündung und vollkommene Verbrennung der dem frischen
                              									Brennmaterial entströmenden Gase u.s.w. stattfindet. Der Heizer hat demnach nur:
                              									das. periodische Auftragen des Brennmaterials zu besorgen. – Der Verbrennungsprozeſs
                              									geschieht dann unabhängig von der Geschicklichkeit des Heizers, dessen Beschäftigung
                              									noch dadurch erleichtert wird, daſs er der ausstrahlenden Hitze bei den bisher
                              									offenen Thüren nicht mehr ausgesetzt ist. Die seitlichen Thüren D dienen zum Entfernen der Schlacken, die sich unten
                              									ansammeln. Eine vollständige Uebersicht über den ganzen Rost gewähren die mit
                              									Glimmerplatten versehenen Schaulöcher e.
                           Bei Unterfeuerungen kann man auch (zumal bei geringwerthiger Kohle) die Rostfläche so
                              									legen, daſs die unteren Flächen an einander stoſsen (\/). Die Beschickung erfolgt
                              									hier mittels Trichters von oben oder mittels Handschaufel von vorn aus. Ein so
                              									eingerichteter Rost würde seiner gröſseren Zugänglichkeit wegen einem Treppenroste
                              									vorzuziehen sein. Die Leistung der Cario-Feuerung läſst
                              									sich sehr gut steigern, und verbrannte man auf 1qm
                              									Rostfläche 70, aber auch schon 140k
                              									Steinkohle.
                           Zur Bestimmung des Wassergehaltes von Dampf hat M. Gehre
                              									in Rath bei Düsseldorf die in Fig. 7 abgebildete
                              									Vorrichtung ausgestellt. Wird der in dem Raume a nach Schlieſsung der Ventile
                              										b abgeschlossene Dampf, sowie das übergerissene
                              									Wasser weiter erwärmt, so wird das Wasser nach verdampfen. Solange der Dampf
                              									gesättigt bleibt, wird Spannung und Temperatur stets in einem bestimmten
                              									Verhältnisse stehen, wie dies in den bekannten Tabellen angegeben ist. Ist jedoch
                              									sämmtliches im Dampfe enthaltene Wasser verdampft, so wird, wenn man die Erwärmung
                              									fortsetzt, die Temperatur dieses Verhältniſs verlassen und höher werden, da nun der
                              									Dampf überhitzt wird. In diesem Augenblicke, wo die Temperatur höher wird, als sie
                              									bei gesättigtem Dampfe und gleichem Drucke sein müſste, ist alles Wasser verdampft.
                              									Da nun die Scala des Manometers mit Temperatur- und Gewichtsangaben für die
                              									verschiedenen Dampfspannungen versehen ist, so wird der Zeiger des Manometers
                              									sowohl, als auch der Quecksilberstand des Thermometers so lange dieselbe Temperatur
                              									anzeigen, bis der Dampf in den überhitzten Zustand tritt. Von diesem Zeitpunkte ab
                              									werden die Temperaturangaben des Thermometers und Manometers verschieden sein, da
                              									der Dampf jetzt anfängt, sich zu überhitzen. Man hat alsdann auf dem Manometer nur
                              									abzulesen, bei welcher Spannung des Dampfes dieser Zeitpunkt eintrat. Da nun
                              									bekanntlich gesättigter Dampf für jede Spannung eine bestimmte Temperatur und ein
                              									bestimmtes Gewicht hat, so kann man durch den Unterschied zwischen den aus den
                              									Tabellen bekannten Gewichten eines gleichen Volumen gesättigten Dampfes von
                              									verschiedener Spannung ohne Weiteres den Procentsatz des nach verdampften bezieh. im
                              									Dampfe enthaltenen Wassers bestimmen.
                           
                        
                           
                              Dampfmaschinen.
                              
                           Die ausgestellten Dampfmaschinen zeigen durchschnittlich die neueren Anordnungen der
                              									Einzeltheile. Als besonderes Kennzeichen sei darauf hingewiesen, daſs die meisten
                              									Dampfmaschinen für Dynamobetrieb bestimmt sind und daſs namentlich mit Dynamo
                              									gekuppelte Dampfmaschinen mehrfach vertreten sind. Sogenannte Schnellläufer sind
                              									ebenfalls vertreten.
                           Eine Maschine von A. Knoevenagel in Hannover ist als
                              									liegende Verbundmaschine in Zwillingsanordnung mit Bayonnetgestellen construirt für
                              									einen Dampfdruck von 9at und eine Normalleistung
                              									von 100 bis 120 effective . Die Dampfcylinder haben 360 bezieh. 550mm Durchmesser und 650mm Hub. Die Zahl der Umdrehungen beträgt 100 in der Minute. Das Schwungrad
                              									ist zum Zwecke des direkten Antriebes einer Dynamomaschine mit Riemenscheibenkranz
                              									construirt. Die Dampfcylinder, sowie das Zwischenrohr sind mit Dampfmänteln
                              									vergehen, welche mit frischem Kesseldampfe gespeist werden. Erstere haben
                              									eingesetzte auswechselbare Büchsen aus besonders hartem Gusse. Beide Cylinder zeigen
                              									Ventilsteuerung. Die der Abnutzung unterworfenen Theile, als Schneiden und Büchsen,
                              									sind leicht auswechselbar. Diese Theile, sowie die Hauptsteuerungstheile sind
                              									glashart, so daſs die Abnutzung sehr gering ist. Die Einlaſs- sowie die
                              									Auslaſsventile werden durch Kreisexcenter bewegt. Die Auslaſssteuerung ist so
                              									construirt, daſs die Hubgeschwindigkeit der Ventile beim Anhube sehr klein ist und
                              									sich dann rasch vergröſsert. Die Regulirung ist sehr empfindlich, was sich besonders
                              									beim Betriebe von elektrischen Lichtanlagen vortheilhaft geltend macht.
                           Die drehbar angeordneten Ventile bleiben im Betriebe ohne Nachhilfe dauernd dicht,
                              									und ist zum Beweise dafür ein Ventil ausgestellt, welches 7 Jahre lang im Betriebe
                              									war und dessen spiegelblanke Sitzflächen keine Abnutzung bemerken lassen.
                           Die allgemeine Anordnung der Maschine ist die übliche. Der Antrieb des Regulators
                              									erfolgt mittels Schraubenräder, die Schmierung der Cylinder mittels Mollerup'schen Schmierapparates. Die Schmierung des
                              									Kurbelzapfens geschieht durch durchbohrten Kurbelzapfen mittels eines einstellbaren
                              										Bach'schen Patentschmierapparates, welcher ein
                              									Nachfüllen während des Betriebes gestattet.
                           Die eigenartige Steuerung der Maschine sei unter Hinweis auf Fig. 8 besonders
                              									beschrieben.
                           Der Regulator wirkt mittels des Hebels h auf den
                              									excentrisch sitzenden Zapfen z, verschiebt dadurch die
                              									Schneide s und verändert damit den Expansionsgrad der
                              									Maschine. Der Körper k, welcher die Schneide s trägt, ist drehbar um den Bolzen z1 und kann durch einen
                              									angebrachten Draht- oder Seilzug plötzlich ausgelöst werden, wodurch der
                              									Dampfzutritt zu dem Cylinder abgeschnitten wird.
                           Es löst diese Construction somit auch die Aufgabe, von einem entfernten Orte aus die
                              									Dampfmaschine möglichst rasch zum Stillstande zu bringen, und verdient dieselbe als
                              									Sicherheitsvorrichtung Beachtung.
                           Die von der Firma Hannoversche Messing- und Eisen-Werke
                              									in Wülfel vor Hannover ausgestellte, im Betriebe befindliche schnelllaufende
                              									Dampfmaschine, System Dautzenberg, ist eine doppelt
                              									wirkende, eincylindrige Hochdruckdampfmaschine von 100 effectiven  mit 275
                              									Umgängen in der Minute, 350mm Cylinderdurchmesser
                              									und 350mm Hub.
                           Die Welle ist einfach gekröpft und trägt rechts und links vom Kurbelzapfen zwei
                              									Kurbelscheiben, deren Gegengewichte zum Ausbalanciren der schwingenden Massen
                              									dienen. An beiden Enden der Welle sitzen die als Riemenscheiben ausgebildeten
                              									Schwungräder. Die Lager sind symmetrisch zur Cylindermitte angeordnet und mit
                              									Weiſsmetall ausgegossen.
                           Die Kreuzkopfführung im Frame ist cylindrisch und der besseren Zugänglichkeit wegen
                              									oben offen. Der rückwärtige, zur Aufnahme des freitragenden Cylinders bestimmte
                              									walzenförmige Theil des Frames ist sehr kräftig gebaut, so daſs Federungen gänzlich
                              									ausgeschlossen sind.
                           Zwischen der Rundführung und den Lagern ist ein Aufbau angeordnet zur Aufnahme des
                              									Central-Schmiergefäſses; derselbe dient auſserdem als Widerlage für den die
                              									Kurbelscheibe umgebenden Oelfänger.
                           Für die Pleuelstange mit offenem Gabelkopfe bei dem Kurbelzapfen und gabelförmiger
                              									Umfassung des Kreuzkopfbolzens wurde des geringen Gewichtes wegen der Schafttheil
                              									mit rechteckigem Querschnitte gewählt. Die Zapfenschalen sind mit Weiſsmetall
                              									ausgegossen.
                           Der Kreuzkopf ist mit senkrechter Keilnachstellung ausgeführt und mittels eines
                              									Zapfens mit dem darunter befindlichen Schuhe, welcher reichliche Auflagefläche
                              									bietet, verbunden. Zur Sicherung gegen das Abheben des Schuhes sind über diesen zwei
                              									Führungslineale angebracht.
                           Der Kolben ist mit elastischen Dichtungsringen (Selbstspanner) versehen und ist wie
                              									alle übrigen Gestängetheile nach Thunlichkeit leicht gehalten. Zur Vermeidung des
                              									einseitigen Anzuges der Stopfbüchse ist solche mit einer Schnecken Vorrichtung
                              									versehen.
                           Die Dampfvertheilung erfolgt durch einen entlasteten Kolbenschieber mit
                              									veränderlichem Hube und Voreilung, welche beide der jeweiligen Belastung der
                              									Maschine entsprechend vom Regulator durch Verdrehung des Excenters eingestellt
                              									werden. Der Kolbenschieber, sowie die Büchsen sind aus Guſseisen hergestellt und
                              									dampfdicht eingepaſst. Die Erlangung geringer Abmessungen war die Anwendung von Trick'schen Kanälen bestimmend.
                           Der in einem der beiden Schwungräder gelagerte Regulator besteht aus zwei
                              									langgestreckten, die Stäbe um schlieſsenden Fliehgewichten und aus zwei über den
                              									Schwerpunkten der letzteren radial angeordneten Spiralfedern. Die Fliehgewichte sind
                              									an je einem Ende durch gänzlich entlastete Drehbolzen gehalten und durch
                              									Gelenkstangen mit dem Excenter verbunden. Sie bewirken durch Verdrehung des
                              									Excenters die Veränderung des Voreilungswinkels und der Excentricität.
                           Die Excenterscheibe besteht aus zwei einander excentrisch sich drehenden Scheiben.
                              									Die innere Scheibe ist auf der Schwungradwelle mittels einer nabenförmigen
                              									Verbreiterung lose gelagert und besitzt an der dem Regulator zugekehrten Seite zwei
                              									diametral gegenüber stehende Zapfen, an welche die oben bereits erwähnten zum
                              									Regulator führenden Gelenkstangen anschlieſsen. Die äuſsere Scheibe wird durch eine
                              									mit der Welle rotirende radial gestellte Gradführung mittels Zapfen und Schuh in
                              									ihrer relativen Lage erhalten.
                           Die Schmierung der sämmtlichen Theile wird von einem automatisch thätigen
                              									Central-Schmiergefäſse bewirkt. Dieselbe ist unter Hinweglassen der leicht sich
                              									verstopfenden und complicirten Ventilchen oder Hähnchen durch Anwendung von
                              									saugenden Filzstreifen auf die gröſste Einfachheit zurückgeführt und äuſserst
                              									zuverlässig.
                           Die scharfe Regulirung, der ruhige Gang, sowie der geringe Raumbedarf, auſserdem die
                              									Einfachheit und leichte Zugänglichkeit machen diese Maschine für den elektrischen Betrieb ganz besonders
                              									geeignet. Der Dampfverbrauch ist so, wie man ihn von einer durch Verhältnisse
                              									gegebenen eincylindrigen Hochdruckmaschine verlangen darf, und schwankt zwischen 12
                              									bis 19k für die effective Pferdekraft und Stunde
                              									je nach Gröſse der Maschine – 150 bis 10  – und der Kesselspannung von 10
                              									bis 6at.
                           Der Oelverbrauch ist in Folge reichlicher Abmessung der Reibungsflächen, richtiger
                              									Legirung des Lagermetalles, sowie des sicher und gleichmäſsig wirkenden
                              									Central-Schmierapparates äuſserst gering.
                           Von der Firma L. W. Bestenbostel und Sohn ist eine
                              									100pferdige Verbundmaschine mit Einspritzcondensation ausgestellt; dieselbe leistet
                              									100 effective  bei 7at Ueberdruck, 80
                              									Umdrehungen in der Minute und 0,26 Füllung im kleinen Cylinder. Der dampfummantelte
                              									Hochdruckcylinder ist mit Ridersteuerung versehen und der Niederdruckcylinder hat
                              									durch Hand verstellbare Meyer'sche,
                              									Expansionssteuerung. Die Kolbendurchmesser betragen 370mm und 550mm, der Hub beider Cylinder
                              									ist 700mm. Die Regulirung erfolgt durch einen
                              									Regulator mit Frictionsenergie, welcher die Füllung des Hochdruckcylinders je nach
                              									der Beanspruchung von 0 bis 70 Proc. des Hubes einstellt. An der durchgehenden
                              									Kolbenstange des Niederdruckcylinders ist die Luftpumpe angekuppelt. Die Maschine
                              									dient zum Betriebe einer groſsen Dynamomaschine von Schuckert und Co. in Nürnberg.
                           Bezüglich der Schnellläufer sei noch erwähnt, daſs eine seitens der Berliner Maschinenbau-Actiengesellschaft vormals L. Schwarzkopff in Berlin ausgestellte, eincylindrige,
                              									mit Dynamo gekuppelte Dampfmaschine von 40  bis zu 450 Umgänge in der Minute
                              									machen, daſs eine zweite von derselben Firma ausgestellte, ebenfalls direkt mit der
                              									Dynamo gekuppelte Eincylindermaschine von 18  sogar 500 Umläufe in der
                              									Minute erreichen soll. Beide Maschinen haben Expansionsteuerung mit Drehschieber
                              									nach System Dingler.
                           Die Vertheilung der Beleuchtungsapparate auf die verschiedenen dabei betheiligten
                              									Firmen ist in folgender Weise bewerkstelligt worden: Die Firma Schuckert und Co. in Nürnberg beleuchtet den vor dem
                              									Parkhause belegenen Theil des Ausstellungsgebietes, das Innere des Kesselhauses, der
                              									Maschinenhalle und des Architektenhauses, sowie einige sonstige in diesem Gebiete
                              									liegende Ausstellungspavillons. Auſserdem hat die genannte Firma auf der Kuppel des
                              									Parkhauses einen Scheinwerfer ausgestellt, welcher an schönen Abenden in Thätigkeit
                              									gezeigt wird. Die beiden zur Beleuchtung dienenden Dampfmaschinen sind die von L. W. Bestenbostel und Sohn und A. Knoevenagel. Den Strom für den Scheinwerfer liefert eine Gräbner-Maschine mit direkt angekuppelter Dynamo; die
                              										Gräbner-Maschine ist von der Firma K. und Th. Möller in Brackwede ausgestellt. Dynamo,
                              									Lampen nebst den zugehörigen Theilen entstammen der Fabrik der Firma Schuckert und Co. in Nürnberg.
                           
                           Den übrigen Theil des Parkes, mit Anschluſs des Carousselplatzes, der
                              									Altbremerstraſse, sowie des Platzes vor dem Forsthause, beleuchtet die Firma Siemens und Halske in Berlin, und zwar stellt die Firma
                              									auſser der allgemeinen Platzbeleuchtung gleichfalls einen Scheinwerfer an der
                              									Parkseite des Parkhauses im Betriebe aus, beleuchtet das Innere des Parkhauses,
                              									sowie die Marinehalle und die in diesem Gebiete liegenden Ausstellungspavillons und
                              									Restaurationen, und liefert die farbige Beleuchtung der Wasserkünste auf dem Platze
                              									hinter dem Parkhause, sowie die Beleuchtung der Façadeneontouren des
                              									Hauptausstellungsgebäudes.
                           Es ist eine von G. Kuhn in Stuttgart gelieferte
                              									Dampfmaschine von 300  aufgestellt, welche nach dem Schlusse der Ausstellung
                              									für eine städtische Centralanlage bestimmt ist. Diese Maschine treibt zwei an ihrer
                              									Seite befindliche mächtige Dynamo, jede von 120000 Volt-Ampère, die 160 Umdrehungen
                              									in der Minute machen. Beide Dynamo sind direkt mit der Dampfmaschine verkuppelt. Da
                              									die um die Elektromagnete rotirenden Ringanker einen sehr groſsen Durchmesser haben,
                              									auch die sechs schleifenden Bürstenpaare sehr genau regulirt sind, so ist dadurch
                              									ein funkenloser Gang der Dynamo gesichert. Eine zweite Verbunddampfmaschine, welche
                              										C. Daevel in Kiel lieferte, besitzt 60 ,
                              									ist besonders für Schiffszwecke eingerichtet und mit einer Dynamomaschine gekuppelt.
                              									Letztere macht in einer Minute 330 Touren und leistet 35000 Volt-Ampère. Der 94cm im Durchmesser haltende Scheinwerfer auf der
                              									Höhe des Parkhauses erhält seinen elektrischen Strom von diesem Maschinensystem.
                              									Eine dritte, kleinere Maschine von 16  dient ähnlichen Zwecken.
                           Ein wichtiger Theil der Anlage ist der Schaltapparat, der besondere Aufmerksamkeit
                              									verdient. Derselbe ist als typisches Modell einer städtischen Centrale für ein
                              									Dreileitersystem mit Accumulatoren, Gleichstromtransformator und Apparaten zur
                              									Umschaltung und Spannungsmessung hier aufgestellt. Das ganze Schaltbrett macht wegen
                              									der vorzüglichen Anordnung und sauber gearbeiteten versilberten Instrumente und
                              									Federn einen vorzüglichen Eindruck. Der Beamte hat mittels dieser Apparate stets
                              									einen Ueberblick über die Stromlieferung der Maschine, sowie über die Spannungshöhe
                              									in den entferntesten Theilen der Leitung. In einem Anbaue der Halle finden sich zwei
                              									Accumulatorenbatterien zu 60 Zellen nach dem System Tudor, gebaut von der Firma Müller und
                                 										Einbeck in Hagen, aufgestellt, welche zum Aufspeichern der bei Tage von den
                              									Dynamo erzeugten Elektricität dienen. Die Ladung erfolgt während des Lichtbetriebes
                              									nur dann, wenn die Dynamo von letzterem nicht ganz in Anspruch genommen werden. Eine
                              										Wolf'sche Verbundlocomobile speist einen
                              									Scheinwerfer in einer Stärke von 6000 Volt-Ampère oder auch 8 bis 10 Bogenlampen mit
                              									Licht.
                           Der übrige Ausstellungsplatz wird von der Fabrik für
                                 										Elektrotechnik und
                                 										Maschinenbau Bamberg beleuchtet. Die zu dieser Beleuchtung gehörige
                              									Dampfmaschine ist die von den Hannoverschen Messing- und
                                 										Eisenwerken in Wülfel vor Hannover. Die Dynamo, Lampen und die zugehörigen
                              									Theile sind von der Fabrik für Elektrotechnik und
                                 										Maschinenbau Bamberg geliefert. – Sämmtliche Dampfmaschinen erhalten ihren
                              									Dampf aus der gemeinsamen Kesselanlage im Kesselhause.
                           
                        
                           
                              Gasmaschinen.
                              
                           Wohl alle im Bau von Gas- und Erdöl- bezieh. Benzin-Maschinen thätigen Firmen sind
                              									auch auf der Ausstellung vertreten. Während die vorjährige Berliner Ausstellung
                              									keine Neuheiten in den üblichen Constructionen der einzelnen Firmen zeigte, kann man
                              									hier verschiedene Abänderungen in den Einzelheiten der Maschinen bemerken, welche
                              									deren praktische Verwendbarkeit wesentlich verbessert erscheinen lassen. Die Gruppe
                              									der Gasmaschinen, so zerstreut sie auch auf der Ausstellung untergebracht ist, muſs
                              									unbedingt als der Kernpunkt der Maschinenausstellung angesehen werden.
                           Die älteste Gasmaschinenfabrik – die Gasmotorenfabrik Deutz
                                 										– hat einen neuen Typus ihrer bekannten liegenden Otto'schen Maschinen ausgestellt. Diese neue Maschine soll unter
                              									Beibehaltung der liegenden Anordnung möglichst kurz sein, und ist deshalb – unter
                              									Fortlassung des Kreuzkopfes, dessen Führung und der Pleuelstange – die Kolbenstange
                              									unmittelbar an die Kurbel angeschlossen. Um die Kreuzkopfführung zu ersetzen, hat
                              									der Kolben eine besondere Länge erhalten.
                           Als weitere Neuerung ist die Anwendung von Schraubenrädern an der Steuerwelle für den
                              									Betrieb von Schieber und Regulator zu erwähnen, wodurch die Maschine mit gröſserer
                              									Geräuschlosigkeit arbeitet.
                           Eine neue Gasmaschinenconstruction ist nach Lutzky's
                              									Patenten von G. Koeber's Eisenwerk in Harburg
                              									ausgestellt. Die stehende Maschine arbeitet auf die dicht über dem Fundamente
                              									gelagerte Schwungradwelle, indem die Kolbenstange des mit dem kräftigen Fundamente
                              									verschraubten Cylinders nach unten unmittelbar an die Kurbelwelle angreift. Die
                              									Lagerung der mit zwei Schwungrädern ausgestatteten Schwungradwelle unterhalb des
                              									Arbeitscylinders sichert einen ruhigen Gang der Maschine.
                           Der Kolben saugt durch ein auf den oberen Cylinderboden aufgesetztes Mischventil Luft
                              									und Gas ein, welches beim Rückhube verdichtet und am Hubende in dem auf dem
                              									Cylinderboden befindlichen Rohrzünder entzündet wird.
                           Gas- und Luftventil in dem Mischventilgehäuse sind auf das gewünschte
                              									Mischverhältniſs einstellbar. Unterhalb beider Ventile ist ein Flügelrad angeordnet,
                              									welches durch den Gemengestrom in Umdrehung versetzt wird und dadurch eine innige
                              									Mischung der Ladung hervorbringt.
                           
                           Die Regulirung erfolgt durch Offenhaltung des Auspuffventils, welches seitlich am
                              									Cylinderende angeordnet ist. Die Offenhaltung findet unter Vermittelung einer
                              									Sperrklinke durch einen Pendelregulator statt.
                           Die Schmierung des Kolbens muſs von unten her erfolgen und geschieht von einem
                              									seitlich am Cylinder angeordneten Schmiertopfe aus, welcher das Oel durch ein Loch
                              									im Cylindermantel in schraubenförmige Riefen des Kolbenkörpers einführt.
                           Die ausgestellte 4 -Maschine soll nur 0cbm,68 Gas für die Stunde und Pferdekraft gebrauchen.
                           Die früher bereits (1889 274 * 10. * 182) beschriebene
                              									Gasmaschine von Dürkopp und Co. in Bielefeld hat bei
                              									den ausgestellten Maschinen eine Aenderung in der Steuerung erfahren. Durch die
                              									wagerecht umlaufende Daumenscheibe, welche am unteren Ende der Regulatorstange
                              									liegt, werden nur noch die Ventile für Einlaſs und Auslaſs gesteuert, während für
                              									die Steuerung des Zünders am oberen Ende der Regulatorstange eine besondere
                              									Steuerscheibe vorgesehen ist.
                           Die interessanteste Gasmaschine ist seitens der Firma Gebr.
                                 										Körting in Hannover für den Betrieb durch einen ebenfalls aufgestellten Dowson-Gasapparat der bereits in diesen Blättern
                              									beschriebenen Bauart geliefert. Die Maschine weicht in vielen Punkten bezüglich der
                              									Steuerung von den bisher maſsgebend gewesenen Anschauungen völlig ab und dürfte als
                              									wesentlichster Fortschritt im Gasmaschinenbau anzusehen sein.
                           Die Gasmaschine, welche über 18  leistet, ist in Fig. 9 bis 12 dargestellt.
                           Der Motor arbeitet im Viertakt. Das Einbringen des Gas- und Luftgemisches, das
                              									Entzünden desselben und das Herauslassen des verbrannten Gemisches geschieht durch
                              									Ventile. Die Regelung des Ganges bei wechselnder Belastung erfolgt selbsthätig
                              									mittels eigenthümlicher, patentirter Steuerung und Bewegung des Auslaſsventils für
                              									die verbrannten Gase.
                           Bei der Construction des Motors ist in erster Linie Werth darauf gelegt worden, daſs
                              									alle beim Betriebe auftretenden Kräfte nicht nur sicher, sondern ohne die geringste
                              									Vibration der beanspruchten Theile abgenommen werden können. Der Rahmen ist so
                              									ausgebildet, daſs eine möglichst direkte Verbindung zwischen Cylinder und
                              									Wellenlager erreicht wird. Die Anordnung von der Mittellinie des Cylinders aus ist
                              									symmetrisch, hat daher den Vorzug, eine gleichmäſsige Inanspruchnahme zu ermöglichen
                              									und auſserdem der ganzen Maschine ein gefälliges Aeuſsere zu verleihen. Der durchweg
                              									in Hohlguſs ausgeführte Rahmen ist wesentlich kräftiger gehalten, als bei den
                              									meisten Maschinen Raucher Bauart, und hat eine sehr groſse und vortheilhaft
                              									ausgebildete Grundfläche.
                           Ganz besondere Sorgfalt ist auf die Kurbelwelle und ihre Lagerung verwendet. Die nach
                              									beiden Seiten hin symmetrisch ausgebildete Welle trägt an jedem Ende ein
                              									Schwungrad, welches einen Anguſs im Kranze zur Ausbalancirung der hin und her
                              									gehenden Massen (Kurbelarme, Pleuelstange, Kolben) besitzt. Nur durch diese
                              									symmetrische Anordnung ist es möglich, eine vollkommene Ausbalancirung und damit ein
                              									Minimum der Beanspruchung und Abnutzung zu erreichen, sowie einen absolut ruhigen
                              									Gang der Maschine herbeizuführen.
                           Der Cylinder ist als besonderer Guſstheil in den am Rahmen angegossenen Kühlmantel
                              									eingesetzt. Der Kolben ist ungewöhnlich lang gehalten, um schädliche Abnutzungen
                              									durch den Kolbenzapfendruck zu vermeiden.
                           Einlaſs- und Auslaſsventil befinden sich in einem am Cylinderdeckel angegossenen
                              									Gehäuse, und sind beide mit Wassermantel umgeben. Das Mischventilgehäuse ist als
                              									besonderes Guſsstück ausgeführt. Sämmtliche Ventile sind mit gröſster Leichtigkeit
                              									zugänglich, ohne daſs eine Demontage der Steuerungstheile nöthig ist.
                           Die Ventilanordnung zeigen Fig. 9 und 10; rechts befindet sich
                              									das Mischventilgehäuse 1. Dasselbe enthält einen leicht
                              									auswechselbaren, in Rothguſs ausgeführten Sitz 2 und
                              									den ebenfalls aus Rothguſs bestehenden Ventilkegel 3.
                              									Der gröſsere Eingang ist für die Luft bestimmt, der mittlere, kleinere für das Gas.
                              									Der doppelsitzige Ventilkegel schlieſst mit der groſsen Sitzfläche die Luft, mit der
                              									kleineren das Gas gleichzeitig ab. Das Gas strömt in der Mantelfläche des Kegels
                              									durch Schlitze 5 aus. Diese Schlitze stehen zu dem
                              									Umfange des luftabschlieſsenden Theiles in einem durch die betreffende Gasart
                              									bedingten Verhältnisse, so daſs stets, wie weit auch das Ventil geöffnet und wie
                              									auch der Gang der Maschine sei, das gleiche Gasgemisch in den Cylinder gelangt. Das
                              									Mischventil wirkt selbsthätig, wird aber in seiner Bewegung nach oben durch eine
                              									Steuervorrichtung 6 geführt, so daſs ein lästiges
                              									Klappern nicht stattfinden kann.
                           Auf dem Wege zum Cylinder passirt das Gasgemisch das Einlaſsventil 7. Dasselbe ist aus Stahl, wirkt wie das Mischventil
                              									selbsthätig, wird aber auch, wie letzteres, in seiner Bewegung nach oben gesteuert,
                              									damit ein stoſsfreier, ruhiger Gang erreicht wird. Das Auslaſsventil o ist wie das Einlaſsventil aus Stahl gefertigt.
                              									Dasselbe wird durch das der Firma patentirte Schaltwerk so gesteuert, daſs bei jedem
                              									zweiten Eingänge des Kolbens (vierter Hub) das Ventil sich kurz vor dem äuſseren
                              									toten Punkte der Kurbel öffnet und nach erfolgtem Eingange des Kolbens am inneren
                              									toten Punkte sich schlieſst. Die Verschluſsdeckel 14
                              									sind aufgeschliffen und mittels Bügel und Druckschrauben festgehalten. Der Deckel
                              										4 des Mischventils hingegen ist mit Gewinde
                              									versehen.
                           Der Glühzünder besteht aus dem Porzellanhütchen 80,
                              									welches durch einen Bunsenbrenner 79 rothglühend
                              									erhalten wird. Im Zünderkörper 77 ist ein
                              									Platinröhrchen 81 eingeschraubt, welches bis in den
                              									vorderen Theil des Hütchens hineinragt und die Fortsetzung einer Bohrung im Zünderkörper 77 bildet, welcher nach auſsen hin durch das Ventil 35 abgeschlossen wird. Am anderen Ende des Röhrchens
                              									ist eine feine Oeffnung angebracht.
                           Die Wirkung des Zünders ist folgende:
                           Bei Beginn des Verdichtungshubes öffnet sich Ventil 35;
                              									es tritt Gasgemisch durch die Bohrung 82 in das
                              									rothglühende Hütchen 80, entzündet sich dort, und die
                              									Verbrennungsproducte gehen durch die feine Bohrung 81
                              									des Platinröhrchens und durch das Ventil 35 nach
                              									auſsen. Hierbei ist die Geschwindigkeit des durch die Bohrung 82 strömenden Gasgemisches so groſs, daſs ein
                              									Zurückschlagen der Flamme nicht stattfindet. Soll die Zündung stattfinden, so
                              									schlieſst sich Ventil 35; die Bewegung des Gasgemisches
                              									nach auſsen hört auf und die vor der Oeffnung 82
                              									brennende Flamme schlägt in das Innere der Maschine hinein.
                           Das Schaltwerk (Fig.
                                 										11 und 12) dient zur Steuerung des Auslaſsventils. Auf der Kurbelwelle befindet
                              									sich ein Excenter 9, welches seine Bewegung auf die
                              									Stange 10 überträgt. Letztere ist hohl und umschlieſst
                              									eine zweite Stange 11, welche an einem Ende mit dem
                              									Auslaſsventilhebel 12 durch Bolzen verbunden ist, an
                              									dem anderen Ende einen Bügel mit Stift 13 trägt,
                              									welcher je nach Stellung der Schalttrommel 14 bei der
                              									Bewegung der Stange 10 nach links entweder in eine
                              									Vertiefung der Schalttrommel oder auf diese selbst stöſst. Im letzteren Falle wird
                              									die Stange 11 mit nach links genommen und durch
                              									Vermittelung des Hebels 12 und Stange 59 das Auslaſsventil 8
                              									gehoben. An der Schalttrommel 14 ist ein Zahnrad 15 befestigt, welches acht Zähne besitzt. Dieses Rad
                              									führt, weil es sich an der Stange 10 befindet, eine
                              									angenäherte Kreisbewegung aus und kommt während eines Theiles seiner Bewegung nach
                              									rechts zum Eingriff mit einem Stifte 16, welcher, durch
                              									Hebel 17 geführt, ausweichen kann, aber durch Feder 18 stets Segen das Rad 15
                              									gezogen wird, bis die Anschlagschraube 19 wieder fest
                              									gegen den Knaggen 20 stöſst. Hierbei dreht sich das Rad
                              										15 sowohl als auch die Schalttrommel 14 um eine Zahntheilung, also um ⅛ seines Umfanges. Es
                              									ist klar, daſs abwechselnd nach jeder Umdrehung der Kurbelwelle eine Vertiefung und
                              									darauf folgend eine volle Stelle der Schalttrommel 14
                              									vor den Stift 13 zu stehen kommt, mithin bei jeder
                              									Reiten Umdrehung der Kurbelwelle das Auslaſsventil bethätigt wird. Die Feder 21 hält das Auslaſsventil in den Zwischenzeiten
                              									geschlossen; dieselbe muſs so stark sein, daſs beim Ansaugen des Kolbens kein
                              									selbsthätiges Oeffnen des Auslaſsventils stattfindet.
                           Die Steuerung der Einlaſsventile. Ein zweites Excenter auf der Kurbelwelle bewegt
                              									mittels seiner Stange 23 den Hebel 24; dieser überragt zunächst mittels der Stange 25 seine Bewegung auf den Hebel 6. Die Führungsstange des Mischventilkegels 3
                              									folgt beim Ansaugen dem vorderen Ende des Hebels 6. Ein
                              									Fortsatz 26 des Hebels 24
                              									umschlieſst eine Hülse
                              										27. Durch diese Hülse ist eine Stange 28 gesteckt, die am oberen Ende ein Kugelgelenk bildet
                              									und dadurch mit dem Hebel 29 verbunden ist. Das äuſsere
                              									Ende, rechts, des Hebels 29 liegt auf einer
                              									Verschraubung 50 des Einlaſsventils 7; eine Feder 51 drückt
                              									die Hülse 27 fest gegen den Ansatz der Stange 28.
                           Saugt nun der Kolben an, so hebt sich das Einlaſsventil 7 und ist bestrebt, mittels
                              									des Hebels 29 und der Stange 28 die Hülse 27 fest gegen den Fortsatz 26 zu drücken. Das Einlaſsventil kann daher nur der
                              									Bewegung des Hebels 24 nach oben folgen. Die Feder 51 ist nothwendig, um dem Hebel 24 die Bewegung nach unten zu gestatten. Hierbei verschiebt sich Hülse 27 einfach unter Zusammendrücken der Feder 31 auf der Stange 28,
                              									während Hebel 29 unbeweglich auf der Verschraubung 30 des Einlaſsventils ruht.
                           Da sich die Einlaſsventile nur nach jeder zweiten Umdrehung der Kurbelwelle zu heben
                              									brauchen, so macht die Steuerung eine Bewegung nutzlos. Dies schadet aber nichts, da
                              									die Ventile ja nicht genöthigt sind, zu folgen.
                           Die Steuerung des Zünders wird durch Hebel 24 bewirkt
                              										(Fig. 9
                              									und 10). Der
                              									Fortsatz 26 geht durch eine Aussparung des lose um
                              									seine Achse 33 drehbaren Hebels 32. Dieser ist am äuſseren Ende durch die Stange 34 mit dem Zündventile 35 verbunden; eine
                              									Feder 36 preſst den Zündkegel gegen seinen Sitz. Hebel
                              										24 stöſst nun bei seiner Bewegung nach unten gegen
                              									die Stellschraube 37 und öffnet bezieh. schlieſst
                              									dadurch das Zündventil. Letzteres macht hiernach bei jeder Umdrehung der Kurbelwelle
                              									eine Bewegung, während jedoch nur bei jeder zweiten Umdrehung eine Zündung
                              									erfolgt.
                           Die Regulirung ist in Fig. 11 dargestellt. An
                              									der Excenterstange 10 ist mittels einer Feder 38 ein Gewicht 39
                              									aufgehängt, welches mittels Stange 40 in Verbindung mit
                              									einem Winkelhebel 41 gebracht ist, dessen Drehpunkt 42 sich an einem Ansatze 43 der Stange 10 befindet. Eine Feder 44 zieht das Gewicht 39
                              									stets gegen den festen Ansatz 45 an der Stange 10. Um einen am Gestelle der Maschine befestigten
                              									Zapfen 46 ist eine Klinke 47 drehbar, welche am Ende eine Stahlschneide 48 besitzt.
                           Die Kraftregulirung der Maschine soll nun in der Weise bewirkt werden, daſs ganze
                              									Ladungen ausfallen. Dies wird dadurch erzielt, daſs das Auslaſsventil bei zu
                              									schnellem Gange der Maschine offen gehalten wird. Letzteres kann geschehen, wenn bei
                              									der äuſsersten Stellung Hebels 12 nach links die Klinke
                              										47 gehoben und dadurch die Schneide vor eine andere
                              									Schneide 49 am Hebel 12
                              									gerückt wird. Der Hebel 12 kann nun nicht wieder
                              									zurück, und das Auslaſsventil bleibt geöffnet bis die Klinke 47 wieder ausgerückt wird.
                           Das Gewicht 59 beschreibt eine angenäherte Kreisbahn,
                              									hat somit eine entsprechende Centrifugalkraft. Diese ist in der Richtung der Stange 40 nach links aufgehoben durch die Feder 44. Steigt die Umdrehzahl der Maschine, so steigt auch
                              									die Centrifugalkraft des Gewichtes 39, überwindet die
                              									Federspannung, die Stange 40 verschiebt sich nach links
                              									und das Röllchen 50 drückt den Hebel 47 nach oben. Durch die Muttern 51 läſst sich die Umdrehzahl aufs genaueste reguliren; durch Rechtsdrehen
                              									(Zusammendrücken der Feder 44) vergröſsert man die
                              									Umdrehzahl, durch Linksdrehen verkleinert man dieselbe.
                           Damit bei geöffnetem Auslaſsventile nicht auch das Einlaſsventil sich öffnen kann und
                              									dadurch Gasverluste herbeiführt, drückt die Mutter 22
                              										(Fig. 9)
                              									gegen die Feder 60, wodurch der Hebel 29 fest gegen die Mutter 30 des Einlassventils 7 liegt.
                           Die Schmiervorrichtung für den Kolben und den Kolbenzapfen ist vorn auf dem Cylinder
                              									angebracht. Aus dem mit Glaswand versehenen Behälter 52
                              										(Fig. 11)
                              									gelangt das Oel durch einen Dreiwegehahn 53 in zwei
                              									Tropfdüsen, von welchen die eine (58) den Kolben, die
                              									andere (54) den Fangtrichter 55 für den Kolbenzapfen speist. Das Fangrohr 56 ist mittels der Schrauben 57 so
                              									einzustellen, daſs die Fangmulde am Kolben beim äuſsersten Stande nach links das
                              									Rohr 56 eben berührt. Die Menge des Oeles für den
                              									Cylinder ist durch Drehen der Düse 58 so zu bemessen,
                              									daſs derselbe ringsum eine gleichmäſsige und reichliche Fettschicht aufweist (30 bis
                              									70 Tropfen in der Minute); für den Kolbenzapfen braucht man nur sehr langsam tropfen
                              									zu lassen. Das sich im Cylinder etwa ansammelnde Oel o. dgl. muſs beim Stillstande
                              									der Maschine durch Oeffnen des Hahnes 66 abgelassen
                              									werden.
                           Das Kühlwasser für den Arbeitscylinder tritt durch Rohr 60 (Fig.
                                 										11) in den Mantel des Cylinderdeckels ein, steigt nach oben und gelangt
                              									durch ein Vertheilungsrohr, welches sich in dem Anguſs 62 befindet, in den Cylindermantel; durch das Ueberlaufrohr 63 kommt das Wasser zum Abfluſs. Ein Rohr 64 läſst die sich etwa im Inneren des Mantels
                              									ansammelnde Luft entweichen.
                           Die Kühlwassermenge ist durch Hahn 61 so zu reguliren,
                              									daſs das Wasser mit etwa 60° zum Abfluſs kommt. Man kann etwa 40l Wasser für die Stunde und Pferdekraft
                              									rechnen.
                           Hahn 61 hat einen dritten Seitenausgang, durch welchen
                              									bei geschlossenem Hahne das im Cylinderdeckelmantel befindliche Wasser selbsthätig
                              									zum Abfluſs gelangen kann. Für denselben Zweck ist im Ueberlaufrohre 63 an der tiefsten Stelle ein kleines Loch gebohrt,
                              									welches bei Stillstand der Maschine das Wasser aus dem Cylindermantel ausflieſsen
                              									läſst.
                           Diese Einrichtungen haben den Zweck, bei Frostwetter das Gefrieren des Wassers in den
                              									Mänteln zu verhüten, weil im anderen Falle leicht durch die Ausdehnung bei der
                              									Eisbildung die Wände zergehen könnten.
                           Sollte das Kühlwasser viel Kesselstein absetzen, so empfiehlt es sich, eine gewisse Wassermenge
                              									immer wieder zu benutzen und dasselbe in Kühlgefäſsen abzukühlen, wozu wir unsere
                              									Rippenkühler als ganz besonders geeignet empfehlen können. Gestatten die
                              									Räumlichkeiten, den Kühler genügend hoch (unter das Dach des Maschinenraumes oder in
                              									einer Etage über demselben) aufzustellen, so kann man durch selbsthätige Circulation
                              									das Wasser umarbeiten lassen; muſs der Kühler jedoch neben der Maschine Aufstellung
                              									finden, so ist eine kleine Centrifugalpumpe erforderlich.
                           Beim Betriebe durch gewöhnliches Leuchtgas hat sich der Gasverbrauch auf ⅔cbm für die stündliche Pferdekraft gestellt,
                              									während beim Leergange nur 2500 bis 3000l Gas
                              									verwendet wurden.
                           
                        
                           
                              Die elektrische Eisenbahn.
                              
                           Aus dem Inneren der Stadt Bremen nach dem Ausstellungsgebäude führt eine elektrische
                              									Bahn nach dem System Thomson-Houston, deren
                              									Betriebsquelle in der Ausstellung sich befindet. Die Bahn ist in ständigem lebhaftem
                              									Betriebe und scheint sich gut zu bewähren, wenn auch noch das beim Fahren
                              									auftretende Geräusch, sowie das ungemein lebhafte Funkensprühen störende Mängel
                              									sind.
                           Der Ruhm, die erste elektrische Eisenbahn überhaupt gebaut zu haben, gebührt der
                              									Firma Siemens und Halske, indem am 16. Mai 1881 eine
                              									solche nach der Kadettenanstalt zu Lichterfelde bei Berlin dem Betriebe übergeben
                              									wurde. Für den durch eine Dynamomaschine erzeugten elektrischen Strom diente anfangs
                              									die eine Schiene zur Hinleitung, die andere als Rückleitung. Dadurch entstand bei
                              									feuchtem Wetter ein beträchtlicher Stromverlust. Eine zweite elektrische Bahn wurde
                              									bald nachher von derselben Firma zwischen Charlottenburg und dem Spandauer Bock
                              									eingerichtet. Ferner ist in der neueren Zeit Frankfurt mit dem benachbarten
                              									Offenbach durch dieses moderne Verkehrsmitte verbunden. In Nordirland wurde im J.
                              									1882 eine elektrische Bahn nach einem ganz anderen Prinzip angelegt, indem man die
                              									Betriebskraft in Accumulatoren aufspeicherte, die unter den Sitzen angebracht waren.
                              									Eine zweite derartige Bahn zwischen Beesbrook und Newry in Irland dient sowohl dem
                              									Güter- wie Personentransport; ihre Dynamomaschine wird durch Wasserkraft mittels
                              									einer Turbine betrieben. Auch in Holland versuchte man den Uebergang zum
                              									elektrischen Betriebe durc den Bau der Bahn von dem Seebade Zandvoort nach dem
                              									benachbarten Park. Brighton an der englischen Küste besitzt schon seit längerer Zeit
                              									eine elektrische Bahn längs des Meeresufers und im vorigen Jahre wurde eine weitere
                              									zu Gravesend dem Betriebe übergeben. Vor kurzem eis weihte der Lordmayor von London
                              									die elektrische Eisenbahn ein, welche von Charing Croſs, dem Herzen der Weltstadt,
                              									nach der südlich von der Themse belegenen Vorstadt Camberwell führt.
                           Diese kurze Uebersicht der hauptsächlichsten Bahnen mit elektrischem Betriebe in Europa läſst
                              									erkennen, daſs die befahrenen Strecken nur kurz sind und die Entwickelung langsam
                              									und zögernd sich vollzog, so daſs die Locomotive diese Concurrenz nicht zu scheuen
                              									brauchte.
                           Weit zahlreicher sind in den Vereinigten Staaten die elektrischen Bahnen. Die Elektricitäts-Gesellschaft Thomson-Houston, an deren
                              									Spitze Elihu Thomson sich befindet, hat ihren Sitz in
                              									Boston, während die Fabrik in dem dieser Stadt benachbarten Lynn sich befindet. Am
                              									1. April dieses Jahres hatte die Gesellschaft bereits 61 Bahnen mit einer
                              									Gesammtbahnlänge von 746k,3 im Betriebe, auf der
                              									sich 665 mit Elektromotoren versehene Wagen bewegten. Unter diesen hat die von
                              									Minneapolis ausgehende Bahn über 100km Länge. Die
                              										Westend Street Railway Co. in Boston befährt 180km Gleis mit 127 Motorwagen, während eine von
                              									Brooklyn ausgehende Bahn 187km Länge erhält.
                              									Weitere 39 Linien waren an dem genannten Tage im Bau begriffen, welche 618km Länge haben, zu denen 431 Motorwagen
                              									gehören.
                           Den ersten erfolgreichen Versuch, elektrische Energie zum Eisenbahnbetriebe zu
                              									benutzen, machte in Amerika Charles van Depoele, der
                              									sein System im Februar 1883 in Chicago ausstellte und 1884 den Betrieb daselbst
                              									eröffnete. Im J. 1888 erwarb die Thomson-Houston-Gesellschaft zu ihrem Patente dasjenige von van Depoele und sicherte sich die Dienste dieses
                              									Ingenieurs.
                           In der südwestlichen Ecke des Ausstellungsplatzes ist in einem eigenen Gebäude eine
                              									Zwillingsdampfmaschine von 150  aufgestellt, welche die Maschinenbauanstalt
                              									von Robert Küchen in Bielefeld lieferte. Diese Maschine
                              									treibt die Dynamo A (Fig. 13), welche 88
                              									englische Zoll lang und 46 Zoll breit ist. Der positive Strom wird von zwei
                              									Metallbürsten aufgenommen und durch einen Kupferdraht von 8mm,3 Durchmesser fortgeleitet, der in
                              									beträchtlicher Höhe oberhalb der Schienen längs der ganzen Bahn ausgespannt ist.
                              									Rechtwinklig zur Richtung der Bahn an hohen eisernen Pfählen sind Drähte B befestigt, welche den kupfernen Leitungsdraht tragen.
                              									Der unter diesem Kupferdrahte befindliche Personenwagen nimmt den Strom durch eine
                              									Rolle T auf, die unter dem Drahte hingleitet, indem sie
                              									durch einen federnden hebelartigen Metallarm O gegen
                              									den Leitungsdraht B gedrückt wird. So gelangt der
                              									elektrische Strom nach seiner Zweitheilung gut isolirt an die Enden des Wagens zu
                              									den zwischen den Rädern liegenden beiden Motoren M.
                              									Jeder der Motoren treibt eine der beiden Wagenachsen unabhängig von der anderen. Von
                              									den Rädern gleitet der Strom auf Schienen D, die in
                              									leitender Verbindung mit einem zwischen denselben liegenden Kupferdrahte stehen.
                              									Diese unterirdische Metallleitung sichert überall den Contact und führt den Strom
                              									nach dem negativen Bürstenpaare der Dynamo zurück. Derselbe elektrische Strom vermag
                              									mehrere hinter einander herlaufende, mit Motoren versehene Wagen zu bewegen, indem
                              									er sich theilt. Jedem Motorwagen lassen sich auſserdem noch zwei gewöhnliche
                              									Pferdebahnwagen anhängen. Mit Ausnahme der kurzen Strecke in dem engen
                              										„Schüsselkorb“ ist die ganze 1km,6
                              									lange Bahn zweigleisig angelegt, so daſs fortwährend die auf der Hin- und Rückfahrt
                              									befindlichen Züge vorbei fahren können.
                           Die elektromotorische Kraft, welche ungefähr 500 Volt beträgt, ist proportional der
                              									Spannung des erzeugten Dampfes oder der Menge der verbrannten Steinkohle. Durch
                              									Handhabung des Regulators läſst sich jede gröſsere Belastung des Wagens doch mit
                              									gleicher Geschwindigkeit bewegen, welche von der Polizeidirektion in den belebten
                              									Stadttheilen auf 9 bis 12km für die Stunde
                              									festgesetzt ist. Die elektromotorische Kraft der Maschine würde jedoch eine
                              									Geschwindigkeit bis zu 30km in der Stunde möglich
                              									machen. Für den Betrieb eines einzelnen Zuges sind 15  erforderlich. Jeder
                              									Zug läſst sich ebenso leicht zum Stillstande bringen, als auch durch Umschaltung des
                              									Stromes in entgegengesetzter Richtung bewegen. Die Wagen sowohl wie ein Theil der
                              									Bahnstrecke werden durch Glühlampen erleuchtet, deren Licht ebenfalls von der
                              									Dynamomaschine erzeugt wird. Für den Theil der Strecke, welche Bogenlicht erhält,
                              									wird von der Dampfmaschine eine besondere Dynamo in Betrieb gesetzt. Die Dynamo,
                              									sowie das Untergestell der Wagen mit den Motoren sind in der Fabrik zu Lynn, Mass.,
                              									erbaut, während der obere Theil der Wagen in der Fabrik zu Walle bei Bremen
                              									hergestellt wurde.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
