| Titel: | Ueber Zapfenreibungen. | 
| Autor: | Freytag | 
| Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 411 | 
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                        Ueber Zapfenreibungen.
                        Ueber Zapfenreibungen.
                        
                     
                        
                           J. Goodmann, Professor der Mechanik an der technischen
                                 									Hochschule zu Leeds, hielt unlängst in einer Versammlung von Ingenieuren zu
                              									Manchester über von ihm angestellte eingehende Untersuchungen bezüglich der Reibung
                              									und Schmierung von Zapfen einen interessanten Vortrag, welcher im Moniteur Industrielle vom 14. August 1890 wiedergegeben
                              									ist.
                           Hiernach sind die zwischen angefetteten Oberflächen auftretenden Reibungen abhängig
                              									von
                           1) dem Drucke, welcher von der einen Oberfläche auf die andere übertragen wird,
                           2) der Geschwindigkeit,
                           3) der Temperatur der Oberflächen,
                           4) der Gestalt des Lagers,
                           5) der Art der Schmierung,
                           6) dem Material, aus welchem die sich berührenden Oberflächen bestehen,
                           7) der Zeitdauer des Druckes, welchen die eine Oberfläche auf die andere ausübt,
                              									und
                           8) der Güte, d.h. der physischen Beschaffenheit des Schmiermaterials.
                           Die Reibung vermindert sich mit der Geschwindigkeit, jedoch nur bis zu einer gewissen
                              									Grenze derselben und auch mäſsige Belastungen vorausgesetzt. Die Temperatur der sich
                              									berührenden Oberflächen spielt hierbei eine wichtige Rolle, und zwar kann die
                              									Reibung, solange eine gewisse Temperatur nicht überschritten wird, der letzteren
                              									indirekt proportional gesetzt werden.
                           Der Einfluſs der Klebrigkeit verschiedener Schmiermaterialien auf die Reibung läſst
                              									sich nicht definitiv feststellen, dagegen ist die Gestalt eines Lagers in Bezug
                              									hierauf von ganz wesentlicher Bedeutung. Besitzt ein Lager mindestens die Hälfte vom
                              									Zapfendurchmesser als Breite, so beträgt die Reibung noch nicht die Hälfte
                              									desjenigen Betrages, welcher sich bei einem den halben Zapfenumfang umfassenden
                              									Lager herausstellt;
                              									dennoch ist es zweckmäſsig, die Breite des Lagers nie kleiner als 0,7 vom
                              									Zapfendurchmesser zu wählen.
                           Die Zuführung von Schmiermaterial läſst sich auf drei Arten bewerkstelligen; entweder
                              									läſst man den Zapfen direkt in Oel laufen oder führt demselben mittels eines
                              									Pfropfens oder eines Dochtes, welch letzterer dann aus einer Schmierbüchse saugt,
                              									das Oel zu. Die erstere Methode ist die beste, läſst sich jedoch nicht immer in
                              									Anwendung bringen, die zweite ist äuſserst ökonomisch, während die letztere Methode
                              									weniger wirksam und am kostspieligsten ist. Bezüglich des Materials, aus denen die
                              									Lager gefertigt sind, ergibt sich bei den verschiedenen Bronzelegirungen kein
                              									Unterschied, die Verwendung von Weiſsmetall ist anzurathen und auch Guſseisen gibt
                              									bei reichlicher Schmierung günstige Resultate.
                           Ein Lager, auf welches ein beständiger Druck ausgeübt wird, darf auf die
                              									Flächeneinheit nur geringer belastet werden, als wenn der Druck zeitweise
                              									unterbrochen auf dasselbe wirkt bezieh. seine Richtung eine veränderliche ist da im
                              									ersteren Falle, namentlich in der mittleren Auflagefläche leicht ein Trockenlaufen
                              									eintritt, wodurch bedeutende Reibungen hervorgerufen werden. Bei den Lagern von
                              									Schwungradwellen empfiehlt es sich aus diesem Grunde, über eine Flächenpressung von
                              									30 bis 35k auf den Quadratcentimeter nicht
                              									hinauszugehen, während die Lagerschalen des Kurbelzapfens sehr gut 150k und diejenigen des Kreuzkopfzapfens sogar 350k Belastung auf den Quadratcentimeter Fläche
                              									aufnehmen können.
                           Prof. Goodmann glaubt, daſs es zur Bestimmung der
                              									Gröſsenverhältnisse von Zapfenlagern überhaupt vortheilhafter ist, nicht wie es
                              									gewöhnlich geschieht, eine von dem Material der mit einander arbeitenden Flächen
                              									abhängige Belastung für die Flächeneinheit derselben, sondern die Anzahl von
                              									Calorien zu Grunde zu legen, welche durch die betreffende Fläche abgeführt werden
                              									müssen.
                           Die zahlreich ausgeführten Versuche haben erwiesen, daſs z.B. ein zur Unterstützung
                              									einer Stahlachse dienendes Lager aus Kanonenmetall keine Erwärmung zu befürchten
                              									hat, solange der Quadratzoll in der Minute nicht über eine englische Wärmeeinheit
                              									oder 1 Calorie für 25qcm,6 in der Minute
                              									abzuleiten hat, d.h. wenn entsprechend jeder Quadratcentimeter Zapfenfläche 0,04
                              									Calorien abführt. Die Anzahl der Calorien ergibt sich aus der durch die Reibung
                              									aufgezehrten Arbeit, d.h. sie hängt von der Belastung, dem Reibungscoefficienten und
                              									der Umfangsgeschwindigkeit eines Zapfens ab; dividirt man demnach die in
                              									Kilogrammmetern ausgedrückte Reibungsarbeit durch das mechanische Wärmeäquivalent,
                              									so erhält man die jedesmalige Anzahl von Calorien.
                           Die Reibungscoefficienten betragen nach Prof. Goodmann,
                              									solange die Geschwindigkeit 0m,5 in der Secunde
                              									nicht übersteigt, was für eine ziemliche Anzahl von praktischen Fällen genügen
                              									dürfte, 0,010, wenn der
                              									Zapfen in Oel eingetaucht arbeitet, 0,012 bei Schmierung mittels Pfropfen und 0,015
                              									bis 0,020 bei Schmierung durch Dochte.
                           Auch mit der Untersuchung von Kugellagern, wie solche z.B. an Bicykles zur Verwendung
                              									kommen, hat sich Prof. Goodmann eingehend beschäftigt
                              									und gefunden, daſs
                           1) die Reibung hier constant ist, d.h. stets proportional der Belastung gesetzt
                              									werden kann, und
                           2) unabhängig von der Temperatur ist.
                           Der Reibungscoefficient liegt bei derartigen Lagern höher als bei den gewöhnlichen
                              									Lagern, wo der Zapfen in Oel läuft, jedoch erheblich niedriger als bei denjenigen
                              									Lagern, deren Zapfen auf die beiden anderen genannten Arten mit Schmiermaterial
                              									versorgt werden.
                           Prof. Goodmann construirt augenblicklich einen Apparat,
                              									um die Reibung unter einem Drucke bis zu 20t
                              									messen zu können; und hofft demnächst nach Vornahme von Versuchen weitere wichtige
                              									Aufschlüsse über Reibungen geben zu können.
                           
                              Freytag.