| Titel: | Der Rechenschieber System Hasselblatt. | 
| Autor: | G. D. | 
| Fundstelle: | Band 278, Jahrgang 1890, S. 521 | 
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                        Der Rechenschieber System
                           								Hasselblatt.
                        Der Rechenschieber System Hasselblatt.
                        
                     
                        
                           Ingenieur A. Hasselblatt, Docent am Technologischen
                                 									Institut in St. Petersburg, hat kürzlich einen Rechenschieber construirt, welcher
                              									wegen verschiedener Neuerungen Beachtung verdient.
                           Zunächst ist hervorzuheben, daſs er nicht wie die gewöhnlichen Rechenschieber aus
                              									Holz, sondern aus vier Lagen übereinander geklebten und stark zusammengepreſsten
                              									Bristolkarton besteht. Dadurch ist es möglich gewesen, jede Formveränderung (Werfen,
                              									Biegen, Ausdehnen), die bei dem Gebrauche eintreten kann, zu vermeiden und trotzdem
                              									den Preis des Schiebers bedeutend zu ermäſsigen: er kostet in Petersburg 2½ Rubel,
                              									also gerade die Hälfte der gewöhnlichen hölzernen, für die noch eine Preiserhöhung
                              									eintritt, wenn der Schieber aus mehreren Lagen Holz zusammengeleimt ist, um
                              									ebenfalls die im Gebrauch und bei Temperaturschwankungen gleichbleibende Genauigkeit
                              									der Ablesung zu ermöglichen. Ferner gestattet das weiſse Papier eine feinere
                              									Eintheilung als das gelb polirte Holz der bisherigen Rechenschieber, wodurch
                              									ebenfalls die Genauigkeit erhöht wird.
                           Auch das Format weicht von dem üblichen ab. Statt 260mm lang, 28mm breit und 7mm dick zu sein, hat der Schieber die Dimensionen
                              									208 × 71 × 5mm erhalten. Dadurch gewinnt er eine
                              									bedeutend bequemere Form für alle die Fälle, in welchen man ihn in der Tasche führen
                              									will, – und es ist ja schlieſslich auch die eigentliche Aufgabe dieses Werkzeugs,
                              									beim Entwerfen, beim Ausführen, bei jeder rechnerischen Arbeit das Tabellenwerk zu
                              									ersetzen. In Folge der verkürzten Länge ist nun freilich die Eintheilung eine
                              									gedrängtere, feinere geworden und damit auch beschwerlicher zum Ablesen trotz der
                              									weiſsen Grundfarbe. Damit der Schieber beim Tragen in der Tasche nicht abgerieben
                              									wird, wird ein ledernes mit Leinwand überzogenes Futteral dazu verkauft, auf dessen
                              									beiden weiſsen Seiten sich ein kurzer Schlüssel zum Gebrauch des Instruments findet
                              									und eine Reihe der wichtigsten Formeln des Maschinenbaus, die Gewichte der
                              									Cubikeinheiten u.a.m. (in russischer Sprache) abgedruckt sind.
                           Die Verbreiterung des Schiebers hat nun den groſsen Vorzug, daſs es dadurch möglich
                              									wurde, die bisher auf der Rückseite des beweglichen Schiebers angebrachten
                              									Logarithmen und natürlichen Werthe der sin und tg auf die Vorderseite zu verlegen. In der That
                              									gestattete die frühere Anordnung, wobei die einzuschätzende Zahl zwischen zwei
                              									Theilstriche fiel, von denen nur der eine sichtbar auf dem herausgezogenen
                              									Schieberende, der andere versteckt im Spielraum zwischen den Schiebern war, keine so
                              									genaue Ablesung wie auf der Vorderseite.
                           In Folge dessen finden sich auf der Oberseite auſser den zwei wie gewöhnlich den
                              									Laufschieber umgebenden logarithmischen Scalen (von denen die untere doppelt so lang
                              									ist) noch vier andere Scalenpaare, bei denen die Eintheilung in folgender Art
                              									ausgeführt ist: Die ersten zwei Scalen gestatten das direkte Ablesen der
                              									trigonometrischen Functionen sin und tg bis 90° bezieh. 45°; die dritte enthält die
                              									Logarithmen der Zahlen von 1 bis 10, und die vierte endlich bildet eine Neuerung des
                              									Herausgebers und stellt eine Tafel der Cubikzahlen dar. Da nun die Cuben der Zahlen
                              									von 1 bis 10 ein- bis dreistellige Zahlen sind, enthält die Scala der Cuben drei
                              									einfache Scalen von 1 bis 10 bezieh. 10 bis 100 und 100 bis 1000. Die Scala der
                              									Cubikwurzeln ist logarithmisch angeordnet, und zwar ist es die gleiche wie die unter
                              									dem beweglichen Schieber befindliche Scala, welche eine doppelte Länge hat, wodurch
                              									sich mancherlei Beziehungen zwischen der einfachen, der Quadrat- und der Cubikscala
                              									ergeben. Den Anlaſs zu dieser Neuerung bot die bisher übliche unbequeme Art des
                              									Aufsuchens der Cubikwurzeln mit Hilfe des umgekehrten Schiebers.
                           Die Rückseite enthält eine Tabelle zum Vergleiche der wichtigsten russischen und
                              									englischen Längen-, Flächen- und Cubikmaſse mit den metrischen, eine Reihe von
                              									häufig vorkommenden Constanten und Formeln, für den Gebrauch mittels des Schiebers
                              									entsprechend geordnet, und eine Tabelle der Divisoren für die Gewichtsberechnung
                              									verschiedener Materialien nebst Angabe der Bruchspannung, Ausdehnung u.s.w., kurz,
                              									auf engem Raum ist das Wichtigste zusammengedrängt, was der Constructeur bei den
                              									gewöhnlichen Berechnungen zu benutzen pflegt.
                           Die Seiten sind beide abgeschrägt und enthalten: die erste einen in Millimeter
                              									getheilten Maſsstab von 20cm Länge, die andere
                              									einen solchen von 8 engl. Zoll, in sechzehntel Theile getheilt.
                           Die angedeuteten Vorzüge – Genauigkeit, bequemes Format, Uebersichtlichkeit,
                              									Billigkeit – werden wohl dem neuen Rechenschieber in Ruſsland viele Freunde
                              									erwerben, namentlich da Hasselblatt gleichzeitig eine
                              									Abhandlung darüber in russischer Sprache herausgegeben hat, welche auf 62 Seiten
                              									eine genaue Theorie und Beschreibung des Schiebers und zahlreiche Beispiele enthält.
                              									Allerdings dürfte beim Gebrauch des beweglichen Schiebers einige Vorsicht zu
                              									empfehlen sein, da derselbe nur aus zwei Pappschichten von je 1mm Stärke besteht und daher dem Verbiegen
                              									ausgesetzt ist.
                           
                              
                                 G. D.