| Titel: | Lüftungsanlagen im Anschluss an die gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser letzteren. | 
| Autor: | F. H. Haase | 
| Fundstelle: | Band 279, Jahrgang 1891, S. 91 | 
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                        Lüftungsanlagen im Anschluss an die
                           								gebräuchlichen Heizungssysteme und eine kritische Beleuchtung dieser
                           								letzteren.
                        (Eine Artikelfolge von F.
                                 									H. Haase, gepr. Civilingenieur. Patentanwalt in Berlin.)
                        (Fortsetzung des Berichtes S. 38 d.
                           								Bd.)
                        Lüftungsanlagen im Anschluss an die gebräuchlichen
                           								Heizungssysteme.
                        
                     
                        
                           Vergleicht man solche Ergebnisse mit dem von Prof. Dr. v.
                                 										Pettenkofer in einem Raum von 73 cbm Inhalt bei einer Temperaturdifferenz
                              									von 19° C. nach erfolgtem Verkleben aller Thür- und Fensterspalten gefundenen
                              									Ergebniss einer Luftwechselverminderung von 21 cbm, so findet man (mit Bezug auf
                              									Formel 1 S. 40 Heft 2), dass das Oeffnen eines Fensterflügels von 0,68 qm nur eine
                              										\sqrt{\frac{19}{4}}=2,18 mal so grosse Wirkung für den
                              									Luftwechsel hat, als sie in dem in Rede stehenden Fall die Spalten von
                              									wahrscheinlich zwei Fenstern und einer Thür zeigten, welche, nach anderen Angaben
                              										v. Pettenkofer's beurtheilt, nicht einmal schlecht
                              									geschlossen zu haben scheinen. Es ist aber hierbei zu beachten, dass die Fenster und
                              									die Thür des beobachteten Raumes jedenfalls nicht in einer und derselben Mauer
                              									liegen und zur Zeit der Untersuchung jedenfalls auch an ihren äusseren Seiten nicht
                              									gleichen Temperaturen ausgesetzt waren.
                           In der That wird man bei gut schliessenden Fenstern und Thüren einen Einfluss der
                              									Spalten derselben immer nur dann bemerken können, wenn eine diesen Einfluss
                              									unterstützende Zug- oder Druckwirkung vorliegt, welche von einem Lüftungskanal,
                              									einem Ofenfeuer oder von den Spaltöffnungen einander gegenüber liegender (oder doch
                              									in anderer Mauer liegender) Mauer- oder Spaltöffnungen herrührt und die man im
                              									letzteren Fall fälschlicher Weise gewöhnlich mit der Bezeichnung „Gegenzug“
                              									benennt.
                           Unter solchen Verhältnissen ist aber die Wirkung der Mauer-
                                 										und Spaltöffnungen eine ganz andere als in dem oben betrachteten Fall, da
                              									hier weder ein durch eine und dieselbe Oeffnung hindurchgehender Kreislauf, noch
                              									eine von der Zeitdauer der Erwärmung des kühleren Luftstromes abhängige Rückstauung,
                              									sondern lediglich ein durch die Raumluft hindurch übertragener Luftzug vorliegt,
                              									welcher im Falle der Zugwirkung eines Kanals oder eines Ofenfeuers wesentlich von
                              									der Differenz der Temperatur des Kanals oder Feuerherdes gegenüber der Temperatur
                              									ausserhalb der Fenster und Thüren und von dem freien Durchgang des Kanals oder Ofens
                              									abhängig ist und im Falle der gegenseitigen Wirkung von einander gegenüberliegenden
                              									Maueröffnungen nur von den Grossen dieser Oeffnungen und von der Differenz der
                              									Temperaturen der beiden ausserhalb dieser Oeffnungen befindlichen Luftarten bewirkt
                              									wird.
                           Bei allen diesen Vorkommnissen üben die Verhältnisse und die Temperatur des
                              									gelüfteten Raumes nur einen beschränkenden Einfluss aus, auf welchen man in manchen
                              									Fällen kaum Rücksicht zu nehmen braucht. Alle diese Vorkommnisse aber lassen
                              									sich mit Benutzung derselben (auch bei Berechnung der Zugwirkung von Kaminen
                              									anwendbaren) Formel so weit beurtheilen, als es für den hier in Frage stehenden
                              									Zweck erforderlich erscheint. Man hat dabei nur für die einzelnen Fälle die jeweils
                              									auftretenden Widerstände besonders zu berücksichtigen.
                           Versteht man unter c die Geschwindigkeit, mit welcher
                              									sich die Luft durch eine Maueröffnung oder Spalte hindurchbewegt, unter H die als saugend wirkend anzunehmende Luftsäule, unter
                              										t0 die Temperatur
                              									der kühleren und unter t1 diejenige der wärmeren der beiden in Betrachtung stehenden Luftarten und
                              									endlich unter W denjenigen Theil der jeweils
                              									disponiblen Pressung (in Luftsäule ausgedrückt), welcher die sämmtlichen Widerstände
                              									überwindet, so findet man ganz allgemein für die disponible Pressungshöhe den
                              									Ausdruck:
                           W+\frac{c^2}{2\,g}=0,00367\ H\ .\
                                 										\frac{t_1-t_0}{1+0,00367\,t_1} . . . . (2)
                           Luft, welche durch Fenster- und Thürspalten hindurchstreicht, vollzieht in jeder
                              									derselben drei Umbiegungen um je 90° und bedarf deshalb zur Ueberwindung des ihr
                              									hierbei entgegenstehenden Widerstandes nach Peclet
                              									einer Pressungshöhe:
                           w_1=1,5\,\frac{c^2}{2\,g}.
                           Der Reibungswiderstand, welcher sich hierbei zugleich der
                              									Luftbewegung entgegensetzt, ist ein ausserordentlich grosser und berechnet sich für
                              									gutschliessende grössere Kreuzstockfenster und Thüren in Pressungshöhe ausgedrückt
                              									zu annähernd:
                           w_2=6\,\frac{c^2}{2\,g}.
                           Wenn kühlere Luft durch Fenster- oder Thürspalten in einen wärmeren Raum einströmt,
                              									so erwärmt und dehnt sie sich in demselben aus und verlangsamt ihre Bewegung; zieht
                              									sie dann an einer anderen Wand durch Fenster- oder Thürspalten wieder ab, so kühlt
                              									sie sich hier wieder allmählich ab, zieht sich also wieder zusammen und vergrössert
                              									beim Abströmen ihre Geschwindigkeit. Untersucht man den sich daraus ergebenden
                              									Pressungsverlust, so findet man, dass derselbe bei einer Aussentemperatur
                              										t_0=0^{\circ} an der Zuströmungsseite, einer Raumtemperatur
                              										t_2=20^{\circ}\,\mbox{C.} und einer Aussentemperatur von
                              										t_1=1^{\circ} an der Abströmungsseite, nur einer Luftsäule
                              										0,569\,\frac{c^2}{2\,g} gleichkommt und dass man somit mit
                              									Sicherheit allgemein dafür setzen kann:
                           w_3=0,6\,\frac{c^2}{2\,g}.
                           Da die Widerstandshöhen w1 und w2 sich beim Durchströmen von zwei Spalten
                              									verdoppeln, so erhält man für den Durchzug durch zwei in verschiedenen Mauern
                              									befindliche Fenster- und Thürspalten, nach Gleichung (2):
                           
                              16,6\ .\ \frac{{c_a}^2}{2\,g}=0,00367\ H\ .\
                                 										\frac{t_1-t_0}{1+0,00367\,t_1}
                              
                           oder
                           c_a=0,066\,\sqrt{\frac{H\,(t_1-t_0)}{1+0,0367\,t_1}} . . . .
                              									. . (2a)
                           H ist in diesem Ausdruck immer von der mittleren, Höhe
                              									desjenigen Spaltes an zu rechnen, durch welchen die kältere Aussenluft in das
                              									Gebäude einströmt und der über dieser Höhenlage ausserhalb der Ausströmungsstelle
                              									befindlichen Höhe
                              									der warmen Luftschicht gleichzusetzen, deren Temperatur t1 ist.
                           Wenn beispielsweise die Temperatur im Treppenhause eines Gebäudes t1 = 4° und die der
                              									äusseren Luft t0 = 0°,
                              									so findet man für H = 10 m, dass die durch
                              									Fensterspalten in einen Raum des Gebäudes einströmende Luft mit einer
                              									Geschwindigkeit von ca
                              									= 0,417 m durch die Thürspalte dieses Raumes in das Treppenhaus strömt und dass
                              									demnach, wenn die Gesammtlänge dieser Thürspalte 6,5 m und deren Breite 0,0005 m
                              									beträgt, der durch Fenster- und Thürspalten bewirkte Raumluftwechsel stündlich:
                           3600\times 6,5\times 0,0005\times 0,417=4,875\
                                 										\mbox{cbm}.
                           Wenn also bei der obenerwähnten v. Pettenkofer'schen
                              									Untersuchung ein Luftwechsel von 21 cbm durch die Thür- und Fensterspalten bewirkt
                              									wurde und in dem Beobachtungsraum keinerlei Luftabzug durch andere Oeffnungen
                              									erfolgte, so muss (wenn die Luft des Treppenhauses dieselbe Temperatur hatte wie die
                              									Luft im Beobachtungsraum), die Raumthüre nothwendig mindestens einen doppelt so
                              									langen Spaltraum und eine Spaltbreite von ungefähr 1 mm im Durchschnitt gehabt
                              									haben. Ist eine grössere Abzugsöffnung im Räume vorhanden, so wird der Einfluss von
                              									Fenster- und Thürspalten bedeutend grösser, indem dann die beiden Widerstandshöhen
                              										w1 und w2 nur einfach in
                              									Rechnung kommen und demnach der Ausdruck Gleichung (2) übergeht in:
                           c_b=0,089\,\sqrt{\frac{H\,(t_1-t_0)}{1+0,0367\,t_1}} . . . .
                              									. . (2b)
                           Setzt man beispielsweise wieder H = 10 m, für t1 aber die
                              									Zimmerlufttemperatur 20° C. und wieder t1 – t0 = 4° (also t0 = 16°), so ergibt der Ausdruck (2b) eine
                              									Geschwindigkeit cb =
                              									0,575, mit der die Luft aus einem Corridor, in welchem eine Temperatur von 16° C.
                              									herrscht, durch die Corridorthürspalte und den gelüfteten Raum hindurch in die
                              									Abzugsöffnung des letzteren einströmt. Ist dabei der Spaltraum der Thür wie oben 6,5
                              									× 0,0005 = 0,00325 qm, so kann der durch denselben bewirkte Raumluftwechsel 3600 ×
                              									0,00325 × 0,575 = 7,72 cbm betragen. Wenn die Luft ausserhalb des Gebäudes ebenso
                              									warm ist wie die Corridorluft, so bewirken die Spalten von zwei grösseren
                              									Kreuzstockfenstern von je 16 m Gesammtspaltlänge bei einer Spaltbreite von 0,0002 m
                              									(wie sie bei dichtschliessenden Fenstern im Durchschnitt anzunehmen ist) in
                              									Gemeinschaft mit der erwähnten Thürspalte gerade jenen Luftwechsel von 21 cbm,
                              									welchen Prof. Dr. v. Pettenkofer in dem oben genannten
                              									Fall als durch die Fenster- und Thürspalten hervorgerufen constatirte.
                           Ist aber die Lufttemperatur ausserhalb des Gebäudes 0°, so können dieselben
                              									Fensterspalten in Gemeinschaft mit der vorerwähnten Thürspalte, bei einer
                              									Corridortemperatur von 16°, einen Raumluftwechsel von 32 × 0,0002 × 1,214 × 3600 +
                              									7,72 = 35,68 cbm bewirken.
                           In dem vorstehenden Beispiel wurde angenommen, dass in dem gelüfteten Räume dieselbe
                              									Temperatur herrsche wie in dem daran anschliessenden Abzüge (Abzugskanal, Kamin oder
                              									sonst dergleichen), so dass von demselben aus eine directe Saugwirkung auf die
                              									Raumluft nicht ausgeübt wird.
                           Besitzt diese aber eine niedrigere Temperatur als die Luft im Abzüge, so folgt sie
                              									dessen Saugwirkung direct und wirkt demzufolge selbst saugend auf die
                              									Zuströmungsstellen und zwar um so stärker, je grösser ihre eigene Dichtigkeit
                              									und je geringer diejenige der nachströmenden äusseren Luft ist, weil die Bewegung
                              									der Raumluft hierbei mit ihrer Dichtigkeit wächst und um so mehr nachströmende Luft
                              									zur Wiederherstellung der Raumluftdichtigkeit erforderlich ist, je geringer die
                              									Dichtigkeit der äusseren Luft ist.
                           Diese mit den zumeist üblichen Anschauungen in Widerspruch stehende Thatsache wird
                              									man leichter übersehen, wenn man bedenkt, dass die durch Fensterspalten in einen
                              									geheizten Raum einströmende Winterluft durch ihre eigene Ausdehnung in dem Räume die
                              									weitere Nachströmung um so mehr hemmt, je rascher sie dabei die Dichtigkeit der
                              									Raumluft erreicht, was aber um so rascher erfolgt, je dichter die Raumluft und je
                              									weniger dicht die Winterluft ist.
                           Man sieht also, dass die Saugwirkung des Abzuges auf die Zuströmungsstellen bei
                              									directer Fortbewegung der Raumluft im Verhältniss der Dichtigkeit dieser letzteren
                              									zur Dichtigkeit der zuströmenden äusseren Luft vermehrt wird, im Uebrigen aber wie
                              									vorher zu bestimmen ist.
                           Bezeichnet demnach γ2
                              									die Dichtigkeit der Raumluft, γ0 diejenige der zuströmenden Luft und f die lichte Spaltfläche der Fenster oder Thüren, so
                              									ist die durch diese in den zu lüftenden Raum secundlich einströmende Luftmenge
                              									(Volumen):
                           
                              V_c=f\ .\ c_b\ .\
                                 										\frac{\gamma_2}{\gamma_0}=0,089\,\frac{\gamma_2}{\gamma_0}\,\sqrt{\frac{H\,(t_1-t_0)}{1+0,00367\,t_1}}
                              
                           Da nun – wenn t2 die
                              									Temperatur der Raumluft ist – nach dem Gay-Lussac'schen
                              									Gesetz:
                           
                              \frac{\gamma_2}{\gamma_0}=\frac{1+0,00367\,t_0}{1+0,00367\,t_2}
                              
                           so hat man auch:
                           V_c=0,089\,\frac{1+0,00367\,t_0}{1+0,00367\,t_2}\,f\,\sqrt{\frac{H\,(t_1-t_0)}{1+0,00367\,t_1}}
                              									. . . . (3)
                           Man übersieht leicht, dass der Einfluss der Temperatur t2 auf die durch Spalten
                              									dichtschliessender Fenster und Thüren einströmende Luftmenge Vc nur von sehr geringer Bedeutung ist,
                              									weil sie nur als Factor des sehr kleinen Ausdehnungscoefficienten 0,00367 auftritt.
                              									Handelt es sich dagegen um die Bestimmung besonderer Luftzuströmungsöffnungen, so
                              									muss der Einfluss der Raumtemperatur entweder für den ungünstigsten Fall durch
                              									Rechnung ermittelt oder mit 10 bis 15 Proc. veranschlagt werden.
                           Für Luftzuströmung durch grössere Oeffnungen kommen – soferne es sich nicht um
                              									Luftzuleitung durch Kanäle handelt – die oben erwähnten Pressungsverluste w1, w2 und w3 nicht in Betracht,
                              									wohl aber eine durch Contraction bewirkte Stromquerschnittsverminderung.
                           Bezeichnet man den Contractionscoefficienten wieder wie in Gleichung (1) mit β, so erhält man mit Hinweglassung von W aus Gleichung (2) und mit Berücksichtigung des
                              									Einflusses der Raumtemperatur t2, für die sekundlich zuströmende Luftmenge Vd den Ausdruck:
                           V_d=0,268\,\frac{1+0,00367\,t_0}{1+0,00367\,t_2}\ .\
                                 										\beta\,F\ .\ \sqrt{\frac{H\,(t_1-t_0)}{1+0,00367\,t_1}} . . . .
                              									(4)
                           in welchem F die Maueröffnung
                              									bezeichnet.
                           Für direct ins Freie ausmündende Maueröffnungen ist β =
                              									0,6 bis 0,75 zu setzen; für ganz kurze Zuführungskanäle wird β = 0,75 bis 0,85; dafür aber ist dann für jede Umbiegung wie früher ein
                              									Pressungshöhenverlust 
                              									w_1=0,5\,\frac{c_2}{2\,g}w_1=1,5\,\frac{c_2}{2\,g} in Rechnung zu ziehen, während der Reibungswiderstand, als zu unbedeutend,
                              									unberücksichtigt bleiben kann. Wenn demnach n die
                              									Anzahl der Kanalecken ist, welche die Luft durchströmen muss, so erhält man für die
                              									zuströmende Luftmenge den Ausdruck:
                           
                              V_c=0,268\,\frac{1+0,00367\,t_0}{1+0,00367\,t_2}\ .\ \beta\ .\ F\
                                 										.
                              
                           \sqrt{\frac{H\ .\
                                       												(t_1-t_0)}{(0,5\,n+1)\,(1+0,00367\,t_1)}}\sqrt{\frac{H\ .\
                                       												(t_1-t_0)}{(1,5\,n+1)\,(1+0,00367\,t_1)}} . . . . . (5)
                           Setzt man in den Ausdruck (4) als Beispiel H = 10 m, t1 = 60° C. als
                              									Temperatur eines Kamins, in welches man die Raumluft durch einen ungeheizten Ofen
                              									oder auch direct abströmen lässt, ferner t0 = – 16°, t2 = 10°, F = 0,0122 qm (entsprechend einer runden
                              									Oeffnung von 5'' Durchmesser) und β = 0,75, so findet man Vd = 0,0545 cbm, entsprechend einem
                              									stündlichen Luftwechsel von 3600 × 0,0545 = 196,2
                                 									cbm.
                           Dieses Beispiel lässt erkennen, wie ausserordentlich gross die Wirkung eines warmen
                              									Kamins als Luftzug einer Lüftungsanlage ist; doch ist diese Verwendung eines Kamins
                              									mit Rücksicht auf den Brennmaterialverbrauch der an dasselbe angeschlossenen Oefen
                              									nur in Ausnahmefällen zu empfehlen.
                           Wird die Luft durch einen kurzen Kanal zugeleitet, in welchem ihre Bewegungsrichtung
                              									zweimal scharf im rechten Winkel abgelenkt wird, so vermindert sich unter sonst
                              									gleichen Verhältnissen der Luftwechsel um 30 Proc.auf die Hälfte; denn es ist in diesem Falle n = 2 in
                              									Gleichung (5) einzusetzen. Man ersieht daraus, dass derartige Kanalconstructionen,
                              									so zweckmässig sie auch nach den unter IV gegebenen Erklärungen für das Zurückhalten
                              									des Staubes sind, doch nicht überall zulässig sind, weil sie unter Umständen eine
                              									nicht unbedeutende Erhöhung der Betriebskosten einer Lüftungsanlage verursachen
                              									können. –
                           Nach den vorstehenden Betrachtungen über die Zugwirkung eines Abzuges kann es keinem
                              									Zweifel unterliegen, dass das, was ganz allgemein für Maueröffnungen und Spalten
                              									jeder Art gilt, natürlich auch für die Zugwirkung durch die Mauern selbst hindurch
                              									gelten muss.
                           Die von Märker über die Durchlassfähigkeit der Mauern
                              									gewonnenen Untersuchungsergebnisse sind deshalb nur als Zugergebnisse unter der
                              									Einwirkung einer ganz bestimmten Zughöhe oder eines ganz bestimmten Ofenzugs mit
                              									oder ohne gleichzeitige Wirkung eines ganz bestimmten anderen Abzuges aufzufassen.
                              									Und wenn es sich dabei herausgestellt hat, dass die Durchlassfähigkeit der Mauern
                              									der Differenz derjenigen Temperaturen proportional ist, denen ihre beiden Seiten
                              									ausgesetzt sind, so ist dies eben ein Beweis dafür, dass zur Ueberwindung des sich
                              									der Luftbewegung in der Mauermasse entgegensetzenden Widerstandes und zur Erzeugung
                              									der Geschwindigkeit, mit der die Luft an der wärmeren Mauerseite ankommt, eine
                              									dieser Temperaturdifferenz proportionale Pressung erforderlich ist.
                           Wenn man demnach mit ρ eine vorläufig noch unbestimmte,
                              									von der Natur der Mauermasse abhängige constante oder variable Grosse bezeichnet, so
                              									kann man für Mauerdurchdringungen der Gleichung (2) die Form geben:
                           
                              \frac{\varrho}{t_2-t_0}\ .\ \frac{c^2}{2\,g}=0,00367\,H\ .\
                                 										\frac{t_1-t_0}{1+0,00377\,t_1}
                              
                           in welcher wieder t2 die Raumtemperatur bezeichnet und alle anderen
                              									Bezeichnungen die gleiche Bedeutung haben wie in Gleichung (2).
                           Aus diesem Ausdruck findet man zunächst:
                           
                              c=0,268\,\sqrt{\frac{H\,(t_1-t_0)\,(t_2-t_0)}{\varrho\,(1+0,00367\,t_1)}}
                              
                           Multiplicirt man die Geschwindigkeit c mit 3600, so
                              									ergibt das Product die Luftmenge, welche stündlich durch 1 qm Mauerfläche
                              									hindurchgeht. Setzt man also c . 3600 = L8 und berücksichtigt
                              									den Factor 3600 auf der rechten Seite der Gleichung dadurch, dass man
                           
                              \frac{3600}{\sqrt\varrho}=\sqrt{\frac{1}{\varrho_s}}
                              
                           setzt, so erhält man:
                           
                              L_s=0,268\,\sqrt{\frac{H\,(t_1-t_0)\,(t_2-t_0)}{\varrho_s\,(1+0,00367\,t_1)}}
                              
                           Berücksichtigt man nun, dass unter Einwirkung einer den Märker'schen Untersuchungen wirklich entsprechenden Zughöhe H = h2 bei einer Temperatur t2 in dem Abzug das Ergebniss der Rechnung
                              									mit dem von Märker gefundenen Untersuchungsergebniss
                              									übereinstimmen muss, und bezeichnet man die von Märker
                              									bei t2 – t0 = 1°
                              									Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Aussenluft gefundene stündliche
                              									Durchlassfähigkeit der Mauer allgemein mit μ, so ergibt
                              									der vorstehende Ausdruck:
                           
                              \mu=0,268\sqrt{\frac{h_2}{\varrho_s\,(1+0,00367\,t_2)}}
                              
                           und wenn man nun aus dieser Gleichung den Werth von ρs berechnet und in den
                              									obigen allgemeinen Ausdruck von Ls einsetzt, so erhält man:
                           L_s=\mu\ .\
                                 										\sqrt{\frac{H\,(t_1-t_0)\,(t_2-t_0)\,(1+0,00367\,t_2)}{h_2\,(1+0,00367\,t_1)}}
                              									. . . (6)
                           Ermittelt man nun unter bekannten Verhältnissen, bei gut verklebten Fenster- und
                              									Thürspalten, den in einem – nur von gleich hoch erwärmten Räumen benachbarten –
                              									Räume erfolgenden Luftwechsel Ls und setzt alle bekannten Werthe für H,
                                 										t2, t1, t0 in den Ausdruck (6) ein, so findet man für h2 diejenige Zughöhe,
                              									welche den Märker'schen Untersuchungsergebnissen
                              									wirklich entspricht.
                           Nach mehrfachem Vergleich directer Untersuchungsergebnisse mit Ergebnissen
                              									annähernder Berechnung hat es den Anschein, als wenn h2 nur wenig kleiner als 20 m sei, so dass
                              									man diesen Werth für den praktischen Gebrauch der Gleichung (6) in Rechnung setzen
                              									und dieser Gleichung die Form geben kann:
                           L_s=0,224\,\mu\,\sqrt{\frac{H\,(t_1-t_0)\,(t_2-t_0)\,(1+0,00367\,t_2)}{1+0,00367\,t_1}}
                              									. . . (6a)
                           Setzt man beispielsweise für die Temperatur der äusseren Luft t0 = – 16° C., für die Raumtemperatur t2 = 20° und für die
                              									Temperatur eines offenen Heizkamins (Cheminée) t1 = 80°, so findet man für eine effectiv nutzbare SaughöheKaminhöhe von H = 10 m, Ls = 37,91 . μ.
                           Ist die betreffende Mauer eine vollständig rohe oder nur verputzte, aber weder
                              									gestrichene noch tapezirte, so ist nach den oben angeführten Märker'schen Untersuchungen für Backsteinmauern μ = 0,283 und demnach im vorliegenden Falle Ls = 37,91 . μ
                              									= 10,7 cbm.
                           
                           Ist dagegen die Temperatur der Aussenluft t0 = + 10° C., so findet man bei sonst gleichen
                              									Verhältnissen Ls = 2,92
                              									cbm als die für 1 qm Wandfläche aus einem mittelgut erwärmten Nachbarraume
                              									angesaugte Luftmenge.
                           So grosse Luftmengen werden nun in Wirklichkeit fast niemals durch die Wände eines
                              									Raumes in diesen angesaugt, weil die Gebäudemauern in der Kegel nicht roh bleiben,
                              									sondern entweder gestrichen oder mit Tapete bekleidet werden.
                           Deshalb hat man, um richtige Werthe zu erhalten, den rechten Theil der Gleichung noch
                              									mit einem Factor δ zu multipliciren, dessen Grosse je
                              									nach der Wandbekleidung zu wählen ist.
                           Nach den bis jetzt vorliegenden Untersuchungsergebnissen ist
                           
                              
                                 für doppelten Leimfarbenanstrich auf    beiden
                                    											Mauerseiten
                                 δ = 0,3
                                 bis 0,75
                                 
                              
                                 für doppelten Oelfarbenanstrich auf    beiden
                                    											Mauerseiten
                                 δ = 0,05
                                 bis 0,25
                                 
                              
                                 für einfache Tapetenbekleidung auf    beiden
                                    											Mauerseiten
                                 δ = 0,1
                                 bis 0,30
                                 
                              
                           wobei sowohl das Alter der Wandbekleidung bezieh. des
                              									Anstrichs als auch das dazu verwendete Material in Betracht zu ziehen ist.
                           Wände, welche mit Gobelins behängt sind, lassen die Luft ebenso gut durch als
                              									ungestrichene oder untapezirte; solche Wände dagegen, welche eine aufgeleimte
                              									Papierbekleidung unter der Tapete enthalten, sind für Luft ebenso undurchlässig als
                              									solche, welche einen sehr guten Oelfarbenanstrich haben.
                           Nimmt man an, dass in dem oben als Beispiel betrachteten Fall die Aussenmauern
                              									ausserhalb des Gebäudes einen theilweise verwitterten Oelfarbenanstrich haben, für
                              									welchen bei zweiseitigem Anstrich δ = 0,15 zu setzen
                              									wäre und im Inneren der Räume mit mitteldichter Tapete bekleidet seien, für welche
                              									bei zweiseitiger Mauerbekleidung δ = 0,20 zu setzen
                              									wäre, so hat man das obige Rechnungsergebniss für solche Mauern mit
                              										\sqrt{0,15\times 0,2}=0,173 zu multipliciren und erhält
                              									demnach in Wirklichkeit statt 10,7 cbm nur 0,173\times 10,7=1,85
                              									cbm, und macht man die gleichen Annahmen für die Mittelmauern, so erhält man für
                              									dieselben anstatt einer Durchlassfähigkeit von 2,92 cbm nur eine solche von
                              										2,92\times 0,173=0,5 cbm, und demnach würden die vier Wände
                              									eines Zimmers von 4 m Breite, 5 m Tiefe und 3,2 m Höhe, dessen Schmalseite der
                              									Strasse zu liegt und hier zwei Fenster von je 2,5 qm Fläche hat, unter der Wirkung
                              									des offenen Kamins (ohne Berücksichtigung von Thür- und Fensterspalten und der
                              									grösseren Durchlassfähigkeit der Thüren) durch die Wände hindurch einen Luftwechsel
                              									von
                           
                              (4\times 3,2-5)\ 1,85+(2\times 5+4)\times 3,2\times 0,5 = 36,8\
                                 										\mbox{cbm}
                              
                           erhalten.
                           Ob ein solcher Luftwechsel genügt, hängt, wie wiederholt erwähnt, nicht allein von
                              									den im Räume selbst erfolgenden Verunreinigungen, sondern in erster Linie auch davon
                              									ab, mit welchem Verunreinigungsgrad die Luft in den Raum eindringt, und von dem
                              									Luftinhalte des Raumes selbst.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)